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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Mittwoch, 30. Oktober 2013

Dichterhain: normal null 47 von Hermann Mensing


normal null 47


sie waren gut angezogen
machten vorschläge
und hatten ideen
langsam wurde mir klar
dass ich jede von ihnen kannte
mit offenen augen
war ich auf sie hereingefallen
und hatte mich kaum geschämt
ich wusste
dass sie da sind
um auf sie hereinzufallen
und niemand sich schämen muss
sie sind so geboren
das ist ihr job
man fällt auf sie herein
oder nicht
und ganz gleich
wie es ausgeht
man zahlt
deshalb dachte ich
ist es gleich wie es kommt
es ist ein höllenspaß
auf neue hereinzufallen
die uralt sind
es ist absurd
sich dabei zuzusehen
aber ich werde es tun
auf jeden fall werde ich's machen
das bringt mich in teufels küche
da ist es warm
und versengt mir die eier

(c) Hermann Mensing

Sonntag, 4. August 2013

Dichterhain: SOMMER 2005 (gilt auch für 2013) von Hermann Mensing



Sommer 2005 (gilt auch für 2013)

Man fröstelt gern
man liebt den Sommer grau
man fühlt in wärm
eren Gefilden sowieso sich mau.

Man hat ja Heizung
und man hat ein Bett
hat Unterhaltung
und die Ehefrau ist nett.

Man trinkt gern Grog
der wärmt und würzt den Sommer
man ist kein Frog
schon gar kein frommer

Heilsverkünder oder Wettergott
man liebt doch Nieselregen, liebt den flot
ten frischen Wind bei dreizehn Grad
belächelt den, der Hitze hat.

Man weiß doch, was ein Hitzekoller kann
man hat gesehn, wie sowas endet
darum ist Kälte dann und wann
viel besser, weil sie Wärme spendet.

(c) Hermann Mensing

Mittwoch, 10. Juli 2013

Dichterhain: GEDICHT FÜR DIE BRAUT von Hermann Mensing


Gedicht für die Braut
Sei in jedem Falle
meine feuchte Haut
sei die Bärenfalle
meine junge Braut.
Sei der Träger meiner Hose
bleibe fest verzinkt bei mir
sei die Hand an meiner Dose
trinke mich wie Bier.
Sei mein keifender Idiot
treibe mich mit Schlägen
schlage mich mit Küssen tot
niste mir im Brägen.
Sei du meine Güte
sei mein harter Kern
fresse mich mit Tüte
denn das hab ich gern.
Sei mein Firlefanz du
mit dem kleinen Arsch
eines Tages tanzt du
tief in dir, mein Barsch.
Sei, ich bitt, mein Hölzchen
vor der Tür die Brunft
schenke dir mein Stelzchen
's ist von harter Zunft.
Bitte leg nie Lack auf
bleib die spröde Haut

sinke nie in Schweigen
denn ich lieb dich laut.

(c) Hermann Mensing

Samstag, 8. Juni 2013

Dichterhain: NORMALNULL 248 von Hermann Mensing

normalnull 278

letztens noch im stoßverkehr,
heut' mit krummem kreuze ächzend, 

schwere schmerzen und nun sehr
nach erlösung lechzend.

hexen aber, wie man weiß,
schießen und verweilen,
ihre schüsse brennen heiß,
langsam jetzt, nicht eilen.

besser liegen, lesen, essen,
später dann ein heißes bad,
sex und rock n' roll vergessen,
dieses wochenend wird fad. 



(c) Hermann Mensing

Freitag, 10. Mai 2013

Dichterhain: normal null 100 von Hermann Mensing


normal null 100


der wasserhahn 
hatte lang in der wüste gelebt
er kannte sich nicht aus
in einem Land 
in dem jeder sich dreimal am tag duscht
und hatte noch nie gehört
dass beim duschen romane geschrieben wurden
aber vom durst wusste er einiges 
und so riet der dem begabten jungen 
zu großen tassen und einwegflaschen
zu rasensprengern und regenbögen
daraus sagte er 
ließe sich doch was machen 
was meinst du 
installiere eine fontäne 
das beruhigt 
wir könnten sie illuminieren 
dann hättest du muße 
das plätschern regt an schläfert ein je nachdem 
und romane schrieben sich dann wie von selbst

der junge blieb skeptisch 

er hatte zehn finger 
und jeder hatte eine andere idee
jeder fiel jedem ins wort
so dass schließlich die radikalste lösung erlösung brachte
er hackte sie ab
engagierte eine schreibkraft
die sehr begabt war und sprach nicht mit ihr
er schwieg so lange 
bis die schreibkraft beschloss 
selbst aufzuschreiben 
was sie mit dem durstigen jungen erlebte
und nannte das einen roman

(c) Hermann Mensing

Freitag, 12. April 2013

Dichterhain: NORMAL NULL 70 von Hermann Mensing

normal null 70


das bett
schaukelte auf see
piraten und ich
mit der hacke am bug
und dem brüllen im mund
vor uns ein sofa
wir enterten
und erschlugen
eheleute vorm flachbildschirm
katzenliebhaber
wellensittichvoyeure
liebster schatz rufer
machsdochvonhinten lügner
lehman geschädigte
und alle die glaubten
gott existiert
und bluthunde
in vorgärten scheißen lassen
junge frauen mit silicion
und abwrackprämiennutznießer
es flossen blut wein und tränen
danach war die luft rein
unser bett wurde neu bezogen
der kreiselkompass spielte verrückt
wir kollidierten mit buckelwalen
die sagten da vorne links
und dann geradeaus
tötet den papst und zieht alle stöpsel
dann fällt die welt trocken
und dann soll sie mal sehen

(c) Hermann Mensing

Montag, 18. März 2013

Dichterhain: NORMAL NULL 55 von Hermann Mensing




normal null 55

was ich denke
hab ich vergessen
was ich vergesse
vergesse ich gern
und denk es nochmal
das macht sinn
ich traue mich kaum
weiter zu denken
lieber leg ich mir zügel an
aber ich wiehere schon
und
komme
aus dem staunen nicht raus


(c) Hermann Mensing

Dienstag, 5. März 2013

Die beliebtesten Gedichte der Woche 8 / 2013

Das beliebteste Gedicht war Ankes Fundstück im Klassikerfundus, danach gebürt der Rang 1 bei den lebenden Jetztzeit-Dichtern Hermann Mensing und seiner dargestellten Wertlosigkeit der Dichter im krassen Geldgierbetrieb der Gesellschaft heute, Platz 2 Thomas Reich für sein extremes Beispiel von postmoderner Ich-Auflösung im Schattenreich der Sinne und Platz 3 Ute AnneMarie Schuster für ihre Fantasie zur Nacht.


0     Ankes Fundstücke: Franz Grillparzer  
1    Dichterhain: normal null 90 von Hermann Mensing oder Dichter meets
         
Fleischtüte  
   Dichterhain: SHIFTING von Thomas Reich  
3    Fantasien zur Nacht: LEIBCHEN UND MIEDER von Ute AnneMarie Schuster

Dienstag, 19. Februar 2013

Dichterhain: normal null 90 von Hermann Mensing oder Dichter meets Fleischtüte

Hermann Mensing

normal null 90 (das Gedicht vertont)
                                                                       
eine tüte vom fleischer
kam mir entgegen
sie war gut gelaunt
grüßte und ich grüßte zurück
fragte nach woher und wohin
und sie sagte
das sei nicht von belang
sie sei unterwegs
das genüge vollauf
wer mehr erwarte
erwarte zuviel
aha sagte ich
ich hätte aber doch eine frage
ich bin auf der suche nach einem job
ich könnte dieses und jenes
sie sind doch im dienstleistungsgewerbe
gäb's da nicht was
ach wissen sie sagte sie
als tüte verdient man ja nicht sehr viel
und sie als dichter
sie können doch nichts
vielleicht wäre es besser
sie schössen sich tot
ach das mit dem totschießen
hat auch kaum perspektiven sagte ich
da haben sie recht sagte sie
also nahm ich sie
knüllte sie zusammen
und warf sie in den müll


 (c) Hermann Mensing



Dichter auf der Straße, so viel wert wie eine Fleischertüte?


Samstag, 19. Januar 2013

Dichterhain: NORMAL NULL 81 von Hermann Mensing






Leihgabe von Ralph-Steffen Friedlein



normal null 81

machen sie lärm
sagte die frau 
vergeben sie sich 
sie treiben sonst ab
nehmen sie keine rücksicht 
ich bin gar nicht da

gut sagte ich 
streckte ihr meine hand entgegen
damit sie die bassdrum 
gefahrlos verlassen konnte
doch sie flog lächelnd davon 
und ich dachte 
mein engel


(c) Hermann Mensing, Münster (Wf.)

Sonntag, 30. Dezember 2012

Die beliebtesten Gedichte der Woche 51

In der vorletzten Woche des Jahres gefiel den Besuchern besonders

1     Dichterhain: GENOSSE VATER von Carmen Olivar

2   Dichterhain: ISCHÄMISCHE ENDSTRECKENVERÄNDERUNG von Hermann 
        Mensing


3    Fantasien zur Nacht: TRÄNEN DER GLÜCKSELIGKEIT von Amrah   






Mittwoch, 21. November 2012

Dichterhain: NORMAL NULL 19 von Hermann Mensing

normal null 19

es war dreizehnmal
ausgepackt eingepackt 
und wieder fortgeschickt worden
eh es zu mir kam
ich war neugierig 
ich wäre selig gewesen 
wenn ich's hätte auspacken dürfen
es weihnachtet schließlich 
da packt jeder gern aus
noch dazu wenn's so schön eingepackt ist

es ist nicht für dich 
jemand hat nicht aufgepasst
dachte ich
du musst es zurückgeben
doch dann sprach es
pack mich aus pack mich nicht aus
sagte es und da war ich verwirrt
als finderlohn 
könnte ich dachte ich
löste die schleife
und schaute hinein 
es war eine frau drin
eine frau und alles war dran
ich zupfte hier und da 
und dann
sah ich das schild
nur für ... 
stand darauf
da schnürte ich's wieder ein 
und brachte es zur post

jetzt ärgert es mich
dass ich's nicht ausgepackt habe
und für mich behielt
meinetwegen nur für ein paar minuten
aber ich bin ein ehrlicher mensch
und bestimmt kommt bald eins
das ich behalten darf


(c) Hermann Mensing, Münster (Westfalen)

Montag, 19. November 2012

Dichterhain: SCHNITT DURCH SILBERNEN NEBEL von Hermann Mensing



schnitt durch silbernen nebel 

legte mond auf eis
hockte mich in den schnee
bodenfrost kroch mich an 
schlaf mich ein 
dachte ich
da begann ein vogel zu singen
ich bin eine nachtigall sagte er 
und kraft meines amtes 
muss ich dir sagen 
dass du 
ganz gleich 
was geschehen ist
leben wirst 
wirst schon sehen 
wie fragte ich 
wie auch immer sagte er 
immer und alles 
von anfang bis ende 
aha sagte ich 
rieb mir frost aus den händen 
und schickte eine sms 
daumen tanzten über die tasten 
immer und alles 
und alles und immer 
so lange es geht 
wie dumm es auch sein mag
siehst du sagte die nachtigall
ja ja sagte ich 
ich hatte vergessen 
gut sagte die nachtigall 
gab mir eine karte und flog davon
ich hielt die karte ins mondlicht 
ihr name stand drauf 
und ich wusste jetzt wieder
dass alles kommt wie es kommt


(c) Hermann Mensing

Montag, 22. Oktober 2012

Die Gedichte-Hitparade der Woche 42

In der letzten Woche haben sich die Besucher besonders stark interessiert für:

1  Dichterhain: DIE WITWE AUS AFGHANISTAN von Shekir Pavo
2  Dichterhain: ABSCHIED IV von Stefan Vieregg
                           GEWITTER von Hermann Mensing

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Dichterhain: BERECHTIGTE ZWEIFEL EINES DICHTERS NACH EINER NACHT MIT GEWITTER von Hermann Mensing


Berechtigte Zweifel eines Dichters nach einer Nacht mit Gewitter



Wär' es klug, in Wattenscheid zu siegen
oder will ich lieber in Berlin Bananen biegen
reicht es, wenn ich nirgendwo gewinne
wär' es besser, wenn ich in New York von vorn beginne
ist ein kleines Leben hier erstrebenswert
oder wär es klüger, wenn man anderswohin fährt
sollt ich nicht in meinem Alter Segel streichen
statt mit andren früh verprellten Leichen
immer noch den Dichter zu bemühen
wär's nicht schöner, langsam zu verblühen
wär Bescheidenheit nicht besser
liefert mich nicht jeder neue Satz ans Messer
wär's nicht ehrenvoller, still ins Loch zu fahren
statt mit all den andren Narren
jeden Tag aufs Neu den Tanz zu wagen
virtuos in allen unbekannten Lagen
noch 'nen Satz ins All zu schleudern
und mich weiter zu vergeudern?

Hätte wäre tute täte
leckt mich an der Mäte....


(c) Hermann Mensing, Münster

Freitag, 17. August 2012

Dichterhain: NORMAL NULL 234 von Hermann Mensing











 normal null 234

die erde hat den tag fast abgelegt,
die sonne hängt handbreit hoch überm horizont,
herr mensing wird zuweilen noch von trauer weggefegt,
dann wieder unverschämt besonnt.

für'n abend hat er sich was ausgedacht,
da steht das sofa, da ist ein roman,
er wartet, hat ihn angelacht,
herr mensing legt sich und geht's an.

verschwindet erst das licht, wird alles mild,
und die gedanken haben raum,
er hebt sich heute auf sein schild,
ganz stumm und glaubt es kaum.

zur nacht wird dann sein schwebebalken
ihn sicher in die träume führen,
wird ihn in festen händen halten,
kein nachtmahr kann ihn noch berühren.

Mittwoch, 18. Juli 2012

Dichterhain: MEMORIAM KLABUND von Hermann Mensing











memoriam klabund 
 
die großen tanzen
kleine fische schnappen
den ganzen tag in der fabrik nur ohren stanzen
den rest des tages in die aktentasche packen.

am abend sind die großen ausgeflogen
die kleinen machen müde eine flasche leer
sie haben ihre frauen lang nicht ausgezogen
von liebe redet keiner mehr.

zum ruhigen schlaf will man die kleinen überreden
derweil die großen gold aus sümpfen ziehn
am nächsten morgen wieder sollen kleine alles geben
für dicke schwätzer, die in konferenzen fliehn.

zu aller überraschung sagt zu mittag
der ohrenstanzer jetzt ist schluss damit
hebelt die stanze mit dem eisen dass es splittert
fährt ruhig nach haus und geht ins bett.

er will nur alle tage liegen
und seiner frau die flötentöne singen
er will sich nicht mehr dusslig biegen
kein schwein kann ihn mehr zwingen.

fortan lebt er von dies und das
und wundert sich bescheiden
dass alle dicken schwätzer blass
beflissen sich vor ihm verneigen.

bezweifle jemand die moral
und sage arbeit mache frei
dem singe ich von spitzer qual
und tageseinerlei.  

(c) Hermann Mensing, Münster, http://hermann-mensing.de/

Freitag, 22. Juni 2012

Dichterhain: NORMAL NULL 10 von Hermann Mensing


normal null 10 

hände hoch
ausziehen
hinlegen
sagt der inspektor für lebensfragen
sie sind angeklagt
wie
fragt man
und zieht unbemerkt
ein manuskript aus der tasche
einen kontoauszug
und einen kaufvertrag
für ein auto mit bad

der inspektor wirft einen blick
aber der verliert sich im staubsauger
mit dem der mann hantierte
eh der inspektor kam
und nun weiß er nicht weiter
aber ich habe doch sagt er
schon möglich sagt der mann
der am boden liegt
aber sie hätten und das haben sie nicht

scheiße sagt der inspektor
sehen sie sagt der mann
vielleicht einen kaffee auf den schreck
der inspektor errötet
im dienst sagt er dürfe er nicht
ach kommen sie
sagt der mann
hat ja keiner gesehen


(c) Hermann Mensing, Münster (hermann-mensing.de) 

Donnerstag, 17. Mai 2012

Dichterhain: NORMAL NULL 2 von Hermann Mensing


normal null 2


da steht sie
ich erkenne sie kaum
ach hallo sage ich
und sie sagt ach hallo
komm doch mal wieder vorbei
und besuch uns

oh ich käme schon gern
aber weiß nicht recht
wie herum links oder rechts
durch die mitte ich weiß nicht
zack hält ein bus
sie muss einsteigen
fährt

ich besuche sie nicht
was soll ich sagen
dass es mir gut geht oder
dass es den kindern gut geht
oder dass es langsam besser geht

nein, ich fahr da nicht hin
die hocken in ihrer getackerten hütte
schauen nicht raus kiffen
und gar nichts bewegt sich
nicht mal die gardinen

nein ich will das nicht sehen
ich will nur noch spiegel zerschlagen
und kopfsprünge springen
viel zu lange habe ich still gehalten
und die decken
die mir jetzt auf den kopf fallen
wärmen sogar 


(c) Hermann Mensing / www.hermann-mensing.de

Samstag, 28. April 2012

Dichterhain: SONETT von Hermann Mensing

sonett

es muss an einem kühlen montag doch
ein vers aus nichts zu schmieden sein,
versatzstücke, die sonst allein, 
sich paaren unter meinem joch. 

es sollte doch, trotz hagelschlag, 
ein hauch von frühling möglich werden, 
ein lied, das uns'rer existenz auf erden, 
ein wenig glanz verleiht für diesen tag.

sei nett, ruft es, schreib ein sonett
nichts leichter, sieh, da kommt es schon,
ergreift besitz, steigt majestätisch auf den thron.

grüßt alle, die das leben schätzen,
schenkt wein aus und gibt allen frei,
damit das leben eine freude sei.





(c) Hermann Mensing, Münster