die schöpfung des enkidu
Ich träumte von einem Sternenhimmel, Mutter. Die Sterne fielen auf mich herab, Mutter. Sie sahen aus wie ein Abbild Anus. Als ich das Abbild Anus aufheben wollte, Mutter, war es so schwer, dass ich es nicht aufheben konnte. Da wollte ich dieses seltsame Gebilde abschütteln. Doch es blieb an mir haften, Mutter. Das Volk von Uruk versammelte sich um dieses Wesen. Die Menschen küssten ihm die Füße, und auch ich fiel nieder, küsste ihm die Füße, Mutter, und ich war voll der Liebe. Ich brachte dieses Wesen zu dir und du, Mutter, stelltest es mir gleich.
aruru die göttin
formt aus lehm
eine masse
wirft den klumpen
in das wüste land
ninurta schenkt
der form eine seele
haucht
die nachtstille
der kraft
in sie ein
an leib und seele
behaart
die gestalt
geformt aus lehm
das haar
gleich einem weib
das wallende haar
der göttin nissaba
gab ihm aruru
dem mann in der wildnis
nicht mann und nicht frau
bekleidet mit dem leinen des sumukan
er kennt weder dich noch mich
verzehrt tagaus und tagein
er das gras der gazellen und labt sich
an ihren leibern
trinkt aus ihren quellen
die auch die seinen sind
glück im klang der steppe
ein mann in der wildnis
geformt aus einem klumpen lehm
in die wüste geworfen von aruru
der göttin
der wilde mann
der mann aus der steppe
zwei teile tier ein teil mensch
der mit den gazellen sein leben
und auch
die liebe teilt
enkidu
enkidu
der wilde mann der mann aus der steppe
zwei teile tier ein teil mensch
enkidu
enkidu
(c) Rüdiger Heins, aus: URSTROM (2012) bei BertuganPress von Dr. Alia Taissina
Über das Buch:
Die vier Theaterstücke von Rüdiger Heins gelten Menschen am Rande der Gesellschaft, seien dies nun Frauen aus einer islamischen Kultur, Strassenkinder, Tyrannen einer längst vergangenen Epoche oder gar Mystikerinnen, wie eine Hildegard von Bingen. Immer geht es dabei letztlich um die Vision einer menschlicheren Welt. Der Autor spielt virtuos mit den verschiedensten szenischen Formen: vom lyrischen Drama über das epische Theater und das Dokumentarstück bis hin zum postdramatischen Theater unserer Tage, in dem Musik und Tanz gleichrangig neben den Text treten. Das ist bestes postmodernes Theater, wie wir es so nur noch von Christoph Marthaler her kennen.
Die vier Theaterstücke von Rüdiger Heins gelten Menschen am Rande der Gesellschaft, seien dies nun Frauen aus einer islamischen Kultur, Strassenkinder, Tyrannen einer längst vergangenen Epoche oder gar Mystikerinnen, wie eine Hildegard von Bingen. Immer geht es dabei letztlich um die Vision einer menschlicheren Welt. Der Autor spielt virtuos mit den verschiedensten szenischen Formen: vom lyrischen Drama über das epische Theater und das Dokumentarstück bis hin zum postdramatischen Theater unserer Tage, in dem Musik und Tanz gleichrangig neben den Text treten. Das ist bestes postmodernes Theater, wie wir es so nur noch von Christoph Marthaler her kennen.
Prof.
Dr. Mario Andreotti,
Dozent für neuere deutsche Literatur und Sachbuchautor