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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Freitag, 27. Dezember 2013

Heute Abend in Karlsruhe: Gut gegen Nordwind nach dem Roman von Daniel Glattauer




Gut gegen Nordwind
nach dem Roman von Daniel Glattauer

27. Dezember 2013, 20 Uhr
Ort: K 2, Kreuzstraße 29, Zweite Spielstätte des Kammertheaters Karlsruhe

Kartenverkauf:
Kasse/Karten: 07 21 / 2 31 11
Im Internet unter: ReserviX.

Ein falscher Buchstabe in der Adresse lässt Emmis E-Mail irrtümlich bei Leo landen. Aus Höflichkeit antwortet er ihr. Zunächst ist es nur eine nette Plauderei zwischen den beiden, doch schon bald beginnt es in der Leitung zu knistern. Leo wird süchtig nach Emmis lieben schriftlichen Lebenszeichen, ihren Berichten über die kleinen Tageshighlights und die mittleren Katastrophen. Und Emmi? Warum antwortet sie immer und immer wieder auf die E-Mails eines völlig fremden Mannes? Leos Zeilen tun ihr einfach verdammt gut und sie sind gut gegen den Nordwind, der sie nicht schlafen lässt, wenn er weht.

Die zwei pflegen so lange diese ungewöhnliche Freundschaft auf dem Daten-Highway, bis sich einer verknallt. Können sich Emmi und Leo ernsthaft ineinander verlieben, obwohl sie sich noch nie begegnet sind? Beide wissen, dass ihre Beziehung, oder was auch immer da zwischen ihnen herrscht, nur eine Chance hat, wenn es bald zu dem heiß ersehnten und zugleich so gefürchteten Treffen kommt.

Daniel Glattauers Roman "Gut gegen Nordwind" hat zunächst die Bestsellerlisten erobert und nun auch die Theaterbühnen. Die Liebesgeschichte zwischen Emmi und Leo ist mal zärtlich, mal schnodderig und in manchen Momenten unendlich traurig - doch vor allen Dingen unglaublich komisch.

Mit: Ralf Bauer und Ann-Cathrin Sudhoff
Inszenierung: Karsten von Engelhardt




Dienstag, 3. Dezember 2013

Roman: BABYLONS LETZTER WÄCHTER von Thomas Reich

Ausschnitt aus "Babylons letzter Wächter"


Als ich aufwachte, fand ich mich in einem weißen Raum ohne Fenster wieder. Ich wusste nicht, wie ich hierher gekommen war, noch meinen Namen. Mein Gedächtnis war so leer wie dieser Raum. Ich schlug die Bettdecke zur Seite und versuchte, die Dimensionen meiner Heimstatt zu untersuchen. Neben dem bereits erwähnten Bett besaß ich einen Stuhl, einen Tisch, und einen Kleiderschrank. Weiß lackiert. Im Schrank hingen weiße Hosen aus derbem Baumwollstoff, sowie dazu passende Hemden. In der Schublade fand ich weiße Socken und Unterhosen.
Ich begann die Wände abzuschreiten. Ich schätzte die Weite meiner Schritte und kam auf ein ungefähres Raummaß von fünf mal fünf Metern. Ein Zollstock hätte mir das bestätigt, was ich insgeheim schon wusste: Der Raum war absolut quadratisch. Ich fand zwei Türen, von der die eine nur durch die dünne Linie, die die glatte Wand unterbrach, zu erkennen war. Sie hatte keinen Griff. Zu ihrer Rechten hing ein kleiner Kasten an der Wand, der eine milchige Platte in der Mitte trug. Als ich neugierig mit der Hand darüber fuhr, ging ein trübes Leuchten durch das Glas.
„Fingerabdruck  nicht erkannt. Zugang verweigert.“
Was aber auch hieß, dass der richtige Fingerabdruck nach draußen führte. Und dass der Kasten anderen Menschen diente. Ich war nicht alleine. Ich suchte mit den Augen die Decke ab, und fand auch Zeichen für sie. Eine Kamera, die sich mit meinen Bewegungen drehte. An ihrem Schaft blinkte ein rotes Lämpchen. Möglicherweise ein Modell mit Bewegungssensor.
Die andere Tür hatte einen normalen Griff. Als ich ihn drückte, wurde ich enttäuscht. Kein Tor zur Freiheit, sondern mein Badezimmer. Auf der Ablage über dem Waschbecken standen neutrale weiße Plastikflaschen. Keine Werbebildchen, kein Firmenaufdruck. Auf einer stand Shampoo. Auf der anderen Duschgel. Eine Plastiktube mit der Aufschrift Zahnpasta. Ich öffnete den Verschluss, quetschte einen kleinen weißen Klecks heraus und leckte vorsichtig daran. Es schmeckte nach Minze. Schien alles ganz normal zu sein.
Wer war ich? Der Blick in den Badezimmerspiegel zeigte mir einen Mann von vielleicht fünfzig Jahren mit graumeliertem langem Haar. Buschige Augenbrauen. Hakennase. Volle Lippen. Wie im Traum berührte ich meine Wange, befühlte ihre bartstoppelige Oberfläche. Der Mann im Spiegel tat es mir gleich. Ich sah einem völlig Fremden in die Augen. Von mir aus hätte ich alles sein können. Ein Banker, ein Straßenpenner, ein Politiker, ein Müllmann. Das Gesicht eine leere Fläche tausender Lebensentwürfe und Möglichkeiten. War es denn wirklich wichtig, wer ich war? Oder sollte ich nicht die Möglichkeit nutzen, der zu sein, der ich immer sein wollte? Würde ich bei dem Versuch nicht wieder zu dem werden, der ich einst war?

*

Stundenlang starrte ich auf die weiße Wand in der Hoffnung, Formen und Muster zu sehen. Teile meiner Erinnerung. Doch die Wand blieb weiß. Sie schien mich zu verspotten.
Die Tür ohne Griff öffnete sich. Ich drehte mich um, um meinen ersten Besuch zu empfangen. Zwei Krankenschwestern traten ein, ohne ein Wort an mich zu richten. Sie nickten mir kurz zu, und machten sich dann an ihre Arbeit. Die eine wechselte mein Bettlaken, die andere stellte ein Tablett mit Essen auf dem kleinen Tisch ab. Ein neutrales weißes Plastiktablett. In Folie eingeschweißtes Einweggeschirr aus Plastik. Eine Plastikflasche, die eine durchsichtige Flüssigkeit enthielt.
„Wo bin ich hier?“
Schweigen.
„Warum werde ich eingesperrt?“
Schweigen.
„Wollt ihr nicht mit mir reden?“
Sie wollten nicht. Verrichteten monoton ihre Arbeit. Wahrscheinlich fragte ich die Falschen. Sie waren nur Handlanger, die nicht mehr wussten, als man ihnen sagte. Oder Nonnen, die ein Schweigegelübde abgelegt hatten. Konnte das des Rätsels Lösung sein? Ich war in einem Kloster, wurde gesund gepflegt. Nonnen umschwirrten mich und lasen mir jeden Wunsch von den Augen ab. Bald würde ich genesen sein.
Jede Hoffnung war mir recht und billig. Weinend verzehrte ich mein Abendessen. Mein Talent zur Selbsttäuschung war nicht so ausgeprägt, wie ich gedacht hatte. Kaum hatte ich den letzten Bissen zerkaut, da überfiel mich eine bleierne Müdigkeit. Ich fiel vom Stuhl, die Welt legte eine Dreivierteldrehung hin. Mein Sichtfeld verwandelte sich in ein sinkendes Schiff. Passagiere rutschten das Achterdeck hinunter in die tosende See. Mit letzten Kräften zog ich mich an meinem Bett hoch und legte mich schlafen.

*

Ich durfte dem Essen hier drin nicht trauen. Irgendwas mischten die mir rein, was mir die Füße wegzog. Das Denken fiel schwerer. Auch nach dem Aufstehen fühlte ich mich wie schwer verkatert. Es zerrte an meinen körperlichen Kräften. Genau das wollten sie doch. Warum gerade ich? Warum war ich so wichtig? Ich erinnerte mich nicht an mich. Nachts träumte ich von der Stadt (oder träumte die Stadt mich?). Ich schloss die Augen und sah ihre kleinen Leben. Nicht einmal meine Träume waren meine eigenen. Ich hatte keine Erinnerungen und keine Träume. Alles hatten sie mir genommen. Nacht für Nacht vergewaltigten sie mich, missbrauchten meinen Schädel für ihre gemeinen Leben und Lügen. Soviel Bosheit. Ich war nicht ihr Messias. Der ihnen alle ihre Leiden abnahm. So nicht, meine Lieben, so nicht. Lasst mich in Ruhe, hört ihr mich?

*

Die Neonsonne ging auf, ein neuer Tag begann. Ich erwachte. Der künstliche Rhythmus war mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. Ich erwischte mich selbst dabei, wie ich an manchen Tagen im Dunkeln aufwachte, und wenige Sekunden später das Licht anging. Mein Körper hatte sich daran gewöhnt. Genauso wie ich müde wurde, wenn das Licht erlosch. Sie simulierten mir sogar eine Abenddämmerung, wahrscheinlich mit Hilfe eines Dimmers und einer Zeitschaltuhr. Aber konnte ich denn überhaupt den Tagen trauen? Waren sie immer gleich lang? Ich besaß keine Uhr. Wenn sie mir die Nacht für den Tag vormachen würden und den Tag für die Nacht, ich würde es noch nicht einmal bemerken. Im Mittelalter glaubten die Menschen, die Welt wäre eine Scheibe, weil genau das ihrer Wahrnehmung entsprach. Ich besaß keine Beweise, dass sie mich in dieser Form manipulierten. Von Menschen, die einen einsperrten, sollte man stets das Schlechteste annehmen.
Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken. Meine ersten Vermutungen, ich könnte ein Niemand von der Straße sein, verwarf ich mittlerweile. Ich musste eine gewisse Rolle spielen. Wusste ich zuviel? Lachhaft. Ich wusste ja nicht mal, wer ich selbst war. Wer war ich also?!
Ein Unruhestifter. Ein Terrorist. Das fehlende Bindeglied zur Geheimformel. Ein menschlicher Code, der Schlüssel zu… denk nicht dran. Oh ja, wie schön es wäre, den Schlüssel zu haben, um aus diesem Gefängnis auszubrechen. Sei still! Schüre dein armes Gehirn nicht mit der Glut der Hoffnung. Erforsche deine Umgebung. Am Ende verraten sie sich vielleicht selbst.

*

Ein normaler Mensch legte sich nach einem Alptraum wieder schlafen, während ich nicht zur Ruhe kommen konnte. Denn diese Alpträume waren real, sie passierten auf Babylons Straßen, jeden Tag. Und wenn für mich der Alptraum beendet war, ging er für sie erst los. Ich wusste, dass ich nur die Spitze des Eisbergs zu Gesicht bekam. Dass Lügen, Intrigen und Niedertracht keinen Schlaf kannten.
Meine Haut juckte und spannte. Ihre Geschichten zerrten an mir. Die Grenzen zwischen Traum und Realität, die für mich ohnehin dünner waren, platzten auf wie faules Fleisch. Ich bekam nässende Wunden. Die Schwestern rieben sie regelmäßig mit einer antiseptischen Salbe ein, doch es wollte sich kein dauerhafter Behandlungserfolg einstellen.

*

Die verfluchten weißen Wände. Der verfluchte weiße Boden. Die verfluchten weißen Laken. Damit wollten sie mich kaputtmachen. Ohne äußere Reizeinflüsse traten irgendwann Weisheit und Visionen auf. Oder man wurde vom Wahnsinn innerlich zerfressen. Sie wussten das. Sonst hätten sie mich nicht hier eingesperrt. Was also planten sie? Wenn sie sich irgendwelche Erkenntnisse von mir erhofften, dann sah es gut aus für meine Überlebenschancen. Wenn nicht, dann war ich einer ganz perfiden Form der Folter ausgesetzt. Sie wollten, dass ich den Verstand verlor. Die Vorstellung, dass sie sich an Bildschirmen labten wie Forscher an einer dummen Maus, die den Weg aus dem Labyrinth nicht heraus fand und kläglich verreckte. Bei derzeitigem Stand konnte ich nicht wissen, ob mein Leid ein öffentliches war oder nicht. Vielleicht lief ich als dreiundzwanzigste Staffel von Big brother im Kabelfernsehen? Oder wurde im Internet live übertragen?
Es gab nichts zu tun. Ich machte täglich Liegestütze, damit ich nicht an Kraft verlor. Wer rastet, der rostet. Sonst würde ich mich in diesem dämlichen Bett noch wund liegen. Ich war ja kein Kranker. Ich wurde zu einem gemacht. Oder völlig verblöden. Sich von der Langeweile unterkriegen lassen. Sinnentleert, schlimmer als in jedem westlichen Gefängnis. Kein Hofgang, keine Post von Angehörigen. Manchmal erfand ich Zahlenspiele. Ging in meinem Kopf logische Reihen durch. Wenn es gar nicht mehr ging, sah ich auf meine Hände. Ihre rosa Beschaffenheit. Eine Farbe in dieser leeren Zelle. Zählte die Haare auf ihrem Rücken. Einmal hatte ich in die Ecke gepisst, um diesen verdammten Boden zu verdrecken. Das war ein Fest! Gelb, eine neue Farbe!
Auch das führte zu nichts. Es stank eine Stunde lang. Oder länger. Ich hatte mein Zeitgefühl verloren. Dann wurde es kommentarlos von den Schwestern aufgewischt. Keine Uhr, um die Stunden zu messen, die nicht vergehen wollten. Aber am Ende gab es nichts, womit ich mich wirklich dauerhaft ablenken konnte. Denn ich versuchte nur, vor mir selbst zu fliehen und nicht aus diesem Gefängnis. Ich musste fokussieren. Die Träume waren ein Puzzle, das es zu lösen galt. Wahrscheinlich war jeder Mensch ein Sender. Aber nur einige wenige waren Empfänger. Ich konnte mich glücklich schätzen, über eine so leistungsstarke Antenne zu verfügen. Ich würde mich zurücklehnen und den Träumen lauschen, um meine Erinnerungen darin zu suchen.

(c) Thomas Reich

Donnerstag, 28. November 2013

Bei Piper im Frühjahr 2014: Allmählich wird es Tag von Franka Potente

Franka Potente

Franka Potente
Allmählich wird es Tag
Roman
ET: 10.03.2014

Nach ihrem viel gelobten literarischen Storyband »Zehn« legt Franka Potente ihren ersten Roman vor – es ist das radikale, wütende Selbstporträt ihres Helden Tim Wilkins, dem die Finanzkrise seine Arbeit und die eigene Sprachlosigkeit seine Frau Liz nehmen, bevor er anfängt, sein Leben zu hinterfragen.

Franka Potente gehört seit ihrer Titelrolle in Tom Tykwers »Lola rennt« zu den international gefragtesten deutschen Schauspielerinnen. Sie trat unter anderen in »Die Bourne Identität« und in der Literaturverfilmung von »Elementarteilchen« auf. Franka Potente lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in den USA.

Donnerstag, 21. November 2013

Buchhinweis: Lizzie Doron - Das Schweigen meiner Mutter. Roman


AUF DER SUCHE NACH DEM VERLORENEN VATER


Lizzie Doron
Das Schweigen meiner Mutter. Roman

Ein kleines Mädchen, das wieder und wieder nach seinem Vater fragt - eine Mutter, die sich hinter einer Mauer des Schweigens verbirgt. Lizzie Dorons autobiographischer Roman erzählt von der detektivischen Spurensuche einer Frau nach ihrem Vater. Eine Suche nach verlorener Kindheit, nach Sinn und Begründung eines, wie sich zeigen wird, wahnwitzigen Geheimnisses.

Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler


»Selbstreflexion, Selbstironie und unsentimentales Benennen der eigenen Verletzlichkeit sind die Stärken des Buches.« Carsten Hueck, ›DeutschlandRadio Kultur‹

Samstag, 27. Juli 2013

Roman: Alfred Franz Dowrak - „Wer Liebe mit Eifer sucht" (Leseprobe 1)

Alfred Franz Dowrak: Leseprobe aus seinem Liebesroman „Wer Liebe mit Eifer sucht" (Teil 1, Teil 2 +3 folgen), E-Book bei Amazon

Als ich am letzten Arbeitstag abends tropfnass meine Haustür aufsperrte, klingelte plötzlich mein Smartphone. Hastig zog ich die Jacke aus und blickte aufs Display. Der Vampir-Makler-Avatar. Was wollte die Moldenhauer noch so spät? Ich drückte auf Annehmen und meldete mich mürrisch: »Frau Moldenhauer, was gibt`s?«
Doch anstatt Frau Moldenhauers rauchige Stimme zu hören, erreichte mich dies:
»Hier Sibylle Fahrenholz!«
Sibylle Fahrenholz! Ich begann zu Schnappatmen. Die Beine wurden weich, ich musste mich setzen.
»Herr Ambach, sind sie noch dran?«
In der Aufregung hatte ich vergessen zu antworten.
»Ich, ich bin nur pitschnass.«
Ich Vollpfosten, was zum Teufel soll das die Fahrenholz interessieren.
»Soll ich später anrufen?«
Hilfe, was soll ich nur machen? Cool bleiben!
»Nein, passt schon!«
»Ähm, wie soll ich jetzt am besten beginnen!?«
Das sind ja ganz neue Töne. Frau Fahrenholz ist unsicher.
Meine Chance, ich wurde frech.
»Am besten von Anfang an!«
Ich hörte sie tief durchatmen. »Gut, ich habe ihr Objekt verschiedenen Bauträgern angeboten und mit einigen die Immobilie besichtigt.«
Freundchen, spiel jetzt bloß den Abgeklärten.
»Ja, das hatte mir Frau Moldenhauer bereits mitgeteilt.«
»Einer würde sich dafür interessieren, allerdings müssten wir die Kosten für den Abriss noch abziehen.«
Ich brauchte Kohle, daher stimmte ich zu.
»Gut, dann machen Sie den Vertrag fertig!«
Je schneller das Ganze abgeschlossen war, desto eher konnte ich sie anbaggern. Doch sie zögerte.
»Es ist nur so, ähm … ich habe noch einen weiteren Interessenten!«
»Ja!?«
»Ja, ich habe entgegen den Vorgaben meiner Chefs eine Annonce geschaltet. Daraufhin hat sich eine Familie mit zwei kleinen Kindern gemeldet.«
Wow, Sibylle Fahrenholz, du bist ja doch ein menschliches Wesen. Meine Sympathiewerte für diese Frau stiegen auf der Skala ins Unermessliche. Und somit mal war meine anfängliche Coolness wieder wie weggeblasen.
»Einziger Haken ist, sie können weniger bezahlen als der Bauträger!«
»Um wie viel weniger?«
»50.000.«
Puh, was sollte ich jetzt darauf antworten? 50.000 Euronen sind ein Haufen Moos. Da kann ich zwei Jahre von leben. Auf der anderen Seite hat sie entgegen der Anweisungen ihrer Chefs gehandelt. Und was am Wichtigsten ist, sie hat menschliche Züge gezeigt. Hat sie etwa gespürt, dass sie mich mit diesem Maklergeschwafel abschreckt?
»Herr Ambach, sind Sie noch dran?!«
»Ja sicher!«
Nun brauchte ich etwas Zeit, um Klarheit für mich zu bekommen.
»Kann ich noch eine Nacht darüber schlafen?«
»Natürlich Herr Ambach, das ist eine wichtige Entscheidung fürs Leben. Doch bedenken Sie, den Bauträger kann ich locker ein paar Tage hinhalten. Nur die Familie wird sich nicht ewig vertrösten lassen!«
»Bis morgen Abend haben Sie meine Entscheidung, Frau Fahrenholz!«
»Gut, dann rufen Sie mich morgen Abend an, welcher Partei ich zusagen soll. Einen schönen Abend noch, Herr Ambach!«
»Einen schönen Abend ebenfalls!«
Als ich aufblickte, schlotterte ich am ganzen Körper. Ob vor Aufregung oder Kälte konnte ich nicht genau definieren. Ich ging ins Bad, zog den Rest der tropfnassen Kleidung aus und stellte mich unter die Dusche. Schock, das Wasser war wider Erwarten eiskalt und wurde auch nicht wärmer. Verdammter Mist, hatte jetzt auch noch der Warmwasserboiler seinen Geist aufgegeben? Ich bin gleich wieder aus der Duschkabine rausgesprungen, habe mich abfrottiert, sofort trocken geföhnt und Vaters alten Daunenmantel übergezogen. Dann das Smartphone rausgekramt und Rikscha angerufen.
»Kennst du dich mit Warmwasserboilern aus?«

Zehn Minuten später stand Rikscha mit seiner Werkzeugtasche in meinem Bad und begann mit einem Schraubenzieher an der Abdeckung des Boilers herumzuschrauben. Er hob die Abdeckung an, Kabel kamen zum Vorschein. Er nesteltet ein Messgerät aus seiner Werkzeugtasche, wollte, wie er mir fachmännisch mitteilte, prüfen, ob Spannung anläge.
Das soll er bei mir mal messen, da liegt eine Riesen(an)spannung an.
Rikscha schüttelte mit dem Kopf.
»Keine Spannung da! Wo sind bei dir die Sicherungen?«
Meine Sicherungen sind im Kopf, wegen der Fahrenholz leider alle durchgebrannt.
»Im Keller!«
»Gibt es dort unten Licht oder brauche ich ne Taschenlampe?«
»O. k., das Haus ist zwar alt, aber nicht Jungsteinzeit!«
Rikscha grinste und ging zur Tür, die zum Kellerabgang führte.
»Ach, da haben wir ja den Schalter.«
Eine 15-W-Funzel beleuchtete schwach die Treppe. Aber unten blieb der Keller dunkel.
»Links neben der Tür ist der andere Lichtschalter für unten », ergänzte ich beinahe schuldbewusst.
»Und ich dachte, ich müsste jetzt eine Fackel anzünden und mich mit dem Buschmesser durch meterdicke Spinnweben schneiden«, blaffte Riksc»Pass auf, dass dich kein Säbelzahntiger aufschlitzt«, konterte ich spaßig.
Unten angekommen schaltete Rikscha das Kellerlicht an. Vorne links hing der alte Sicherungskasten an der Wand. Rikscha schüttelte den Kopf und meinte flapsig: »Elektrojungsteinzeit, Schraubsicherungen!«
»Na und!«
»Hat doch schon seit 40 Jahren jeder Haushalt Kippsicherungen!«
Wie sich auf meine Nachfrage hin herausstellte, hatte Rikscha auch schon mal als Elektrohelfer auf dem Bau gearbeitet. Daher also sein ›profundes‹ Fachwissen.
»Hast du Ersatzsicherungen?«
Ich zuckte mit den Schultern: »Weiß nicht … nö!«
Rikscha verdrehte die Augen und tippte auf eine andere Sicherung: »Kochst du heute noch?«
Jetzt verdrehte ich die Augen und grinste: »Nö, lass mir ne Pizza kommen.«
Rikscha schraubte die Sicherung für den Herd raus, und drehte sie in die Lücke für den Warmwasserboiler, wartete einen Moment und meinte dann zufrieden: »Gut, bleibt drin!« Dann wischte er sich demonstrativ die Hände aneinander, als wolle er imaginären Dreck und Staub abstreifen. »In ’ner halben Stunde kannst du duschen.«
Als wir dann kurze Zeit später bei einem Bierchen im Wohnzimmer saßen, kam Rikscha auf den Job zu sprechen: »Und ist Rikschafahren was für dich?«
Mich fröstelte bei dem Gedanken, von früh bis spät in der Eiseskälte rumzugurken.
»Ähm, eher nicht!«
Rikscha blickte mich leicht enttäuscht an.
»Wär halt schön gewesen, wir beide …«

Freitag, 10. Mai 2013

Dichterhain: normal null 100 von Hermann Mensing


normal null 100


der wasserhahn 
hatte lang in der wüste gelebt
er kannte sich nicht aus
in einem Land 
in dem jeder sich dreimal am tag duscht
und hatte noch nie gehört
dass beim duschen romane geschrieben wurden
aber vom durst wusste er einiges 
und so riet der dem begabten jungen 
zu großen tassen und einwegflaschen
zu rasensprengern und regenbögen
daraus sagte er 
ließe sich doch was machen 
was meinst du 
installiere eine fontäne 
das beruhigt 
wir könnten sie illuminieren 
dann hättest du muße 
das plätschern regt an schläfert ein je nachdem 
und romane schrieben sich dann wie von selbst

der junge blieb skeptisch 

er hatte zehn finger 
und jeder hatte eine andere idee
jeder fiel jedem ins wort
so dass schließlich die radikalste lösung erlösung brachte
er hackte sie ab
engagierte eine schreibkraft
die sehr begabt war und sprach nicht mit ihr
er schwieg so lange 
bis die schreibkraft beschloss 
selbst aufzuschreiben 
was sie mit dem durstigen jungen erlebte
und nannte das einen roman

(c) Hermann Mensing

Freitag, 1. März 2013

Der LeiterwagenXaverl (Romanauszug 2) von Alfred Franz Dworak

Xaverl blickt schon seit einiger Zeit ungeduldig aus dem Fenster. Endlich, nach drei Stunden, kommt die Kutsche des Pfarrers die Hauptstraße herauf gefahren und biegt in den Pfarrhof ein. Franz springt vom Kutschbock, geht nach hinten, hilft Kathi und dem Pfarrer beim Aussteigen. Die beiden verschwinden sofort in der Kirche, Franz schirrt die Pferde, zwei Rottaler Kaltblüter, aus. Xaverl fährt mit dem Rollstuhl in den Hof:
»Hallo Franz, sind die beiden in der Kirche?«
Franz nickt und führt das erste der Pferde in den Stall. Xaver fährt rückwärts auf die Tür der Sakristei zu, drückt die Klinke runter und schiebt die Tür mit dem Rollstuhl auf. Er hört Pfarrer Dörflinger und die Tante sprechen. Xaverl fährt durch die Tür in den Altarraum, bekreuzigt sich mit Blick zum Heiland. Tante Kathi bemerkt Xaverl als Erste:
»Ach Xaverl, schön, dass du da bist. Hast du noch Ideen zum Erntedankfest?«
»Grüß dich, Tante! Nein, habe ich nicht. Herr Pfarrer, ich müsste dringend mit ihnen sprechen.«
Xaverl blickt den Pfarrer flehend an. Der Pfarrer versteht:
»Na gut! Kathi, wir reden später weiter.«
Kathi versteht nicht, dass es etwas gibt, dass Xaverl lieber mit dem Pfarrer besprechen möchte, als mit ihr. Sie schaut ihn besorgt an. Xaverl möchte sie nicht verletzen, erklärt ihr knapp:
»Männerthemen.«
Kathi ist sichtlich erleichtert:
»Na, dann möchte ich nicht länger stören.«
Und verlässt die Kirche über die Sakristei. Xaverl wartet, bis die Tür schlägt und die Tante die Kirche wirklich verlassen hat. Dörflinger setzt sich in die erste Kirchenbank. Xaverl rollt auf ihn zu:
»Der Schmied, mein Vater und die anderen Dorfbewohner haben ihren Kindern verboten, zur Nachhilfe zu kommen. Sogar der Bürgermeister hat die Seiten gewechselt.«
Der Pfarrer ist erstaunt:
»Woher weißt du das?«
»Die Marie hat mir alles brühwarm erzählt. Haben Sie davon was gewusst?«
Der Pfarrer windet sich, gibt aber dann doch eine vage Antwort:
»Mir ist da was zu Ohren gekommen.«
Xaverl wirkt nun etwas traurig:
»Ich versteh das nicht.«
Der Pfarrer versucht, die Handlungen der Dorfbewohner zu erklären:
»Sie haben Angst vor dir, vor deiner Andersartigkeit, deinem körperlichen Leiden. Und vor allem vor deiner Intelligenz. Ich gebe dir den Rat, sei nie überheblich. Das schafft dir nur unnötig Feinde.«
Xaverl deutet fuchtelnd an seinem verkrüppelten Körper herunter:
»Was soll mir denn anderes bleiben als mein Wort.«
»Xaverl, schon in der Bibel, Hebräer 4,12–13 steht geschrieben, Gottes Wort ist die schärfste Waffe. Und dir als Kind Gottes steht diese Waffe zur Verfügung. Daher prüfe gut, wie du sie einsetzt.«
Xaverl denkt nach. Der Pfarrer sucht derweilen eine Erklärung, warum Xaverls Vater so reagiert:
»Xaverl, ich denke, dein Vater hat es nie ganz verwunden, dass du ein Krüppel bist.«
Xaverl wirft ein:
»Er kann nur Personen und Sachen mögen, die gesund und vollkommen sind. Verhageltes Korn würde er umpflügen, kranke Tiere notschlachten.«
Pfarrer Dörflinger findet eine Erklärung:
»Aha, also mit kranken Menschen kann dein Vater nicht umgehen. Irgendwas funktioniert da in seinem Denkschema nicht.«
Xaverl schmettert dies ab:
»Ach, das ist einfach nur archaisch!«
Dörflinger pflichtet ihm bei:
»Genau, altes Testament! Nur der Stärkere überlebt!«
Xaverl kommt nun dem Kern seines Problems näher:
»Und was ist mit dem neuen Testament, Nächstenliebe, anderen die Wange hinhalten?«
Der Pfarrer schweigt, aber Xaverl bohrt nach:
»Warum hat es Gott zugelassen, dass der Vater die Mutter ein ums andere Mal geschwängert hat?«
Der Pfarrer blickt zum Kreuz Jesu und schweigt weiter. Xaverl setzt unaufhörlich nach:
»Und meist nicht freiwillig. Denn sie hat immer geweint, wenn der Vater sonntags stockbetrunken vom Postwirt nach Hause zu ihr in die Kammer kam. Früher als Kind habe ich es mir nicht vorstellen können, warum. Jetzt weiß ich es!«
Der Pfarrer kapiert:
»Warst du in meinem Geheimfach?«
Xaver nickt, stemmt zur Bekräftigung die Hände in die Taille.
»Warum nicht? Es ist mein Recht zu wissen, was in der Welt vor sich geht!«
Der Pfarrer ist enttäuscht.
»Ich habe es dir doch versprochen zu erklären. Ich bin enttäuscht von dir, Xaverl. Ich empfinde es als Vertrauensmissbrauch.«
Xaverl gibt nicht klein bei:
»Erstens werde ich nicht 21 Jahre. Zweitens, wenn man sich nicht auskennt, dann kann man nicht darüber reden. Und drittens habe ich ihnen gerade die Wahrheit gesagt.«
Der Pfarrer steht auf, geht ein paar Schritte Richtung Altar:
»Also gut, ich will es dir erklären. Die Ehe ist ein heiliges Sakrament. Gott hat es eingeführt, dass die Menschen sich lieben und vermehren.«
Xaverl entgegnet:
»Aber meine Mutter war doch schon ganz schwach. Wo ist da die Nächstenliebe?«
Pfarrer Dörflinger verteidigt die kirchliche Lehrmeinung:
»Es ist die Aufgabe der Frauen, Kinder zu gebären.«
Xaverl wird wütend und antwortet für den Pfarrer:
»Wird es wohl nicht so gewesen sein, dass der Vater im Rausch seinen Trieb an der Mutter befriedigt hat?«
Jetzt ist der Pfarrer perplex, schlägt drei Kreuzzeichen:
»Xaverl, versündige dich nicht vor dem Herrn!«
Dann dreht er sich um und verlässt durch den Haupteingang die Kirche. Kurz vor der Tür dreht der Pfarrer sich um:
»Xaverl, bitte sprich zehn Vaterunser zur Buße.«
Xaverl kommentiert dies wütend mit:
»Einen Scheiß werde ich tun!«
(c) Alfred Franz Dworak (aus: Der LeiterwagenXaverl)

Sonntag, 24. Februar 2013

Der LeiterwagenXaverl (Romanauszug 1) von Alfred Franz Dworak

Xaverl hat der ganze Trubel um seine Person sehr mitgenommen. Er liegt fast den ganzen Tag nur noch im Bett und liest Bücher. Die Tante bringt ihm öfters Leckereien, wie Schokolade und Zuckergebäck vorbei. Aber wenn sie dann ein paar Stunden später nachsieht, sind die Köstlichkeiten unangetastet. An einem anderen Tag macht sie den Vorschlag, mit der Kutsche nach Mautdorf zu fahren. Der Xaver sollte von Schneidermeister Birgel einen neuen Anzug bekommen, aber der Junge weigert sich strikt, das Bett zu verlassen. Der Pfarrer möchte das nicht länger mit anschauen:
»Xaverl, ich weiß, das Verhalten der Erwachsenen hat dich verletzt. Aber wenn du dich jetzt verkriechst, haben die Leute erreicht, was sie wollten.«
Xaverl kann im Augenblick mit gut gemeinten Ratschlägen überhaupt nichts anfangen:
»Wissen Sie Herr Pfarrer, mein ach so toller Namenspatron, der Franz-Xaver von Navarro hat immer bedingungslos an das Gute im Menschen geglaubt und wurde verraten. Er hat dadurch sein Ziel, China zu bereisen, nie erreicht und ist vor Gram und Enttäuschung gestorben. Vielleicht ist es besser, wenn ich auch sterbe!«
Der Pfarrer schreckt auf, ermahnt den Jungen:
»Xaverl zügle deine Worte. Das ist eine Todsünde! Zieh dich jetzt an. Ich sehe dich in einer halben Stunde in der Kirche zum Beichten.«
Dörflinger schüttelt den Kopf und verlässt Xaverls Zimmer. Mit Drohungen erreicht man bei Xaverl zweimal nichts. Wütend nimmt er das Buch über China und schleudert es mit voller Wucht in die Ecke. Sein Blick wandert zum Tisch, wo ein Messer neben dem Apfel auf dem Teller liegt. Xaverl rafft sich auf, robbt auf dem Bett Richtung Teller, nimmt das Messer in die Hand. Er spielt mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen:
»Wie wäre es, wenn ich es mir in das Herz rammen würde?«
Plötzlich klopft es am Fenster. Erschrocken zuckt er zusammen und lässt das Messer wieder auf den Teller fallen. Maries Kopf ist am Fenster zu sehen. Bei ihrem Anblick verlassen ihn die dunklen Gedanken sofort. Behände robbt er zum Fenster und öffnet den Flügel:
»Der Vater hat mich eingesperrt. Der Schmied, dein Vater und all die anderen Männer im Dorf wollen nicht, dass du die Kinder unterrichtest.«
Xaverl beruhigt sie:
»Ist gut Marie, komm erst mal rein!«
Marie klettert durch das Fenster herein, dabei verrutscht der Rock und gibt den Blick zu ihrer Unterwäsche preis.
»Du hast schöne Beine.«
Marie errötet leicht. Xaverl zieht die hübsche junge Frau an sich, küsst sie vorsichtig. Marie ist aufgeregt, küsst ihn kurz zurück, klettert dann wieder aus dem Fenster und verschwindet. Xaverl merkt, dass sein Glied hart geworden ist. Er hat sich bisher mit dem Thema Sexualität nicht beschäftigt. Marie kommt wieder ans Fenster zurück:
»Bin ich nun schwanger?«
»Marie, ich weiß nicht! Komm morgen noch mal um die gleiche Zeit vorbei, ich mach mich in der Zwischenzeit schlau.«

Xaverl ist dann doch zum Beichten gegangen bzw. mit dem Rollstuhl gefahren. Er dachte sich, vielleicht sei es doch keine so gute Idee gewesen, das mit dem »Nicht-mehr-Leben-wollen«. Schließlich gibt es mit Marie doch eine Person, die ihn dringend braucht.

Nachmittags ist er alleine im Pfarrhof. Der Pfarrer ist mit der Tante und Franz nach Mautdorf gefahren um das neue Messgewand bei Schneidermeister Birgel abholen. Xaverl sollte ursprünglich mit, doch er täuschte Rückenschmerzen vor. Da die Erwachsenen schon froh sind, dass er überhaupt wieder aus seinem Zimmer gekommen ist, lassen sie ihn in Frieden. Daher kann er jetzt in Ruhe seinem Vorhaben nachgehen. Xaverl fährt mit dem Rollstuhl in die Bibliothek, auf direktem Weg zu dem Geheimfach des Pfarrers. Dort, wo die verbotenen Bücher lagern. Xaverl betrachtet die Buchtitel. Bei einem bleibt er hängen. Er zieht ein lateinisches Werk mit dem Titel »Der Mensch – Entstehung und Entwicklung« raus. Interessiert blättert er und liest darin. Es sind auch Zeichnungen der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane zu sehen. Und die Beschreibung des Zeugungsaktes. Xaverl ist kurzzeitig fasziniert, denkt an die Begebenheit mit Marie. Doch dann kommen ihm vergangene Bilder seiner Eltern hoch und es überfällt ihn ein Gefühl der Traurigkeit. Jetzt versteht er das Ganze. Xaverl will so schnell als möglich mit dem Pfarrer reden.

Fortsetzung folgt ...


(c) Alfred Franz Dworak (aus: Der LeiterwagenXaverl)

Donnerstag, 26. April 2012

Buchbesprechung: Roman in Fragen

Padgett Powell 
Roman in Fragen
Aus dem amerikanischen Englisch von Harry Rowohlt
Berlin 2012, 192 Seiten, gebunden
17,90 € [D], Berlin Verlag


„Sind ihre Gefühle rein? Wie stehen Sie zur Kartoffel? Sollte es immer noch Konstantinopel heißen? Haben Kinder Ihrer Ansicht nach einen eigenen Geruch? Wenn Sie jetzt welchen hätten, würden Sie Hundekuchen essen? Sind Sie glücklich? Ist Ihnen klar, warum ich Ihnen all diese Fragen stelle?“ [Roman in Fragen]


Ich hatte ja versprochen, meine Eindrücke noch mal kundzutun, und das möchte ich hiermit tun. 
Der Verlag: "Roman in Fragen ist ein voluminöser Katalog von Fragen, manchmal verrückt, komisch oder hinterlistig, oft philosophisch und melancholisch, dabei aber immer verblüffend und erfrischend. Niemand kann der Faszination der direkten Ansprache entgehen, die zunächst irritierend erscheint. Das Gehirn springt sofort an und fühlt sich zum Denken herausgefordert. Um schließlich am Ende erstaunt zu sein, über was man alles mit Gewinn nachdenken kann, wenn man nur einmal gefragt wird."  Allerdings, ich muss sagen nach etlichen Seiten der verrücktesten Fragen kriegt man auch genug, weil es partout keine echte Fortentwicklung gibt. Alles erstarrt in der Frage, und selten bzw. nie können weitere Fragen die Antwort zu den vorhergehenden sein. Bis auf den bloßen Fragenrausch kommen keine echten, vor allem lang andauernden Fesselungsgefühle auf. Aber es ist ein besonderes Projekt, zweifelsohne. Wer mag, kann sich selbst davon überzeugen.

Padgett Powell, 1952 geboren, lebt in Florida, wo er als Schriftsteller und Übersetzer arbeitet und auch an der Universität von Florida lehrt. Für seine Romane erhielt er schon mehrere Auszeichnungen, unter anderem den 
Prix de Rome der American Academy of Arts and Letters, den Whiting Writer’s Award und eine Nominierung für den National Book Award.