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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Freitag, 27. Oktober 2017

Neues von ECM in den letzten Wochen - I

Starke Resonanz: Die Alben von Vijay Iyer, Gary Peacock und Alexei Lubimov erfreuen sich auf Anhieb eines starken internationalen Medienechos:

“If you're looking for the shape of jazz to come, here it is...the sturdiness of its design and the passion of its execution make [Far From Over] 2017's jazz album to beat”, schreibt etwa Hank Shteamer im US-Rolling Stone über Vijay Iyers neues Sextett-Album, während Karl Ackermann auf Allaboutjazz.com über die Trio-Aufnahme von Gary Peacock mit Marc Copland und Joey Baron befindet: “‘Tangents’ has to be considered a highlight in the careers of all three artists.” Und Nicholas Kenyon schwärmt über Alexei Lubimovs Tangentenklavier-Einspielung von Werken C.P.E. Bachs: „The veteran Alexei Lubimov draws the maximum in sprightly vitality from his replica of a 1794 instrument.”

Santiago de Cuba, New York. Zwei Städte, zwei Welten. Pianist und Komponist David Virelles, der in Kuba geboren wurde und in den USA lebt, kann auf beide Schmelztiegel aus dem Winkel des jeweils anderen blicken. Sein neues Album Gnosis zehrt und erzählt vom kulturellen Austausch, von alten Traditionen und vom Reichtum der kubanischen Musik – ob sie sakral, weltlich oder rituell ist. Streicher, Holzbläser und Perkussion spielen in Gnosis fast gegensätzliche Rollen, doch Virelles sieht sie als „verschiedene Familien, die alle innerhalb einer Einheit funktionieren“. Virelles‘ variables Klavierspiel sowie Gesang und Percussion von Román Díaz, einer prägenden Figur in der Überlieferung der afrokubanischen Musikgeschichte, stehen im Zentrum des Geschehens.

Es gibt eine starke Tradition von Solo-Bass-Alben bei ECM, allerdings ist Provenance das erste, das der elektrischen Bassgitarre gewidmet ist. Björn Meyer, in Schweden geboren und in der Schweiz lebend, hat über die Jahre eine unverwechselbare Stimme auf seinem Instrument entwickelt, in höchst unterschiedlichen Kontexten: mit der persischen Harfenistin und Sängerin Asita Hamidi, dem schwedischen Nyckelharpa-Spieler Johan Hedin oder dem tunesischen Oud-Meister Anouar Brahem. Eine Dekade lang war Meyer Mitglied von Nik Bärtsch’s Ronin, wo sein Bass häufig als Leadinstrument fungierte. In seiner Soloarbeit fasziniert ihn besonders das Zusammenspiel von elektronisch erzeugten Klängen und dem jeweiligen Konzertraum. Der mitwirkende Raum auf Provenance ist das stark ansprechende Auditorio Stello Molo RSI in Lugano, dessen reiche Akustik dazu beiträgt, all die feinen Details in Meyers subtilem Spiel herauszustellen.

Stefano Battaglia spielt auf Pelagos unpräpariertes und präpariertes Klavier (teils sogar simultan) – in einem Doppelalbum-Programm, das sowohl Eigenkompositionen und Spontanimprovisationen als auch zwei Versionen der traditionellen arabischen Weise “Lamma Bada Yatathanna” enthält. Die melodisch und von der Textur her einfallsreichen Stücke wurden im Mai 2016 sowohl im Konzert als auch in „closed doors-Sessions“ in der Fazioli Concert Hall im italienischen Sacile aufgenommen und später von Produzent Manfred Eicher zu einer, wie Battaglia sich ausdrückt, „wunderbaren neuen Form mit einer komplett neuen Dramaturgie“ arrangiert.

Zum 80. Geburtstag des ukrainischen Komponisten am 30. September erschien mit dem Album Hieroglyphen der Nacht Musik von Valentin Silvestrov für ein und zwei Violoncelli. Die Cellistin Anja Lechner pflegt eine langjährige Beziehung zu seinen Werken, erstmals 2001 dokumentiert mit leggiero, pesante, das für einen Grammy nominiert wurde. Nun interpretiert sie, allein, „Augenblicke der Stille und Traurigkeit“ (Stücke, die ihr gewidmet sind), „Lacrimosa“, „Walzer der Alpenglöckchen“ und „Elegie“ (bei dem sie Cello und Tamtams spielt). Mit der französischen Cellistin Agnès Vesterman spielt Lechner „Drei Stücke“ (beiden Musikerinnen gewidmet), „8.VI.1810…zum Geburtstag R.A. Schumann“, „Zwei Serenaden“ und „25.X.1893…zum Andenken an P.I. Tschaikowskij“.

Allenthalben als das gegenwärtig aufregendste Streichquartett gefeiert, wirft das Danish String Quartet neue Blicke auf zeitgenössisches Komponieren und ins klassische Repertoire. Parallel dazu haben die Dänen eindrückliche Ausflüge in die Welt der nordischen Volksmusik unternommen. Im Frühjahr 2016 gab das Ensemble sein ECM Debüt mit einem aus britischer und dänischer Musik bestehenden Programm: Thomas Adès’ Arcadiana (1994), Per Nørgårds Quartetto Breve (1952) und Hans Abrahamsens 10 Preludes (1973). Das Album war im Mai 2015 im Reitstadel Neumarkt von Manfred Eicher produziert worden. Nun erscheint unter dem Titel Last Leaf eine aufwühlende neue Aufnahme. „Hier brechen wir auf zu einer Reise durch die reiche Fauna nordischer Volksmelodien“, sagen die Musiker des Quartetts. „Es ist ein Reise, die auf verschiedenen Wegen machbar gewesen wäre, aber wir glauben, auf unserem Weg einige schöne Souvenirs gefunden zu haben. In diesen alten Melodien spüren wir eine unglaubliche Schönheit und Tiefe. Wir können gar nicht anders als sie durch das Medium unseres Streichquartetts hindurch zu singen.“

In sich geschlossen kann das Soloklavieralbum Komitas Piano Compositions von Lusine Gregorian auch als Begleitwerk angesehen werden – zu der hochgelobten Einspielung des Gurdjieff Ensembles mit Musik von Komitas. Beide Platten wurden 2015 gleichzeitig in Lugano unter Leitung von Manfred Eicher produziert, beide bedienen sich zu Teilen desselben Repertoires. Wo Levon Eskenian mit dem Gurdjieff Ensemble den Klanginspirationen des Komponisten auf folkloristischen Instrumenten nachgeht, vermittelt Lusine Grigorian dieselben Nuancen mit ihrer reichhaltigen Artikulation auf dem Klavier. Wie Levon Eskenian bemerkte, „vermittelt Grigorian eine mysteriöse Präsenz, die typisch ist für ländliche und rituelle Musik.“ Die Aufnahme – Lusine Gregorians ECM-Debüt – enthält Komitas „Seven Songs“, „Seven Dances“, „Pieces for Children“ und „Msho Shoror“.

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Statistik: Wollen die Deutschen noch einmal eine Diktatur wie gehabt?



Rechtsruck hin oder her, an einer Diktatur hat die große Mehrheit der Deutschen kein Interesse, sagt die erste Umfrage zum Thema. Laut einer aktuellen Veröffentlichung des Pew Research Center finden hierzulande nur sechs Prozent, dass ein "starker Führer" eine gute Regierungsform für ihr Land wäre. Das sieht in der unmittelbaren Nachbarschaft teilweise ganz anders aus. So befürworten in Frankreich 12 Prozent einen starken, vom Parlament unabhängigen Mann, an der Spitze des Staates. Bei unserem polnischen Nachbarn sind es 15 Prozent. Besonders hoch ist der Anteil der Führer-Freunde in Italien (29 Prozent). Außerhalb von Europa sind es die Japaner (31 Prozent), die sich in gesteigertem Maße für dieses Regierungskonzept erwärmen können. Überraschenderweise stimmen auch ein Fünftel der US-Amerikaner für einen Diktator.


Infografik: Deutsche wollen keinen Diktator | Statista


Wenn es aber darum geht das Heiligenbild von Adolf Hitler zu "beschmutzen", sieht es wieder ganz anders aus. Hitler hat sich so in die Köpfe etlicher Landstrichbewohner eingebrannt (um genau zu sein, der HÄLFTE), dass selbst nach jahrzehntelangem Bekanntwerden der hohen Kriminalität, Verbrechen und Mordrate des Regimes unter Hitler, seiner fulminanten Wahnvorstellungen u.v.m. immer noch halb Deutschland ihn verehrt. Das zeigt eine FORSA-Studie. Vielleicht weil die Ordnung, die sich diese Leute vorstellen, heute in der Demokratie nicht mehr gelebt werden kann, nur noch in echten Diktaturen mit absolut geschrumpften und gekappten Freiheitsräumen eben? Sicher wird auch die mangelnde Nachvollziehbarkeit so mancher gefundener Bundestagsentscheidungen dazu beitragen. Wie steht es um echtes demokratisches und soziales Empfinden?

Finden Sie es gut, dass der Regisseur Dani Levys mit dem Film "Mein Führer" eine Komödie über Adolf Hitler gedreht hat? 56 % finden das nicht gut, dabei Empörte, Verletzte und andere.





Inwieweit stimmen Sie der Aussage: "Wir sollten einen Führer haben, der in Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert" zu?, fragte die Friedrich-Ebert-Stiftung in einer Erhebung durch USUMA. Da gibt es noch 48 % , die das nicht völlig ausschließen oder sogar 13,2 %, die das ganz oder überwiegend befürworten. Es bleibt auch immer die Dunkelziffer, jener, die "insgeheim" eine radikale Wende wünschen, es aber nicht so klar wegen der Restriktionen äußern, die sich im Rest der 48 % aufhalten.
 



Syriens Schicksal bei C.H.BECK: "Codename Caesar" und "Palmyra"


Garance Le Caisne
Codename Caesar
Im Herzen der syrischen Todesmaschinerie
Aus dem Französischen von Stefan Lorenzer
2016. 249 Seiten mit 5 Abbildungen und einer Karte Klappenbroschüre € 17,95[D] // € 18,50[A] // E-Book € 13,99[D]

Noch nie ist das brutale Wesen des Assad-Regimes so deutlich offenbart worden wie in diesem Buch. „Caesar" - so sein Deckname - war Fotograf bei der syrischen Militärpolizei. Zwei Jahre lang musste er nach Beginn der Aufstände gegen Assad die Opfer des Regimes fotografieren: Leichen von Oppositionellen, die grausam zu Tode gefoltert worden waren. Rund 50.000 dieser Fotos hat er außer Landes geschmuggelt, als er 2013 aus Syrien floh. Garance Le Caisne ist es als einziger Journalistin gelungen, ihn ausfindig zu machen und mit ihm zu sprechen. Aus Cae­sars Berichten und den Geschichten von ehemaligen Häftlingen, die sie ebenfalls aufspüren konnte, ist hier ein Dokument des Grauens entstanden. Es berichtet von Assads System der Folter, von der Routine des Mordens, dem Zynismus der Schergen, von physischen und psychischen Qualen unvorstellbarer Art. Während man im Wes­ten schon wieder bereit ist, in Assad das kleinere Übel zu sehen, enthüllt dieses Buch das mas­senhafte Morden, das bis heute weitergeht.

Garance Le Caisne ist freie Journalistin und schreibt für „Le Journal du Dimanche" und „L'Obs". Seit 1990 berichtet sie über den Nahen Osten. Nachdem sie mehrfach in das vom Bürgerkrieg zerrüttete Syrien gereist ist, hat sie sich auf die Suche nach „Caesar" gemacht. Mehr als ein halbes Jahr dauerte es, bis sie ihn fand und sein Vertrauen gewann.



Paul Veyne
Palmyra
Requiem für eine Stadt
Aus dem Französischen von Anna und Wolf-Heinrich Leube
2016. 127 Seiten mit 8-seitigem Tafelteil und 13 Farbabbildungen
Gebunden 17,95[D] // € 18,50[A] // E-Book €13,99[D]

Palmyra ist seit 1980 Teil des UNESCO-Welterbes. Die kulturelle Bedeutung dieser jahrtau­sendealten Oasenstadt, die so reich an archäologischen Denkmälern ist, hat sie nun zum Ziel des islamistischen Terrors werden lassen. Dort, wo seit unvordenklichen Zeiten Kultur geschaf­fen und gepflegt wurde, haben Dschihadisten mit dem Baal-Tempel ein einzigartiges antikes Bauwerk gesprengt. Den Hüter der Ruinenstadt Palmyra, Khaled al-Asaad - Archäologe, Ge­neraldirektor der Altertümer von Palmyra von 1963 bis 2003 - haben sie umgebracht: Der 82-Jährige hat sich selbst unter der Folter noch geweigert, seinen Peinigern zu verraten, wo er antike Kunstwerke vor ihnen in Sicherheit gebracht hatte, in deren Besitz sie sich bringen woll­ten, um sie - wie in vergleichbaren Fällen - zu verkaufen und damit ihre Verbrechen zu finan­zieren.
Der französische Althistoriker Paul Veyne, der Palmyra intensiv erforscht und sich im Laufe eines Gelehrtenlebens profundes Wissen über die einstige Handelsmetropole, ihre Geschichte, ihre Bauwerke, ihre Götter und ihre Kultur erworben hat, hat mit diesem Buch eine ebenso schöne wie traurige Elegie für die geschändete Königin der Wüste geschrieben.

Paul Veyne ist Mitglied der Ecole frangaise de Rome. Seit 1976 lehrt er als Professor römische Geschichte am College de France. Er hat vielfach einschlägig zur Geschichte Palmyras publi­ziert.


Aktuell: Assads Grausamkeit wurde zuletzt erneut unter Beweis gestellt worden sein durch einen Angriff mit dem Nervengas Sarin. Zuvor schon die Fassbomben auf die Bevölkerung und ebenfalls Giftgasangriffe zeugen von seiner rasenden Rachsucht, dass man seinen Thron absägt.  Experten von den Vereinten Nationen und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen haben die syrische Regierung für den Angriff mit dem Nervengas Sarin am 4. April 2017 verantwortlich gemacht. Der Bericht stützt die ersten Ergebnisse der USA, Frankreichs und Großbritanniens, denen zufolge ein syrisches Flugzeug eine Bombe mit Sarin auf die Stadt Chan Scheichun abgeworfen hatte. Bei dem Vorfall wurden mehr als 90 Menschen getötet. Assad bezeichnet die Beschuldigungen als erfunden.

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Wie war's bei DIDO AND AENEAS / HERZOG BLAUBARTS BURG in der Oper Frankfurt?


Zwei für den besonderen Geschmack inszenierte Opern, die eine nur schwer verwirklichbare Liebe von Mann und Frau thematisieren, deren Ende ein trauriges und tödliches für die Frau hat, werden von der Oper Frankfurt zurzeit präsentiert. Die erste ist DIDO AND AENEAS von Henry Purcell, Uraufführung 1689 in einem kirchlichen Mädcheninternat in England, die zweite HERZOG BLAUBARTS BURG von Béla Bartók, Uraufführung im Königlichen Opernhaus in Budapest, 1918.

Beide Opern sind so modern inszeniert und doch wieder historisch genügend akzentuiert, dass man einerseits die Barockoper schon allein wegen der Musik unter Karsten Januschke als solche noch genießen kann und andererseits die moderne Bartók-Oper mit Effekten über die Geheimnisse von Blaubarts Welt ganz zeitnah und abstrakt erfährt.


 v.l.n.r. Karen Vuong (Second Woman), Sebastian Geyer (Aeneas),
Cecelia Hall (Dido) und Angela Vallone (Belinda)
(c) Barbara Aumüller
Dido und Aeneas ist ein mythologisches Paar, das schon von vielen Komponisten verarbeitet wurde, unter anderem in DIE TROJANER / LES TROYENS von Berlioz, die in der letzten Spielzeit in der Frankfurter Oper zu sehen waren. War dort noch realistisches Bühnenbild und Historienspiel in der Oper angesagt, haben Barrie Kosky und Alan Barnes in Purcells Stück ein herrliches Stück Barock an abstrahierter Ästhetik verwirklicht.

Dido, die Königin von Karthago, ganz enthusiastisch gesungen von der dunklen Schönheit und Mezzosopranistin Cecelia Hall (USA), wird vom aus dem untergegangenen Troja mit seinem Heer geflohenen Aeneas (schicker Galan im Rüschenkragenhemd, gefeierte Baritonstimme, dennoch etwas blasser als die Heldin Dido) umworben und nähert sich dem Angreifer nur zögerlich. Ihr Hofstaat und ihre vertraute Belinda müssen sie regelrecht überzeugen, ihre Liebe zu leben. Er lebt und rastet in Troja, wird von der verliebten Dido bewirtet und bevor der größere Teil seiner Mission weitergeht: Aeneas wird das Römische Reich gründen, nach vielen Kämpfen und Beschwerlichkeiten, beginnt auch eine königliche Liaison zwischen den beiden.

Dido verliert ihr Herz, hat sich aber an keiner Stelle des Stückes wirklich hingegeben, ignoriert man die heftigen Sekundenküsse. Dass man davon nicht schwanger wird, ist ja auch klar. Der Anstand forderte es im ausgehenden 17. Jahrhundert, wobei an dieser Stelle bemerkt werden muss, dass die englischen Barocktheater allem anderen als der Sittlichkeit verschrieben waren. Ein buntes Treiben im Zuschauerraum, jeder neckte jeden, keinerlei respektvolle Distanz zum Spiel und den Spielern, unliebsame Schauspieler wurden tatsächlich am Auftritt gehindert.

Immer umringt und beschützt von ihrem Hofstaat kann Dido Aeneas von den schlimmsten Avancen abhalten. Dieser Hofstaat ist einerseits steif, andererseits wird er beweglich und agil, nachdem die Beziehung der beiden Herrscherfiguren bekannt ist und gefeiert wird.


v.l.n.r. Elizabeth Reiter (First Witch), Dmitry Egorov (Sorceress)
und Julia Dawson (Second Witch), die Widersacher Didos
(c) Barbara Aumüller
Als nudistische Musenengel tanzen eine bepuderte und mit Pflanzen wie Pfauenfedern geschmückte reich geformte junge Frau und ein etwas reiferer Schalk, typisch für Barock, mit einem prächtigen Damenhut, durch die Reihen und streicheln, beglücken und befrieden die Menschen, allen voran die Liebenden. Das barocke Treiben wird eindrucksvoll von einer modernen Bühnengestaltung (Kostüme und Bühnenbild Kathrin Lea Tag) kontrastiert und von einer zweiten Gruppe von Akteuren: der Transvestiten-Zauberin (perfekt barocker Countertenor Dimitri Egorov) und den beiden lustigen Hexinnen mit Männerbart Elizabeth Reiter und Julia Dawson. Gar fürchterliche Spielchen treibt das Höllenvolk, grandios mit offenen Mündern gefräßig oder mit Schlabberschütteltick recht animalisch. Sie wollen Dido ins Unglück stürzen und Karthago vernichten. Ihr Beschützer Aeneas steht im Weg. Ein Geist in der Gestalt Merkurs soll ihn an seine Mission erinnern und auf sofortige Abreise plädieren. Der Jagdgesellschaft, die gerade mit dem Paar unterwegs ist, jagen sie Angst mit einem starken Gewitter ein, Dido bangt um ihre Bediensteten, schickt sie sofort zurück in die Stadt.

Der Geist tritt auf und tut sein Werk, Aeneas fällt herein und will Karthago verlassen. Er sagt es Dido erst nach einigem Zögern und verletzt sie damit tief. Sie ist wütend, wirft ihm Heuchelei vor, was ihn wieder umstimmt, aber die stolze Dido schickt ihn weg und stirbt im Original durch eigene Hand, hier durch abgrundtiefe Trauer und Scham über ihren Fehltritt vor der Öffentlichkeit.


Andreas Bauer (Blaubarts Reichtum)
(c) Barbara Aumüller
HERZOG BLAUBARTS BURG fasziniert durch einen großräumigen minimalistischen Ansatz auf einer runden Drehbühne, das Reich Blaubarts als Scheibe. Mit vielen Effekten ist das Geschehen bei Barrie Kosky und Katrin Lea Tag eine abstrakte und kondensierte Form des Geschehens, die mundet wie ein uraltes hochprozentiges und -geistiges Getränk. Ein reines Destillat des Ästhetischen, allerdings eben blutig, denn alles was Blaubart anfasst ist mit Tod und Verderben verbunden. Andreas Bauer singt als mächtiger Bariton und kämpft als Liebhaber um seine erste Nacht. Er versucht Judith vor ihrem Unheil zu bewahren, erobert sie scheinbar Stück für Stück und verliert sie ebenso schnell auch Schritt für Schritt. Leider bezieht sich seine destruktive Aura auch auf Judith, von der Mezzosopranistin Claudia Mahnke meisterhaft gesungen, sie weiß nichts über ihr Schicksal, ist gierig nach Blaubart und seinen Geheimnissen, nähert sich ihm, kämpft mit ihm, kann nicht von ihm lassen, bittet und bettelt nach noch mehr Aufdeckung und nähert sich unaufhaltsam Geheimnis für Geheimnis, verschlossene Tür für verschlossene Tür, Schlüssel für Schlüssel dem Ende - ihrem Tod. Das Ganze ist von Bartók und seinem Librettist Béla Balács als eine metaphorische Innenschau gedacht. Mit dem Heben des Vorhangs kann man in den Augen Blaubarts seine seelischen Abgründe erkennen, sieht, dass alles nur Lüge und Heuchelei ist, reine Geilheit nach dem Weib, pure Vereinnahmung um jeden Preis, keine echte Liebe, wie der mysteriöse Herzog immer wieder beteuert. Sein Reich blutig, voller Tränen, grausam und strafend, hat eine abwärts gewandte Logik.


Andreas Bauer (Blaubarts Reich der Tränen und des Blutes)
(c) Barbara Aumüller

Dienstag, 24. Oktober 2017

Enjoy Jazz 2017: Heute in Ludwigshafen - Andromeda Mega Express Orchestra - Hier geht's zur Sache!

Andromeda Mega Express Orchestra
Di 24.10.2017
dasHaus Ludwigshafen


VVK: 28 € zzgl. Geb
AK: 33 €
Beginn: 20:00
Einlass: 19:00

Land: Deutschland / Frankreich / Österreich / Rumänien / Schweiz / Südkorea / Tschechien


Vor etwas mehr als 10 Jahren wagte der damals 22-jährige Saxofonist und Bassklarinettist Daniel Glatzel ein kühnes, ja fast schon utopisches Experiment. Der gebürtige Münchener trommelte an seiner Musikhochschule „Hanns Eisler“ in Berlin 20 MusikerInnen aus der Jazz- und Klassikabteilung zusammen, um daraus eine Band, ein kontinuierlich arbeitendes Ensemble zu formen. Betonung auf „kontinuierlich“! Ein organisatorischer wie logistischer Kraftakt, unter weniger als rein enthusiastischen Bedingungen zum Scheitern verurteilt. Doch das Experiment wurde ein gleichsam vorbildhafter Erfolg, auch, weil die Zahl der beteiligten Musiker eine unerhörte Spanne aus Ausdrucksmöglichkeiten zwischen, sagen wir, Frank Zappa und Martin Denny, Sun Ra und Anton Webern, Gentle Giant und Salsoul Orchestra erlaubten. Oder 2015 eine Zusammenarbeit mit Hermeto Pascoal und Touren durch Asien und Südamerika. Nach 2009 macht das Ensemble 2017 einmal mehr Station bei Enjoy Jazz und präsentiert zugleich das Material des Anfang Juli erschienen neuen Albums „Vula“.



Montag, 23. Oktober 2017

Wie weit ist es noch bis zu einer gut und konsequent gesteuerten Migrationspolitik?

Während die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) beschlossen haben, "ausreichend" Geld in einen Fonds pumpen, der gegen illegale Einwanderung aus Nordafrika verwendet werden soll, schließen sich in den USA 24 Großunternehmen zusammen, darunter Alphabet, Microsoft, Facebook, Uber, IMB und Marriott International, jungen illegalen Immigranten durch das Lobbyieren gegen Trumps Gesetzesänderungen den Erwerb der Staatsbürgerschaft und Erhalten ihres Jobs doch zu ermöglichen. 

Das Ziel der Koalition „For the American Dream“ soll darin bestehen, durch Gesetzesänderungen die Arbeit der jungen „Träumer“ zu legitimieren. Nach ungenauen Hochrechnungen dürfte es sich um 900.000 Menschen handeln. Ganz klar ein großes Interesse an kreativen und leistungswilligen jungen Bürgern, die sicher auch nicht so teuer sind wie amerikanische Kräfte. US-Präsident Donald Trump hat beschlossen, das von seinem Vorgänger Barack Obama 2012 gestartete Programm DACA (Deferred Action for Childhood Arrivals Process) zum Schutz junger Migranten im März 2018 zu stoppen. Laut dem DACA-Programm dürfen die illegalen Einwanderer einen zweijährigen Abschiebeaufschub bekommen und in den USA weiter legitim arbeiten.

Initiiert hat die ursprüngliche Gruppe FWD.us im Jahr 2013, heute gegen Trumpsche Beschlüsse, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Die Gruppe hat das Anliegen, die Immigrations- und Strafgesetze zu reformieren.

In Europa mit seiner viel extremeren Situation haben sich die europäischen Regierungschefs darauf verständigt, vor allem Italien bei der Bewältigung der Flüchtlingswelle zu helfen. Das Land liegt an der Mittelmeerroute, die von der International Organization for Migration (IOM) als "der tödlichste Weg für Flüchtlinge" bezeichnet wird. Man ist daran interessiert die Mittelmeerroute zu schließen und stellt dem Trust Fund for Africa Gelder für die Eindämmung der illegalen Zuwanderung nach Europa zur Verfügung. Libyen steht im Mittelpunkt des Bemühens um die Schließung der Mittelmeerroute, mit dabei
die Verbesserung der lokalen Verhältnisse entlang der durch Libyen führenden Route.

Um den Rückgang der illegalen Einwanderung zu festigen, hat der Europäische Rat die Mitgliedsstaaten auch dazu aufgerufen, die Vereinbarung mit der Türkei in vollem Umfang zu erfüllen. Dank der Rückführungsvereinbarung mit der Türkei vom März 2016 hätte die EU den Zustrom von Flüchtlingen über die Östliche Mittelmeerroute eindämmen können, und zwar um 98 Prozent. 

Die IOM berichtete auch, dass bis zum 15. Oktober 2017 145.355 "Einwanderer und Flüchtlinge" Europa betreten hätten. 75 Prozent von ihnen reisten über Italien, der Rest gelangte über Griechenland, Zypern und Spanien nach Europa.

2.776 Menschen seien bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, gestorben. Im vorigen Jahr seien 387.895 Einwanderer und Flüchtlinge nach Europa gekommen. Mit 5.143 Toten im Mittelmeer kam es zu einem traurigen Rekord der Opferzahlen. 

Die Abschiebung als illegal bzw. nicht asylberechtigte verifizierte Flüchtlinge in Europa finde dagegen wie andere monieren nur zu 50 % statt, wobei immer noch völlig unklar sei, von welcher Gruppe von Flüchtlingen nun genau gesprochen werde. Da wir ja weit über eine Million Unberechtigte neben den Kriegsflüchtlingen hier haben, keinerlei Berichte über größere Menschengruppen in Abschiebung zu finden sind, eher über Wartende, kann an diesem PR-Konstrukt etwas nicht stimmen. Hunderttausende abgelehnte Asylanträge und ein kompliziertes Zuordnungssystem bringen fast alles zum Erliegen. Die wenigsten Ablehnungen sind aber nach gültiger Rechtslage "vollziehbar". Die Obergrenze "200.000 Flüchtlinge plus x", die man allgemein tolerieren möchte, gilt für jeweils ein Jahr, also hat man noch nicht genug und will bei diesen angespannten Verhältnissen im gesamten Orient und in vielen afrikanischen Staaten noch Spielräume in Deutschland anbieten. Diese Bekenntnisse stehen im Gegensatz zur EU-Strategie, die Mittelmeerroute zu schließen. Die Akzeptanz sinkt also rasant. Eine gute Gelegenheit die nationalen Modelle zur Wunschaufnahme von ausländischen Arbeitskräfte in den Herkunftsländern deutlicher zu publizieren. 

Wirtschaftsfachleute betonen immer wieder, dass von einer gut gesteuerten Migration die Ursprungsländer, Transit- und Zielländer gleichermaßen profitieren. Wer hier arbeitet und seiner Familie zu Hause über viel Jahre hilft, leistet Enormes. Das Ursprungsland bekommt "Finanzspritzen" bei fehlenden Arbeitsplätzen. Bei uns können Plätze besetzt werden, die die Berufssozialhilfebezieher nicht belegen können, ferner qualifizierte Leute entsprechend eingesetzt werden. Transitländer erfahren eine Belebung entlang der Routen.
Das Fortbestehen der illegalen Migrationswege zeigt dagegen, dass die Migration noch nicht genug von der EU gesteuert wird, es ist vielmehr anders rum: Die Illegalen steuern noch immer die EU und instrumentalisieren die Hilfe für ihre Ziele.

Samstag, 21. Oktober 2017

Fantasien zur Nacht (Video): JUN





Jun H.264

Heute in Frankfurt a.M.: DIDO AND AENEAS / HERZOG BLAUBARTS BURG (Opernhaus)

DIDO AND AENEAS / 
HERZOG BLAUBARTS BURG
HENRY PURCELL 1659-1695
BÉLA BARTÓK 1881-1945



Dido and Aeneas
Dido und Aeneas
(c) Barbara Aumüller



Oper in fünf Bildern mit einem Epilog. Text von Nahum Tate nach Vergil.
Erste nachgewiesene Aufführung im April 1689
Josias Priest’s School for Young Ladies, London
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln





Herzog Blaubarts Burg
Herzog Blaubart
(c) Barbara Aumüller


Oper in einem Akt I Text von Béla Balázs
Uraufführung am 24. Mai 1918, Königliches 
Opernhaus, Budapest
In ungarischer Sprache mit deutschen 
Übertiteln
Premiere am 5. Dezember 2010

Einführung jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer




Samstag
21. Oktober 2017
19.30 Uhr
ca. 2 3/4 Stunde inkl. einer Pause
Opernhaus

Musikalische Leitung
Karsten Januschke
Regie
Barrie Kosky
Szenische Leitung der Wiederaufnahme
Alan Barnes
Bühnenbild und Kostüme
Katrin Lea Tag
Licht
Joachim Klein
Chor (Dido and Aeneas)
Tilman Michael
Dramaturgie
Zsolt Horpácsy

DIDO AND AENEAS
Dido  Cecelia Hall
Belinda  Angela Vallone
Second Woman  Karen Vuong
Sorceress  Dmitry Egorov
First Witch  Elizabeth Reiter
Second Witch  Julia Dawson
Spirit / Sailor  Michael Porter
Aeneas  Sebastian Geyer

HERZOG BLAUBARTS BURG
Blaubart  Andreas Bauer
Judith  Claudia Mahnke
Chor der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester

Die Tatsache, dass es in beiden Werken um die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau geht, dass Liebe und Tod dabei nahe beieinander stehen, dass Abschied, Melancholie und Einsamkeit mitschwingen, war für Dirigent Constantinos Carydis und Regisseur Barrie Kosky Grund genug, Dido and Aeneas von Henry Purcell und Herzog Blaubarts Burg von Béla Bartók als Doppelproduktion miteinander zu verbinden. Barrie Koskys Interpretation der Purcell-Oper fokussiert sich auf das Porträt der Protagonistin. Seine szenische Umsetzung betont die Intimität und die feine, klare Gliederung von Purcells Klangwelten. In Koskys Deutung handelt es sich um eine »One-Woman-Show mit Gästen«, um ein einziges Lamento der karthagischen Königin Dido, die vom trojanischen Helden Aeneas verlassen wird und an gebrochenem Herzen stirbt. Die Titelfigur in Bartóks Einakter stellt Kosky keinesfalls als Tyrann oder Frauenmörder dar. »Blaubart und Judith lieben einander, sie selbst kommt freiwillig zu ihm«. Für Kosky ist die Burg eine Metapher für Blaubart selbst. An seinem Körper zeige sich, was sich hinter den Türen verbirgt: Blut, Gold, Tränen und Pflanzen. Im Bühnenbild von Katrin Lea Tag, einem kahlen Raum auf der weißen Drehbühne, ereignet sich der Liebeskampf von Judith und Blaubart: Eine riesige, leere Weltenscheibe, das Sinnbild für das verlorene Paradies.



Kabarett: Jochen Malmsheimer





Jochen Malmsheimer: Gedrängte Wochenübersicht - 
Das Beste aus 4 Jahrtausenden

Freitag, 20. Oktober 2017

Fantasien zur Nacht (Video): When you touch me



When you touch me


Heute in Frankfurt a.M.: Eugen Eunegin (Wiederaufnahme)

Tatjana und Eugen Onegin
(c) Barbara Aumüller
EUGEN ONEGIN
PETER I. TSCHAIKOWSKI 1840 - 1893
Lyrische Szenen in drei Akten und sieben Bildern
Text vom Komponisten und Konstantin S. Schilowski
nach dem gleichnamigen Roman in Versen (1830) von Alexander S. Puschkin
Uraufführung am 29. März 1879, Maly-Theater, Moskau
Premiere am 20. November 2016

WIEDERAUFNAHME
Freitag, 20. Oktober 2017
19.30 Uhr
ca. 2 3/4 Std inkl. 1 Pause
Opernhaus

In russischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Einführung jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer

Musikalische Leitung
Sebastian Weigle
Regie
Dorothea Kirschbaum
Konzeption
Jim Lucassen
Szenische Leitung der Wiederaufnahme
Benjamin Cortez

Bühnenbild
Katja Haß
Kostüme
Wojciech Dziedzic
Licht
Joachim Klein
Chor
Tilman Michael
Choreografie
Olaf Reinecke
Dramaturgie
Norbert Abels


Larina, Gutsbesitzerin
Barbara Zechmeister
Tatiana, Larinas Tochter
Maria Bochmanova
Olga, Larinas Tochter
Maria Pantiukhova
Filipjewna, Amme
Elena Zilio
Eugen Onegin
Daniel Schmutzhard
Lenski
Arseny Yakovlev
Fürst Gremin
Nikolay Didenko
Saretzki
Dietrich Volle
Ein Hauptmann
Thomas Faulkner
Triquet, ein Franzose
Michael McCown
Chor der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester


»So war ich in die schwierige Zwangslage geraten, mir entweder meine Freiheit zum Preise des Untergangs dieses jungen Mädchens zu erhalten oder zu heiraten «, schreibt Tschaikowski seiner Gönnerin Nadeschda von Meck im Juli 1877. Die Schwärmerei seiner jungen Braut ist vielleicht noch blauäugiger als die seiner weiblichen Heldin Tatiana. In ihrer berühmten Briefszene ist Tatiana durchaus bewusst, dass Eugen Onegin als Projektionsfläche ihrer Träume herhalten muss. Voller Sehnsucht will sie nicht auf den mutigen Versuch verzichten, Traum und Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen. Tschaikowski hat den langen Brief, den Puschkin Tatiana schreiben lässt, so zerlegt, dass wir zwar Einblick in ihre Gefühlswelt, nicht aber den Brief selbst vorgelesen bekommen. Anders als Tschaikowski ist Onegin ehrlich und weist Tatianas Liebe zurück. Tatiana lernt wie ihre Mutter, sich mit einer Vernunftehe zu begnügen. Als nach Jahren die Gefühle Onegins für die gereifte Tatiana erwachen, zweifelt sie, ob nun tatsächlich sie gemeint ist. Die russische Gesellschaft bewegt sich auf der Frankfurter Bühne durch postsowjetische Räume, die von einem goldenen Gitter umgrenzt sind. Die drei Hauptfiguren Tatiana, Lenski und Onegin scheinen Gefangene ihrer Lektüre von Liebesromanen (im ersten Akt), ihres gekränkten Künstlerstolzes (im zweiten Akt) und ihrer Schuld (im dritten Akt) zu sein.







Elektroflugzeuge: Siemens, Aero Electric Aircraft Cooperation (Sun Flyer), Pipistrol, Airbus (eFan) etc.




Donnerstag, 19. Oktober 2017

Neunkirchen / Saar: Gloomaar Festival (Post-Rock/Prog-Rock/Indie/Ambient)

Post-Rock/Prog-Rock/Indie/Ambient
Gloomaar Festival
Mit God Is An Astronaut, Long Distance Calling, Les Discrets (Late-Night-Act), The Intersphere, Last Leaf Down und Colaris

Samstag, 21. Oktober 2017
17:30 Uhr
Neue Gebläsehalle Neunkirchen

Das Gloomaar Festival ist ein neues Post-Rock-Festival, welches Platz für sämtliche Nebenspielwiesen des Genres (Prog-Rock, Indie, Ambient, Shoegaze, etc.) bieten wird und am Samstag, den 21. Oktober, in der Neuen Gebläsehalle Neunkirchen zum ersten Mal stattfinden wird. Headliner ist die irische Post-Rock-Band God Is An Astronaut und Co-Headliner Long Distance Calling, die erfolgreichsten Post-/Prog-Rocker Deutschlands. Vervollständigt wird das Line-up von den Franzosen Les Discrets als Late-Night-Act, The Intersphere aus Mannheim, Last Leaf Down aus der Schweiz sowie Colaris aus Pirmasens.
Die 2002 von den Brüdern Torsten und Niels Kinsella sowie Schlagzeuger Lloyd Hanney gegründete Post-Rock-Band God Is An Astronaut aus Irland ist nicht zuletzt durch ihre imposanten Live-Shows und durch ihre offene Anti-Kriegs-Haltung zu einer absoluten Kultband des Genres avanciert. Die mittlerweile als Quartett agierende Combo hat bereits sieben Alben veröffentlicht, wovon u. a. das Durchbruchalbum „All Is Violent, All Is Bright“ in die heimischen Charts einstieg. Die Band vereint in ihrer Musik verschiedenste Element aus elektronischen Klängen, Krautrock und Prog- bzw. Space-Rock. Aktuell befindetsich die Band weltweit auf großer Jubiläumstour anlässlich ihres 15-jährigen Bandbestehens. 
Neben God Is An Astronaut sind die erfolgreichsten Post-/Prog-Rocker Deutschlands Long Distance Calling als Co-Headliner angekündigt. Long Distance Calling haben in den letzten Jahren erfolgreich fünf Studioalben veröffentlicht, 2016 zuletzt „Trips“, welches Platz 23 der deutschen Charts erreichte. Long Distance Calling konstruieren ihre Songs bewusst entgegen allen in der Musikwelt gängigen Gesetzmäßigkeiten in Punkto Songaufbau und -dauer. Musik braucht Platz, keine Regeln.
Als Late-Night-Act ist die französische Shoegaze-/Post-Rock-Formation Les Discrets aus Lyon beim Gloomaar mit dabei. Als Gründungsmitglied von Amesoeurs und ehemaliger Live-Musiker von Alcest oder aktuell The Vision Bleak ist Mastermind Fursy Teyssier eines der bekannten Gesichter des modernen Black Metals bzw. Post Black Metals/Blackgaze. Inzwischen bedienen Les Discrets eher das Genre des Shoegaze/Post-Rocks und auch das sehr erfolgreich. Erst in diesem Jahr hat die Band mit „Prédateurs" ihr drittes Studioalbum über Prophecy Productions veröffentlicht.
Ebenfalls mit von der Partie sind The Intersphere aus Mannheim. Statt auf Formeln und Formate haben The Intersphere sich immer auf ihre Herzen und Hände verlassen. Damit verschieben sie die Grenzen anspruchsvoller Rockmusik vorwärts gen Horizont wie wenige andere deutsche Bands der letzten Jahre. Hinter den intensiven, schweißtreibenden Liveshows von The Intersphere stehen vier hart arbeitende Musikerpersönlichkeiten, deren Fähigkeiten über rein spielerische Skills hinaus weit in den Bereich der Komposition und Produktion hineinreichen. Alle diese Facetten hört und sieht man auch dem vierten Album „Relations In The Unseen“ an, das in seiner Reichweite als künstlerisches Rock-Gesamtkunstwerk durchgeht.
Die Schweizer Last Leaf Down schaffen es mit ihrem sphärischen Sound den Hörer in Traumwelten eintauchen zu lassen. Shoegaze mit Elementen des Post Rock, Dreampop oder gar New Wave präsentiert das Quintett mit gefühlten hundert Effektpedalen vor den Füssen der drei Gitarristen. Die ursprünglich im Doom-Metal beheimatete Band, welche seit 2014 beim Leipziger Label Lifeforce Records unter Vertrag steht, veröffentlichte im selben Jahr ihr erstes Album „Fake Lights". Im März 2017 folgte nun das Zweite, „Bright Wide Colder".
Colaris ist eine Instrumentalband aus Pirmasens, die 2009 gegründet wurde, und beim Gloomaar als regionaler Vertreter mit dabei sein wird. Das Trio hat inzwischen durch diverse Veröffentlichungen sowie zahlreiche Konzerte europaweit eine beachtliche Fangemeinde aufbauen können. 

Karten für die Veranstaltung sind zum Preis von 33,50 Euro bei allen Vorverkaufsstellen von Ticket Regional (u. a. bei allen Pressezentren von Wochenspiegel und Saarbrücker Zeitung), unter der Tickethotline 0651 – 9790777 sowie online unter: www.ticket-regional.de/gloomaar erhältlich. Der Preis an der Abendkasse beträgt 35 Euro.

Ab 19. Oktober im Kino: THE SQUARE



THE SQUARE
Von Ruben Östlund

Mit Claes Bang, Elisabeth Moss, Dominic West
Tragikomödie
Schweden, Deutschland, Dänemark, Frankreich  2017
FSK ab 12

Eine beißende Satire auf den Kunstbetrieb: Christian Nielsen (Claes Bang) ist der Chefkurator des X-Royal-Museums in Stockholm und steckt aktuell mitten in den Vorbereitungen für eine Installation mit dem Namen „The Square“. Hinter diesem Namen verbirgt sich eine Freifläche, auf der sich jeder humanitär und zuvorkommend verhalten soll und auf der jeder die Hilfe bekommen soll, die er benötigt. Doch die Vorbereitungen werden durch eine Reihe von Ereignissen erschwert. Zum einen wird Christian Opfer einer Gruppe von Trickdieben und offenbart bei dem Versuch, seine Wertsachen zurückzubekommen, dass er doch nicht so frei von Vorurteilen ist, wie er gerne wäre. Zum anderen entwickelt sich die Werbekampagne für „The Square“ nicht so, wie Christian es gerne hätte, und auch die Affäre mit der amerikanischen Kunstjournalistin Anne (Elisabeth Moss) läuft nicht besonders gut…

Libanon: Mashrou' Leila





Mashrou' Leila مشروع ليلى - Bahr بحر (feat. Erik Truffaz)
Song über die Flüchtlingsdramen im Mittelmeer


بحر
يا ليل إحجبني حجبني بعتمتك 
يا ليل إملئني قويني بعتمتك 
أخوي شاف السر شاف السر كان حيبوح 
أخوي جوا الموج جوا الموج عمبينوح

والصيادين نائمين
يا بحر رجعلي رجعلي أخوي 
الموج سرقلي خطفلي أخوي 
اخذته حد البحر خلي الموج يطهره 
أخذته حد البحر دبغت الموج بدمه

والصيادين غافلين خامدين نائمين
أخوي مع الحورية 
رجعوه لي 
الموج أخذلي أخوي 
رجعوه لي

أخوي راح مع الفجر 
لسا ما عاد لي 
أخوي بقعر البحر 
لسا ما عاد لي

Bahr (The Sea)
Oh night, shroud me; veil me with your darkness
Oh night, impregnate me; empower me with your darkness
My brother saw the secret; saw the secret he would've revealed
My brother, seized by the waves, seized by the waves as he squealed
And the fishermen just slept

Oh Poseidon return to me, return to me my brother
The waves have swindled me; have robbed me of my brother
I took him to the shore, so the waves may wash him clean,
And there upon that shore, stained the waves incarnadine.
And the fishermen just slept

My brother lies with the mermaids, bring him back to me
My brother was stolen by the waves, won’t you bring him back to me
My brother left me with the break of dawn, never to return to me
He lies upon the ocean floor, never to return to me

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Wie war's bei Kafkas DIE VERWANDLUNG in den Frankfurter Kammerspielen?

Franz Kafkas Erzählung "Die Verwandlung" aus dem Jahr 1915 gehört mit seinen anderen Werken zu den heiß umkämpften Objekten der Begierde von Germanisten und Literaturhistorikern aller Welt. Jeder glaubt eine passende Erklärung und Interpretation gefunden zu haben, aber keiner kann wirklich Anspruch erheben die Mutter aller Deutungen gefunden zu haben. Der Leser hat ein unglaubliches Spielfeld vor sich, er vermag reinzuinterpretieren, was nur geht, persönliche Glücksmomente erleben, wenn er eine schlüssige Deutung gefunden hat, und liegt dann am Ende in den Augen der anderen doch falsch. Das ist Kafkas Welt, grotesk, unwirklich, absurd, nicht festlegbar und seiner Zeit weit voraus. Alle Kritik versteckt und vertuscht, und doch genügend Anhaltspunkte Machtverhältnisse besser zu verstehen.

In Frankfurt wird im Moment eine Theaterfassung von Jan-Christoph Gockel aus Bochum gezeigt, die zwischen Abweichung vom Original, Durchbrechung aller Illusion, und dann wieder Rückkehr, Naturtreue hin- und herpendelt. Die knapp zweistündige Fassung liefert eine sehr gelungene Interpretation des Geschehens um Gregor Samsa. Einige Regie-Kunstgriffe machen aus einem eher zu erwartenden trägen Geschehen eine runde Veranstaltung, die viel Abwechslung bietet. Es kommen quellenfremde Aspekte ins Spiel, die Bezüge zu unseren heutigen Beschäftigungsverweigerern, zur Kleinbürgerlichkeit und Arbeitslosigkeit, Bedeutung einer Beschäftigung für das Glück von Familien u.v.m. herstellen. Gregor (sehr eindringlich und konzentriert Nils Kreutinger), der Handlungsreisende, ist hier ein Aussteiger, er durchbricht die Routine und geht eines Tages nicht mehr auf Reise, seine Textilien zu verkaufen. Im Original verwandelt er sich in ein käferähnliches Insekt, liegt auf dem Rücken und kann den mächtigen Chininpanzer kaum bewegen. So wacht er in der neuen Welt auf. Bei Gockel bleibt er stärker Mensch, aber fühlt wie ein Insekt. Seine Eltern (herrlich schräg Katharina Linder als Mutter und überzeugend als Vater, besorgter, kleinbürgerlicher Wüterich und Familienkassenwart Uwe Zerwer), Schwester Grete (kess, frech, aber auch devot und abenteuerlustig Luana Velis), die er ernährte, bangen um seinen Ausfall, nicht um Gregor. Der Geldfluss könnte versiegen. Er wird ein Außenseiter, weil er nicht funktioniert, wie er soll. Vorbei der tägliche Gang zur Arbeit, die Verkaufsreise, das Heimkehren, Aufstehen vor sieben Uhr, er kann sein Zimmer gar nicht mehr verlassen, er will es auch nicht mehr. Die Eltern erkennen bei Gockel mit Schrecken, dass sie nun selbst arbeiten gehen müssen, hier zeigt sich die Mentalität der Daheimbleiber, weil sie so besser leben, wenn andere sie finanzieren, sie so die Vorteile des Nichtstun, wohl bei gemindertem Lohnausgleich, aber frei genießen können. Dennoch ist die Abhängigkeit zum Arbeitgeber, der Chef und seine rechte Hand der Prokurist (fordernder Chefstellvertreter Michael Pietsch, der auch die vorlaute Bedienerin spielt), deutlich. Fünf Jahre hat Gregor in die Hand des Vaters gearbeitet, damit dieser die Schulden aus seiner Insolvenz begleichen kann, derweil lebte die Familie davon und nun wären weitere fünf Jahre und mehr für die Schuldentilgung fällig, wahrscheinlich nie endend dieser Kreislauf. Gregor macht Schluss damit. Das nimmt man ihm übel, das Schreckgespenst der Arbeit steht vor ihnen, Grete ganz entsetzt ... Der Vater glücklich, als er in Uniform für eine Bank arbeiten darf, was ihn aufrichtet, ihm Persönlichkeit gibt, ihn gehorsam macht. Gregor der Hässliche, das Viech, muss weg aus diesem Leben, und der Vater bombardiert ihn mit Äpfeln, von denen einer im Insektenkörper stecken bleibt und zu seinem Tod führt. Erst dann sind die Samsas wieder froh, sie atmen auf. Im Original arbeiten alle, leben aber dennoch von Gregor mit, er zahlt Abgaben. Sie haben auch drei Mieter, die bei Gockel verschwunden sind.

Es gibt mehrere Ebenen, die der Zuschauer verfolgen kann. Die Protagonisten erster und jene zweiter Kategorie - das sind echte Schauspieler und ihre Abbilder als Marionetten (deren Bau auf Michael Pietsch zurückgeht) - wiederholen tägliche Rituale im Leben der Samsas, als ob es die Hempels oder Ekel Alfreds Familie aus NRW oder sonstwo wäre, eine Erzählung in der Erzählung, ein Spiel im Spiel, die Schauspieler spielen sich selbst. Die Bedeutungslosigkeit oder -beliebigkeit wird dadurch verdoppelt, was auch nicht mehr Sinn im Grotesken erzeugt. Oder es gibt Kommentarfunktionen, wie der Beischlaf des Prokuristen mit Grete auf Marionettenebene, geführt/verwirklicht von den Eltern auf Schauspielerebene. Die Eltern sind sehr interessiert an einer Verheiratung der Tochter, hier scheint es aber noch mehr ein Opfer zu sein, Tribut an den Prokuristen, Bezahlung für das Fehlen Gregors am Arbeitsplatz, Ruhigstellung des drohenden Existenzverlusts von allen. Sich prostituieren durch Arbeit bei Gregor oder bei Abhängigkeit vom Geldgeber. Wer will das schon? :-) Oder der Kommentar der Bedienerin, die Putzfrau, die komplett aus der Illusion kippt, den Regisseur aufleuchten lässt und kurz über Kafka nachdenkt, die Sekundärliteratur mit 20 Metern grob gesichtet hätte und sich fragt, warum immer noch keiner weiß, was los ist, und sozusagen für die Zuschauer das Wesen im Zimmer inspiziert.

Die Räume variieren zwischen dem Rund der Welt, herrlich gelöst mit einer kleinen Drehbühne, einer Stadt/einem Haus mit Kafkas berühmten Gängen und Spezialarchitektur sowie dem (Miniatur-)Zimmer Gregors. Alle Größen sind erlaubt, mal ist Gregor der überdimensionale Bewohner einer zu kleinen Welt, mal ist die Welt um vieles größer, die Türklinke aus Gregors Käferexistenz unerreichbar hoch. Verzerrt, unwirklich und variierend wie ein (Alp/b-)Traum scheint alles zu sein. Am Ende löst sich das Bühnentreiben auf, Gregor stirbt, seine Marionette wird immer kleiner, bis sie unsichtbar klein, nicht mehr vorhanden sein Verschwinden und Sterben symbolisiert. (Leider komplett ausverkauft.)


Hier eine Puppenlösung und Inhaltsangabe zum Original:

Contemporary Dance: Urbs Lux




Urbs Lux 

‘Urbs Lux’ is a contemporary dance video art; a creation conceived in April 2015 as a collaborative project between choreographer Svetlin Velchev, sound designer Stanislav Genadiev – Genda and the street apparel-clothing brand ‘Cognition Limited’.

‘Urbs Lux’ is an abstract cityscape of lights, buildings, locations and shadows. Literally translated from Latin ‘Urbs Lux’ means ‘City Light’ and is inspired by the surrounding urban environment at night. 
In the video a dancing couple, representing the street culture, is going through transformation by exploring different whereabouts. The captured city spirit amplifies freedom, choice and longing for other places, displaying attraction or distance between us as individuals. The video is filmed at both Dutch cities Amsterdam and Rotterdam, highlighting their industrial contemporary architecture.