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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Montag, 21. Oktober 2013

Harma feierte ihren 60. Geburtstag mit zahlreichen Gästen

Julia Klöckner, Harma-Regina und Gerhard Rieth 


Gestern, den 20.10.2013,  feierte Harma-Regina Rieth ihren 60. Geburtstag mit Familie, Freunden, Bekannten und Ehrengästen im Fischbachtal bei Idar-Oberstein gebührlich in der Gemeindehalle. Zum geselligen Beisammensein gesellte sich auch Oppositionsführerin in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, die früher Weinkönigin an der Nahe und Deutsche Weinkönig war und in ihrem ehemaligen Wahlkreis Bad Kreuznach-Birkenfeld der Jubilarin herzlich gratulierte. Sie versprühte eine Stunde Dynamik und musste dann weiter zum Flughafen. Es gratulierten auch eine frisch gebackene Bundestagsabgeordnete, eine Oberärztin aus dem Klinikum Idar-Oberstein, der Landrat Dr. Matthias Schneider und die Vorsitzende des Kunstvereins Obere Nahe. 


 ... fast wie in einer Episode aus Edgar Reitz' HEIMAT  ... :-)


Montag, 11. März 2013

11. März: 2. Jahrestag von Fukushima

Harma-Regina Rieth: Fukushima, Acryl
11. März 2011: 14:46 Uhr Ortszeit erschüttert mit einer Stärke von 9,0 das gewaltigste Erdbeben, das Japan je erlebt hat, den Nordosten des Landes, ein nachfolgender Tsunami überflutet große Teile der Küstengegend und sorgt für eine Spur der Verwüstung.
Opfer dieser Naturgewalten wird auch das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, da die unkontrollierte Kernschmelze mit ungeahnten Folgen droht.

25 Jahre nach dem durch menschliches Versagen verursachten Atomunfall von Tschernobyl zittert die ganze Welt mit, ob die Japaner - mit oder ohne Hilfe aus dem Ausland - die Situation in den Griff bekommen werden. Schließlich sind weite Teile der Infrastruktur rund um das havarierte Atomkraftwerk zusammengebrochen, müssen Zehntausende Menschen evakuiert und erstversorgt werden. Katastrophenalarm und die Angst vor ebenfalls verheerenden Nachbeben schwebt wie ein Damoklesschwert in der Luft. Ministerpräsident Yoshihiko Noda, der als Atomphysiker mit seinem energischen Durchgreifen wohl den befürchteten GAU verhindert hat, und Regierungssprecher Yukio Edano arbeiten unermüdlich im Katastrophenmanagement. Edano informiert - stets im blauen Schutzanzug - die Weltöffentlichkeit am laufenden Band über die Folgen der Katastrophe und die Maßnahmen der Regierung.

Nachdem sich das Ausmaß der Katastrophe im politischen Berlin erkennen lässt, wird Fukushima und seine Folgen zur Chefsache von Kanzlerin Angela Merkel. Im Jahr der 150-jährigen Freundschaft Deutschland - Japan kann sie nicht mehr verhindern, dass die Atomkatastrophe in Nordostasien das ausschlaggebende Thema der Landtagswahl in Baden-Württemberg sein wird. Am 27. März machen die Wähler den Weg frei für die erste grün-rote Landesregierung in Deutschland - und mit dem endgültigen Ausstieg bis 2022 einen radikalen Wandel in der deutschen Atompolitik.

Japan hat sich mittlerweile dem deutschen Vorbild angeschlossen und den schrittweisen Ausstieg aus der Atomkraft bis zum Jahr 2040 angekündigt. 

Harma-Regina Rieth (siehe Gemälde) hat nicht nur ein beeindruckendes Bild geschaffen, sondern auch eine sehr ergreifende Geschichte zum Thema geschrieben. Die Geschichte siehe Tschernobyl, Fukushima, Cattenom... BLUTIGE TRÄNEN VON FUKUSHIMA.

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Jetzt noch vor Weihnachten schicken lassen: WINTERHAUCH von Harma-Regina Rieth

Krumme Tanne ist am Ende der Star: Eine Weihnachtsgeschichte von Harma-Regina Rieth

Fischbach - Eigentlich kennt man bislang vor allem ihre Gemälde: mal poetisch, mal sozialkritisch, mal düster, mal bunt wie das Leben. Die Künstlerin Harma-Regina Rieth schreibt aber auch. Und dieser Tage erschien ihre erste Winter-Geschichte: eine Art Weihnachtsmärchen, das jede Menge Nächstenliebe und Wärme ausstrahlt - genau die richtige Lektüre für die anstehenden Feiertage und für kleine wie auch große Leser bestens geeignet.'
Rieth, mittlerweile dreifache Oma und immer wieder gerne mit den Enkeln beschäftigt, erzählt unter dem Titel "Winterhauch: Der unscheinbare krumme Tannenbaum" eine Geschichte, die letztlich das Leben selbst schreibt: Die kleine Merle pflanzt mit ihrem Großvater Tannenbäumchen. Ein geknicktes Pflänzchen will der Opa gar nicht erst in die Erde setzen. Es sei krumm und werde niemals als Tannenbaum in einem Wohnzimmer erstrahlen. Merle, seit einem Unfall kann sie nicht mehr gut laufen, sieht das nicht ein und setzt ihren Willen durch.
Die krumme Tanne steht Jahr für Jahr im Wald, keiner nimmt sie mit, und die anderen schönen Tannen verspotten sie… Letztlich nimmt das Ganze dennoch ein glückliches Ende: Und die eben nicht so perfekte Tanne stellt alle anderen in den Schatten, die ohnehin lieblos behandelt werden oder auf dem Müll landen. Das Cover hat Rieth natürlich selbst gemalt: Es zeigt die kleine Merle.
Die Fischbacherin erzählt: "Jeden Sonntag sind wir Kinder mit den Eltern in die Winterhauch spazieren, oftmals bis nach Idar-Oberstein, da erinnere ich mich noch gerne dran. Wir waren daheim in Nahbollenbach fünf Kinder und mussten natürlich alles übers Jahr abernten, was in der Winterhauch für den Winter als Vorrat eingemacht und eingekocht werden konnte: Walderdbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Pilze, Haselnüsse sowie Reisig und Winterholz." 2007 begann sie, ihre Kindheitsgeschichten aufzuschreiben: "Und dabei liegt mir meine Heimat, unsere schöne Region hier, sehr am Herzen, daher wird sie in meinen Texten einbezogen." Als dann die Enkelkinder - Paul, Moritz und Frida - auf die Welt kamen, begann sie, Geschichten für Kinder zu schreiben: Die erste Geschichte war "Winterhauch". "Ich habe noch weitere Weihnachtsgeschichten geschrieben und möchte nun jedes Jahr eine drucken lassen, sodass sie später in einem Bücherschuber zusammenkommen", blickt sie in die Zukunft. Wer ihre Bilder kenne, könne sich vorstellen, dass auch die Geschichten einen Hintergrund haben: "Und ich möchte auch dort mit dem Zeigefinger auf unschönes Verhalten zeigen." Die Botschaft lautet: "Miteinander und nicht gegeneinander sollten wir leben. Und wir sollten liebevoller miteinander umgehen."

Artikel aus der Rhein-Zeitung (Redakteurin Vera Müller)


Eine lehrreiche Geschichte über Arroganz, Eitelkeit, Neid, Weihnachten, Behinderung und wirkliches Christsein ... Wie ekelhaft Zeitgenossen sein können! Aber selbst vernünftige Menschen sind schnell dabei mit einem Vorurteil. Egal ob Mensch oder Tannenbaum, sie giften sich oft an und den Schwächeren noch mehr. Nur ..., das Leben hält für jeden eine gewaltige Lektion parat und am Ende geht es dem Verspotteten gut, nicht den anderen! Ich hab Harma-Regina Rieth das gut und stabil, sogar mit Fadenheftung ausgestattete Büchlein durchgesehen, gesetzt und nach ihren Vorstellungen gestaltet. Wer ebenfalls regionale oder überregionale Veröffentlichungen plant, kann gerne mit mir Kontakt aufnehmen. Die Erstauflage sind 300 Stück, der Preis für 24 pralle Seiten Text in Schwarzweiß und Vierfarbcover vorne und hinten bei der Autorin 5 EUR plus Versand.

Montag, 17. Dezember 2012

Die beliebtesten Gedichte der Woche 49

In der Woche 49 fanden folgende Gedichte stärkeren Zuspruch:

1    Fantasien zur Nacht: HERZENSGLUT von Hannes M. Pum
2   Dichterhain: JANINA IM WUNDERLAND von Harma-Regina Rieth
3    Dichterhain: ANNÄHERN von Felicitas Göbel
       Dichterhain: MEERESWELLE von Karin Michaeli



 

Sonntag, 9. Dezember 2012

Dichterhain: JANINA IM WUNDERLAND von Harma-Regina Rieth

SchaufensterBummel (c) Harma-Regina Rieth






















  
Janina im Wunderland 

Der Tag ist neu ...
Ich habe dich durchschaut
In deinem Blick liegt diese gewisse Nachdenklichkeit
Großstadtlärm verfängt sich im leisen Vorbeirauschen der Menschen
Das Zeitgefühl ist verloren
Du träumst schon wieder  

Der Tag ist weich
Jeder Morgen  ist ein  langsames Zurückkehren
Wie lange stehst du schon da
Wann wirst du den Mut aufbringen
Und sagen was Dich bedrückt
Das Zeitgefühl ist verloren
Du träumst schon wieder  

Der Tag ist still
Es ist September du verabschiedest dich vom Sommer
Den Großstadtlärm hinter dir lassend
Es sind nur noch Geräusche hinter dir
Und eine Ahnung vom SEIN
Das Zeitgefühl ist verloren
Du träumst schon wieder  

Der Tag ist pulsierend
Vertrautheit umgibt dich von allen Seiten
Es fällt dir schwer dich zu verabschieden
Leuchtend, still, tief und weich wie der Ausdruck in deinen Augen
Mit dem Gesicht zum Fenster und dem Rücken zur Welt gehst du
Das Zeitgefühl ist verloren
Du träumst schon wieder  

Der Tag ist zu Ende
Deine Haut atmet jeden Morgen erneut wieder ein
Du gehst auf dem Weg der Irritation und dann nach Hause und wirst umarmt
Das Zeitgefühl ist verloren
Du träumst schon wieder  

Die Gedanken lösen sich auf und fragen leise:

Warum soll ich nur lächeln,
wenn ich lachen kann
Warum soll ich nur sprechen,
wenn ich singen kann
Warum soll ich nur gernhaben,
wenn ich lieben kann  
Warum ist es plötzlich so still,  jedes Zeitgefühl ist verloren,
wie lange stand ich hier…

Es fällt mir schwer mich vom Schaufenster zu verabschieden,
du hast nur vom Wunderland geträumt…        



(c) Harma-Regina Rieth

Montag, 12. November 2012

Die beliebtesten Gedichte der KW 45

Letzte Woche besuchten meine Leser besonders folgende Gedichte:


1  Dichterhain: ERSTARRTE ORDNUNG von Ljiljana Graffé

2  Fantasien zur Nacht: FEENHAAR von Harma-Regina Rieth
3  Dichterhain: DELFINTRÄUME von Karin Michaeli

Dichterhain: FEENFLÜGEL von Harma-Regina Rieth

(c) Harma Regina Rieth
FeenFlügel

Ein leises Rauschen in der Nacht …
ihr FeenFlügel schwingt ganz sacht
nochmals die Nacht erleben und spüren
ein Hauch des Liebens und des Verführens
zum nächsten Flug erneut bereit
verhallt
und es entschwindet das Geräusch in der Unendlichkeit

Ein leises Rauschen in der Nacht ...
ihr FeenFlügel schwingt ganz sacht
taucht wieder ein in die schwarze Nacht
dunkle Wolken umschwebend seine Gefühle lebend
tragen, leiten, treiben
im Meere der Sehnsüchte
dem Ziele bedingungslos
und willenlos entgegen

Ein leises Rauschen in der Nacht...
ihr FeenFlügel schwingt ganz sacht
geduldig wartend auf die Enthüllung
Lippen auf dem Nacken spürend
als Erfüllung
sanft prickelnde Schauer erzeugend
keine Minute vergeudend
liebkosende Worte hörend
ihre Augen blicken betörend
Flügel die dich halten
und auffangen
um aus dem Gefühlsstrudel herauszugelangen

Ein leises Rauschen in der Nacht …
ihr FeenFlügel schwingt ganz sacht
umspielt den Körper mit zartem Klang
bis eine Stimme leise sang Flieg kleine Fee flieg hinein ins Licht
Die aufgehende Sonne ist schon in Sicht
würdest du im Flug jetzt fallen
hörte man den Flügelschlag verhallen

Ein leises Rauschen in der Nacht …
ihr FeenenFlügel schwingt ganz sacht
hörst ihn noch leis am hellen Tag
in sich gekehrt gefolgt von Innerer Stille
und voller Lieblichkeit
zum Nachtausflug erneut bereit …

Trenne dich nicht von Träumen und Illusionen
denn wenn sie erst entschwunden
werden sie aufhören zu existieren
und du wirst die Gabe verlieren zu lieben und zu leben
Nächte ohne Beben

Und sie erwacht aus ihrem Traum
Es verstummt das Verlangen und leise Rauschen in der Nacht
und der FeenFlügel wurde vom FeenHaarPinsel auf ihrer Haut
erst sichtbar gemacht …


© Harma Regina Rieth


Ich bedanke mich beim Modell für die Gelegenheit, es auf der Leinwand festzuhalten zu dürfen. Dem FeenHaarPinsel und mir war es eine Freude, die Bilderserie FrauenBilderBogen mit diesem Motiv zu bereichern.

Montag, 2. April 2012

Tschernobyl, Fukushima, Cattenom... BLUTIGE TRÄNEN VON FUKUSHIMA von Harma-Regina Rieth


(c) Harma-Regina Rieth: Fukushima, Acryl

Blutige Tränen von Fukushima

Wie lange ist es schon her, seit ich hier zusammengekauert und gekrümmt in einer müllhaldeähnlichen Landschaft verharren muss? Ein Tag oder zwei Tage, oder gar schon drei Tage? Ich habe die Zeit und die Orientierung völlig verloren, es rauscht in meinen Ohren und in meinem dröhnenden Kopf spiegelt sich das unglaubliche Geschehen der Vortage wider.
Was war eigentlich passiert? Ich versuchte meine Gedanken neu zu ordnen. Gerade als ich auf dem Weg zu meinen Eltern war, wollte ich doch eigentlich nur einen kleinen Abstecher runter zum Strand machen. Ja, so war es, ich wollte meine Eltern in Fukushima besuchen. Ich bemerkte nicht sofort das drohende Zittern der Erde. Ich spielte gedankenverloren mit den Füßen im herrlich weißen Sand, als der Sand erneut langsam zwischen meinen Zehen zitternd herunterrieselte, dann vernahm ich nur noch ein tosendes, krachendes, berstendes Geräusch. Im gleichen Moment durchzuckte mich eine unwirkliche Angst. Ich wusste nicht, wieso diese Angst mich mit einem Male so beherrschte und warum ich wie erstarrt im Sand sitzen geblieben war.
Ich schaute in Richtung Meer und sah, wie sich die Wellen unwirklich auftürmten und drohend auf den Strand, auf mich zukamen. Regungslos, gelähmt vom Schock und erstarrt vor Furcht saß ich da und sah das Meer und seine Wellen immer schneller auf mich zukommen.
Eigentlich ist es ein wunderschöner Tag. Was sollte da schon passieren?, dachte ich, wie um mich zu beruhigen, bevor es nass, schlammig und unendlich kalt und dunkel um mich wurde. 

So war es gewesen vor Tagen. Und jetzt? Ich schaue an mir herunter und sehe mich dreckverschmiert, mit mehr oder minder starken Verletzungen an den Armen und Beinen. Die Haut aufgerissen, das Fleisch aufgeplatzt, Hautabschürfungen am ganzen Körper. Aber ich lebe. Ich lebe!
Mit geweiteten Augenpupillen blicke ich mich vorsichtig und angstvoll um.
Meinen Urlaub wollte ich übers Wochenende hier in Fukushima verbringen. Doch wo ist die Stadt? Müll, Dreck, Metallschrott, Steine, Möbelteile, leblose Tiere, Gegenstände aller Art – doch Menschen? Ich sehe keine Menschen hier – wo sind sie, wo sind die Menschen? Alle tot? Kein Geräusch ist zu hören, kein Vogelgesang, absolut keine Tiergeräusche. Stille. Es gibt keine Geräusche mehr um mich herum, ich höre nur noch das Blut in meinem Kopf pochen und durch meine Adern strömen, eher langsamer werdend ....
Keine menschlichen Stimmen, wo ist das Lebendige? Geräusche der Menschen, der Stadt? Wo ist das alles? Wo sind sie alle? Wo ist das pulsierende Leben?
Langsam versuche ich meine Gliedmaße zu ordnen und löse mich aus meiner augenscheinlichen Erstarrung und Verkrampfung. Endlich schaffe ich es aus meinem verdreckten Müllbett zu kriechen. Mein Blick schweift über die unwirkliche, verzerrte und utopische Landschaft. Und meine hilflose Situation wird mir schlagartig bewusst.
Was ist das hier? Wo bin ich hier? Das ist doch nicht mehr meine Heimatstadt Fukushima!
Ich fasse meinen ganzen Mut zusammen und versuche meine neue Umgebung zu erkunden.
Das Meer ist weg, ich sehe keine Wellen und keine aufschäumenden Wogen mehr.
Alles um mich herum ist mit Schlamm und Dreck überladen, Möbelstücke, Autos, Kleider, Fahrräder, Bücher, Maschinen. An einigen Stellen sehe ich Hände und Köpfe von leblosen Menschen aus dem Chaos ragen, mit erstarrten Augen und geöffneten Mündern, andere wirken, als ob sie schlafen würden, die Beine von toten Tieren ragen in die Luft. Aufgedunsene Hundeleiber. Der Dreck beherrscht die ganze Umgebung, bizarr und unwirklich ist alles, so weit man sieht, überall Müll, Chaos, Tod und Zerstörung. 
Hier und da kämpfen Fische im Schlamm um ihr Leben. Mit übergroßen Augen schauen sie mich fragend an, angstvoll, zitternd, zappelnd.

Antworten. Antworten bedurfte es! Was ist hier geschehen? Ein Erdbeben, eines der Tsunamis, die unsere Küste selten, aber immer wieder heimsuchen? Was ist mit mir geschehen? Wo war ich in diesem plötzlichen Erfasstwerden? Was hat das Meer mit mir gemacht? 
Die Nacht umarmte mich erneut und ich fiel zurück in einen neuen unruhigen Angstschlaf. Lebe ich noch - oder bin ich schon tot? Ich wollte nicht mehr denken, ich hatte auch keine Angst mehr, ich wartete geduldig. Aber auf was wartete ich eigentlich? Befand ich mich schon in der Unendlichkeit der Ewigkeit? War ich die einzige Überlebende? Die Erde zitterte wieder, ich war erschöpft und klammerte mich an dem Gedanken fest, dass ich nicht alleine sein kann, hier in diesem kalten dreckigen Schlamm und Müll.
Ein übler Geruch kroch in meine Nase und ich sah, wie sich die Fischaugen neben mir allmählich langsam auflösten. Angewidert vom Anblick des stinkenden Fisches wandte ich mich ab. Meine Haut brannte wie Feuer, doch sie erwärmte so allmählich meinen ausgekühlten fast gefrorenen Körper. 
Wasser …! Ich brauche Wasser, ich muss etwas trinken!
Auf allen Vieren kriechend machte ich mich auf den Weg um etwas Trinkbares zu finden. Schlagartig vielen mir die ewigen Werbeblöcke mit allerlei köstlichen Getränken der Fernsehsender ein, die mehrmals zwischen meinen Lieblingssendungen hereinflimmerten. 
Jetzt flimmerten die Werbeblöcke vor meinem inneren Auge, nach ihren Getränken lechzend beobachtete ich sie gierig. Ich habe Angst verrückt zu werden, durchzudrehen. Mein Mund völlig ausgetrocknet, ich fühlte mich wie ein Reiskorn, das sich nach Wasser sehnt.
Unerreichbar... In unerreichbarer Ferne schien jeder Tropfen Flüssigkeit.
Nein, ich gebe nicht auf, ich suche weiter, immer weiter … Und endlich sah ich eine, wie mir schien, mit mir weggespülte Flasche. Mit letzter Kraft schraubte ich den Verschluss auf – leer, sie ist leer! Hysterisch schüttle ich die leere Flasche. Das kann nicht sein, durchzuckt es mich, in meinem Innern brennt es, ich muss den ohnmächtigen Brand in mir endlich löschen. Fahrig, zittrig, mit weit aufgerissenen Augen beobachte ich den teilweise skelettierten Fisch neben mir, der mich gestern vielleicht noch groß angestarrt hatte.
Ich ahne Böses und resigniere. Das Feuer auf meiner Haut brennt sich derweil weiter durch mich hindurch. Aus tausenden blutigen Hautrissen quillt mein Leben. Mein Leben brennt lodernd sengend weg. Einer Ohnmacht nahe habe das Gefühl mich aufzulösen.
Neben mir liegt ein verschmierter Zettel, und ich greife zeitlupenartig danach. Meine Fingerkuppen scheinen mir unwirklich, als ob es nicht meine wären, entstellt. Ich sehe das Abbrechen der aufgeweichten Fingernägel, und weiß, dass ich mich beeilen muss …
Ich streiche mir langsam durch mein Haar und halte es in meinen Händen. Angewidert von mir selbst, blicke ich in das Glas der leeren Flasche und erkenne mich selbst nicht mehr.
Erschrocken über mein Spiegelbild laufen mir blutige Tränen über meine brennenden Wangen, das Salz der Tränen frisst zusätzlich eine tiefe Furche in mein Gesicht.
Und plötzlich quellen unaufhaltsam immer mehr blutige Tränen aus meinen Augen. Ich muss den anderen Menschen sagen, was passiert ist! Sie müssen wissen, welche unsichtbare schleichende Gefahr ihnen droht! Ich muss versuchen ihnen dies alles, was mir widerfahren ist, mitzuteilen! Ich blicke wieder in das Glas der leeren Flasche, glanzlose Augen starren mir entgegen. Aschfahle blutige Haut umrahmt mein vormals hübsches, jetzt kaum noch zu erkennendes Gesicht. Auf meinem Haupt fehlen große Büschel Haare, es ist fast haarlos. Meine Haut zeigt vereinzelt eitrige Hautkrater, die Kahlheit, Verletztheit meines Körpers ist bezeichnend, alles wirkt eigentlich schon leblos und tot an mir.
Denke ich noch, als Ich? Bin ich es noch? „Hallo, Mutter, hallo, Vater, schön euch zu sehen.“ Ich blicke auf … „Bitte nehmt mich mit, sagt doch was, warum sprecht ihr nicht mit mir?“ Ich strecke ihnen Hilfe suchend meine Arme entgegen, doch sie greifen ins Leere. 

Wochen später fand man bei den Aufräumungsarbeiten in der Nähe von Fukushima eine stark verschmutzte Flasche mit einem verschmierten, mit Blut beschriebenem eingerollten Zettel und ein mit Blut getränktes Holzstäbchen. Es diente jemandem scheinbar als Schreibstift, der einen mit Blut geschriebenen Text verfasste. Als ob er den Inhalt beweisen wollte, legte er ein Haarbüschel sowie einen abgerissen Fingernagel dazu. Es war eine Frau, die ihre Erlebnisse, Gedanken und ihren Tod anderen mitteilen wollte. Die Botschaft der blutigen Tränen: Fukushima kann überall sein. Wo ist es morgen? 

(c) Harma-Regina Rieth