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Sonntag, 26. August 2012

Theaterstücke: DIE LÄSTIGEN AUSSAGEN von Thomas Gechter

Die lästigen Aussagen - pbooks.de

In dem Stück entscheidet der Zugzwang der Situation über die Aussagen der Figuren, die von der "bösen Königin" geladen sind ... Die Figuren sind Sprachrohre, denen stets etwas einfällt, wenn Positives geschieht. (Erläuterung des Autors)

"Die Geliebte: Verantwortung, Leistung, Entlohnung.
(Sie räkelt sich auf der Wiese des Gartens.)
Die böse Königin: In diesem heiligen Garten -
Der Seemann: Ich erkenne ihn wieder -
Der Zweifler (tritt auf): Man kann nie gut genug zu den Instrumenten sein.
Die Geliebte: Füttern der Wildhunde ist leider nicht Sinn der Sache.
Die böse Königin: Nacktheit ist Angst und Verletzbarkeit.
Die Geliebte: Ah, der erste Roman.
Die böse Königin: Nicht stürzen, das ist gefährlich.
Der Zweifler: Gehen wir den Pilgerpfad, bis zur Applausordnung.
Der Niedriglohnarbeiter (tritt auf): Schmuck ist geplättet und
Regenwasser fließt in unsern Fluss.
Der Seemann: Zeus wurde einst in der Höhle geboren,
Und so tickte die Uhr Leben -
Mit Muscheltrompete und Ziegenfell
Aus Unwetter entspringendes kosmisches Ei -
Die Geliebte: Verliebt ohne Konterfei.
Der Liebhaber (tritt auf): Im Atelier werden Bekannte porträtiert.
Die böse Königin: Erste musikalische Erfahrungen, pah!
Der Seemann: Die exotische Tierwelt hat ihren Charme.
Der Penner (tritt auf): Noch ein Musikprogramm.

(Der Zweifler zieht sich in eine Ecke zurück.)

Der Seemann: Ein Wettbewerbssieger wird zusätzlich dabei sein.
Die Geliebte: Das scheint mir sehr ein Festivalprogramm zu sein.
Der Niedriglohnarbeiter: Was kann man wohl machen? Jede Bewegung
Ist anerkannt gut besetzt.

(Die Geliebte geht vor an die Rampe. Hüftknick, Sonnenbrille auf, eitel die Haare in Pose.)

Der Liebhaber: Die Freiheitslieder sind historisch global sehr unterschiedlich.
Der Zweifler (aus seinem Eck): Jeder ein Mitglied der großen Familie Mensch.
Die böse Königin: Das Fenster gehört zur Landschaft -
Der Penner: Wie auch die Verehrung selbst, mitsamt ihren Nachteilen der Der Liebhaber: Künste nach Mythen -/Bedrängnis.
Dazu gilt auch die tickende Uhr eines Gebiets -
Ein Drama des Wettergotts -
Sukzessiver Befristung aus dem Meer -
Riskante Hoheit von Völkern und Vertretern
Die Geliebte (gähnt): Schlafen gehen oder Zweitjob antreten?
Der Seemann: Kinder tollen - und sporteln.
Die böse Königin: Die Katastrophe allein - ist nicht schuld.
Die Geliebte: (macht ruckartige Tanzbewegungen.)
Der Zweifler (aus seinem Eck): Einmal wie ein Offizier von damals fühlen.
Der Penner: Hamlet ist nicht Hamlet - was sonst?
Der Seemann: Kaum gehts ums Fleisch, schon springt einer ab.
Die böse Königin: Die Campingplätze haben rund um die Uhr geöffnet.
Der Liebhaber: Schubladen - des Lebens und des Todes -
Der Niedriglohnarbeiter: Giraffe -
Die Geliebte: Spielerisches Lernen. -
Der Liebhaber (Blick): Den Engeln und ihrer Totenruhe hinterher.
Die böse Königin: Durch die Bäume seh ich Wesen -
Die Geliebte: Wie auch durch die Träume -
Der Seemann: Tradition - ich dichte - wohin?
Der Penner: Die Uhr tickt - immer dieselbe Geschichte - vom Hass, oder wie?
Der Niedriglohnarbeiter (zum Liebhaber und der Geliebten):
Seid ihr verliebt - oder mehr?
Der Zweifler: Glanzstunde - der Technik.
Der Kommissar (tritt auf): Na, was machen eure Elementarinstrumente?
Der Seemann: Ich bin ein Löwe, mächtig und cool.
Der Liebhaber: Ich möchte mit meiner türkischen Geige die Texte begleiten.
Der Penner: Ich möchte campen und mich mit anderen austauschen.
Der Zweifler: Nur predigen - kommt gar nicht in Frage.
Der Kommissar: Ich möchte das Rätsel gerne lösen -
Die Geliebte: Ach - Männer tanzen ja nicht.
Die böse Königin: (macht eine elegante Drehung)
Der Kommissar: Diese Energiequelle kann ebenso Konsequenzen
Für die Landschaft haben. Was
Ist los? Wer gehört zu wem?
Der Liebhaber: Marionetten sind so viel leidenschaftlicher
Am Faden von Menschenhänden.
Der Seemann: Ich fühle mich gleichfalls berufen -
Der Zweifler (zum Seemann): Du spekulierst auf Offenbarung,
Die du nicht logisch eruierst.
Der Penner: Wie ich sagte: Alles Material ist
Vorher schon da.
Die böse Königin: Wann spielen wir denn nun?
Der Niedriglohnarbeiter: Was? Zeitfahren?
Der Seemann: Etwas Toleranz - für die nicht so schnell sind.
Die Geliebte: (Streicht leidenschaftlich ihr Haar zurück.)
Der Zweifler: Anrichten und Kochen ist Hochleistungssport.
Die böse Königin: Eingelocht - wo geht's weiter?
Der Zweifler (verdreht die Augen): Was haben wir bloß für eine Zukunft?
Der Niedriglohnarbeiter: Wollen wir nicht den Strom ausschalten,
Wenn wir ihn nicht gebrauchen?
Der Liebhaber: Große Show - mit einigen Highlights.
Der Penner: Die Flussläufe entlang, in den Norden Afrikas
Der Seemann: Inspirierend. Bringt sich jeder zu essen mit?
Der Liebhaber: Ich hab noch gar nicht gewusst, dass ich Macht abstoße.
Der Kommissar: Der Arzt weiß nicht mehr, wie die Geschichte war.
Der Zweifler: Alles wie das Sternbild
Der Penner: Die vier Elemente verfilzen das Weltbild.
Der Kommissar: Das ist ziemlich philosophisch.
Die Geliebte (wird unruhig, auf und ab gehend): Ich habe noch etwas zu - 
Der Liebhaber: Für Urlaub braucht man heuer ein Haus
Die Geliebte:  - erledigen!
Die böse Königin: Nur mit Kindern - kann sich die Welt neu bewegen -
Der Seemann: Gerade Tiere einigen sich, Flussübergänge geordnet zu meistern.
Der Penner: Pralinenmanufaktur und Restaurant arbeiten zusammen
Der Zweifler: Man muss ja auch abwägen und kalkulieren -
Bevor man Einkäufe und Bestellungen macht.
Der Niedriglohnarbeiter: Ich bleib gern bei meiner Lebensweise.
Der Liebhaber: Bewegung ist gut für Gelenk und Fahrgerät.
(Dynamisierende Geste.)
Der Kommissar: Klausur - fördert die Begabtenbildung - das
Geistesgut wachsen zu lassen -
Die Geliebte (unter dem Blick der bösen Königin):
Im Urwald bin ich schön, aber
Es wird regnen
Die böse Königin: Ja.
Der Liebhaber (zur Geliebten blickend):
Wir spielen Mann und Frau.
Wo's regnet, hat es mal geblüht -
Der Zweifler: Philosophie!
Der Penner: Was sind Richtungen und Reihenfolgen -
In Betrachtung des Himmelsglobus.
Der Niedriglohnarbeiter: Positive Ausstrahlung durch Volkshochschule?
Der Liebhaber: Die Badegesellschaft bestuhlt ihre vergängliche Zeit.
Die böse Königin: Vielleicht brauchen wir wieder ein Grundsatzprogramm.
Die Geliebte (entsprechende Pose): Am Strand sehe ich schön aus.
Der Zweifler: Sieger - verlieren jeden Krieg.
Der Liebhaber: Fahrspaß - durch gute Technik.
Der Seemann: Das weiß ich auch noch - war verrückt.
Der Penner: Im Sommer liebt man das relaxte Sommergefühl.
Der Kommissar: Ja, das Grün lockert die Farbgebung auf.
Die böse Königin und Die Geliebte: Ordentlich über den Fluss
Der Niedriglohnarbeiter: Gesundheit und Wohlgefühl.
Der Kommissar: Jede Kleinigkeit macht was aus, für alles.
Der Niedriglohnarbeiter: Ein Mensch fällt ins Wasser -
Der es sehr wohl könnte.
Die Geliebte: Der Fluss ist bitter.
Der Liebhaber: Komplizierte Geometrie.
Der Seemann: Wenn es Wissenschaft ist, ist es
Auch Philosophie - und Künste.
Der Zweifler: Ja ja, Wasser ist in der Welt.
Der Penner: Es dient einer außergewöhnlichen Gerechtigkeit.
Die Geliebte: Der Friedhof ist produktiv.
Das Leben zu dritt wird ein andres sein.
Der Liebhaber: Was soll man da machen?
Wildnis eben.
Der Seemann: Der Durchblick war schon besser.
Der Penner: Eigenwillig, emotional, collagenhaft.
Der Zweifler: Wie Rotwein und Cola gemischt.
Der Kommissar (streckt den Daumen hoch): Alles im grünen Bereich,
Vielleicht noch ein bisschen ängstlich.
Die Geliebte (stellt sich in Pose, wie verspottendes Echo): Ängstlich.
Der Niedriglohnarbeiter (verächtlich, leise): Sie streiten und sie lieben.
(Die Geliebte blickt die böse Königin auffordernd an.)
Die böse Königin: Wasser, Erde, Feuer gehören zur Welt -
In göttlicher, umfassender Ordnung,
(Pause, dann:) Aus Ursprung und Mythos heraus.
Der Liebhaber: Träume als Gesprächsthema dabei.
Der Niedriglohnarbeiter: Das Leben als Begräbnis ist schauerlich.
Die böse Königin (Pose): Weniger ist mehr.
Der Niedriglohnarbeiter: Über Grenzen, in andere Leben rollen
Der Zweifler: Die farbige Blütenpracht zieht sich über die ganze -
Die Geliebte: Dann also zum Hauptgang.
Der Zweifler: - Seepromenade.
Der Seemann: Zu diesem Konzert der Band -
Der Penner: Wo ist was zu trinken?
(Sie gehen auf die linke Seite der Bühne.)

Die Geliebte: Mit der Massage für das Kind.
Alle (außer der bösen Königin und dem Kommissar, in Aufstellung):
Die Interpretation geht in Richtung Wissen.
Die böse Königin (zum Kommissar): Die Wunde vom Pferdebiss
Ist immer noch nicht ganz geheilt.
Der Kommissar: Von der Trunken- zur Nüchternheit,
Form wahrend
(Alle Aufgestellten singen): Der Tod schaut aus den Fassaden -
Herausgelassen -
Die böse Königin: - kostet die Sahne obendrauf nicht mehr - viel.
Der Liebhaber: Das Kind braucht Spaß am Wasser - für Sauberkeit.
Der Zweifler: Intensität
Der Seemann: Gute Ernährung - und etwas Erfrischendes.
Die Geliebte: Der Sommer gehört ja zum Garten mit dazu.
Der Penner: Unappetitliche Sauerei
Die böse Königin: (Geht in die Knie, die Hände auf ihren Schultern.)
Der Liebhaber: Es kann verzweifeln machen, sein Leben
In Griff zu kriegen - stell dir doch mal vor -
Der Penner: Es laufen Prediger durchs Land, die stark sind,
Und predigen vom Glauben an den Hohen Herrn.
Der Niedriglohnarbeiter: Schweige - und die Guten werden sich
Von den Bösen unterscheiden.
Der Kommissar: Aber ihre Überzeugungen werden schnell gleich klingen.
Jeder Gelehrte muss zitieren,
Nicht zuletzt über Vorgespiegeltes,
Wes Inhalt durchaus seine Urheber schützt.
Der Seemann: Manch Alter schimmert durch.
Der Liebhaber: Mann, ist das abenteuerlich.
Der Zweifler: Man wird widerstandsfähig.
(Er hält sich die Hand vor den Mund, wie nach einem Faux-pas.)

Der Penner (schaut in die Luft): Du bist Pessimist.
Der Seemann (zum Penner): Und du hoffentlich nicht in Konkurrenz.
Die böse Königin: Polarwelten sind eben kalt.
(Sie stellt sich ins Profil, die Hand vor dem Mund.)

Die Geliebte: Auf so ein Werwolfhörspiel hätte ich auch keine Lust.
Mit dem Garten beginnt das Draußen.
Der Kommissar: Doch - wo war man wirklich?
Der Niedriglohnarbeiter: Vorbeugend kümmern wir uns um ein bequemeres, Die Geliebte: Musik ist erklärbar.besseres Leben
Der Liebhaber: Noch würde man gebraucht.
Der Zweifler: Beispielhaftigkeit von Tanztheater
Relativiert Aburteilungen und Hervorhebungen.
Der Seemann: Käse über Leben und Tod -
Der Penner: Wie ist aber jener verständliche Kalender?
Die böse Königin und die Geliebte: Wir wollen Kekse backen!
Der Kommissar und der Niedriglohnarbeiter: Wir machen mit!
Der Maler (tritt auf): Kleine Augenblicke, großer Genuss!
Der Seemann: Babys - sollen schwimmen lernen. Sei gegrüßt!
Der Penner: Das beste ist: Die Geschichte ist wahr!
Die Geliebte: Schön ist das umfangreiche Begleitprogramm.
Die böse Königin: Eine Ziege wird sterben - man muss was essen.
(Sie blickt geistesabwesend gegen den Boden.)

Der Niedriglohnarbeiter: Schön ist der Urlaub - hier im Grün.
Der Kommissar: Bis hin zum Höhenfeuerwerk
Die böse Königin: Mord - ist eh keine Lösung.
Die Geliebte: Woran mangelt es - an sexuellen Beziehungen?
Der Maler: Ich möchte nicht mehr der alte sein. Ich geh mich umziehen!
(Maler ab.)
Der Liebhaber (zur Geliebten): Wer war das?
Die böse Königin: Ein Maler.
Der Penner: Jedes Jahr schließt sich der Kreis -
Der Seemann: Alles Überschießende macht das Quadrat aus.
Der Zweifler (blickt fort): Da musst du gesund sein und schlafen.
Der Kommissar: Treten wir doch endlich in Dialog -
Um Natur des Menschen nicht weiter zu zerstören.
Der Niedriglohnarbeiter: Setzen uns an den Tisch - posieren
Vor dem Mahl.

(Sie gehen langsam ab. Vorhang.)"



Thomas Gechter, Jahrgang 1959, schreibt seit 1997. Er lebt bei Kiel und ist Mitglied von Schriftsteller in Schleswig-Holstein e.V. sowie im Kieler Dichterkreis NIKE.
Letzte drei ISBN-Publikationen: Ausgewählte Theaterstücke 2000-2004 (Theater); Der Wurm (Prosa); Theater von der Anrichte (Lyrik).  Ferner: www.facebook.com/thomasgechter/notes

Samstag, 3. März 2012

Für sie besucht: Das legendäre "Haus am See", das eng mit Henry Fondas Tod in Verbindung steht, in Neunkirchen/Saar

Manchmal ist der beste Weg nach vorne der zurück in die Kindheitstage. Ob das die eigene Geschichte betrifft oder die einer Familienbeziehung, einer Partnerschaft …, im Vergangenen ruhen oft viele schöne Szenen des Glücks, der Einheit, des positiven Lebensgefühls und der Unfrustriertheit. Was keine Regel darstellen soll, denn in anderen Fällen liegt das Glück im Heute und Morgen, niemals aber im Gestern.
In Ernest Thompsons Theaterstück „Haus am See“ (Uraufführung 1979 am Broadway) wird das back to the roots, Neuanfang und Lösung des Generationenkonflikts zitiert und bemüht. Beim Gastspiel des Theaters aus Kempf im Bürgersaal Neunkirchen/Saar am Schalttag 29. Februar 2012 spielten Volker Brandt, Viktoria Brams und Susanne Meikl die Familie Thayer, die ihre Konflikte der Vergangenheit und Zukunftsgestaltung in einem entscheidenden der vielen Sommer im Ferienhaus am See bearbeiten und lösen. Die Tochter Chelsea kündigt sich mit ihrem neuen Mann Bill und dessen Sohn Billy zum Geburtstag Normans an. Der Alltagstrott kommt durcheinander und mischt die Karten neu. Das Stück kommt etwas langweilig in Fahrt, aber nach 10 Minuten greift der Wortwitz Normans, auch Ethel gewinnt an Fahrt, die anfangs gegen ihn zu bescheiden und blass wirkt, und wird zur agilen Tatkräftigen. Volker Brandt und Viktoria Brams ein ganz authentisches Ehepaar Norman und Ethel Thayer. Sehr überzeugend auch Susanne Meikl - Bill und Billy leisten ebenso gute Arbeit.
Die Handlung:
Das Ehepaar Norman und Ethel Thayer hat eine lange Strecke Ehe zurückgelegt, ist saturiert und voll im Alltagsehetrott. Norman ist pensionierter Literaturprofessor der Universität Pennsylvania, mit beginnender (frühzeitiger) Alterssenilität, sprich: Demenz, der völlig larmoyant und latent depressiv seinen Tod imaginiert, das Ende in allen Varianten reflektiert. Er weiß, dass er seines Gedächtnisses verlustig gehen, dass der Alltag schlimm sein wird. Er möchte nicht überflüssig, alt und abgestellt sein, deswegen studiert er die Stellenanzeigen und prüft jede Betätigung, die in Frage kommen könnte: Zeitungen austragen, Betreuer für Senioren und Jugendliche undundund, alles nur nichts mehr in seinem Beruf, den er nicht mehr gut ausüben kann – wegen des Gedächtnisverlustes. Er hat keine sonderliche Lebenslust mehr, lässt die kaputte Fliegentür kaputt sein, obwohl Tausende von Fliegen dieses Jahr wieder unterwegs sind, hockt im Haus und kann sich an seinem Seeparadies – ganz im Gegensatz zu seiner viel aktiveren und genussfähigen Ehefrau - schon lange nicht mehr erfreuen. Dennoch ist er der intelligente, schlagfertige und eloquente Mensch geblieben, der er schon immer war. Als sich Tochter Chelsea (42) mit Anhang zu Normans Geburtstag ankündigt, ist das zunächst eine Belastung, die das Zurückgezogensein stört. Als sie aber alle da sind und der Sohn des Freundes Bill die Opa- und Vaterseite in Normans Wesen anspricht, entwickelt sich alles anders. Eine große Wendung tritt ein.


Thompson hat sein Theaterstück klassisch aufgebaut, die Pyramidenstruktur des historischen Dramas in fünf Akten mit unveränderter Illusionsbühne und einem einzigen Schauplatz komplett übernommen, aber schelmisch aus dieser Dramenstruktur eine Komödie gemacht. Selbst das tragische Ende findet nicht statt, sondern ein Ausweg in die Schönheit der untergehenden Sonne. Mit einem stark an John Irving oder andere große, sehr befähigte und unnachahmliche angelsächsische Schriftsteller erinnernden Wortwitz sorgt Norman bis zum Ende gewollt/ungewollt für Turbulenzen, und weil er anders ist als die anderen, darf er das sagen, was normalerweise nicht geäußert wird. Die Aktwechsel wurden mit der ansprechenden und kritischen Musik von Neil Young aus den 70ern unterlegt.
In Akt 1 startet das Stück mit der Exposition, Situationsklärung und Beschreibung der Demenz, u.a. durch ein lustig erscheinendes Telefonat mit der Auskunft. Norman ist der Meinung, die Auskunft hätte ihn angerufen. Das Alter und die Interpretation durch die Eheleute erfährt in einem witzigen Dialog eine Klärung. Ethel ist der Meinung im mittleren Alter zu sein, er korrigiert: „Nein, die Menschen werden doch nicht 150 Jahre, du bist alt, ich aber steinalt.“ Man muss nicht rechnen, um auf die 75 Lenze der beiden zu kommen.
Das Thema läuft weiter in Akt 2, die Steigerung kommt hinzu: Norman fühlt sich überflüssig, fühlt sich wie 108: „Was fängt man nur mit einem alten Kauz wie mir an? Ich habe nicht die leiseste Ahnung.“ Er lebe nur noch auf Abruf, Zeitungslesen sei sein einziger Kontakt zur Realität. Die Vergesslichkeit erneut... Postbote Charly kommt mal wieder mit seinem Boot vorbei und erkundigt sich nach Chelsea und ihrem Alter: „Da müssen Sie ihre Mutter fragen...“ Chelsea kündigt sich mit Begleitung an, Billy soll in den Ferien im Ferienhaus bleiben.
Als in Akt 3 Billy mit gerade 15 auftritt, Rucksack, Kopfhörer, viel zu weite Bermudas und laut, ändert sich alles. Norman erkennt die völlig andere Welt der Jugendlichen wieder. Er ist über die Verrohung und Kulturlosigkeit entsetzt und beauftragt ihn sofort, das erste Kapitel der „Schatzinsel“ zu lesen und am nächsten Morgen Bericht zu erstatten. Mit Chelseas Mann, der ihn überanständig fragt, ob er mit seiner Tochter in einem Bett schlafen dürfe, redet er unverblümt über Sex mit, gar gleich Missbrauch seiner Tochter und bietet den Platz vorm Kamin für Sex an, sodass der liebe Zahnarzt Bill Ray sich ziemlich veräppelt fühlt und sich das verbittet.
Die Ferien gehen weiter, in Akt 4 dann schon ein verwandelter Norman, der Steg und die Fliegentür repariert, Norman verwechselt Billy immerzu mit Chelsea. Der alte Vater-Tocher-Konflikt wie auch ihre emotionale Beziehung wird auf den Jungen übertragen und abgearbeitet. Die beiden gehen angeln, der Junge lernt Französisch, hat Marcel Prousts: „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ kennengelernt. Chelsea taucht auf, um ihren Eltern ihre in der Zwischenzeit erfolgte Eheschließung mitzuteilen, beschimpft in einem Gespräch ihren Vater verärgert als „Der alte Scheißkerl“ und wird dafür von ihrer Mutter geohrfeigt. Die Klärung setzt sich fort, die Tochter sucht das Gespräch mit ihrem Vater und kann auch viel klären - immer hatte sie das Gefühl, ihm nicht genügen zu können. Norman findet die neue Ehe sehr gut, denn dadurch bleibt ihm Billy erhalten. Mit dem Postboten Charly werden von Mutter und Tochter alte Zeiten voller Tollereien heraufbeschworen: „Wir sind die Mädchen vom Goldenen See ...“
Im letzten Akt wird die Szenerie wieder für den Winter eingemottet und abgebaut, das Saisonende ist da. Der neue Schwiegersohn ruft an und lädt zu einem längeren Besuch in Kalifornien ein, Chelsea erklärt ihrem Vater ihre Liebe am Telefon, und Billy findet es obercool, wenn sein „Opa“ kommt. Hier lässt Thompson Norman geschickt in einen fingierten Herzinfarkt fallen, ruft kurz eine Reminiszenz an das klassische Drama hervor, sabotiert die Tragik jedoch wieder, da der Infarkt einzig dazu dient, dass auch Ethel ihrem Mann ihre Liebe erklärt und sie erneuert. Norman freut sich jetzt nach langer Zeit wieder über die Eistaucher am See, deren Liebesspiel und -gesang seine Frau schon zu Beginn der Ferien in Aufregung versetzten. Norman und Ethel, die Familie neu geeint, wenden sich ihrem Lebensende zu. Happy End ...




Ernest Thompson (* 6. November 1949 in Bellows Falls, Vermont) ist ein US-amerikanischer Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor, der für das Drehbuch zu "Am goldenen See" (1981) den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch, den Golden Globe Award für das beste Filmdrehbuch sowie den Preis der Writers Guild of America (WGA Award) für das beste adaptierte Drehbuch gewann und außerdem 1983 für einen British Academy Film Award (BAFTA Film Award) für das beste Drehbuch nominiert war. Er ist Eigentümer eines Theaters in Kittery und ist auch als Regisseur tätig.

"Am goldenen See" war der letzte Kinofilm von Henry Fonda und gleichzeitig der erste Film, den er gemeinsam mit seiner Tochter Jane gedreht hatte. Der Film wurde am Squam Lake in New Hampshire gedreht. Der unvergleichliche und einmalige Henry Fonda starb im Sommer nach den Dreharbeiten.