Die am 7. Juni 1905 in Dresden gegründete Künstlergruppe "Die Brücke" bestand zunächst aus Fritz Bleyl, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff. Im Zuge der modernistischen Strömungen entwickelte sich in Dresden-Hellerau ab 1900 ein Avantgardismus, der später nicht nur in impressionistische Wege, in die "Brücke", sondern unter anderem auch in die Bauhauskultur mündete. Der "Neue Mensch" im anbrechenden "Jahrhundert der Extreme" wollte gestaltet und eingefangen sein. Architektur und Ausdruckstanz, Freikörperkultur und Jugendbewegung waren nebeneinander angesiedelt. Die Mitglieder der Brücke fanden sich zunächst paarweise zusammen und kooperierten, bevor sie sich in Dresden trafen und als Gruppe konstituierten. Kirchner und Bleyl wirkten in Dresden, Heckel und Schmidt-Rottluff, Kunst- und Literaturliebhaber (Ibsen, Strindberg, Dostojewski), in Chemnitz. Dem Quartett gesellten sich später voller Sendungsbewusstsein Otto Mueller, Emil Nolde und Max Pechstein hinzu. Die Bezeichnung entnahmen sie einem Werk von Friedrich Nietzsche:
"... was groß ist am Menschen, das ist, dass er eine Brücke und kein Zweck ist; was geliebt werden kann am Menschen, das ist, dass er ein Übergang und ein Untergang ist."
Friedrich Nietzsche, "Also sprach Zarathustra"
Die Expressionisten wurden wegen ihrer progressiven Farbgebung und Gestaltung als die deutschen "Wilden" ("Les Fauves") bezeichnet und stehen für die Geburt des Expressionismus. Sie kollidierten mit allen tradierten Werten und Normen, vor allem mit der Kunstvereinigung Berliner Secession, die ihre Bilder weder ausstellte noch bewarb. All die hehren Ideal zerschellten wie so oft auch heute noch an den unerbittlichen Realitäten einer Gesellschaft, die Menschen ohne Arbeit bzw. Einkommen oder Geld mit obendrein abweichenden Normen komplett stiefmütterlich behandelt oder ignoriert. Auch die Mitglieder der Brücke. Der harte Alltag in Berlin, wo sie später wirkten, zerschlug die Gruppierung bereits 1913. Der erste Weltkrieg trat ebenfalls dazwischen und Ernst-Ludwig Kirchner blickte nach dem Krieg drogenabhängig und schwer nervengeschädigt wehmütig zurück. Siehe auch
Karl Schmidt-Rottluff in Saarbrücken oder
Gesamtkunstwerk Expressionismus.
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Ulrike Lorenz
Brücke
Köln 2008, Klappenbroschur, 96 Seiten
7,99 €, Taschen Verlag
"Der Rhythmus, das Rauschen der Farben, das ist das, was mich immer bannt und beschäftigt."
Karl Schmidt-Rottluff, 1907
In einem preiswerten und sehr gelungenen Bändchen mit 96 Seiten, von Norbert Wolf, Professor für Kunstgeschichte, herausgegeben, stellt Ulrike Lorenz "Die Brücke" in einer sehr ansprechenden Einleitung vor und präsentiert uns dann spannend und detailreich 35 Einzelbilder der Brückekünstler.
Beim Durchblättern fällt unter anderem auf von Emil Nolde das Porträt von Schmidt-Rottluff, mit kräftigen Farben, dichtem Pinselstrich und scharfen Konturen. Die "Lesende (Else Laske-Schüler)" von Karl Schmidt-Rottluff in picassohaften und geometrisch-kubischen Ausgestaltungen und ganz häufig Kirchner mit "Cirkus (Zirkusreiterin)" und vielen Szenen aus dem Berliner Stadtleben. Positiv am Rande auch die experimentelle Schrift, leicht negativ der etwas zu kleine Schriftgrad des Grundtextes, leider ein Reihenmerkmal dieser Bände.
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Norbert Wolf
Expressionismus
Köln 2004, Klappenbroschur, 96 Seiten
7,99 €, Taschen Verlag
"Arbeiten! Rausch! Gehirn zerschmettern! Kauen, fressen, schlingen, zerwühlen! Wonnevolle Schmerzen des Gebärens! Krachen des Pinsels, am liebsten Durchstoßen der Leinwände. Zertrampeln der Farbtuben ..."
Max Pechstein, 1920
Der Autor, Professor für Kunstgeschichte, hat die Geschichte der "Brücke" in den Expressionismus eingebettet und der zweiten wichtigen Künstlergruppe dieser Zeit "Der Blaue Reiter" an die Seite gestellt. In einer lehrreichen Gesamtschau dieser Zeit lernt der Leser sie wieder oder neu kennen und hat bei 33 Einzelbetrachtungen Gelegenheit, noch mehr über die Zusammenhänge und Maler zu erfahren. Eine sehr imposante und beeindruckende Zusammenstellung von Meisterwerken z.B. Corinths, Dix', Kandinskys, Kokoschkas und eher seltene wie Ludwig Meidners "Apokalyptische Stadt". Der Buchaufbau, das Layout, die Schrift ist wie bei dem Band zuvor.
Die Gruppe ging eigentlich aus der viel früher entstandenen, von Wassily Kandinsky und seiner Lebensgefährtin Gabriel Münter gegründeten "Neue Künstlervereinigung München" hervor. Die beiden wirkten in Murnau, in einem völlig ländlichen oberbayrischen Milieu und experimentierten mit traditioneller Volkskunst und Hinterglasmalerei. In dieser Vereinigung sammelten sich allmählich Literaten, Musiker, Maler, Tänzer, Kunsthistoriker und versuchten die "Synthese aller künstlerischen Ideale im sublimierenden Schmelztiegel des Geistigen" oder anders gesagt die Deformation und Abstraktion des Bisherigen, um Neues zu schaffen. In einer Ausstellung und einem begleitenden Almanach 1911/1912 bei Piper München herausgekommen, tauchte der Name das erste Mal in der Öffentlichkeit auf. Unter ihm fanden bis 1914 Ausstellungen statt, bei denen sich ganz unterschiedliche Künstler wie Franz Marc, Alexej von Jawlensky; August Macke, Heinrich Campendonk, Delaunay, Paul Klee und der Musiker Arnold Schönberg versammelten, um nur einige zu nennen. Die Epoche des Expressionismus verlief sehr gespalten, 1918 wurde er totgesagt, der Dadaismus agierte gegen den Expressionismus, 1919 erschein ein weiteres Manifest des Expressionismus und 1924 schlossen sich Lyonel Feininger, Kandinsky, Klee und Jawlensky zur Gruppe der "Blauen Vier" zusammen. Der Expressionismus beschäftigt bis in die Jetztzeit die Kunsthistoriker und Liebhaber, einschließlich seiner Gegner und deren Verbot im sog. Dritten Reich.
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