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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Montag, 15. April 2013

Dichterhain: IN DER STADT - Skurriles von Walter Brusius

Collage von Walter Brusius

In der Stadt


Der Mann war in der Stadt, die Frau war allein zu Hause. Der Mann arbeitete in einer Sargtischlerei, die Frau hatte keinen Beruf. Sie versorgte den Haushalt, den Garten. Außerdem telefonierte sie viel.

Vielleicht ging sie irgendeiner Nebentätigkeit nach, von der der Mann nichts wusste.

Die Frau war schön, der Mann aber auch. Man fragte sich, warum so ein schöner Mann ausgerechnet in einer Sargtischlerei schafft.

Fast immer brachte der Mann ein Geschenk mit nach Hause, auf dem Heimweg gekauft, in einem der vielen Geschäfte der kleinen Stadt.

Das Ehepaar bewohnt ein Haus am Kanal, in der Allee. – Gestern hatte er ihr ein Stückchen Seife mitgebracht, heute ein Glas mit Meersalz.

Die Frau stand oft unter den Bäumen, betrachte ihr Spiegelbild im Wasser des Kanals. Sie sah hier auf dem Wasser wie gemalt aus, ein großes Bild, jeden Tag ein großes Bild, die Frau am Kanal mit den Bäumen, ein Bilder, wegen der Größe hätte man es nur in einem Schloss aufhängen können.

Sommer, der weiße Sand der Allee leuchtete.

Der Mann allerdings hatte doch ein Verhältnis mit der Tochter des Sargtischlers angefangen. Das war erst ein paar Tage her, leichtsinnig war es und überflüssig.

Vielleicht ging von der Werkstatt, von den gehobelten Brettern, von den Farben und Lacken, von den mit Staub bedeckten Scheiben, von dem Radio, von den Zeitungen, von der Werkstatt eine Verführung aus, eine Chemie, ein Cocktail, die ihn zu diesem Umstand gebracht hatten.

Die Tochter des Sargtischlers hieß Aida, ein klangvoller Name. Sie war jedoch eine stille Person, die sich zierlich in der dunklen Werkstatt ausmachte. Sie stand neben einem Stapel Bretter und spielte mit dem Ölkännchen.

Ein großes Rad schnitt Bretter zu Streifen.

Schraubverschluss fällt mir noch ein. 


(c) WALTER BRUSIUS

Walter Brusius arbeitet und lebt seit 1982 in Bad Kreuznach 
als freischaffender Maler und unterhält dort ein Atelier. 
Er hat in Köln studiert. Vor etwa zehn Jahren begann er parallel zur Malerei Geschichten zu schreiben. 
Im Eigenverlag sind bisher einige kleine Bücher erschienen und seit zwei Jahren seine Atelierhefte (siehe auch KÜNSTLERPORTRÄTS).
Alle Hefte sind beim Autor oder bei TABERNA LIBRARIA, Mannhei­mer­str. 80, 55545 Bad Kreuz­nach, www.antiquariat-bad-kreuznach.de, für ca. 9 EUR erhältlich.

 

Montag, 18. Februar 2013

Dichterhain: DAS FRÜHSTÜCK - eine skurrile Geschichte von Walter Brusius

 

Das Frühstück




Der Fremde stand am Fenster, er sah eine Frau, die auf dem Acker den Korb mit Steinen leerte. Er tastete mit der Hand nach vorn, er wollte das Glas des Fensters berühren, aber das Fenster war ohne Scheibe, er stieß mit der Hand gegen die Luft.

Haben Sie gut geschlafen?“
Frage an ihn, als er auf der Treppe ging, er hatte nicht geschlafen, er hatte die ganze Nacht am Fenster gestanden, trotzdem sagte er: „Ja.“

Ein Balken, über der Treppe. „Vorsicht“, sagte die Frau, er bückte sich.

Was ist denn? Haben Sie Angst?“, fragte die Frau.

Angst?“, wiederholte er. „In einem fremden Land, da fürchtet man sich immer ein bisschen!“

Der Griff nach dem Korb mit dem Brot, die Zeitung schob er zur Seite. „Ich will nicht wissen, was los ist“, sagte er. „Ich bin immer unterwegs, für mich ist das alles nichts Neues“.

Er las das Etikett auf dem Honigglas. Er tat so, als lese er das Etikett auf dem Glas.

Sie sehen aber nicht fröhlich aus!“, sagte sie.

Ärgerlich schraubte er den Deckel. Dabei aß er überhaupt nie Honig. Es war wahr, er übernachtete oft in Pensionen, aber er aß keinen Honig. Er klopfte ein Ei auf, dann stopfte er den Honig ins Ei, „da schauen Sie, wozu Sie mich gebracht haben, ich habe die ganze Nacht am Fenster gestanden, nun verlangen Sie von mir, am frühen Morgen, dass ich Ei mit Honig esse!“

Bleiben Sie doch im Bett, wenn Sie solcher Stimmung sind. Ob Sie kommen oder gehen, pah! Das ist mir vollkommen gleichgültig!“

Schon richtig.

Hatte er essen wollen, hatte er überhaupt geweckt werden wollen?

Der Löffel zitterte mit der Hand. Zwei Schwerter waren die Zeiger der Uhr, was war das für ein Kampf, in dem sie sich im Kreis drehten? Das war ein seltsames Aufeinanderlosgehen. Er sah an der Wand die riesige, altmodische Uhr. Mit den langen schwarzen Zeigern. „Vom Einholen, liebe, gute Frau, hat man so viel Schwung, daß man sich schon gleich wieder überholt, was!“

Jetzt sah er sie an.

Wie denn?

Der Löffel im Mund knackte.

Sie wollen mir doch nicht den Löffel zerbeißen“, sagte sie.

Sie stand noch immer an der Tür.

Tatsächlich, es gab einen Ruck im Mund, es war ein kurzer gelber Plastiklöffel, den er eben zerbiss.

Ihre Uhr ist stehen geblieben, da fehlt ein Zeiger, das macht einen irre“, sagte er.

Sie ticken nicht richtig“, sagte sie, sie stand da, hielt das leere Holztablett wie einen Schild, eine Schürze aus Holz vorm Schoß.

In der Nacht hatte er sie nackt gesehen, sie war oben bei ihm gewesen. Für eine Stunde. Normalerweise würde er jetzt noch schlafen, aber er hatte sie früher sehen wollen, deshalb hatte er sie gebeten, ihn bereits um sieben zu wecken, er hatte die ganze Nacht am Fenster gestanden, bis sieben gewartet, jetzt erinnerte er sich.

Wenn ich unterwegs bin, das ist mein Job, verkaufe ich das Schwarz der Nacht!“

Machen Sie, dass Sie in die Gänge kommen!“, sagte sie. 




© Walter Brusius
Der Künstler arbeitet und lebt seit 1982 in Bad Kreuznach als freischaffender Maler und unterhält dort ein Atelier.
Er hat in Köln studiert. Vor etwa zehn Jahren begann er parallel zur Malerei Geschichten zu schreiben.
Im Eigenverlag sind bisher einige kleine Bücher erschienen und seit zwei Jahren seine Atelierhefte. Er verkauft sie im Atelier an einen kleinen interessierten Kreis und in einer dortigen Buchhandlung. Sie sind auch abonnierbar. Neben seinen Ausstellungen veranstaltet er regelmäßig Lesungen. Ziel ist, die Atelierhefte nicht selbst zu illustrieren, sondern andere Künstler in Form einer Koproduktion dazu einzuladen.



Dienstag, 6. November 2012