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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Samstag, 9. Juli 2016

Heute in der Frankfurter Oper: WOZZECK - Oper in drei Akten von Alban Berg

Sebastian Weigle       (c) Wolfgang Runkel

WOZZECK 
Oper in drei Akten von Alban Berg 
Text vom Komponisten nach dem Drama Woyzeck von Georg Büchner (1836) in der Ausgabe von Karl Emil Franzos (1879) 
Mit Übertiteln 





Musikalische Leitung: Sebastian Weigle 
Inszenierung: Christof Loy 
Bühnenbild: Herbert Murauer 
Kostüme: Judith Weihrauch 
Licht: Olaf Winter 
Dramaturgie: Norbert Abels 
Chor: Tilman Michael 
Kinderchor: Markus Ehmann


Einführung eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer
Georg Büchner, Poet, Mediziner und Revolutionär, hat das Pathologische keiner Symbolik unterworfen. Erstmals wird bei ihm Krankheit nicht als Mittel verstanden, eine andere Welt oder eine andere Vernunft zu artikulieren. Sein klinischer Blick auf das Leiden will diesem selbst zum Ausdruck verhelfen. »Das arme Volk schleppt geduldig den Karren, worauf die Fürsten und Liberalen ihre Affenkomödie spielen«, schrieb Büchner im Dezember 1833. Woyzeck war der erste dramatische Versuch, die Ausweglosigkeit des durch die Gesellschaft, die Wissenschaft und das Militär malträtierten Menschen auf die Bühne zu bringen. Büchner gelang dabei die Tragödie der von einem durch und durch determinierten Sein zur ewigen Unfreiheit bestimmten armen Kreatur. Darüber hinaus konstatiert das Stück das unumkehrbare metaphysische Vakuum, das entleerte Universum: »Ich glaubʼ, wenn wir in den Himmel kämen, so müssten wir donnern helfen.« Alban Bergs Musik setzt sich zu dieser Kraft in ein kongeniales Verhältnis. 
Christof Loy        (c) Monika Rittershaus
Wozzeck gehört zweifellos zu den bahnbrechenden Opern des 20. Jahrhunderts. Ausschlaggebend war für Berg neben Büchners Stoff die Unabdingbarkeit, ohne die anachronistischen Mittel der Tonalität und der auf ihr basierenden formalen Gestaltungsmöglichkeiten eine neue Tonsprache zu finden, auf der die Gesamtarchitektonik des Werkes ruhen sollte.



Montag, 6. Juli 2015

Wie war's bei Anna Seghers KOPFLOHN in Mainz?


Johann   (c) Bettina Müller

Im Mainzer Staatstheater ist die Aufführung von KOPFLOHN eines von mehreren Tributes to Anna Seghers! Ein besonderes Entgegenkommen des Theaters: Zum Programmheft gibt es den ganzen Text auf 64 kleinformatigen Seiten gleich zum Lesen dazu. Der Roman erschien 1933 in Amsterdam. Johann Schulz' (David Schellenberg) Steckbrief hängt öffentlich in der Kreisstadt Billingen aus, einen Fußmarsch entfernt von einem rheinhessischen Dorf namens Oberweilerbach, wo er bei Verwandten, sehr armen Leuten, den Bastians, Ende Juli 1932 Zuflucht sucht. Man beschuldigt den Leipziger Arbeiter, bei einer Demonstration einen Polizisten getötet zu haben. Der ausgesetzte "Kopflohn" wird für die Dorfbewohner zum Anreiz, auf die 500 Mark Belohnung zu spekulieren, aber keiner zeigt ihn an. 

Der Leser/Zuschauer lernt Leute aus dem Dorf kennen, die Struktur verstehen. Der arme Bauer Algeier (Martin Herrmann) sieht den Steckbrief, erkennt Johann und könnte seine Zentrifuge bezahlen und behalten, die Arbeitslosigkeit seiner Tochter Marie (Kristina Gorjanowa), die ihre Dienstmädchenstelle verlor, leichter verkraften, er zeigt nicht an. Marie und Johann verlieben sich. Der unmenschliche, despotische Bauer Schüchlin, der seine Frau zur Gebärmaschine und Zwangsarbeiterin machte, sie wegen des zu erwartenden Erbes in den Selbstmord trieb, sieht nach der Identifikation des Leichenfundes den Steckbrief und ignoriert ihn aus Genugtuung über den Tod seiner Frau. Der Jude Naphtel und der alte Merz (Armin Dillenberger) entdecken den Steckbrief auch, im Vordergrund steht allerdings das Provisionsgeschäft durch einen Immobilenverkauf für Merz. Merz ist auch Amtsleiter und stellte Johann ungeprüft eine Anmeldung im Dorf aus, zu Hause bereitet er eine gepfefferte Anzeige für die Schublade vor. Schließlich denunziert Kößlin (Sebastian Brandes), ein Bekannter Johanns ihn bei seinem Naziverband, der SA. Die Folge: schwere Körperverletzung durch die SA und alle Beteiligten wohl bis zum Tod ... Im Original war nur die stumme Hinnahme und Tolerierung der Bestrafung vorgesehen, in der Aufführung ein kollektives Bestrafungsritual.

Anna Seghers erzählt hier absolut in der Tradition der sozialkritischen Dramen der Geringverdiener und des Proletariats das Leben der kleinen Leute, der Lohnarbeiter, Andersdenkenden, Unterdrückten im Kontrast zur oft nicht feinen Bürgerlichkeit - zumeist mit schicksalhafter Ergebenheit bis auf wenige Ausnahmen: Die Rendel (Anika Baumann) ist eine Aktivistin, im Dienste des Kommunismus und Stalins warnt sie vor Hitler, der Verblendung, dem Faschismus und vergisst ganz die Grausamkeit des anderen Diktators. Stalins Zwangskollektivierung ab 1928, Überführung in Kolchosen und Genozid an den Kulaken (vormals Bauern mit eigenem Land) war ein Holodomor ungeheuren Ausmaßes mit mehreren Millionen Opfern. 1932 Anna Seghers offensichtlich noch nicht bewusst, wird hier ein einseitiger Mythos gepflegt, der von der Aufklärung nach 1945 beiderseits Lüge gehießen wurde. 

Die Rendel wird zum Vergewaltigungsopfer der SA-Schergen. Daneben Johann als ungelerntes Ex-Mitglied der SPD, nun Kommunist ohne Zukunft, der gegen die Herrenrige ankämpfen will. Die Figuren pflegen den restringierten Code der Underdogs, Bauern, Arbeiter und Ausgebeuteten. Klar in der Tradition von J.M.R. Lenz, Georg Büchner, Arno Holz (Familie Selicke) und Gerhard Hauptmann (Die Weber, Vor Sonnenaufgang), später Franz Xaver Kroetz, werden die Alltagsprobleme ausgewälzt, der schöne Schein desavouiert. Das proletarische Ausgebeutetsein wird gepflegt. Die SA-Vertreter ganz in der aufkommenden Naziideologie demagogisch, herrisch, unterwerfend, erniedrigend, brutal, besitzergreifend, zerstörend in propagandistischer Agitation. 


Die Rendel   (c) Bettina Müller

Dirk Laucke (Regie) hat wirklich mit Geschick den 250 Seiten starken Roman-Tobak auf immerhin auch noch zwei Stunden Theater heruntergebrochen, ohne Substanz zu verlieren. Mit "beschleunigenden" Übergängen, hektische Musik, schnelle Bewegungen, sich im Kreis drehende Darstellung in der Videoprojektion, wird in Zeitraffer Handlung nachgeholt oder weitergespult. Anderes wird nur erzählt, nicht gespielt. Stilmittel, die das Geschehen der realen Historie schnell näher kommen lassen. Ein Jahr danach beginnt die deutsche Extremdiktatur, die vieles an Verbrechen in den Schatten stellte. Der ungeheure Rassismus und Kommunistenhass legten Deutschland und Europa in Schutt und Asche. Der deutsche Gutmensch dachte noch an eine sinnvolle Mission, bis ihm Auschwitz klar wurde. Und da war es schon zu spät! Die Tötungsmaschine Hitlers auf vollen Touren! Laucke analysierte als Sachse auch in seinem Schaffen die unerfreuliche Gegenwart der Pegida-Bewegung, die konfus und diffus Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes heraufbeschwört. Gerade im Licht der zunehmenden und geplanten Internationalisierung der Bevölkerung, um schnell den Einwohnerrückgang von prognostiziert 16 Millionen aufzufangen, wird nationale Zukunft auf der einen Seite irrational mit Überfremdung, Islamisierung, frauenbevorzugendem Gendermainstream und intolerant in Frage gestellt, auf der anderen Seite euphorisch und euphemistisch im bunten Zusammen gesehen. Dass dazwischen eine stark familienbejahende und -unterstützende Infrastruktur und Anschauung auch seitens der Arbeitgeber fehlt oder zu wenig ausgebaut und verwirklicht wurde (die Ursache der Geburtenschwäche), bleibt ja oft auf der Strecke.

Die Liebeleien des jungen Merz mit der 16-jährigen Sophie Bastian (Ulrike Beerbaum) unglücklich, aber er setzt sich durch, die Zeugen bei der Hochzeit stumm dabei. Der Lehrer Rifke, handicapped, als anpassungsfähiges Gewächs, seine Luise Merz liebend. Beide zusammen: Merz und Sophie, Rifke und Luise, feiern eine Parallelhochzeit, Marie und Johann bleiben nicht zusammen. Maries Devise: "Wenn man heutzutage nicht stark ist auf Erden, kann man sich gleich drunterlegen." 

Die SA kontrolliert bereits die Wahlen. Parteigenosse Zillich, Sturmführer, und Kunkel unterziehen Johann nach Denunziation durch Kößling einer schweren Prüfung. Seine Stärke wird getestet, währenddessen ihm nicht nur Sophie an die Kleider geht, seine Stärke mit zerstört, sondern auch das halbe Dorf. Das angebliche Verbrechen an einem Polizisten scheint gesühnt, aber vielmehr ist alles ein Zeichen der heraufdämmernden Unterdrückung und der Entfesselung des groß und tödlich angelegten arisch-rassistisch-politischen Mobbings. Die mehrfache Wiederholung der Misshandlung deutet hin auf Rachegelüste, Lust am Zerstören und Töten, Ausleben eines Wiederholungszwangs und tatsächlich auch der Bereitschaft zum grausamen Ritual, als wiederholbarer Lustgewinn und Zeichen der Macht.


KOPFLOHN (UA)
Von Dirk Laucke nach dem Roman von Anna Seghers
Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen
Uraufführung in Recklinghausen: 4. Juni 2015
Premiere in Mainz: 12. Juni 2015
Aufführungsdauer: ca. 120 Minuten - keine Pause
Kleines Haus

TERMINE
11.07.2015, 16.07.2015, 18.07.2015

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Heute Abend in Darmstadt: BÜCHNER 200: DANTONS TOD


23.10.2013, 19:30 Uhr, Staatstheater Darmstadt, Kleines Haus

BÜCHNER 200: DANTONS TOD
Inszenierung Malte Kreutzfeldt
Bühne und Kostüme Nikolaus Porz


Paris 1794. Die große Französische Revolution ist in ihr fünftes Jahr gekommen. Wie ein Orkan hat sie die Verhältnisse in ganz Europa durcheinandergewirbelt. Das Ancien Régime wurde weggespült und König Ludwig XVI., neben vielen anderen Vertretern der alten Herrschaft, enthauptet. Doch für die breite Masse des Volks hat sich nichts geändert.

Und die Guillotine steht noch immer nicht still, die Revolution beginnt ihre Kinder zu fressen. Mit Maximilien de Robespierre und Georges Danton stehen sich die Anführer der einflussreichsten politischen Lager konkurrierend gegenüber. Hat Robespierre eine blutige Diktatur errichtet und propagiert radikal die Herrschaft der Tugend, der alles unterzuordnen sei, so ist Danton vom Lauf der Dinge desillusioniert. In der Frage nach den Zielen der Revolution stellt er sich Robespierre in den Weg. Dem Machtkampf der beiden werden nicht nur sie selbst, sondern auch viele ihrer Anhänger zum Opfer fallen.

Georg Büchner studierte die historischen Quellen für sein groß angelegtes Panorama der Französischen Revolution genau. Neben ihren Hauptakteuren gibt er auch dem Volk, auf dessen Rücken letzten Endes alles ausgetragen wird, eine Stimme. In seinem ersten Drama, 1835 in zwei Monaten in Darmstadt fieberhaft niedergeschrieben, gibt Büchner seinem ausgeprägten Geschichtspessimismus Ausdruck. Mit Dantons Tod findet der Zyklus der Inszenierungen von Georg Büchners Bühnenwerk kurz vor seinem 200. Geburtstag seinen Abschluss.

Sonntag, 20. Oktober 2013

Heute Abend im Radio: Woyzeck als Hörspiel


So, 20. Oktober, 18.30 Uhr, Dradio Kultur, Hörspiel

Woyzeck
Von Georg Büchner

Bearbeitung: Ulrich Griebel, Joachim Staritz
Regie: Joachim Staritz 

Mit: Günter Zschäckel, Heide Kipp,
Hans-Peter Minetti u.a.
Ton: Hannes Schreier 

Produktion: Rundfunk der DDR 1986 
Länge: 68'27

Wie kein anderes Werk des 19. Jahrhunderts hat Woyzeck auf die Dichtung des 20. Jahr­hunderts eingewirkt. Erst 1913, 100 Jahre nach Georg Büchners Geburt, wurde das Fragment in München uraufgeführt.
Der kleine Soldat, Füsilier Woyzeck, wird systematisch physisch und psychisch von seiner Umwelt verstümmelt. Sein Hauptmann quält ihn mit ungerechten moralischen Vor­haltungen, Marie, seine Geliebte, betrügt ihn, und von einem Arzt wird er als medizinisches Ver­suchsobjekt missbraucht. Am Ende gibt er auf: Er verschenkt seine Habseligkeiten, ersticht Marie, macht einen letzten Be­such im Wirtshaus und ertränkt sich danach in einem Teich.

Georg Büchner (17.10.1813-19.2.1837), Schriftsteller, Mediziner, Naturwissenschaftler und Revolutionär.

Samstag, 12. Oktober 2013

Heute Abend im Radio: Georg Büchners "Leonce und Lena" als Hörspiel

12.10.2013, 21:00 Uhr, SRF 2 Kultur "Hörspiel SRF 2" 




Georg Büchners "Leonce und Lena" als Hörspiel

Heute Abend gibt es bei SRF 2 "Leonce und Lena" von Georg Büchner als Hörspiel. Es handelt sich um eine historische Aufname aus dem Jahr 1952 mit Erich Ponto, Gerd Martienzen und Martha Marbo in den Hauptrollen.

Das Lustspiel "Leonce und Lena", geschrieben 1836, erzählt die Geschichte von zwei melancholischen Königskindern. Sie fliehen vor der verordneten Vermählung, finden aber am Ende, begleitet von einem nihilistischen Hofnarren, zueinander und übernehmen die Regentschaft. Büchner enttarnt über Szenen von absurder Komik die soziale Realität in den Duodezfürstentümern zur Zeit des Deutschen Bundes.

Neben seiner Kritik am ausbeuterischen Schmarotzertum des Adels kommen aber auch die seit der Aufklärung seelenlose Verabsolutierung der Vernunft und die Wirklichkeitsferne romantischer Poesie unter sein literarisches Seziermesser.

Donnerstag, 11. Juli 2013

Täglich bis 31.08.2013: GEORG-BÜCHNER-Festival Darmstadt


Büchner 200 (1813-2013)


Am 9. März 1835 floh Georg Büchner (* 17. Oktober 1813 in Goddelau, Großherzogtum Hessen; † 19. Februar 1837 in Zürich), polizeilich als Staatsfeind gesucht, aus Darmstadt. Der Arzt und Revolutionär, Dichter und Forscher sollte niemals in seine Heimatstadt zurückkehren. Georg Büchner war ein unangepasster und unbequemer Geist, der sich der Vereinnahmung verweigerte. – Imaginieren wir uns Büchner heute! Wo wäre er zu suchen im Zeitalter von „Empört Euch!“-Rufen, Occupy-Bewegung und Arabischem Frühling? Worauf wäre sein Forscherblick gerichtet? Wem würde er seine Stimme leihen? Welche Figuren würden seine Dramen bevölkern?

Diesen und vielen anderen Fragen nähert sich das Festival Büchner200 vom 29. Juni bis 31. August, von der Centralstation in Kooperation mit zahlreichen Darmstädter Kulturschaffenden veranstaltet und unter anderem ermöglicht durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain. Acht Wochen lang werden Büchners Ideen und Ideale mit vielfältigen künstlerischen Aktionen in den Stadtraum und damit in das Hier und Jetzt transportiert.



Das Herz des Festivals schlägt am Darmstädter Hauptbahnhof. In Anlehnung an den StageCage (der vielen von dem erfolgreichen Projekt Cage100 in Erinnerung geblieben ist) realisiert das Büro liquid architekten in diesem Jahr die BüchnerBox. Im Rahmen eines Semesterprojekts der Hochschule Darmstadt/Fachbereich Gestaltung, haben sich 15 Studierende unter Leitung von Prof. Ursula Gillmann und Su Korbjuhn mit Interieur und Gestaltung des Performance-Hauses befasst. Entstanden ist ein spannender Ort, der in den kommenden acht Wochen Raum für zahlreiche Aktionen, Lesungen, Theaterinszenierungen und vieles mehr bietet – alles im Zeichen Georg Büchners.


Neben der BüchnerBox wird die Festival-Bar „Königreich Popo“ – Heimat des Prinzen Leonce im Lustspiel „Leonce und Lena“ und zugleich subtile Anspielung auf Büchners Heimatstadt Darmstadt – die Atmosphäre des Festivals prägen. Das ebenfalls bereits im vergangenen Jahr zu den Cage-Tagen von der Centralstation entdeckte, zu neuem Leben erweckte und binnen kürzester Zeit zum wahren Geheimtipp avancierte Kleinod im Herzen des Darmstädter Bahnhofsviertels bietet auch in diesem Jahr bei schönem Wetter montags bis sonntags ab 17.00 Uhr und zu Veranstaltungen in der BüchnerBox Gelegenheit für ein zünftiges Feierabendbier in kreativem Umfeld. Die Gestaltung des Gartens geht ebenfalls auf die Studierenden der Hochschule Darmstadt zurück.

 


Donnerstag, 27. Juni 2013

Heute Abend in Ludwigshafen: WOZZECK. Oper von Alban Berg


Do, 27.6.2013    I    19.30 Uhr    I    Theater im Pfalzbau, THEATERSAAL


Wozzeck

Oper von Alban Berg
Text vom Komponisten
nach Georg Büchners Dramenfragment Woyzeck

Musikalische Leitung: Uwe Sandner
Inszenierung: Urs Häberli
Bühne: Thomas Dörfler
Kostüme: Gérard Ziegler
Chor: Ulrich Nolte
Pfalztheater Kaiserslautern
Preise: 44 Euro 37 Euro 30 Euro 23 Euro


Der einfache Soldat Wozzeck hat mit Marie ein uneheliches Kind. Obwohl er alles tut, um Frau und Kind zu versorgen, wird Wozzeck wegen seiner angeblichen Unmoral angefeindet. Um seinen Sold aufzubessern, rasiert er seinen Hauptmann und stellt sich dem Doktor für zweifelhafte medizinische Experimente zur Verfügung. Von den Umständen wird Wozzeck in immer stärkere Wahnvorstellungen getrieben. Marie fürchtet sich zunehmend vor ihm und flüchtet sich in die Arme des attraktiven Tambourmajors. Als Wozzeck die beiden miteinander tanzen sieht, besiegelt sich Maries Schicksal, aber auch sein Untergang ist vorgezeichnet.
Alban Berg, der Georg Büchners Dramenfragment selbst für seine Vertonung einrichtete und dramaturgisch verdichtete, führt mit Wozzeck in eine Welt, in der Armut das Handeln bestimmt und Moral nur einen Abwehrreflex der »besseren Leute« darstellt. Ohne jeden Zweifel ist Wozzeck – 1925 in Berlin uraufgeführt – ein Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts, das in seinem Appell an die Menschlichkeit eine zeitlose Eindringlichkeit besitzt. Der Komponist erhob in seiner dreiaktigen Oper die Formen der absoluten Instrumentalmusik zum Gestaltungsprinzip und überschritt die Grenzen der tradierten Tonalität, jedoch ohne dass das klangliche Ergebnis kühl konstruiert erschiene. Im Gegenteil, Berg ist bei seiner ersten Opernkomposition ein packendes Musikdrama (durchaus auch im Wagner’schen Sinne) gelungen.
Alban Berg
Mit Alban Bergs Wozzeck – vielfach als erste wirklich moderne Oper der Musikgeschichte angesehen – startet das Pfalztheater eine neue Reihe mit zentralen Werken des 20. und 21. Jahrhunderts.

















Samstag, 1. Juni 2013

Heute Abend im Theater im Viertel, Saarbrücken: WOYZECK

Marie und der Tambourmajor in der Aufführung
von Waits/Wilson's Woyzeck am Nationaltheater Mannheim.
Meine Besprechung im Blog
01.06.2013   I   20:00 Uhr   I   Saarbrücken, Theater im Viertel, Landwehrplatz 2

Woyzeck
von Georg Büchner 

+49 (0)681/ 3904602
http://www.dastiv.de


Die ca.1836 verfassten »Woyzeck«-Fragmente skizzieren die frontale Kollision eines Mannes mit der Gesellschaft seiner Zeit. Woyzeck lebt, leidet, mordet. Georg Büchner porträtiert in seinem Text bewusst ungeschminkt die realen Ereignisse aus dem Jahre 1821, jenem Jahr, in dem der Leipziger Friseur Johann Christian Woyzeck seine Geliebte aus Eifersucht erstach.

Gleichwohl setzt der Dichter diesen Fall in Szene und in den Kontext einer in seinen Augen wenig menschlichen und rückständigen Zeit: »Unsre Zeit braucht Eisen und Brot — und dann ein Kreuz oder sonst so was.«

Der flammend revolutionären Sprache Büchners und der im Fragment erhaltenen Essenz des Dramas sachte Raum und Körper zu geben, diesem Ziel verschreibt sich die vorliegende Inszenierung von arteatro. Denn natürlich hat sich seit jener Zeit nicht viel verändert, natürlich treibt uns diese Gesellschaft in den Wahnsinn.

Mitwirkende: Estelle Amann, Eva Appl und Nicolás Galiana de la Rosa
Regie: Martin Haberstroh, Nina Reifferscheid | Technik: Tom Streeb | Bühnenbild und Kostüme: Jasmin Kaege

Karten: 12,– Euro / 7,– Euro

Montag, 20. Mai 2013

Heute Abend im Nationaltheater Mannheim: Woyzeck




Nationaltheater Mannheim, Schauspielhaus

Woyzeck  (Tom Waits, Robert Wilson)


Inszenierung Georg Schmiedleitner
Bühne und Kostüme Florian Parbs
Mitarbeit Kostüme Rebekka Zimlich
Musikalische Leitung Joe Völker
Dramaturgie Ingoh Brux

Songs und Liedtexte von Tom Waits und Kathleen Brennan
Konzept von Robert Wilson
Textfassung von Ann-Christin Rommen und Wolfgang Wiens

Siehe meine Besprechung

Freitag, 12. April 2013

Büchners "Woyzeck" nach Robert Wilson und Tom Waits im Nationaltheater Mannheim (Besprechung)

Fotos: Hans Jörg Michel


Der Woyzeck, fast jedem Schüler aus dem gymnasialen Bereich ein Begriff, Georg Büchners unvollendetes Werk, begonnen im letzten Jahr vor seinem Tod (Büchner wurde ja nur 24 Jahre alt, er starb 1837), erschien und  wurde ebenso wie die Komödie "Leonce und Lena" erst Jahrzehnte später aufgeführt. Herausgekommen war zu Lebzeiten nur "Dantons Tod" (1835). Die erste Schriftensammlung Georg Büchners durch seinen Bruder Ludwig im Jahr 1850 nahm Woyzeck nicht auf, weil das Fragment stark verblasst war. Erst Karl Emil Franzos konnte nach chemischer Behandlung des Skripts das Stück 1879 publizieren, er stellte die Rasierszene von fünfter Stelle an den Anfang. Der Woyzeck beeinflusste die Dramen der Nachzeit in einem enormen Maß, gerade was die offene Struktur angeht.

Woyzeck hat ein uneheliches Kind mit Marie, arbeitet als Bursche eines Hauptmanns und trägt fast all sein Einkommen zur Freundin. Um noch mehr Geld zu bekommen hat er sich für medizinische Experimente bereiterklärt und wird darüber durch einseitige Erbsenkost verrückt. Ein Tambourmajor der Musikkapelle spannt Marie aus, worüber Woyzeck noch mehr verrückt und wütend wird. Er bringt seine Freundin um.


Das klassisch offene Drama wurde bei Robert Wilson und Tom Waits sowie in der Inszenierung von Georg Schmiedleitner komplett neu zu einem modernen Musical arrangiert. Die Szenenfolge, Gestaltung der Figuren gelichtet, auch verändert, was schon mit der Eingangsszene klar wird. Nicht die Laufburschenfunktion, sondern die Verwendung Woyzecks (sehr einfühlsam und überzeugend Sascha Tuxhorn) zum (Sex-)Sklaven lässt das Stück nach einem Vorspiel über die menschliche Kreatur, unter Vorführung der größten Kanaillen und niedrigsten Form der Kreatur, dem Affen, mit Büchnerscher Ironie starten. Die Ursprungsszene 3 wird zur ersten, die fünfte zur zweiten. Exemplarisch für die Erniedrigung der arbeitenden Bevölkerung zu Büchners Zeiten, auch deren Einsatz zur Befriedigung der ganz offen gelegten sadomasochistischen Gelüste des Hauptmannes (Reinhard Mahlberg mimt den verkommenen und reichlich brutalen Hauptmann hervorragend) ... "Peitsch' er langsam. Was soll ich mit den 10 Minuten anfangen, die er früher fertig ist?" Es folgt ein ausführliches Gepräch über Moral und Tugend, worin Woyzeck ironischerweise beschuldigt wird, dass er keine Moral habe.


Die Sprache der Personen zeigt mehr hessischen Akzent und Ausdruck der einfachen Weise als manche Vorlage. Wahrscheinlich auch als  Brückenfunktion zum "Hessischen Landboten", Büchners politischer Kampfschrift gegen die sozialen Missstände, derentwegen er steckbrieflich in Darmstadt gesucht wurde und weswegen er 1835 nach Straßburg floh. Der Dialekt ist die Sprache des Volkes, der Arbeiter gewesen. Sein Helfer Minnigerode wurde verhaftet, später noch der beteiligte Pfarrer Weidig. 


Das gesamte Geschehen läuft im Mannheimer Woyzeck wie auf einer Drehscheibe ab, deren Segmente in der Folge die offenen Szenen darstellen, dennoch fast zum Illusionstheater zurückkehren. Die Figuren Andres, ein Kumpel, ebenfalls Knecht, wird ein beinamputierter flippiger farbiger Freund aus der Szene (Peter Pearce), Karl, der Idiot (Thorsten Danner), scheint unverändert, und Margret, die Nachbarin (sehr aufreizend Ragna Pitoll als Lustsklavin), erscheint als Laszive aus dem Milieu. Der Tambourmajor (enthusiastisch gespielt von Michael Fuchs) eine Spur Elvis Presley, in einem expressiven Tanz verewigt. Marie (hervorragend gespielt von Dascha Trautwein) die brave Mutter, die später zur Prostituierten mutiert und den Major nicht abweisen will.

Die Songs von Waits und seiner Frau Kathleen Brennan stellt Robert Wilson kontrastierend oder erläuternd den klassischen Szenen zur Seite. So bei der Freimaurerszene, in der Woyzeck die Welt als hohl erlebt, sich betrogen fühlt. Andres, versucht ihn abzulenken, als er merkt, dass Woyzeck bereits verrückt ist. "Always keep a Diamond in your Mind" ... Maries Wiegenlied - das deutlich ihre latente Abneigung des Kindes zeigt, bis hin zu Aggressionen, kontrastiert mit "Lullaby": Sun is red; moon is cracked / Daddy's never coming back / Nothing's ever yours to keep / Close your eyes, go to sleep / If I die before you wake / Don't you cry, don't you weep. Ebenso die Szene mit dem Doktor, der skrupellose Menschenexperimentator  - "God's away on Business". Das Lied des Tambourmajors an Marie: "(...) She's my princess, my everything (...)" mündet in die erste Affärenszene der beiden, der Vorhang als Bettdecke und Samtkleid, sie einem Abenteuer nicht mehr abgeneigt. Im folgenden rhythmischen Kopulationstanz - "(... ) when a man wants everything he comes to hell (...)" sind wie im ganzen Stück der Narr und die Hure Zeuge. Marie danach entehrt, das Rot des Milieus als Farbe bevorzugend, ihre Tugend über Bord. Woyzeck unterdessen bedroht und vereinnahmt durch den Hauptmann, der ihm die Pistole an die Schläfe hält,  und den Doktor (reichlich perfide und skrupellos durch Ralf Dittrich bestens dargestellt), nur noch reines Objekt der Erniedrigung und des Versuchs, erfährt, dass Marie eine Affäre begonnen hat. Sein Leid im Schreigesang seiner Erinnerungen an die Liebe. Marie denkt über Ehebruch nach und sucht eine Legitimation - sie zitiert Bibelstellen, ob sie wohl passen könnten. Woyzecks Plan erreicht sein Ziel, er ersticht sie. Die Bluttat stark in Szene gesetzt durch Perspektivenänderung. Über allem der Song über ein Mädchen, das in den Himmel kam. Es traf auf goldene Fliegen, kehrte zurück zur Erde und stellte fest, dass die Erde nur ein Pisspott ist.


Eine sehr überzeugende Darbietung, bei der gelegentlich die Stimmen etwas zurückbleiben. Ansonsten das Stück "Woyzeck" ganz herrlich anders, expressiv, deutlich und lasziv, mit Brecht-Elementen, schwebender Musikkapelle und aufwändigem Technikeinsatz und last not least der Aura von Tom Waits Songs.

Samstag, 6. April 2013

Heute Abend in Mannheim: WOYZECK von Robert Wilson, Tom Waits, THE FIRST RASTA, Kinofilm vorab frei

Woyzeck
Robert Wilson/Tom Waits/Kathleen Brennan, nach Georg Büchner
Premiere am 6. April, 19.30 Uhr, Schauspielhaus, NATIONALTHEATER

Am 18. November 2000 feierte das von Robert Wilson so genannte »art musical« seine Uraufführung am Betty Nansen Theater in Kopenhagen. Tom Waits’ Songs eröffnen Büchners Text eine weitere Ebene. Die Musik erzählt auf ihre eigene, intuitive Weise von den Wünschen, Sehnsüchten, Ängsten und Qualen, die in den Figuren toben. Der Regisseur Georg Schmiedleitner inszenierte in Mannheim zuletzt Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare.




The First Rasta

Beginn 20.00 Uhr I ALTE FEUERWACHE
Eintritt frei
I Dokumentarfilm im Rahmen der Reihe "Culturo Oferto" der Disko Esperanto

Ideen aus der Bibel, von Marx, Eisenstein und Gandhi – Leonard Percival Howell „The Gong“ vereinte sie zu einer neuen Weltanschauung: Rastafari. Die Musik von Bob Marley, Max Romeo, The Abyssinians und vieler anderer machten seine Gedanken weltberühmt. Leonard Percival Howell war „The First Rasta“, der Begründer der Rastafaribewegung, aber auch Matrose, Weltreisender und Revolutionär. Seinen Spuren folgend begibt sich der Film auf eine Reise durch die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie führt von Jamaika über Panama, New York und Russland bis in die von ihm gegründete, Rastafari Kommune Pinnacle. Seine Lebensgeschichte erzählt von jamaikanischen Aufständen – erst gegen King George und später gegen die moderne Form der Sklaverei globaler Bananenkonzerne. Aber sie zeigt auch in beeindruckenden Szenen die aufkommende Industrialisierung in Panama und die Blütezeit der schwarzen Kultur im New York der zwanziger Jahre. Reggaegrößen wie Max Romeo, The Abyssianians, die Count Ossie Drummers oder Miss Audrey Whyte Lewis geben dem Film ihre Stimme. Sie lassen uns an einem faszinierenden, tragischen, von Mut und Revolutionsdurst geprägten Leben teilhaben.

Regie: Hélène Lee; Kamera und Ko-Regie: Christophe Farnarier; Schnitt: Nini Ranaivoarivony; Ton: Fred Gremeaux and Jean-Christophe Caron; Archive: Catherine Jivora; Producer: Alexandre Perrier; Koproduzent: Percy Yip Tong (Ile Maurice)
Kinostart: 26.04.2012

Montag, 1. April 2013

Am Samstag im Nationaltheater Mannheim: WOYZECK Robert Wilson/Tom Waits/Kathleen Brennan, nach Georg Büchner

Woyzeck
Robert Wilson/Tom Waits/Kathleen Brennan, nach Georg Büchner
Premiere am 6. April, 19.30 Uhr, Schauspielhaus

Am 18. November 2000 feierte das von Robert Wilson so genannte »art musical« seine Uraufführung am Betty Nansen Theater in Kopenhagen. Tom Waits’ Songs eröffnen Büchners Text eine weitere Ebene. Die Musik erzählt auf ihre eigene, intuitive Weise von den Wünschen, Sehnsüchten, Ängsten und Qualen, die in den Figuren toben. Der Regisseur Georg Schmiedleitner inszenierte in Mannheim zuletzt Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare.

Der Soldat Woyzeck liebt Marie. Neben seinem Dienst beim Hauptmann verpflichtet er sich beim Doktor zu medizinischen Experimenten. So schindet er sich, um seiner Familie ein Auskommen zu sichern. Doch Marie trifft den Tambourmajor und lässt sich von ihm und den Reizen eines angenehmen Lebens verführen. Es kommt schließlich zur Katastrophe: Woyzeck ersticht vor Eifersucht rasend seine geliebte Marie.

Inszenierung: Georg Schmiedleitner - Bühne und Kostüme: Florian Parbs - Musikalische Leitung: Joe Völker – Dramaturgie: Ingoh Brux

mit Ragna Pitoll, Dascha Trautwein; Thorsten Danner, Ralf Dittrich, Michael Fuchs, Reinhard Mahlberg, Peter Pearce, Sascha Tuxhorn u. a.