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Freitag, 25. September 2020

Diskussion: Was soll am Betreuungsrecht geändert werden, und was wird gar nicht berücksichtigt?

 Neues Betreuungsrecht im Bundeskabinett

Das Betreuungsrecht muss moderner werden, das ist unstrittig. Darüber sind sich alle Beteiligten, inklusive Berufsverbände und Betreuer selbst einig. Unklar ist noch, welche Veränderungen in welcher Form verankert werden sollen. Das Bundeskabinett beschloss am  23.09. in Berlin einen Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.

Dem Sozialverband VdK gehen die neuen Regeln aber nicht weit genug: „Das neue Gesetz bevormundet nach wie vor die zu betreuenden Menschen. Die Bundesregierung hat eine Chance vergeben. Es ist bedauerlich, dass der Kontakt des Betreuten zum Betreuungsgericht in vielen persönlichen Dingen nur über den Betreuer geht. Wir halten eine persönliche Anhörung des Betreuten durch das Gericht für sinnvoller.“

Hier muss allerdings gesagt werden, dass die meisten Gerichte schon jetzt klar ansprechbar sind für die Betreuten, die das auch rege annehmen. Möchte jemand keine Betreuung, weil er sich überrumpelt oder übergangen fühlt, kann er genauso wie der Straffällige, der sich den Einflüssen des Gerichts entziehen will und keine weitere Beobachtung wünscht, sich direkt an die Betreuungsrichter wenden. Diese Widerspruchs- und Beschwerdekultur kann sehr sinnvoll und aus Gründen der Mitsprache notwendig sein, sie kann aber auch in schweren Fällen kontraproduktiv werden.

Dem VdK sind weitere Verbesserungen im Gesetzentwurf wichtig, zum Beispiel eine niederschwellige, barrierefreie und für die Betreuten gut erreichbare Beschwerdestelle. Also sollen Rollifahrer und andere Schwerbehinderte nicht mit den Entscheidern sprechen, sondern mit Fachkräften von Schlichtungsstellen. Diese Stelle sollte auch informelle Beschwerden aufnehmen und außerhalb des gerichtlichen Rahmens bearbeiten. Langfristig sollte die "ersetzende Entscheidung" des Betreuers durch "unterstützte Entscheidungsfindung" abgelöst werden. Dazu sind neue Kompetenzen und Konzepte nötig, die erprobt werden müssen. Dies könnte zum Beispiel in einer bundesweiten Fachstelle gebündelt werden. Also eine weitere Verwaltung, die Ideen einsammelt, bewertet und weitergibt an das Parlament, die Entscheider. 

Die letztgenannten Veränderungen sind seit 2020 bereits in der Umsetzung, die Teilhabe und Integration der psychisch Kranken oder Behinderten wird schon heute durch Gremienbildung und Kooperation verschiedener Entscheider/Ämter praktiziert, der Betreuer hat hier ordentlich zu tun und muss in alle Richtungen Anträge, Überprüfungen mit Belegbeiwerk etc. ausfüllen und versenden, teilnehmen und mitentscheiden. Hier gilt ganz klar: Betreute, die stärker erkrankt oder sich am Rande der Entscheidungssouveränität bewegen, werden die zuvor genannte Beschwerdestelle sehr häufig konsultieren, wenn sie denn hinkommen, um Entscheidungen zu verändern, die an sich sinnvoll wären, aber vom Betroffenen nicht erwünscht sind. Das heißt, es sind Kollisonshürden eingebaut, die aber die Betreuerarbeit erschweren und ihn immer wieder in Moderationsdruck, Beleg- oder Erklärungsnöte bringen. Ein chronisch kranker Drogen- und/oder Alkoholsüchtiger kann sich jederzeit aus der aufwändigen Therapieplatzsuche verabschieden, obwohl er beispielsweise anschließend wieder in einer Notunterkunft dahinvegetiert und weiterkonsumiert. Hier stellen sich ganz andere Fragen der Verantwortlichkeit. Chronisch psychisch Kranke versuchen sich der Behandlung zu entziehen, weil sie sich nicht für krank halten. Es gibt auch zu wenig Angebote für diese Zielgruppe, außerhalb der medikamentösen Behandlung neue Lebensformen zu entwickeln. Das ist keine Betreuungsfrage mehr, sondern ein Mangel im Behandlungsangebot.

Der VdK begrüßt eine stärkere Kontrolle der Betreuungsführenden, weil endlich Instrumente der Aufsicht und Kontrolle der rechtlichen Betreuer eingeführt und geschärft werden müssten. Auch die Stärkung der Betreuungsvereine hält der VdK für positiv, genauso die verbesserte Anbindung der ehrenamtlichen Betreuer an die Vereine und die Aufhebung des Vergütungsverbots für Betreuungsvereine. 

Zur verstärkten Kontrolle muss gesagt werde, dass effiziente Kontrollmöglichkeiten jetzt schon in erheblichem Verwaltungsaufwand praktiziert werden, die umfangreichen, zeitraubenden Abrechnungen/Quasi-Steuererklärungen der Betreuer für ihre Betreuten, die genaue Spiegelung der persönlichen und materiellen Situation der Betreuten, die Verfügungsrechte über Konten und Nachweispflicht der Bargeldverwendung, die Einnahmen-Überschuss-Rechnungen über das Betreutenvermögen usw. sind jetzt schon markante Prüfsteine der Betreuung.

Mit einem einheitlichen Angebot von effizientem Betreutenmanagement, Rechnungslegungs- und Überprüfungstools, aufgabengerechten Rechten und Möglichkeiten der Betreuer, alles schnell und wirkungsvoll - dem kleinen Honorar- und Zeitbudget bei den Freien und dem beschränkten finanziellen und zeitlichen Kontingent bei den Vereinen entsprechend - zu erledigen fehlt allerdings. Dies wäre aber notwendig, um dem Betreuer mehr Platz für Betreutenbesuche und Diskussionsteilnahmen zu geben. Es gibt natürlich Angebote auf dem Markt, sie reichen jedoch nicht aus und sind nicht immer sinnvoll, sondern stellen leider nur zusätzliche Erschwernisse durch umständliche Bedienung dar und bieten keine wirkliche Nachvollziehbarkeit oder Aussagekraft.