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Freitag, 16. Mai 2014

Fantasien zur Nacht: GAMIANI, Kap. 2.2, von Alfred de Musset



Alfred de Musset: Gamiani


2 Die zweite Nacht


Fanny: Wieso?
Gamiani: Mit dem Schlage der mitternächtlichen Stunde erschienen die Nonnen, nur mit einem einfachen schwarzen Hemd bekleidet, um das leuchtende weiße Fleisch noch mehr hervortreten zu lassen. Alle waren barfuß; ihre Haare hingen aufgelöst herab. Im Nu erschien ein glänzendes Mahl, das wie von Zauberhänden aufgetischt wurde. Die Oberin gab das Zeichen zum Beginnen, und jede tat sich nach Herzenslust gütlich. Einige saßen an der Tafel, andere hatten sich auf Polster gelagert. Ausgesuchte Leckerbissen, feurige, das Blut in Wallung bringende Weine wurden gierig verschlungen. Nach und nach belebten sich die von Ausschweifungen verwüsteten Gesichter, die im Tageslicht bleich und kalt aussahen. Die Dünste des Weines stiegen ihnen zu Kopfe, Kantharidenpräparate ließen Feuer durch ihre Adern strömen. Immer lauter wurde die Unterhaltung; sie schwoll zu einem wirren, tosenden Lärm an und endete stets in unzüchtigen Anträgen, in Aufreizungen zu neuem Liebestaumel, dem sich die Nonnen bei Gesang, Gelächter, Lärm und Gläserklingen überließen. Ihrer Sinne nicht mehr mächtig, fiel plötzlich irgendeine von ihnen über ihre Nachbarin her und gab ihr einen stürmischen Kuß. Dies war das Signal, das die ganze Bande elektrisierte. Die Liebespaare fanden sich zusammen, umschlangen sich, während in trunkenen Delirien Küsse schallten. Man hörte erstickte Seufzer, abgerissene Liebesworte, Schreie der Wollust, Röcheln der Erschöpfung. Bald waren die gierigen Lippen nicht mehr mit Mund und Wangen, mit nackten Brüsten und Schultern zufrieden. Die Kleider wurden emporgestreift oder zur Seite geworfen. Und nun begann ein wunderbares Schauspiel; alle diese geschmeidigen, anmutigen Frauenleiber zuckten in den raffiniertesten Stellungen, in den höchsten Verzückungen abgefeimtester Buhlkünste. Blieben einmal die Kräfte hinter dem Antrieb der Begierden zurück, so trennten sich die Paare für einen Augenblick, um frischen Atem zu schöpfen. Man sah sich mit feurigen Blicken an, man wetteiferte in unzüchtigen Stellungen. Die Siegerin in diesem Wettkampf sah plötzlich ihre Gefährtin von neuem sich auf sie stürzen; ein Stoß, sie lag auf dem Rücken, unzählige Küsse bedeckten ihren ganzen Leib, eine flinke Zunge drang bis ins innerste Heiligtum der Liebeswonne vor, und mit gleicher Inbrunst wurde dieser Dienst von der Partnerin vergolten. Die beiden Köpfe verschwanden zwischen den Schenkeln; die beiden Leiber waren nur noch ein Leib, der in wonnigen Krämpfen zuckte. Dann ein dumpfes Röcheln und zum Schluß ein doppelter Aufschrei triumphierender Liebe. »Sie genießen! Sie genießen!« rief dazu der Chor der Nonnen. Und von neuem stürzten sie sich aufeinander, rasender als wilde Bestien, die in die Arena losgelassen werden.
Fanny: Welche Orgien!
Gamiani: O das war noch lange nicht alles! Die Abwechslung in allen Künsten der Wollust wurde bis ins Unendliche getrieben. Da wir keine Männer hatten, erfand unsere Phantasie die seltsamsten Hilfsmittel.
Alle priapischen Gedichte, alle unzüchtigen Bücher des Altertums und der Neuzeit waren uns bekannt. Wir waren weit über sie hinaus. Elephantis und Aretino waren phantasielos im Vergleich mit uns. Es würde zu weit führen, dir alle unsere Hilfsmittel aufzuzählen, alle die sinnreichen Instrumente und Liebestränke zu nennen, die wir besaßen, um unsere Begierden erst anzustacheln und dann zu befriedigen. Ich will dir nur als Beispiel erzählen, wie wir es mit einer unserer Genossinnen machten, um ihr Fleisch zu neuer Genußfähigkeit zu reizen. Zuerst wurde sie in ein Bad von heißem Blut gebracht, um ihre Kraft wieder zu beleben. Dann schlürfte sie einen Trank, der mit zerriebenen spanischen Fliegen versetzt war, warf sich auf ein Ruhebett und ließ sich den ganzen Körper massieren. Dann wurde sie hypnotisiert, bis sie in festem Schlaf lag. Sobald dies der Fall war, stachen wir sie mit Nadeln, peitschten sie bis aufs Blut. Inmitten dieser Folterung erwachte sie; sie sah uns wie eine Wahnsinnige an und verfiel sofort in krampfhafte Zuckungen. Kaum waren sechs von uns imstande, sie festzuhalten. Nur die schleckende Zunge eines Hundes vermochte sie zu beruhigen. In Strömen ergoß sich ihr Liebessaft. Wenn aber diese Erleichterung sich einmal nicht einstellte, dann wurde die Unglückliche geradezu entsetzlich in ihrer Raserei und schrie laut nach einem Esel.
Fanny: Nach einem Esel? Barmherziger Himmel!
Gamiani: Jawohl, mein Herz – nach einem Esel. Wir besaßen zwei, die sehr gelehrig und ganz ausgezeichnet abgerichtet waren. Wir wollten in dieser Hinsicht nicht hinter den vornehmen Römerinnen zurückstehen, die sich bei ihren Saturnalien stets dieser Tiere bedienten. Als ich diese Sensation zum erstenmal an mir selber erlebte, war ich fast bis zur Sinnlosigkeit von Wein berauscht. Ich warf mich auf das eigens zu diesem Zweck bestimmte Gestell, indem ich alle Nonnen herausforderte, bei diesem Liebeskampf es mit mir aufzunehmen. Im Nu stand der Esel hochaufgerichtet vor mir. Sein furchtbares Glied, von den Händen der frommen Schwestern in Glut versetzt, stieß wuchtig gegen meine Schenkel. Ich ergriff es mit beiden Händen, setzte es an die Öffnung meiner Scheide und versuchte, es einzuführen, nachdem ich mich ein paar Sekunden lang von ihm hatte kitzeln lassen. Mit Hilfe von Pomade, durch geschickte Stöße meiner Hinterbacken und durch Nachschieben mit den Händen gelang mir dies, und bald hatte ich mindestens fünf Zoll in meinem Leibe. Ich wollte noch weiter stoßen, aber die Kräfte gingen mir aus, und ich sank erschöpft zurück. Mir war's, als zerrisse meine Haut, als würde ich gespalten, gevierteilt! Ich empfand einen dumpfen, betäubenden Schmerz, zugleich aber auch einen heißen, kitzelnden, wonnigen Reiz. Das Tier bewegte sich fortwährend und stieß so kräftig, daß ich die Erschütterung in meinem ganzen Rückgrat spürte. Ich spritzte. O welch ein Genuß! Mein heißer Liebessaft erfüllte mir den ganzen Leib. Ich war von Liebe ganz und gar überströmt. Ich stieß einen langen, lauten Schrei aus und war erleichtert. Durch meine wollüstigen Zuckungen hatte ich noch zwei Zoll in mich aufgenommen. Dies war das höchste Maß, das jemals erreicht worden war; alle meine Gefährtinnen waren besiegt. Das Glied des Esels war bis an den Ring eingedrungen, den man ihm angelegt hatte. Ohne diesen Ring wäre mir der Leib zersprengt worden.
Ich war erschöpft, alle meine Glieder schmerzten, und ich glaubte, am Ende aller Wollust zu sein – da wird plötzlich das unbändige Glied des Tieres noch steifer und härter denn zuvor; es dringt noch tiefer in mich ein, und ich schwebe fast frei in der Luft, nur von dem Schwanz des Esels gehalten! Meine Nerven spannen sich an, meine Zähne pressen sich knirschend aufeinander, meine Arme schließen sich krampfhaft um meine Schenkel. Plötzlich bricht mit Macht ein Strahl hervor und überströmt mich mit einem heißen Regen von solcher Fülle, daß mir's ist, als dränge er mir durch alle meine Adern bis ins Herz hinein. Ich fühle nichts mehr als eine brennende Wonne, die mir bis ins Knochenmark, ins Gehirn und alle Nerven dringt und zugleich alle meine Glieder erschlafft... Köstliche Marter!... Unerträgliche Wollust, die alle Fesseln des Lebens löst, die im höchsten Rausch der Sinne den Tod bringt! Fanny: Du bringst mich von Sinnen, Gamiani! Bald halt ich's nicht mehr aus... Aber sag, wie kam es, daß du dieses Teufelskloster verließest?
Gamiani: Das ging so: Nach einer großen Orgie hatten wir den Einfall, uns in Männer zu verwandeln. Jede von uns schnallte sich einen Phallus um, dann bildeten wir eine Kette und liefen wie Wahnsinnige durch den Saal. Ich bildete das letzte Glied der Kette und war daher die einzige, die nur ritt, aber nicht geritten wurde. Stelle dir meine Überraschung vor, als ich plötzlich von hinten den wütenden Angriff eines nackten Mannes verspürte, der sich auf irgendeine, mir unerklärliche Weise bei uns eingeschlichen hatte. Unwillkürlich stieß ich einen Schreckensruf aus; sofort löste unsere Kette sich auf, und sämtliche Nonnen stürzten sich über den unglückseligen Eindringling her. Jede wollte einmal Wirklichkeit kosten. Das arme Tier jedoch vermochte so viel Genuß nicht zu ertragen und war bald erschöpft. Er sah erbärmlich aus in seiner Schlaffheit und Nichtigkeit; seine Manneskraft war nur noch negativ vorhanden. Es kostete mich unendliche Mühe, das jämmerliche Ding zu neuem Leben zu erwecken, als endlich auch an mich die Reihe gekommen war, sein Elixier genießen zu dürfen. Schließlich gelang es mir aber doch. Ich streckte mich der Länge nach auf dem Halbtoten aus, so daß mein Kopf sich zwischen seinen Schenkeln befand, und saugte so geschickt an seinem eingeschlafenen Priap, daß dieser rotstrahlend zu einer Munterkeit erwachte, an der ich meine Freude haben konnte. Da ich selber gleichzeitig von einer flinken Zunge karessiert wurde, so fühlte ich bald eine unglaubliche Wonne eintreten, die ich auf den Höhepunkt brachte, indem ich mich triumphierend und freudig auf das Zepter setzte, das ich mir erobert hatte. Ich gab und empfing eine Sintflut von Wollust. Dieser letzte Exzeß gab unserem Mann den Rest. Alle Bemühungen, ihn noch einmal zum Leben zu erwecken, waren vergeblich. Und nun trat etwas ein, was dir vielleicht unglaublich erscheinen wird. Sobald die Nonnen merkten, daß der Unglückselige zu nichts mehr zu gebrauchen war, faßten sie ohne Zaudern den Entschluß, ihn zu ermorden und in einem Keller zu begraben, damit er ihr Kloster nicht durch eine Indiskretion bloßstellen könnte. Vergebens bekämpfte ich diesen verbrecherischen Beschluß; eine Sekunde später war eine Hängelampe von ihrem Haken herabgenommen, und das Opfer wurde mit einer Schlinge aufgehängt. Ich wandte den Blick von diesem entsetzlichen Schauspiel ab... Aber siehe da! Zur größten Überraschung dieser Furien brachte der Tod des Erhängens die übliche Wirkung auf das Opfer hervor. Entzückt von diesem Phänomen steigt die Oberin auf einen kleinen Tritt und verbindet sich, unter dem stürmischen Beifallsjubel ihrer würdigen Genossinnen, in der Luft schwebend mit dem Toten, spießt sich an dem Leichnam auf!... Aber damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Der Strick, an dem die Lampe gehangen hatte, war zu schwach, um dies doppelte Gewicht zu tragen. Er reißt. Leichnam und Oberin fallen, und zwar ist der Sturz so heftig, daß die Nonne ein Bein bricht, der Gehängte aber, dem wahrscheinlich der Strick nicht richtig angelegt worden war, wieder erwacht und sich auf die Oberin stürzt, um sie zu erwürgen. Wie wenn der Blitz in eine Herde schlägt, so wirkte dieser Auftritt auf die Nonnen. Entsetzt stürzten alle davon; sie glaubten, der Teufel sei hinter ihnen her.
Nur die Oberin blieb zurück und mußte sich der Angriffe des so zur Unzeit von den Toten Auferstandenen erwehren.
Das Abenteuer mußte furchtbare Folgen haben. Um diesen zuvorzukommen, entfloh ich noch in derselben Nacht aus dieser Lasterhöhle der Ausschweifung und des Verbrechens. Ich begab mich für einige Zeit nach Florenz, der wundervollen Stadt der Liebe. Ein Engländer, Sir Edward, ein leidenschaftlicher, träumerischer Jüngling, entbrannte in heißer Liebe zu mir. Die schmutzigen Lüste des Fleisches flößten mir nun Ekel ein. Bisher hatte nur mein Leib gelebt; meine Seele schlummerte noch. Nun erwachte aber auch sie, fast mir selber unbewußt, von dem leisen Zauberruf einer edlen, hohen Liebe. Ein neues Leben ging mir auf; ich empfand jene unbestimmten, unaussprechbaren Sehnsüchte, die das Glück des Menschen ausmachen und sein Dasein zu Poesie verklären... auch die am leichtesten entzündlichen Stoffe brennen nicht von selber; aber es braucht nur ein Funke an sie zu geraten, und sofort lodern sie auf. So setzte die leidenschaftliche Glut des Jünglings, der mich liebte, auch mein Herz in Flammen. Die für mich ganz neue Sprache reiner Liebe ließ mich vor Entzücken erschauern.
Begierig horchte ich auf ihre Worte; meine gespannte Wachsamkeit ließ sich keine noch so geringe Bewegung entgehen. Die warmen Blicke der von feuchtem Schimmer verklärten Augen meines Geliebten drangen bis in die Tiefe meiner Seele und erfüllten sie mit froher Unruhe, mit leidenschaftlichem Entzücken.
In Edwards Stimme lag ein Klang, der mich aufregte; in jeder seiner Gebärden erkannte ich sein edles Gefühl; in jedem seiner Züge sprach sich Leidenschaft aus und ließ mich Leidenschaft empfinden. Zum ersten Male sah ich das Bild wahrer Liebe, und ich liebte den, der es mich sehen ließ. Von jeher hatte ich mich in Extremen bewegt, und so glühte ich jetzt ebensosehr in der Leidenschaft meines Herzens wie früher in der Leidenschaft meiner Sinne. Edward hatte eine starke Seele – eine jener Seelen, die alle anderen in ihren Bannkreis ziehen. Ich hob mich zu seiner Höhe empor. Meine Liebe wuchs: sie war enthusiastisch gewesen, jetzt wurde sie erhaben. Der bloße Gedanke an grobe Fleischeslust empörte mich. Hätte man mich dazu gezwungen, ich hätte getobt, ich wäre vor Wut erstickt! So war unsere Liebe, meine sowohl wie seine, von freiwillig errichteten Schranken umschlossen; sie wurde dadurch nur um so glühender. Edward erlag zuerst. Die platonische Enthaltsamkeit, für die er keinen Grund sah, machte ihn krank; er besaß nicht die Kraft, noch länger gegen seine Sinnlichkeit anzukämpfen. Eines Tages überraschte er mich im Schlaf – und ich war sein. Mitten in der heißesten Umarmung erwachte ich: in besinnungsloser Leidenschaft erwiderte ich Glut mit Glut; dreimal war ich im Himmel – dreimal war Edward Gott. Aber als er von seiner Höhe herabgestiegen war, empfand ich Ekel: er war für mich nur noch ein Mensch von Fleisch und Blut – er war ein Mönch! Mit einem gellenden Lachen entriß ich mich plötzlich seinen Armen. Der Regenbogenglanz des Ideals war zerstört; ein unreiner Hauch hatte den Strahl der Liebe ausgelöscht – diesen Strahl aus Himmelshöhen, der nur einmal im Leben leuchtet. Meine Seele war tot. Aber meine Sinne waren wieder auferstanden, und ich wandte mich wieder meiner alten Lebensweise zu.
Fanny: Wieder mit Frauen?
Gamiani: Nein! Erst wollte ich mit den Männern ganz und gar fertig sein. Um keine Begierde und keine Sehnsucht nach Männerliebe mehr zu haben, kostete ich bis zur Neige allen Genuß, den sie uns zu geben vermögen. Ich bediente mich einer berühmten Kupplerin, und sie vermittelte mir die Bekanntschaft mit den geschicktesten und kräftigsten Liebesathleten von Florenz. An einem einzigen Vormittage bestand ich zweiunddreißig Liebesturniere – und doch war damit meine Begierde nicht gestillt. Sechs Kämpen wurden von mir besiegt – besiegt bis zur völligen Erschöpfung. Eines Abends vollbrachte ich noch größere Heldentaten. Ich befand mich mit dreien meiner kräftigsten Ritter zusammen. Meine Gebärden und Reden versetzten sie in eine so günstige Stimmung, daß ich auf einen diabolischen Einfall kam: Ich bat den stärksten meiner Helden, sich auf den Rücken zu legen, und während ich mich wollüstig auf seinem gewaltigen Instrument auf und ab bewegte, wurde ich von dem zweiten auf sehr gewandte Weise gomorrhisiert; mein Mund bemächtigte sich des dritten und wußte ihn dermaßen zu kitzeln, daß er sich wie ein Teufel krümmte und die leidenschaftlichsten Ausrufe von sich gab. Gleichzeitig erreichte bei uns Vieren die Ekstase ihren Höhepunkt. Welche Genüsse! Dieser heiße Strahl an meinem Gaumen, diese Wonne innen in meinem Leibe! Kannst du dir einen Begriff davon machen? Mit dem Mund die ganze Lebenskraft eines Mannes einsaugen, mit unersättlichem Durst sie in Fluten heißen Schaumes hinunterschlürfen und dabei gleichzeitig einen doppelten Feuerstrahl, einen von vorn, einen von hinten in seinen Leib, in sein Fleisch eindringen fühlen – das ist ein dreifacher, ein unerhörter Genuß, der sich überhaupt nicht beschreiben läßt.
Meine unvergleichlichen Kavaliere waren so hochherzig und so wacker, mich diesen Genuß immer wieder von neuem kosten zu lassen, bis ihre Kräfte völlig erschöpft waren. Aber ich war dann bald der Männer müde, überdrüssig, und ich hatte keine andere Begierde mehr, kannte kein anderes Glück mehr, als den schlanken, bebenden Leib eines jungen Mädchens, einer schüchternen Jungfrau zu umschlingen, sie in die Liebe einzuweihen, ihr ungeahnte Genüsse zu bereiten, sie mit Wollust zu überströmen... aber was hast du? Was ist dir? Was machst du denn? Fanny: Mir ist fürchterlich zumute. Mich verzehren entsetzliche, scheußliche Begierden. Alle Lust, alle Qual, die du gefühlt hast – auch ich möchte sie fühlen. Aber sofort! Auf der Stelle! Du allein kannst mich nicht mehr befriedigen. Mein Kopf glüht – alles dreht sich vor meinen Augen. O! ich fürchte, ich werde wahnsinnig! Sag, was kannst du mir geben? Ich will in Liebesraserei sterben – ich will genießen! Nur genießen! Genießen!
Gamiani: Beruhige dich, Fanny! Beruhige dich doch! Deine wilden Blicke erschrecken mich. Befiehl mir! Ich tue alles! Was willst du von mir?
Fanny: Komm mit dem Mund! Laß deine Lippen mir das Leben aussaugen! Da... da unten! Laß mich meine Seele verhauenen! Nachher will ich dich haben; will dir in die Eingeweide eindringen... schreien sollst du!... O dieser Esel! Auch er quält mich. Ich möchte ein Riesenglied drin haben, und wenn es mich zersprengte, mir den Leib aufrisse!
Gamiani: Du Wilde – du sollst haben, was du verlangst! Mein Mund ist geschickt. Außerdem hab ich ein Instrument mitgebracht. Da, sieh's dir an... es ist mindestens so stark wie ein Eselsglied.
Fanny: O was für ein Riesending! Schnell her damit – laß mich's versuchen! Au! Au! Es geht nicht... mir bleibt der Atem stehen...
Gamiani: Du weißt es nur nicht zu handhaben. Aber das will ich besorgen. Halte du nur stille!
Fanny: Und wenn ich auf der Stelle tot bleiben sollte – ich will es ganz und gar in mir haben. Ich bin rasend!
Gamiani: Also leg dich nur auf den Rücken; streck dich aus, so lang du kannst; jetzt spreize die Beine. Die Arme laß an deinen Seiten liegen. Jetzt – laß mich machen. Hab keine Angst; zieh nicht zurück!
Fanny: Sieh, ich gebe mich dir völlig hin. Schnell! Komm in meine Arme! Komm schnell!
Gamiani: Geduld, Kind! Höre: um so recht die ganze Wonne zu spüren, mit der ich dich berauschen will, mußt du für einen Augenblick dich selbst vergessen, mußt vollkommen in einen einzigen Gedanken aufgehen, in ein einziges Gefühl sinnlicher Liebe, wahnsinnigen Genießens! Und wenn ich dich mit noch so rasender Brunst angreife – bewege dich nicht! Rühre dich nicht! Bleib bewegungslos liegen, empfange meine Küsse, ohne sie zu erwidern. Wenn ich dich beiße, wenn ich dich verwunde – unterdrücke deinen Schmerz, unterdrücke auch deine Wollust, bis zu jenem allerletzten Augenblick, bis zum Höhepunkt – dann kämpfen wir zusammen und sterben zusammen!
Fanny: Ja, ja! Ich verstehe dich, Gamiani. Vorwärts! Sieh, ich liege wie schlafend... jetzt träume ich von dir... Ich bin dein, komm!... Liege ich so richtig? Warte! Diese Stellung ist noch lüsterner, glaube ich...
Gamiani: Du Wollüstige! Du bist noch geiler als ich. Ach, bist du schön, wie du so daliegst!... Du Ungeduldige! Ich sehe, du willst mich haben.
Fanny: Ja, ich brenne! Ich glühe! Fang an... fang an! Bitte, bitte!
Gamiani: O warte doch noch! Dies gierige Warten ist auch eine Art von Wollust... Laß dich noch mehr gehen! Ah, so ist's gut. So liegst du fast wie eine Tote da... Diese köstliche Selbstvergessenheit ... so... ja, so! Jetzt werde ich mich deiner bemächtigen, werde es dir warm machen, dich allmählich ins Leben zurückrufen; ich werde dich in Feuer und Flammen setzen, dich dem Höhepunkt vollständiger Genüsse entgegenführen. Dann wirst du wieder tot zurücksinken – aber tot vor Wonne, vor Übermaß des Genusses... Unerhörte Seligkeiten! sie auch nur einen blitzschnellen Augenblick zu kosten, ist schon Götterwonne.
Fanny: Deine Worte brennen – sie brennen, Gamiani! Ans Werk, ans Werk!
Gamiani band sich schnell die flatternden Haare, die ihr im Wege waren, zu einem Knoten zusammen. Sie fuhr mit der Hand zwischen ihre Schenkel und regte sich einen Augenblick auf; dann stürzte sie sich auf Fannys Leib, den sie in enger Umschlingung bedeckte. Ihr Mund öffnete die roten Lippen des jungen Mädchens, ihre Zunge drang vollständig ein. Fanny seufzte; Gamiani sog ihren Atem ein und blieb dann einen Augenblick unbeweglich liegen. Beim Anblick dieser beiden nackten Frauen, die regungslos, wie zusammengewachsen, aufeinanderlagen, hatte ich das Gefühl, daß sie sich auf eine geheimnisvolle Art miteinander vermählten, daß ihre Seelen schweigend ineinanderflössen.
Plötzlich macht Gamiani sich leise los und erhebt sich. Ihre Finger spielen mit Fannys Locken, und dabei blickt sie sie mit einem unaussprechlich schmachtenden und wollüstigen Lächeln an. Vom Kopf bis zu den Füßen bedeckt sie sie mit Küssen, mit zärtlichen Bissen; sie kitzelt ihr die Fußsohlen mit den Fingerspitzen, mit der Zunge. Dann stürzt sie sich wild über sie her, springt auf und fällt keuchend, rasend abermals auf Fannys Leib. Ihr Mund, ihre Finger sind hier, sind da, sind überall. Fanny wird überall geküßt, gedrückt, befingert; Gamiani kneift sie, zwickt sie, beißt sie. Da bekommt Fanny Angst; sie stößt einen scharfen Schrei aus; aber im Nu besänftigt ein sanftes Streicheln den Schmerz, und ein langer Seufzer dringt aus ihrer Brust. Gamiani wird immer feuriger, immer wilder. Jetzt liegt ihr Kopf zwischen den Schenkeln ihres Opfers. Ihre Finger biegen zwei zarte Schamlippen auseinander. Ihre Zunge senkt sich in den Kelch, und langsam überströmt sie sie mit allen Wonnen des aufregendsten Kitzels, den es für ein Weib gibt. Gamiani verfolgt alle Stadien der Wollustraserei ihrer Freundin; um die Ekstase nicht zu früh kommen zu lassen, verlangsamt sie je nach Bedarf die Bewegungen ihrer Zunge; dann wieder verdoppelt sie deren Schnelligkeit. Plötzlich bäumt Fanny sich wild empor und ruft: »Zuviel!... Ach!... ich sterbe... O!«
»Da! nimm!« keucht Gamiani. Und mit diesen Worten reicht sie ihr ein Fläschchen, dessen Inhalt sie selber soeben zur Hälfte geleert hat. »Trink! Ein Lebenselixier! Es wird dir frische Kräfte geben.«
Fanny ist besinnungslos, widerstandslos. Sie schluckt den Saft hinunter, den Gamiani ihr in den halbgeöffneten Mund gießt. »Ha!« ruft plötzlich Gamiani überlaut; »jetzt bist du mein!«
In ihrem Blick lag ein teuflischer Ausdruck. Zwischen Fannys Schenkeln kniend, schnallte sie sich den riesigen Phallus um.
Bei diesem Anblick geriet Fanny in krampfhafte Zuckungen. Es sah aus, als ob ein inneres Feuer sie verzehrte, sie rasend machte. Mit weit geöffneten Schenkeln erwartete sie kampfesmutig den Angriff der furchtbaren Waffe.
Doch kaum hatte sie die ersten schmerzhaften Stöße erlitten und ausgehalten, da schüttelte ein ungeheurer Krampf ihren ganzen Körper. Und laut schrie sie auf!
»Weh! Weh mir! Der Saft brennt; der Trank, den du mir gabst, zerfrißt meine Eingeweide! Das sticht! Das beißt! Ach, ich sterbe! Ich muß sterben ... Verdammte ruchlose Hexe – ich bin dein, ich bin dein!...«
Gamiani kümmerte sich nicht um dieses Angstgeschrei. Mit verdoppelter Heftigkeit stieß sie weiter. Sie brach sich ihren Weg in Fannys Leib, deren Schenkel mit Blut überströmt wurden. Plötzlich aber verdrehen sich Fannys Augen; ihre Glieder krümmen sich, dann werden ihre Beine, ihre Hände krampfhaft steif. Jetzt zweifle ich nicht länger, daß Gamiani ihr ein schnellwirkendes Gift eingegeben und auch selbst dieses Gift getrunken hat. Entsetzt will ich meiner Geliebten zu Hilfe eilen. Ich zerschmettere die Tür.
Aber ach – Fanny lebte nicht mehr. Ihre Arme, ihre Beine umschlangen in furchtbarer Verkrampfung Gamiani, die noch lebte, aber sichtlich mit dem Tode rang. Ich wollte sie auseinanderreißen; aber eine röchelnde Stimme flüsterte:
»Siehst du denn nicht, wie das Gift mich verbrennt, wie meine Sehnen sich spannen? Geh! Geh! Fanny ist mein... O! weh! weh!«
»Entsetzlich!« schrie ich außer mir.
»Bah! jetzt kenne ich jede Wollust, jede! Begreife doch, du Narr: eine kannte ich noch nicht: Ich wußte nicht, ob es Wollust sei, im eigenen Todeskampf ein anderes mit dem Tode kämpfendes Weib zu lieben.
Furchtbar groß ist diese Wollust! Ich sterbe... aber ich sterbe in der Raserei der Lust, in der Raserei des wundervollsten Schmerzes... Ich... ich... kann nicht mehr... Aaaah... Noch ein langer Schrei aus der tiefsten Tiefe ihrer Brust, und die Furie sank tot auf Fannys Leiche.