v. l.: Melanie Lang (Dorabella),
Adelheid Fink (Fiordiligi)
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Die ehrbaren Frauen einfach nur Flittchen, die nicht treu sein können? Jedenfalls war es wohl noch ratsamer die Frauen anzuprangern, als die Männer als Träger der Politik, Gesellschaft, Kultur und Religion so einfach zu verunglimpfen. Was jeder ahnte, aber nicht darüber sprach, Mozart brachte es auf die Bühne. Fremdgehen ist so leicht möglich wie vieles andere auch. Gerade Frauen sollte man nicht vertrauen, denn "So machen es alle", wie der Titel ja schon sagt. Ein Spur sexistisch würden wir heute sagen. Seine Musik kam an, das Thema wurde lange Zeit jedoch als anstößig, frivol, albern abgetan, Beethoven und Wagner äußerten sich ablehnend. So wurde die Oper im Laufe der Zeit immer wieder geändert, die Personen, das Geschehen entschärft, die Hochzeit im Spiel verändert etc. Tanja Hermann, die Dramaturgin Konzert, Ballett und Musiktheater, klärte dazu detailliert im Vorgespräch auf.
Die Aktualität ist ungebrochen, heute geht man gelassener, unbesorgter und wohl auch weniger berührt an die Thematik ran und sie ist gerade auf der Bühne weiterentwickelt. Es fehlt jedoch nichts an der Brisanz des Betrügens, der Leidenschaft, der Gram und des Leidens, wenn es passiert und die Betroffenheit vorliegt.
Daniel Böhm (Guglielmo), Daniel Kim (Ferrando), sitzend: Alexis Wagner (Don Alfonso) |
Die Oper in zwei Akten in Kaiserslautern, besucht im Pfalztheater am 05.05.2013, beginnt auch zunächst wie ein modernes Bühnenstück von Botho Strauß, wo die Figuren etwas verloren und unvermittelt auftauchen. Die Damen schwärmen von ihren Männern, man muss ihnen zugutehalten, dass sie ihnen auch lange und widerstandsfähig treu bleiben, bevor sie sich erweichen lassen. Fiordiligi schwärmt von ihrem Verlobten Guglielmo, er sei so gut aussehend, draufgängerisch und liebevoll, Dorabella von ihrem Ferrando, wie er so bedrohlich und verführerisch ist. Aber hier wird schon was klar: Der Regisseur lässt sie die Bilder tauschen. Ach, was hat das wohl zu bedeuten? :-)
Warum kommt es überhaupt zur Prüfung der Damen, die noch nichts ausgefressen haben? Alles wegen einer Wette. Don Alfonso (seriös verführerisch: Alexis Wagner) ist schuld. Er, der Erfahrene, lässt sich nichts mehr vormachen, er wettet, dass beide Frauen fallen werden, wenn es drum ginge. Die Verlobten halten dagegen. Mit einem Trick lässt er Ferrando (leidenschaftlich: Daniel Kim) und Guglielmo (verliebt und aufbrausend: Daniel Böhm) auf Geheiß des Königs in den Krieg ziehen und als fremde Soldaten, die die Frau des Freundes auf Herz und Nieren testen sollen, zurückkehren. Die Bärte als Triumph der Männlichkeit verstecken die beiden, sollen sie zu Siegern machen, ganz abgesehen davon, dass die Glaubwürdigkeit des Geschehens etwas schwach ist, wieso sollten die Schwestern nicht den Freund der anderen wegen eines Bartes leicht erkennen können? Aber das ist die künstlerische Freiheit der Opernkomponisten.
Das Dienstmädchen Despina (schwer berechnend: Monika Hügel oder Arlette Meißner) hier noch ganz die Beschützerin, warnt vor den Soldaten, die nie treu sind: "unverbesserliches, schändliches Geschlecht!". Der erste Verführungsversuch wird vehement abgewehrt. Hier klingt schon klar mit, dass Männer keinerlei Ehr in Liebesdingen haben. Sie sollen ja auch die Freundin des anderen verführen, allein schon durch diese Tat machen sie sich zu Betrügern an ihrer Liebe. Beim zweiten Versuch mimen sie die total Verliebten, die sich wegen ihrem Liebeskummer umbringen müssten, um die Gunst der Schwestern zu erschleichen. Die sind nur böse wegen des Betrugs und wehren wieder senza sforzo ab. Die Männer freuen sich, ginge es so weiter, wären sie die Sieger der Wette.
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Fotos von Hans-Jürgen Brehm-Seufert
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In Akt zwei allerdings rechnen sie nicht mit der Hinterlist von Alfonso, der Despina besticht, ihr Vorteile verspricht, und siehe da: Despina predigt ihnen, dass "Frauen schon mit 15 wissen müssen, wo der Teufel den Schwanz hat", sie müssten "lügen und betrügen können, ohne rot zu werden". Sie stimmt den Lobgesang auf die Freiheit ein: "Abgestreift diese Fessel", "Schluss mit der Sklaverei"! Die Männer freuen sich derweil über das Spiel im Allgemeinen, das ganz selige Tauschperspektiven eröffnet. Despina gibt zum Besten, sie verehre gar den Teufel, nur Männer seien noch besser. Die Schwestern denken um, zuerst kippt Fiordiligi, natürlich mit schamhafter Reue über den Verrat, die Untreue, die auf ewig verborgen bleiben sollen, Ferrando nimmt ihr Kettchen als Beweis mit. Guglielmo aufgebracht verlässt die Illusion und durchschreitet das Theater - der Regisseur Andeas Pronkalla lässt ihn vor Wut rasend durch die Zuschauerreihen laufen, aufgeregt deklamierend: "Ihr Frauen treibt es mit allen, es ist nicht zu glauben!" Auch Ferrando ist in einem schweren Zwiespalt, seine Dorabella liebt er zu sehr, als dass er sie weich zu werden wünscht. Aber das Schicksal ist gegen sie: "Amor ist ein Dieb, fesselt die Seele ... wenn er dich zwickt, mach alles, was er will." Fiordiligi verkleidet sich als ihr Verlobter und versucht die Verführung durch Mannesauftritt und Kampf abzuwenden, aber sie gibt sich auch so verliebt hin. Guglielmo bezwingt schließlich auch Dorabella. Und Alonso hat die große Entschuldigung parat: "Was andere Leute Laster nennen, bei Frauen ist es eine Herzensnotwendigkeit!"
Als Ausweg bliebe nur die Heirat. Und so unterschreiben die Damen und falschen Freier einen Ehevertrag in Anwesenheit des Notars. Den zurückkehrenden Männern, die die Wette verloren haben, wird von klagenden Frauen alles gestanden. Der Sündenfall liegt offen. Der aufgebrachte Guglielmo wünscht den Weibern Giftgetränke zur Strafe. Aber schließlich wird der Spuk aufgedeckt, der Notar ist nur Despina gewesen, die vom Maskenball gekommen wäre, und mit Alfonsos Schlussplädoyer endet die Beweisführung, dass Liebe, Treue und Redlichkeit ebenso wie Partner leicht veränderbar seien: " Vergebt euch, denn wer das Auf und Ab des Lebens gelassen nimmt und darüber lacht, bleibt gelassen in den Stürmen des Lebens."