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Montag, 25. März 2013

Wie war's bei der David Middendorp Dance Company in Neunkirchen / Saar?


David Middendorp ist ein junger niederländischer Choreograph, der sehr kreativ witzige, expressive, aber auch bedrohliche Szenenbilder schafft. Vor Beginn der Aufführung konnte ich mit ihm und seiner Kommunikationsmanagerin Leda Mazzei Fernandes über seinen Werdegang und seine Intentionen sprechen, was ich hier nicht wörtlich, sondern sinngemäß wiedergebe.

Der Tänzer und Choreograph David Middendorp gehört zur neuen Generation holländischer Künstler, die internationalen Ruf erlangen, weil sie sehr kreativ und dynamisch gestalten. Er hat seine Tanzausbildung am Koninklijk Conservatorium in Den Haag und an der Rotterdamse Dansacademie begonnen. Dank eines Stipendiums gelangte er an die renommierte Juilliard School in New York. Seinen Karriere begann er in den Niederlanden bei »Introdans«. Dort tanzte er unter anderem Choreographien von Nils Christe, Ton Wiggers und Conny Janssen. Danach war er für zwei Jahre am Saarländischen Staatstheater Saarbrücken engagiert und wechselte dann zum ballet theater münchen (Staatstheater am Gärtnerplatz). Er genoss den Unterricht von Philip Taylor, der Ballettchef in München war und sich so für die Stücke von David interessierte, dass er zwei davon ( "Krümeldieb" und "Dream Catch") in sein Programm aufgenommen habe.

Das Besondere an David Middendorps Inszenierungen sind seine Symbiosen aus modernem Tanz und Computer- und Videoanimation. Mit den Gesetzen der optischen Täuschung arbeitend lässt er Tänzer hinter einer Leinwand verschwinden und gleichzeitig synchron auf der Leinwand weitertanzen oder -laufen. Auch das Kommunizieren der Tänzer mit den Videoinhalten, den Tänzern im Video, manchmal sie selbst dargestellt, fasziniert, als ob die Tänzer im Video wären und beliebig ein- und austreten könnten. Dieses Auflösen der Realität in aufgezeichnete Wirklichkeit oder Zurückflutenlassen der Aufzeichnungen in die Jetzt-Wirklichkeit vor der Leinwand begeistert die Zuschauer.

In seine Kompositionen flössen ganz verschiedene Musikrichtungen mit ein, teilte David mit, so Radiohead, die kultige englische Rockband nach 1985, und Tom Waits. Um die richtige Vertonung kümmere sich Simeon ten Holt. Das Exakte seiner Kompositionen gehe auf den Vater und dessen Tätigkeit als Ingenieur zurück, ließ Leda M. Fernandes einfließen, und die künstlerische Seite sei durch seine Mutter, eine Kinderbuchillustratorin, geweckt worden. Nicht ohne Stolz erwähnte David, dass er in seinem jüngsten Stück "Three Rooms" (UA Februar 2013) eine von ihm entwickelte Technik namens "Kandinsky" einsetze, die ihn mit dem iPad Livezeichnungen und -projektionen machen ließe, die analog zur Tänzerbewegung verliefen. Diese Zeichnungen seien wiederum anregend für die Tänzer. Man kann sich das ähnlich wie die grafische Sichtbarmachung von Rhythmen vorstellen, Linien würden jedoch bei ihm in bestimmte Formen, sichtbare Dynamiken und Rhythmen transformiert, auf deren Basis er seine Choreographie entwickle. Seine Spezialität sei, die Wirklichkeit aus ganz anderen Blickwinkeln zu betrachten, Ausschnitte zu wählen und zusammenzusetzen, die normalerweise nicht in dieser Konstellation auftauchten, z.B. die Liebe eines Mannes zu einem Roboter, nachdem seine Frau verschwunden sei, die Rolle des Staubsaugers, der aus Eifersucht auf die Liebe der Bewohner zum Roboter sowohl die Frau bereits eingesaugt habe als auch den Mann am Ende einsauge
. Im Staubbeutel das große Wiedersehen ...  Der Zuschauer könne sich in gewissen Phasen selbst erkennen und über sich selbst lachen, beispielsweise die Liebe zu Maschinen ...

Auf dem Programm standen vier Stücke, die sich in einer deutlichen Steigerungsanordnung befanden: Three Rooms (20 Min.), Kruimeldief (Krümeldieb, 12 Min.), 25 minutes universe (25 Min.) und Blue Journey (20 Min.).


Die drei Räume wurden durch Lichtquadrate und Personenanzahl angedeutet. Das Stück scheint mir eine deutliche Symbolisierung der Sozialisierung von Mann und Frau und ihre
Paarbildung zu sein, die nicht ohne Streitigkeiten verläuft. Sie werden in die Räume hineingestoßen und dürfen nicht eher raus, bis alles vollbracht ist. Ansatzweise lassen sich hier Samuel Becketts späte Bühnenstücke erkennen. Etwas Unbekanntes schiebt sie hinein und zieht sie auch nach Lust und Laune wieder raus oder verwehrt das Verlassen. Die Tänzer durchlaufen dabei ein Spannungsfeld zwischen Auflehnung und Hingabe.
Choreographie/Animation/Bühnenbild David Middendorp l Tänzer Antonino Milazzo, Johanna Nielandt l Lichtdesign Albert Tulling l Kostüme Dorlne van Ijsseldijk l Musik Genevieve Murphy, Tom Walts, Claudio Monteverdi (Einspielungen) l Uraufführung 7. Februar 2013, CaDance Festival, Den Haag l Mit Dank an De Dutch Don't Dance Division

Im "Krümeldieb" werden wir Zeuge einer enttäuschten Liebe des Mannes, der sich mit dem Roboter
nach Verschwinden seiner Frau getröstet hat. Der Roboter verliebt sich in den Staubsauger, der die Szene beherrscht. Der Mann wird  als Kontrahent weggesaugt, trifft seine Frau im Staubbeutel und ist wieder vereint mit ihr. Die Kulisse und Leinwand sehr realistisch, naiv-kitschig fast, keine Abstraktionen, der Staubsauger zum Hai überzeichnet. Die Fahrt in den Staubsaugerbeutel wurde mit einer Videoanimation klasse eingefangen.
Animation/Bühnenbild David Middendorp und Menno van der Meer l Choreographie David Middendorp l Tanz Art Srisayam l Kostüme Dorine van Ijsseldijk l Sound effects Damas van Wagtendonk und Jemen van Neure l Uraufführung Korzo Theater, Den Haag, 2002

"25 minutes universe" lässt das Universum durch zwei Tänzerinnen entstehen und spielt mit dieser Idee in allen Varianten. Die Tänzerinnen werden aber auch umgekehrt durch das Universum bzw. Licht dirigiert und auch ein bisschen gefoppt. Sie sind in ihren Lichtkreisen gefangen und gehen ein lyrisches Spiel mit ihnen ein. Es macht gelegentlich, was es will. Am Ende hat es seinen eigenen Willen und scheint stärker als die Schöpfer zu sein.
Choreographie David Middendorp l Tänzer Daniela Cruz, Dianne Steenbrink l Lichtdesign Albert Tulling l Animation David Middendorp l Kostüme Dorine van
Ijsseldijk l Musik Simeon ten Holt l Uraufführung 28. April 2012, Teatro da Raitoria, Curitiba, Brasil

"Blue Journey" ist ein ganz starkes Stück über den Existenzkampf einer Frau oder eines Individuums in der Masse. Immer wieder überrollen, ignorieren Fremde sie. Heldenhaft stemmt sie sich gegen den Strom. Alles vortrefflich mit Videoanimationen festgehalten, die die Macht des Daseins und deren Brutalität wie Immergleichheit zeigen. Endlose Verläufe, Menschen, die über den anderen wie die Lemminge weiterlaufen, namenlose Hektik ...
Choreographie David Middendorp l Tänzer Daniela Cruz, Antonino Milazzo, Johanna Nielandt, Art Srisayam, Dianne Steenbrink l Lichtdesign Berry Claassen l Animation David Middendorp l Kostüme Dorine van Ijsseldijk l Musik

Die etwa 350 Zuschauer waren sehr begeistert und wollten das Ensemble fast zu einer Zugabe verpflichten, die spontan gegeben vielleicht ganz interessant ausgefallen wäre.

Aus dem Publikum
Bettina B. aus Niederlinxweiler: "25 minutes universe fand ich richtig entspannend. Mir hat vor allem der Schluss mit Blue Journey gut gefallen. Beim Krümeldieb wurde mir
insgesamt zu wenig Tanz bemüht."