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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Samstag, 27. Juli 2013

Roman: Alfred Franz Dowrak - „Wer Liebe mit Eifer sucht" (Leseprobe 1)

Alfred Franz Dowrak: Leseprobe aus seinem Liebesroman „Wer Liebe mit Eifer sucht" (Teil 1, Teil 2 +3 folgen), E-Book bei Amazon

Als ich am letzten Arbeitstag abends tropfnass meine Haustür aufsperrte, klingelte plötzlich mein Smartphone. Hastig zog ich die Jacke aus und blickte aufs Display. Der Vampir-Makler-Avatar. Was wollte die Moldenhauer noch so spät? Ich drückte auf Annehmen und meldete mich mürrisch: »Frau Moldenhauer, was gibt`s?«
Doch anstatt Frau Moldenhauers rauchige Stimme zu hören, erreichte mich dies:
»Hier Sibylle Fahrenholz!«
Sibylle Fahrenholz! Ich begann zu Schnappatmen. Die Beine wurden weich, ich musste mich setzen.
»Herr Ambach, sind sie noch dran?«
In der Aufregung hatte ich vergessen zu antworten.
»Ich, ich bin nur pitschnass.«
Ich Vollpfosten, was zum Teufel soll das die Fahrenholz interessieren.
»Soll ich später anrufen?«
Hilfe, was soll ich nur machen? Cool bleiben!
»Nein, passt schon!«
»Ähm, wie soll ich jetzt am besten beginnen!?«
Das sind ja ganz neue Töne. Frau Fahrenholz ist unsicher.
Meine Chance, ich wurde frech.
»Am besten von Anfang an!«
Ich hörte sie tief durchatmen. »Gut, ich habe ihr Objekt verschiedenen Bauträgern angeboten und mit einigen die Immobilie besichtigt.«
Freundchen, spiel jetzt bloß den Abgeklärten.
»Ja, das hatte mir Frau Moldenhauer bereits mitgeteilt.«
»Einer würde sich dafür interessieren, allerdings müssten wir die Kosten für den Abriss noch abziehen.«
Ich brauchte Kohle, daher stimmte ich zu.
»Gut, dann machen Sie den Vertrag fertig!«
Je schneller das Ganze abgeschlossen war, desto eher konnte ich sie anbaggern. Doch sie zögerte.
»Es ist nur so, ähm … ich habe noch einen weiteren Interessenten!«
»Ja!?«
»Ja, ich habe entgegen den Vorgaben meiner Chefs eine Annonce geschaltet. Daraufhin hat sich eine Familie mit zwei kleinen Kindern gemeldet.«
Wow, Sibylle Fahrenholz, du bist ja doch ein menschliches Wesen. Meine Sympathiewerte für diese Frau stiegen auf der Skala ins Unermessliche. Und somit mal war meine anfängliche Coolness wieder wie weggeblasen.
»Einziger Haken ist, sie können weniger bezahlen als der Bauträger!«
»Um wie viel weniger?«
»50.000.«
Puh, was sollte ich jetzt darauf antworten? 50.000 Euronen sind ein Haufen Moos. Da kann ich zwei Jahre von leben. Auf der anderen Seite hat sie entgegen der Anweisungen ihrer Chefs gehandelt. Und was am Wichtigsten ist, sie hat menschliche Züge gezeigt. Hat sie etwa gespürt, dass sie mich mit diesem Maklergeschwafel abschreckt?
»Herr Ambach, sind Sie noch dran?!«
»Ja sicher!«
Nun brauchte ich etwas Zeit, um Klarheit für mich zu bekommen.
»Kann ich noch eine Nacht darüber schlafen?«
»Natürlich Herr Ambach, das ist eine wichtige Entscheidung fürs Leben. Doch bedenken Sie, den Bauträger kann ich locker ein paar Tage hinhalten. Nur die Familie wird sich nicht ewig vertrösten lassen!«
»Bis morgen Abend haben Sie meine Entscheidung, Frau Fahrenholz!«
»Gut, dann rufen Sie mich morgen Abend an, welcher Partei ich zusagen soll. Einen schönen Abend noch, Herr Ambach!«
»Einen schönen Abend ebenfalls!«
Als ich aufblickte, schlotterte ich am ganzen Körper. Ob vor Aufregung oder Kälte konnte ich nicht genau definieren. Ich ging ins Bad, zog den Rest der tropfnassen Kleidung aus und stellte mich unter die Dusche. Schock, das Wasser war wider Erwarten eiskalt und wurde auch nicht wärmer. Verdammter Mist, hatte jetzt auch noch der Warmwasserboiler seinen Geist aufgegeben? Ich bin gleich wieder aus der Duschkabine rausgesprungen, habe mich abfrottiert, sofort trocken geföhnt und Vaters alten Daunenmantel übergezogen. Dann das Smartphone rausgekramt und Rikscha angerufen.
»Kennst du dich mit Warmwasserboilern aus?«

Zehn Minuten später stand Rikscha mit seiner Werkzeugtasche in meinem Bad und begann mit einem Schraubenzieher an der Abdeckung des Boilers herumzuschrauben. Er hob die Abdeckung an, Kabel kamen zum Vorschein. Er nesteltet ein Messgerät aus seiner Werkzeugtasche, wollte, wie er mir fachmännisch mitteilte, prüfen, ob Spannung anläge.
Das soll er bei mir mal messen, da liegt eine Riesen(an)spannung an.
Rikscha schüttelte mit dem Kopf.
»Keine Spannung da! Wo sind bei dir die Sicherungen?«
Meine Sicherungen sind im Kopf, wegen der Fahrenholz leider alle durchgebrannt.
»Im Keller!«
»Gibt es dort unten Licht oder brauche ich ne Taschenlampe?«
»O. k., das Haus ist zwar alt, aber nicht Jungsteinzeit!«
Rikscha grinste und ging zur Tür, die zum Kellerabgang führte.
»Ach, da haben wir ja den Schalter.«
Eine 15-W-Funzel beleuchtete schwach die Treppe. Aber unten blieb der Keller dunkel.
»Links neben der Tür ist der andere Lichtschalter für unten », ergänzte ich beinahe schuldbewusst.
»Und ich dachte, ich müsste jetzt eine Fackel anzünden und mich mit dem Buschmesser durch meterdicke Spinnweben schneiden«, blaffte Riksc»Pass auf, dass dich kein Säbelzahntiger aufschlitzt«, konterte ich spaßig.
Unten angekommen schaltete Rikscha das Kellerlicht an. Vorne links hing der alte Sicherungskasten an der Wand. Rikscha schüttelte den Kopf und meinte flapsig: »Elektrojungsteinzeit, Schraubsicherungen!«
»Na und!«
»Hat doch schon seit 40 Jahren jeder Haushalt Kippsicherungen!«
Wie sich auf meine Nachfrage hin herausstellte, hatte Rikscha auch schon mal als Elektrohelfer auf dem Bau gearbeitet. Daher also sein ›profundes‹ Fachwissen.
»Hast du Ersatzsicherungen?«
Ich zuckte mit den Schultern: »Weiß nicht … nö!«
Rikscha verdrehte die Augen und tippte auf eine andere Sicherung: »Kochst du heute noch?«
Jetzt verdrehte ich die Augen und grinste: »Nö, lass mir ne Pizza kommen.«
Rikscha schraubte die Sicherung für den Herd raus, und drehte sie in die Lücke für den Warmwasserboiler, wartete einen Moment und meinte dann zufrieden: »Gut, bleibt drin!« Dann wischte er sich demonstrativ die Hände aneinander, als wolle er imaginären Dreck und Staub abstreifen. »In ’ner halben Stunde kannst du duschen.«
Als wir dann kurze Zeit später bei einem Bierchen im Wohnzimmer saßen, kam Rikscha auf den Job zu sprechen: »Und ist Rikschafahren was für dich?«
Mich fröstelte bei dem Gedanken, von früh bis spät in der Eiseskälte rumzugurken.
»Ähm, eher nicht!«
Rikscha blickte mich leicht enttäuscht an.
»Wär halt schön gewesen, wir beide …«

Freitag, 1. März 2013

Der LeiterwagenXaverl (Romanauszug 2) von Alfred Franz Dworak

Xaverl blickt schon seit einiger Zeit ungeduldig aus dem Fenster. Endlich, nach drei Stunden, kommt die Kutsche des Pfarrers die Hauptstraße herauf gefahren und biegt in den Pfarrhof ein. Franz springt vom Kutschbock, geht nach hinten, hilft Kathi und dem Pfarrer beim Aussteigen. Die beiden verschwinden sofort in der Kirche, Franz schirrt die Pferde, zwei Rottaler Kaltblüter, aus. Xaverl fährt mit dem Rollstuhl in den Hof:
»Hallo Franz, sind die beiden in der Kirche?«
Franz nickt und führt das erste der Pferde in den Stall. Xaver fährt rückwärts auf die Tür der Sakristei zu, drückt die Klinke runter und schiebt die Tür mit dem Rollstuhl auf. Er hört Pfarrer Dörflinger und die Tante sprechen. Xaverl fährt durch die Tür in den Altarraum, bekreuzigt sich mit Blick zum Heiland. Tante Kathi bemerkt Xaverl als Erste:
»Ach Xaverl, schön, dass du da bist. Hast du noch Ideen zum Erntedankfest?«
»Grüß dich, Tante! Nein, habe ich nicht. Herr Pfarrer, ich müsste dringend mit ihnen sprechen.«
Xaverl blickt den Pfarrer flehend an. Der Pfarrer versteht:
»Na gut! Kathi, wir reden später weiter.«
Kathi versteht nicht, dass es etwas gibt, dass Xaverl lieber mit dem Pfarrer besprechen möchte, als mit ihr. Sie schaut ihn besorgt an. Xaverl möchte sie nicht verletzen, erklärt ihr knapp:
»Männerthemen.«
Kathi ist sichtlich erleichtert:
»Na, dann möchte ich nicht länger stören.«
Und verlässt die Kirche über die Sakristei. Xaverl wartet, bis die Tür schlägt und die Tante die Kirche wirklich verlassen hat. Dörflinger setzt sich in die erste Kirchenbank. Xaverl rollt auf ihn zu:
»Der Schmied, mein Vater und die anderen Dorfbewohner haben ihren Kindern verboten, zur Nachhilfe zu kommen. Sogar der Bürgermeister hat die Seiten gewechselt.«
Der Pfarrer ist erstaunt:
»Woher weißt du das?«
»Die Marie hat mir alles brühwarm erzählt. Haben Sie davon was gewusst?«
Der Pfarrer windet sich, gibt aber dann doch eine vage Antwort:
»Mir ist da was zu Ohren gekommen.«
Xaverl wirkt nun etwas traurig:
»Ich versteh das nicht.«
Der Pfarrer versucht, die Handlungen der Dorfbewohner zu erklären:
»Sie haben Angst vor dir, vor deiner Andersartigkeit, deinem körperlichen Leiden. Und vor allem vor deiner Intelligenz. Ich gebe dir den Rat, sei nie überheblich. Das schafft dir nur unnötig Feinde.«
Xaverl deutet fuchtelnd an seinem verkrüppelten Körper herunter:
»Was soll mir denn anderes bleiben als mein Wort.«
»Xaverl, schon in der Bibel, Hebräer 4,12–13 steht geschrieben, Gottes Wort ist die schärfste Waffe. Und dir als Kind Gottes steht diese Waffe zur Verfügung. Daher prüfe gut, wie du sie einsetzt.«
Xaverl denkt nach. Der Pfarrer sucht derweilen eine Erklärung, warum Xaverls Vater so reagiert:
»Xaverl, ich denke, dein Vater hat es nie ganz verwunden, dass du ein Krüppel bist.«
Xaverl wirft ein:
»Er kann nur Personen und Sachen mögen, die gesund und vollkommen sind. Verhageltes Korn würde er umpflügen, kranke Tiere notschlachten.«
Pfarrer Dörflinger findet eine Erklärung:
»Aha, also mit kranken Menschen kann dein Vater nicht umgehen. Irgendwas funktioniert da in seinem Denkschema nicht.«
Xaverl schmettert dies ab:
»Ach, das ist einfach nur archaisch!«
Dörflinger pflichtet ihm bei:
»Genau, altes Testament! Nur der Stärkere überlebt!«
Xaverl kommt nun dem Kern seines Problems näher:
»Und was ist mit dem neuen Testament, Nächstenliebe, anderen die Wange hinhalten?«
Der Pfarrer schweigt, aber Xaverl bohrt nach:
»Warum hat es Gott zugelassen, dass der Vater die Mutter ein ums andere Mal geschwängert hat?«
Der Pfarrer blickt zum Kreuz Jesu und schweigt weiter. Xaverl setzt unaufhörlich nach:
»Und meist nicht freiwillig. Denn sie hat immer geweint, wenn der Vater sonntags stockbetrunken vom Postwirt nach Hause zu ihr in die Kammer kam. Früher als Kind habe ich es mir nicht vorstellen können, warum. Jetzt weiß ich es!«
Der Pfarrer kapiert:
»Warst du in meinem Geheimfach?«
Xaver nickt, stemmt zur Bekräftigung die Hände in die Taille.
»Warum nicht? Es ist mein Recht zu wissen, was in der Welt vor sich geht!«
Der Pfarrer ist enttäuscht.
»Ich habe es dir doch versprochen zu erklären. Ich bin enttäuscht von dir, Xaverl. Ich empfinde es als Vertrauensmissbrauch.«
Xaverl gibt nicht klein bei:
»Erstens werde ich nicht 21 Jahre. Zweitens, wenn man sich nicht auskennt, dann kann man nicht darüber reden. Und drittens habe ich ihnen gerade die Wahrheit gesagt.«
Der Pfarrer steht auf, geht ein paar Schritte Richtung Altar:
»Also gut, ich will es dir erklären. Die Ehe ist ein heiliges Sakrament. Gott hat es eingeführt, dass die Menschen sich lieben und vermehren.«
Xaverl entgegnet:
»Aber meine Mutter war doch schon ganz schwach. Wo ist da die Nächstenliebe?«
Pfarrer Dörflinger verteidigt die kirchliche Lehrmeinung:
»Es ist die Aufgabe der Frauen, Kinder zu gebären.«
Xaverl wird wütend und antwortet für den Pfarrer:
»Wird es wohl nicht so gewesen sein, dass der Vater im Rausch seinen Trieb an der Mutter befriedigt hat?«
Jetzt ist der Pfarrer perplex, schlägt drei Kreuzzeichen:
»Xaverl, versündige dich nicht vor dem Herrn!«
Dann dreht er sich um und verlässt durch den Haupteingang die Kirche. Kurz vor der Tür dreht der Pfarrer sich um:
»Xaverl, bitte sprich zehn Vaterunser zur Buße.«
Xaverl kommentiert dies wütend mit:
»Einen Scheiß werde ich tun!«
(c) Alfred Franz Dworak (aus: Der LeiterwagenXaverl)

Sonntag, 24. Februar 2013

Der LeiterwagenXaverl (Romanauszug 1) von Alfred Franz Dworak

Xaverl hat der ganze Trubel um seine Person sehr mitgenommen. Er liegt fast den ganzen Tag nur noch im Bett und liest Bücher. Die Tante bringt ihm öfters Leckereien, wie Schokolade und Zuckergebäck vorbei. Aber wenn sie dann ein paar Stunden später nachsieht, sind die Köstlichkeiten unangetastet. An einem anderen Tag macht sie den Vorschlag, mit der Kutsche nach Mautdorf zu fahren. Der Xaver sollte von Schneidermeister Birgel einen neuen Anzug bekommen, aber der Junge weigert sich strikt, das Bett zu verlassen. Der Pfarrer möchte das nicht länger mit anschauen:
»Xaverl, ich weiß, das Verhalten der Erwachsenen hat dich verletzt. Aber wenn du dich jetzt verkriechst, haben die Leute erreicht, was sie wollten.«
Xaverl kann im Augenblick mit gut gemeinten Ratschlägen überhaupt nichts anfangen:
»Wissen Sie Herr Pfarrer, mein ach so toller Namenspatron, der Franz-Xaver von Navarro hat immer bedingungslos an das Gute im Menschen geglaubt und wurde verraten. Er hat dadurch sein Ziel, China zu bereisen, nie erreicht und ist vor Gram und Enttäuschung gestorben. Vielleicht ist es besser, wenn ich auch sterbe!«
Der Pfarrer schreckt auf, ermahnt den Jungen:
»Xaverl zügle deine Worte. Das ist eine Todsünde! Zieh dich jetzt an. Ich sehe dich in einer halben Stunde in der Kirche zum Beichten.«
Dörflinger schüttelt den Kopf und verlässt Xaverls Zimmer. Mit Drohungen erreicht man bei Xaverl zweimal nichts. Wütend nimmt er das Buch über China und schleudert es mit voller Wucht in die Ecke. Sein Blick wandert zum Tisch, wo ein Messer neben dem Apfel auf dem Teller liegt. Xaverl rafft sich auf, robbt auf dem Bett Richtung Teller, nimmt das Messer in die Hand. Er spielt mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen:
»Wie wäre es, wenn ich es mir in das Herz rammen würde?«
Plötzlich klopft es am Fenster. Erschrocken zuckt er zusammen und lässt das Messer wieder auf den Teller fallen. Maries Kopf ist am Fenster zu sehen. Bei ihrem Anblick verlassen ihn die dunklen Gedanken sofort. Behände robbt er zum Fenster und öffnet den Flügel:
»Der Vater hat mich eingesperrt. Der Schmied, dein Vater und all die anderen Männer im Dorf wollen nicht, dass du die Kinder unterrichtest.«
Xaverl beruhigt sie:
»Ist gut Marie, komm erst mal rein!«
Marie klettert durch das Fenster herein, dabei verrutscht der Rock und gibt den Blick zu ihrer Unterwäsche preis.
»Du hast schöne Beine.«
Marie errötet leicht. Xaverl zieht die hübsche junge Frau an sich, küsst sie vorsichtig. Marie ist aufgeregt, küsst ihn kurz zurück, klettert dann wieder aus dem Fenster und verschwindet. Xaverl merkt, dass sein Glied hart geworden ist. Er hat sich bisher mit dem Thema Sexualität nicht beschäftigt. Marie kommt wieder ans Fenster zurück:
»Bin ich nun schwanger?«
»Marie, ich weiß nicht! Komm morgen noch mal um die gleiche Zeit vorbei, ich mach mich in der Zwischenzeit schlau.«

Xaverl ist dann doch zum Beichten gegangen bzw. mit dem Rollstuhl gefahren. Er dachte sich, vielleicht sei es doch keine so gute Idee gewesen, das mit dem »Nicht-mehr-Leben-wollen«. Schließlich gibt es mit Marie doch eine Person, die ihn dringend braucht.

Nachmittags ist er alleine im Pfarrhof. Der Pfarrer ist mit der Tante und Franz nach Mautdorf gefahren um das neue Messgewand bei Schneidermeister Birgel abholen. Xaverl sollte ursprünglich mit, doch er täuschte Rückenschmerzen vor. Da die Erwachsenen schon froh sind, dass er überhaupt wieder aus seinem Zimmer gekommen ist, lassen sie ihn in Frieden. Daher kann er jetzt in Ruhe seinem Vorhaben nachgehen. Xaverl fährt mit dem Rollstuhl in die Bibliothek, auf direktem Weg zu dem Geheimfach des Pfarrers. Dort, wo die verbotenen Bücher lagern. Xaverl betrachtet die Buchtitel. Bei einem bleibt er hängen. Er zieht ein lateinisches Werk mit dem Titel »Der Mensch – Entstehung und Entwicklung« raus. Interessiert blättert er und liest darin. Es sind auch Zeichnungen der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane zu sehen. Und die Beschreibung des Zeugungsaktes. Xaverl ist kurzzeitig fasziniert, denkt an die Begebenheit mit Marie. Doch dann kommen ihm vergangene Bilder seiner Eltern hoch und es überfällt ihn ein Gefühl der Traurigkeit. Jetzt versteht er das Ganze. Xaverl will so schnell als möglich mit dem Pfarrer reden.

Fortsetzung folgt ...


(c) Alfred Franz Dworak (aus: Der LeiterwagenXaverl)

Samstag, 2. Februar 2013

IKEA-DREAMING (Fantasysatire) ein Auszug von Alfred Franz Dworak


 

"Ikea-Dreaming" (Fantasysatire)


Sonst ging Haberl (55) immer zu Betten Schmid. Aber heute war es endlich soweit, er hatte sich zu etwas Neuem durchgerungen.
Menschenmassen unterschiedlichen Alters, Couleur und Herkunft zwängten sich durch den schmalen Eingang, wie Brösel durch die Verengung der Staubsaugerdüse in das Rohr, wo für sie eine Reise in das Unbekannte zu beginnen schien. Und mittendrin, F. Haberl, auf Anraten der jungen etwas flippigen Studentin Fräulein Hansen. Die war erst kürzlich in sein Haus mit den überteuerten Einzimmerappartements eingezogen.
Vorbei an der Information wurde er mit einem Katalog bestückt und ab ging die Reise im Menschenpulk die Treppe aufwärts. »Fast wie in der U-Bahn«, dachte er sich, nur die Haltestangen und die vertraute Stimme des Zugführers fehlte, um den Eindruck zu komplementieren.
»Aah, die Kinderabteilung ist immer noch net fertig«, schrie eine jüngere Dame mit Kind entsetzt auf. Ließ dabei das Kind los, das wiederum unserem Haberl zwischen die Beine geriet und er haltlos, kopfüber in die Leere der Kinderabteilung stürzte. Während des Fallens, kurz bevor er aufschlug, erkannte er noch ein Schild, das anscheinend am Boden klebte, Tantra – Birke Nachbildung 17 EUR/qm. Im Lager …
 Haberl erwachte, da zwei zerlumpte Kinder an ihm zerrten. Vermutlich von irgendwelchen Eltern vergessen und jetzt zufällig beim Ausräumen der Kinderabteilung wiederentdeckt. Er stand auf, der Schädel brummte, er wollte zurück in den Pulk, der gerade mal einen halben Meter weiter war als zuvor. »Aah, solange war ich doch nicht weg!«
»Hinten anstellen«, schrie ein unfreundlich dreinblickender Zeitgenosse von beachtlicher Größe und stierigem Nacken.
»Lasst ’n no rein!«, besänftigte ihn eine ältere Dame mit Trachtenkleid und bayerischem Akzent, »der war wirklich auch vorher schon vor mir in der Schlange!«
Wieder eingereiht ging es im Rhythmus von Glenn Millers Chatanooga Choo-Choo Richtung Küchenabteilung. Eine Familie, je zur Hälfte vor und auch hinter ihm postiert, drängte in die Küche Lantula. Jäh wurde Haberl mitgerissen.
Vor einem Bild mit glücklichen Ferkeln kam er zum Stillstand. Oberhalb, ein Gemälde des gleichen Malers, mit ein paar Hühnchen drauf, die zufrieden auf der Stange zu gackern schienen.
»Komisch«, grinste Haberl, »wenn die wüssten.«
Und schon wurden die Ferkel und die Hühnchen in ihren Bildern lebendig, sprangen und flatterten aufgeregt in der Küche umher, bis sich automatisch die Türen des Backrohrs und der Mikrowelle öffneten und die Tiere verschlangen. Beide Geräte klingelten, die Türen sprangen genauso automatisch und von Geisterhand auf, wie zuvor. Aber es tanzten Schweinehaxen und Hähnchenkeulen in Cancanart, kross gebraten heraus, zu der Musik Psycho Chicken von den Fools.
Haberl war entsetzt und erstaunt zugleich. Überlegte kurz und dachte sich, »Na und schon!« und wollte sich eine Keule schnappen. Doch alles verschwand, wie vorher gekommen.
»Blödsinn, träume ich!«, kniff die Augen zusammen, rieb auch daran, und als alles so blieb, reihte er sich wieder ein. Da ihn viele seiner Reisebegleiter bereits kannten, ging alles viel reibungsloser als vorher.
»Wohnzimmer, Couchgarnituren, alles aussteigen« … »Heinz-Werner komm!«
Etwas riss ihn am Arm und zerrte ihn auf eine Couch namens Amal, Fridbo blau.
»Ich bin doch Single!«, rebellierte eine innere Stimme in ihm heftig.
Jetzt erkannte die Frau ihren Fehlgriff und lief Entschuldigungsformeln brummend zurück in den Pulk, fand ihren richtigen Mann und riss den Ahnungslosen einer anderen gleichaltrigen Frau aus dem Arm. Wie ein Dominostein den anderen …
Erschöpft blieb Haberl sitzen. Das Musikstück Ventura Highway von America begann leise einzusetzen.
»Chewing on a piece of grass« …, er zog an der Jalousie »Epsilon« neben sich, erwartete eine Wand oder zumindest ein Fenster zum anderen Wohnzimmer.
Aber es lief ein Film ab und in ihm, F. Haberl, in einem BMW Roadster auf der Route 66 und Fräulein Hansen als Anhalterin am Straßenrand, im superkurzen Mini, lasziv verspielt an einem Grashalm im Mundwinkel kauend (...)

Wie es weitergeht, erfahren Sie in der Kurzgeschichtensammlung „Wochenende ohne Ende“ von Alfred Franz Dworak.