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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Donnerstag, 30. Mai 2024

WHO aktuell: 4-Jahres-Programm der 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA 77) für 2025 bis 2029

Bildnachweis: WHO / WHA 77 Genf











Die Weltgesundheitsversammlung verabschiedet eine globale Gesundheitsstrategie für 2025-2028, die für eine herausfordernde Zukunft geeignet ist

Genf (27.05.-01.06.2024) – Die Delegierten der 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA 77) verabschiedeten eine vierjährige, 11,1 Milliarden US-Dollar teure Strategie für die globale Gesundheit, um Gesundheit und Wohlbefinden für alle Menschen zu fördern, bereitzustellen und zu schützen über Klimawandel, Alterung, Migration, Pandemiebedrohungen und Gerechtigkeit und angepasst an eine Zeit schnelllebiger Geopolitik, Wissenschaft und Technologie.

Die Strategie, das Vierzehnte Allgemeine Arbeitsprogramm (GPW 14), betrachtet den Zeitraum 2025–2028 als eine außergewöhnliche Zeitspanne, um widerstandsfähige, zukunftsfähige Gesundheitssysteme aufzubauen und nach der COVID-19-Pandemie wieder zurückzukommen auf dem richtigen Weg, die gesundheitsbezogenen Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen.

GPW 14 hat sechs strategische Ziele, die die Hauptschwerpunkte für diesen Vierjahreszeitraum widerspiegeln:

  • Reaktion auf die zunehmende Gesundheitsgefahr durch den Klimawandel
  • Gesundheitsdeterminanten und Grundursachen von Krankheiten in wichtigen Politikbereichen sektorübergreifend angehen
  • Weiterentwicklung der primären Gesundheitsversorgung und der wesentlichen Kapazitäten des Gesundheitssystems für eine allgemeine Gesundheitsversorgung
  • Verbesserung der Gesundheitsversorgung und der finanziellen Absicherung, um Ungleichheit und Geschlechterungleichheiten zu bekämpfen
  • Gesundheitsrisiken aus allen Gefahrenbereichen vorbeugen, mindern und sich darauf vorbereiten
  • Gesundheitsnotfälle schnell erkennen und die Reaktion darauf aufrechterhalten.

Die Veröffentlichung des Investitionsfalls der WHO ruft Unterstützungsbekundungen hervor und verspricht eine nachhaltige Finanzierung der Vierjahresstrategie

Die WHO hat am Dienstag einen Investitionsfall gestartet, der den wesentlichen Beitrag der Organisation zur globalen Gesundheit darlegt und Investitionen in ihre Strategie 2025–2028 anstrebt, um 40 Millionen Leben zu retten und die Gesundheit von 6 Milliarden Menschen zu verbessern. 

Der Investitionsfall untermauert die Investitionsrunde der WHO, die am Sonntag, 27.05.2024, begann und viele starke Unterstützungsbekundungen, Zusagen von Ländern zur Mitausrichtung sowie eine Reihe erster Zusagen erhalten hat, die dem Abschluss der Investitionsrunde später in diesem Jahr Schwung verleihen. 

Während der Auftaktveranstaltung am Dienstag im Rahmen eines strategischen Runden Tisches der 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA 77) kamen Unterstützungserklärungen und Finanzierungszusagen von den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union.


WHO zur Lage der Gesundheit 2024 und die Pläne für 2025 bis 2028 in einer sich rapide verändernden Welt

Seit der Verabschiedung der Ziele für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2015 und der Genehmigung des GPW 13 im Jahr 2018 hat sich die Welt auf grundlegende Weise verändert – und wird sich auch weiterhin verändern. Tiefgreifende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden in jedem Land und jeder Gemeinschaft und insbesondere für die Ärmsten und Schwächsten.

Das Tempo des Klimawandels und der Umweltzerstörung hat sich beschleunigt und ist zu einem Problem geworden. Die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert. Die globalen Temperaturen steigen weiter und steigen weiter. Es wird erwartet, dass die Temperatur bis 2030 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau liegen wird. Unwetter, Luft und Chemikalien, Umweltverschmutzung, mikrobielle Verstöße im Tier-Mensch-Verhältnis, all das hängt damit zusammen.

Umweltbedingte und klimaempfindliche epidemische Krankheiten nehmen weltweit zu und haben unverhältnismäßig große Auswirkungen in besonders gefährdeten Gebieten, einschließlich kleiner Inselentwicklungsländer (SIDS). Menschliche Migration und Vertreibung haben beispiellose Ausmaße erreicht: Schätzungsweise 1 Milliarde Menschen haben sich dafür entschieden aus wirtschaftlichen Gründen innerhalb oder außerhalb ihres Landes zu migrieren, oder sie wurden gewaltsam vertrieben.

Der demografische Wandel ist dynamisch und wird von einer alternden Bevölkerung in vielen Ländern bei gleichzeitig zunehmender Urbanisierung überall dominiert. Die öffentlichen Gesundheitsdienste haben Mühe, mitzuhalten.

Fast 30 % der Weltbevölkerung haben keinen Zugang zu einer sicheren Wasserversorgung. Zunehmende Ungleichheiten innerhalb und zwischen Ländern verschärfen die Probleme. 

Die COVID-19-Pandemie führte zu einer wachsenden Kluft zwischen den gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Ergebnissen, in Ländern mit finanziellen Mitteln und jenen ohne. Die Geopolitik verändert sich mit neuen Beziehungen, sich verschiebenden Machtverhältnissen und wachsende Instabilität, zunehmende Polarisierung, neue Konflikte und eine zunehmende

Der Schwerpunkt liegt auf nationaler und regionaler Selbstversorgung, was die nationale und regionale Unabhängigkeit weiter erschwert hat.

Wissenschaftliche und technologische Fortschritte haben die Welt in eine neue wissenschaftliche und technologische Welt gebracht. Das Digitale Zeitalter hat ein enormes Potenzial, die menschliche Entwicklung weiter voranzutreiben, die Politik zu verbessern und die Entscheidungsfindung zu erleichtern und die Produktivität zu steigern, den Zugang zu Informationen und die Bereitstellung von Dienstleistungen zu ermöglichen. Allerdings bergen diese Fortschritte das Risiko schwerwiegender sozialer Folgen aufgrund von Zugangslücken, verschärften Ungleichheiten, Desinformation und Fehlinformation, Ausgrenzung und Arbeitslosigkeit. Soziale Medien haben mit dazu beigetragen zu polarisieren, während der Einsatz künstlicher Intelligenz rasch zunimmt, sodass bereits auf die Notwendigkeit einer koordinierten Governance hingewiesen wurde, um das Potenzial der KI auszuschöpfen und gleichzeitig die notwendigen Schutzmaßnahmen sicherzustellen.

Die ständige und wachsende Zahl von Krisen und Notfällen erschwert diese Situation zusätzlich. Die COVID-19-Pandemie hat einen schrecklichen Tribut gefordert, mit massiven Folgen für Gesundheit und Wohlbefinden weltweit, insbesondere für die Menschen in verletzlicher und marginalisierter Situation, und verheerenden wirtschaftlichen und sozialen Störungen. Der Gesundheitszustand bleibt für die Gesundheitssysteme unzureichend, und die wirtschaftliche Unsicherheit hält an, wobei die Verlangsamung des Wachstums zunimmt, Schuldenlasten wachsen,

Die anhaltende Inflation und schrumpfender haushaltspolitischer Spielraum, wirken sich alle auf den sozialen Sektor aus.

Zu den Menschen oder Gruppen in prekären und marginalisierten Situationen können Kinder und Jugendliche gehören, Frauen und Mädchen, Personen mit Behinderungen, Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende sowie ältere Menschen. 

Neue, groß angelegte Konflikte sind ausgebrochen, mit unmittelbaren Folgen für die Zivilbevölkerung. Im Jahr 2023 benötigten weltweit 340 Millionen Menschen humanitäre Hilfe, eine Rekordzahl! Die Häufigkeit und Auswirkungen von Naturkatastrophen nehmen zu, wobei der Klimawandel zu einem Haupttreiber wird. Länder sind mit häufigeren, komplexeren und langwierigeren Notfällen konfrontiert als je zuvor in der Geschichte, in der die Schwachstellen immer größer werden und die Bedrohungen zusammenlaufen, um die Risiken zu vervielfachen und zu verstärken. 

Diese Trends und Schocks tragen zu sozialer Instabilität und einem erhöhten Maß an Stress und Angst bei, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Menschen.

Stagnierende Löhne, zunehmende Einkommensungleichheit und die steigende Jugendarbeitslosigkeit fördern den Vertrauensverlust in öffentliche Institutionen und Regierungen bei. Dies stellt eine inakzeptable Auswirkung auf die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden dar.

Die Kombination dieser Trends und akute wie langwierige Notfälle und Krisen sowie die Wechselwirkungen zwischen ihnen haben ein besonders herausforderndes Umfeld für die Länder geschaffen, die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Bevölkerung zu schützen und zu fördern. Aufgrund der COVID-19-Pandemie waren dringende Maßnahmen erforderlich, um die Welt auf den richtigen Weg zu bringen, die gesundheitlichen Probleme zu lösen, damit jeder und überall ein gesünderes Leben und Wohlbefinden genießen können. Die WHO schätzt, dass weniger als 15 % der gesundheitsbezogenen Ziele für nachhaltige Entwicklung auf Kurs sind. Andererseits, obwohl die COVID-19-Pandemie die geplanten Gesundheitsaktivitäten von 2020 bis 2023 ernsthaft beeinträchtigte, wurden Fortschritte erzielt auf dem Weg zu den Drei-Milliarden-Zielen der WHO seit 2019. 

Schätzungsweise 1,26 Milliarden zusätzliche Menschen konnten kaum bessere Gesundheit und Wohlbefinden erleben, 477 Millionen weitere Menschen waren nicht durch grundlegende Gesundheitsdienste abgedeckt, erlebten finanzielle Not, aber immerhin 690 Millionen weitere Menschen waren besser vor Gesundheit geschützt.

Dennoch reicht das Tempo des Fortschritts nicht aus, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, also die Entwicklungsziele bis 2030.

Im Jahr 2023 – in der Mitte der Frist zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung – war mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung nicht durch grundlegende Gesundheitsdienste abgedeckt, jeder vierte Mensch litt unter finanziellen Schwierigkeiten oder musste katastrophale Ausgaben für den Zugang zu Gesundheitsdiensten hinnehmen.

Allerdings haben 30 % der Länder bei diesen beiden Dimensionen der allgemeinen Gesundheitsversorgung Fortschritte gemacht.

Der allgemeine Fortschritt stagniert jedoch, wobei die Ausgaben aufgrund der Zuzahlungen aus eigener Tasche zunehmend katastrophal sind. Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass es auf globaler Ebene praktisch keine Fortschritte gibt bei der Reduzierung der Müttersterblichkeit seit 2015: Jedes Jahr sterben weiterhin fast 300.000 Frauen in der Schwangerschaft oder Geburt. Die Fortschritte bei der Kindersterblichkeit haben sich verlangsamt: Noch immer sterben jeden Tag 5 Millionen Kinder, bevor sie 5 Jahre alt werden, und fast die Hälfte davon sind Neugeborene. 

Das ausschließliche Stillen in den letzten zehn Jahren ist für die Unterernährung von Müttern und Kindern und 4 Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich.

Fast die Hälfte aller Todesfälle im Kindesalter sind mittlerweile auf Unterernährung zurückzuführen. Bis 2030 werden 25 % der Weltbevölkerung, darunter 85 % der ärmsten Menschen der Welt in Ländern leben, die von Fragilität, Konflikten oder Verwundbarkeit betroffen sind. Die Mehrzahl der Todesfälle von Müttern und Kindern und 75 % der schwerwiegenden Epidemien treten hier auf.

Die Belastung durch nicht übertragbare Krankheiten – vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen – nimmt zu. Krebs, chronische Atemwegserkrankungen und Diabetes ebenfalls: Sie töten jeweils 41 Millionen Menschen pro Jahr, machen 74 % aller Todesfälle und die überwiegende Mehrheit der vorzeitigen Sterblichkeit weltweit aus.

Die größten Auswirkungen haben sie in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Multimorbidität und Lebenserwartung steigen, auch die Zahl der Menschen mit Behinderungen nimmt zu auf 1,3 Milliarden oder 1 von 6 Menschen.

Mehr als 2 Milliarden Menschen mit Behinderung würden von einer Rehabilitation profitieren.

Die Belastung durch Alzheimer und andere Demenzerkrankungen nimmt zu.

Auch die Prävalenz psychischer Störungen nimmt zu: Fast eine Milliarde Menschen leben mit einer solchen Erkrankung. Depressionen und Angstzustände nehmen bei jungen Menschen besonders schnell zu. Jedes Jahr sterben Menschen durch Selbstmord, trotz wirksamer Interventionen und einiger Fortschritte bei allen Programmen.

Nach wie vor fordern Gewalt und Verletzungen jedes Jahr mehr als 4 Millionen Menschenleben, fast 30 % davon jene Todesfälle, die auf Verkehrsunfälle zurückzuführen sind.

Jedes zweite Kind wird mindestens einmal Opfer von Gewalt.

Frauen haben mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt durch einen Intimpartner erlebt. 

50 % der weltweiten Krankheitslast bleiben unerkannt pro Jahr.

Noch immer sterben 8 Millionen Menschen an Tabakkonsum, 7 Millionen Todesfälle sind auf Luftverschmutzung zurückzuführen, 8 Millionen Todesfälle sind auf ungesunde Ernährung zurückzuführen, 3 Millionen Todesfälle stehen im Zusammenhang mit schädlichem Alkoholkonsum, 2 Millionen Todesfälle sind verbunden mit Chemikalien in der Umwelt.

Bis zu 50 Millionen Menschen werden bei Verkehrsunfällen verletzt.

Die Häufigkeit einiger ungesunder Verhaltensweisen nimmt bei jungen Menschen zu und betrifft 80 % der Heranwachsenden, ganz vorne unzureichende körperliche Aktivität.





Sonntag, 23. Oktober 2022

ARMUT: Frieren, weil das Geld fehlt


(statista/Mathias Brandt) 2,6 Millionen Menschen in Deutschland konnten laut eigenen Angaben 2021 aus finanziellen Gründen ihr Zuhause nicht angemessen heizen. Das geht aus einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes hervor. Alleinlebende und Menschen in Alleinerziehenden-Haushalten sind überdurchschnittlich oft betroffen. EU-weit sind rund sieben Prozent der Bevölkerung zu arm zum Heizen. Besonders ausgeprägt ist dieses Problem in Bulgarien, wo nahezu ein Viertel der Bevölkerung betroffen ist. Am anderen Ende des Spektrums findet sich Finnland, wo nur 1,3 Prozent frieren müssen, weil das Geld fehlt. Während hierzulande 2021 deutlich weniger Menschen als im Vorjahr (9 Prozent) betroffen waren, ist 2022 angesichts der Energiekrise in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine wieder mit einem Anstieg zu rechnen.


[Anmerkung d.R.: In Deutschland bekommen Bezieher genug Geld zur Verfügung gestellt, um Brennstoffe zu kaufen und können auch nachfordern, wenn die Vorräte erschöpft sind. Wer jedoch sein Heizgeld anderweitig ausgibt, hat das Nachsehen bei Kälte ... Inwieweit bei anderen Bürgern Notstände entstehen können durch die Minderversorgung aufgrund des notwendigen Boykotts russischen Gas und Öls ist jetzt noch nicht klar. Es zeichnen sich jedoch persönliche Katastrophenfälle aufgrund irrsinniger Gaspreise ab, sofern sie nicht staatlich gedeckelt werden.]


Infografik: Frieren, weil das Geld fehlt | Statista 

Montag, 19. September 2022

Skandal: Finanziell ausbluten in einem reichen Land? Teil 1 - Einkommen

Es kommen höhere Preise für Energie und Nahrungsmittel in den kommenden Monaten auf uns zu. Das ist doch schon die ganze Eurozeit, werden Sie sagen, und ja, wir haben jetzt durch diese hohe Dauerinflation positiverweise starke Impulse für die Wirtschaft, der Bürger kann jedoch langsam einpacken. Wohin soll es gehen? Ins Ausland? Ab in die Armut?

Diese Angst müssen jetzt laut dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband jede Menge Bürger haben, denn bereits 60 Prozent der Haushalte verbrauchen ihre gesamten monatlichen Einkünfte und teils auch Ersparnisse, nur um die Lebenshaltungskosten decken zu können. Wir haben jetzt die Situation, dass höhere Strom- und Heizkosten, wie sie plakativ in den Zeitungen heraufbeschworen werden, diese 60 Prozent, die bereits dauerhaft pro Monat vor den Auswirkungen der Boykotte gegen Russland ins Minus gerieten, und zwar um Hunderte Euro, noch stärker belasten werden! 

Junge Bürger und Familien müssen wie die Senioren (hier bei geringer und mittlerer Rente oder sehr hohen Altersheimkosten) Kassensturz total machen, alles Ersparte mobilisieren, die Alten ihren Besitz verkaufen oder verpfänden, um die Kosten zu decken. Alle sind zum Abbau von Eingerichtetem aufgefordert:  Überflüssige Versicherungen kündigen, Vorsorgen reduzieren, Teilnahme am öffentlichen Leben/Kultur/Sport/Hobby/Verkehr und Fortbewegung neu und preiswerter regeln, Erspartes hat eh schon total an Wert verloren, Anlagemöglichkeiten nur noch begrenzt oder gar nicht mehr möglich, weil schon systematisch "verarmt" durch Inflationspolitik, hohe Kosten. Wo stehen wir im Herbst 2022?   

Die aktuelle Sparkassenauswertung der Bilanzen von mehr als 300.000 Firmenkunden ergab also, dass Haushalte, die monatlich weniger als 3600 Euro netto verdienen, angesichts der aktuellen Lage am Monatsende kein Geld mehr übrig haben und angehalten sind, Reserven aufzubrauchen. Auch sie seien subventionsbedürftig. Jetzt staunen wir aber ... Was ist passiert? 

Ich halte das für dringend analysebedürftig, denn nach oben lässt sich ja noch sparen bei Reduktion des "Luxusverhaltens". Da zählt auch nicht als Argument, dass zurückhaltendes Konsumverhalten sich schließlich auch negativ auf den Einzelhandel und die allgemeine Wirtschaft hierzulande auswirken wird. Es ist zwar wichtig, aber unsere Konstruktion der Verteuerung und Verknappung zur Wirtschaftsankurbelung platzt wie eine Wasserballon-Bombe. Wer begossen dasteht sind die 50% der Bürger, die sich unter dem Durchschnittsniveau bewegen und zu viel krasseren Verzichten und "Konsumausfall" aufgerufen sind. Mieten, Immobilenanschaffung, Lebensmittel, Heizen, Stromverbrauch sind schon teuer und werden noch weiter angehoben, gerade Heizen und Strom.

Wie kann man denn in dieser Einkommensklasse (3600 EUR netto), die ja eindeutig zu den mehr als 15 Millionen "Vermögenden", "Reichen". "Gutverdienenden" und "Besserverdienenden" gehört, in die Existenzkrise geraten? Mit kleinem Einkommen ist es völlig klar, das kann leicht passieren oder geschieht zwangsläufig. Aber hier? Betroffen sind Häuslebauer / Darlehensrückzahler, Kreditnehmer für u.a. Autos dabei, Familien mit mehreren Kindern, Ausbildungskosten der Kinder usw. Verarmen auf höherem Niveau.

Wir sollten laut dem Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) eine weitere Grenze sehen, die viel eindeutiger ist. Das mittlere monatliche Nettoeinkommen eines Alleinstehenden in Deutschland beträgt 2028 Euro Gehalt. Wer weniger verdient, gehört zur ärmeren Hälfte, wer mehr bekommt, kann sich schon zur wohlhabenderen Hälfte zählen. Dieses Geld steht aber auch teilweise Paaren mit einem oder mehreren Kindern zu Verfügung, nicht jedoch Alleinerziehenden, die knapp 600 EUR weniger haben. Auch Paare mit 1 Kind und diesem mittleren Nettoeinkommen können dann schon arm sein in teuren Großstädten.


Wir sehen, wer 2028 EUR im Monat hat, kommt eventuell gerade noch oder schlecht zurecht und hat noch runde 50 % der Verdienenden unter dieser Grenze neben sich. Und hier ist der Hauptbedarf an Subventionen, weil Geld knapp ist und Richtung Sozialhilfebezieher am knappsten wird.

Der durchschnittliche Nettobezieher hat aber auch 50 % der Verdienenden über dieser Grenze neben sich. Ab 3700 EUR Nettoeinkommen beginnt der Einkommensbereich, dem 10 % der Verdienenden angehören, ab 4560 EUR 5% der Verdienenden und ab 7190 EUR netto 1%. Zusammen 16%.

Die Einkommen zwischen dem Mittelwert und 3700 EUR machen etwa 34 % aus. In dieser Gruppe beginnt also bereits der Subventionsbedarf, die Grenze wird je nach Planung gezogen. Nach unten muss das auf alle Fälle zunehmend sein, und um zu vermeiden, dass ca. 50-60 % der Verdienenden die Hauptschäden durch die momentane Lage haben und dauerhaft auf lange Strecke geschädigt sein werden, dürfen und müssen Subventionen nur bis zum Durchschnittseinkommen gezahlt werden. 

Haushalte mit Rentnern müssen ebenfalls verstärkt subventioniert werden. Wir wollen Vermögen schaffen, erhalten und weitergeben. Nicht diese blinde Zwangsraushauerei des Geldes bis zur totalen Armut bei unseren Kranken und Alten.  



Freitag, 19. April 2019

Ägypten: Lunch Time (Kurzfilm)






A 16-year-old girl is asked to identify her mother's body
 but the people in charge at the hospital – due to her young age –
 won’t let her into the morgue without a guardian.
Filmer: Alireza Ghasemi

Freitag, 5. Mai 2017

Statistik: Armut ist ein Negativfaktor für Gesundheit und Lebenserwartung

Armut ist gefährlicher als Adipositas oder Bluthochdruck

Die Lebenserwartung sinkt durch Armut stärker als durch Bluthochdruck, Alkoholkonsum oder starkes Übergewicht. Das ergab eine Studie des Lifepath Konsortiums, welches unter anderem von der Europäischen Kommission finanziert wird. Die Wissenschaftler werteten 48 Studien aus sieben wirtschaftsstarken WHO-Staaten, darunter die USA und Frankreich, aus. Sie wollten zeigen, dass neben bekannten Erkrankungen auch der sozio-ökonomische Status eine Rolle bei der Lebenserwartung spielt. Wie die Grafik von Statista zeigt, verringert die Nikotinsucht die Lebenserwartung am stärksten, gefolgt von Diabetes und Bewegungsmangel. Vor Faktoren wie Bluthochdruck und Übergewicht liegt allerdings die Armut. Wer finanziell schlechter gestellt ist, lebt kürzer.

Insgesamt sind die Auswirkungen aller Faktoren bei Männern größer als bei Frauen. Einzig beim Übergewicht verkürzte sich die Lebenserwartung der Studienteilnehmerinnen stärker als die der Studienteilnehmer.

Die Grafik zeigt die Verkürzung der Lebensdauer abhängig von folgenden Faktoren (in Jahren)

Infografik: Armut ist gefährlicher als Adipositas oder Bluthochdruck | Statista 

Montag, 6. Juli 2015

Wie war's bei Anna Seghers KOPFLOHN in Mainz?


Johann   (c) Bettina Müller

Im Mainzer Staatstheater ist die Aufführung von KOPFLOHN eines von mehreren Tributes to Anna Seghers! Ein besonderes Entgegenkommen des Theaters: Zum Programmheft gibt es den ganzen Text auf 64 kleinformatigen Seiten gleich zum Lesen dazu. Der Roman erschien 1933 in Amsterdam. Johann Schulz' (David Schellenberg) Steckbrief hängt öffentlich in der Kreisstadt Billingen aus, einen Fußmarsch entfernt von einem rheinhessischen Dorf namens Oberweilerbach, wo er bei Verwandten, sehr armen Leuten, den Bastians, Ende Juli 1932 Zuflucht sucht. Man beschuldigt den Leipziger Arbeiter, bei einer Demonstration einen Polizisten getötet zu haben. Der ausgesetzte "Kopflohn" wird für die Dorfbewohner zum Anreiz, auf die 500 Mark Belohnung zu spekulieren, aber keiner zeigt ihn an. 

Der Leser/Zuschauer lernt Leute aus dem Dorf kennen, die Struktur verstehen. Der arme Bauer Algeier (Martin Herrmann) sieht den Steckbrief, erkennt Johann und könnte seine Zentrifuge bezahlen und behalten, die Arbeitslosigkeit seiner Tochter Marie (Kristina Gorjanowa), die ihre Dienstmädchenstelle verlor, leichter verkraften, er zeigt nicht an. Marie und Johann verlieben sich. Der unmenschliche, despotische Bauer Schüchlin, der seine Frau zur Gebärmaschine und Zwangsarbeiterin machte, sie wegen des zu erwartenden Erbes in den Selbstmord trieb, sieht nach der Identifikation des Leichenfundes den Steckbrief und ignoriert ihn aus Genugtuung über den Tod seiner Frau. Der Jude Naphtel und der alte Merz (Armin Dillenberger) entdecken den Steckbrief auch, im Vordergrund steht allerdings das Provisionsgeschäft durch einen Immobilenverkauf für Merz. Merz ist auch Amtsleiter und stellte Johann ungeprüft eine Anmeldung im Dorf aus, zu Hause bereitet er eine gepfefferte Anzeige für die Schublade vor. Schließlich denunziert Kößlin (Sebastian Brandes), ein Bekannter Johanns ihn bei seinem Naziverband, der SA. Die Folge: schwere Körperverletzung durch die SA und alle Beteiligten wohl bis zum Tod ... Im Original war nur die stumme Hinnahme und Tolerierung der Bestrafung vorgesehen, in der Aufführung ein kollektives Bestrafungsritual.

Anna Seghers erzählt hier absolut in der Tradition der sozialkritischen Dramen der Geringverdiener und des Proletariats das Leben der kleinen Leute, der Lohnarbeiter, Andersdenkenden, Unterdrückten im Kontrast zur oft nicht feinen Bürgerlichkeit - zumeist mit schicksalhafter Ergebenheit bis auf wenige Ausnahmen: Die Rendel (Anika Baumann) ist eine Aktivistin, im Dienste des Kommunismus und Stalins warnt sie vor Hitler, der Verblendung, dem Faschismus und vergisst ganz die Grausamkeit des anderen Diktators. Stalins Zwangskollektivierung ab 1928, Überführung in Kolchosen und Genozid an den Kulaken (vormals Bauern mit eigenem Land) war ein Holodomor ungeheuren Ausmaßes mit mehreren Millionen Opfern. 1932 Anna Seghers offensichtlich noch nicht bewusst, wird hier ein einseitiger Mythos gepflegt, der von der Aufklärung nach 1945 beiderseits Lüge gehießen wurde. 

Die Rendel wird zum Vergewaltigungsopfer der SA-Schergen. Daneben Johann als ungelerntes Ex-Mitglied der SPD, nun Kommunist ohne Zukunft, der gegen die Herrenrige ankämpfen will. Die Figuren pflegen den restringierten Code der Underdogs, Bauern, Arbeiter und Ausgebeuteten. Klar in der Tradition von J.M.R. Lenz, Georg Büchner, Arno Holz (Familie Selicke) und Gerhard Hauptmann (Die Weber, Vor Sonnenaufgang), später Franz Xaver Kroetz, werden die Alltagsprobleme ausgewälzt, der schöne Schein desavouiert. Das proletarische Ausgebeutetsein wird gepflegt. Die SA-Vertreter ganz in der aufkommenden Naziideologie demagogisch, herrisch, unterwerfend, erniedrigend, brutal, besitzergreifend, zerstörend in propagandistischer Agitation. 


Die Rendel   (c) Bettina Müller

Dirk Laucke (Regie) hat wirklich mit Geschick den 250 Seiten starken Roman-Tobak auf immerhin auch noch zwei Stunden Theater heruntergebrochen, ohne Substanz zu verlieren. Mit "beschleunigenden" Übergängen, hektische Musik, schnelle Bewegungen, sich im Kreis drehende Darstellung in der Videoprojektion, wird in Zeitraffer Handlung nachgeholt oder weitergespult. Anderes wird nur erzählt, nicht gespielt. Stilmittel, die das Geschehen der realen Historie schnell näher kommen lassen. Ein Jahr danach beginnt die deutsche Extremdiktatur, die vieles an Verbrechen in den Schatten stellte. Der ungeheure Rassismus und Kommunistenhass legten Deutschland und Europa in Schutt und Asche. Der deutsche Gutmensch dachte noch an eine sinnvolle Mission, bis ihm Auschwitz klar wurde. Und da war es schon zu spät! Die Tötungsmaschine Hitlers auf vollen Touren! Laucke analysierte als Sachse auch in seinem Schaffen die unerfreuliche Gegenwart der Pegida-Bewegung, die konfus und diffus Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes heraufbeschwört. Gerade im Licht der zunehmenden und geplanten Internationalisierung der Bevölkerung, um schnell den Einwohnerrückgang von prognostiziert 16 Millionen aufzufangen, wird nationale Zukunft auf der einen Seite irrational mit Überfremdung, Islamisierung, frauenbevorzugendem Gendermainstream und intolerant in Frage gestellt, auf der anderen Seite euphorisch und euphemistisch im bunten Zusammen gesehen. Dass dazwischen eine stark familienbejahende und -unterstützende Infrastruktur und Anschauung auch seitens der Arbeitgeber fehlt oder zu wenig ausgebaut und verwirklicht wurde (die Ursache der Geburtenschwäche), bleibt ja oft auf der Strecke.

Die Liebeleien des jungen Merz mit der 16-jährigen Sophie Bastian (Ulrike Beerbaum) unglücklich, aber er setzt sich durch, die Zeugen bei der Hochzeit stumm dabei. Der Lehrer Rifke, handicapped, als anpassungsfähiges Gewächs, seine Luise Merz liebend. Beide zusammen: Merz und Sophie, Rifke und Luise, feiern eine Parallelhochzeit, Marie und Johann bleiben nicht zusammen. Maries Devise: "Wenn man heutzutage nicht stark ist auf Erden, kann man sich gleich drunterlegen." 

Die SA kontrolliert bereits die Wahlen. Parteigenosse Zillich, Sturmführer, und Kunkel unterziehen Johann nach Denunziation durch Kößling einer schweren Prüfung. Seine Stärke wird getestet, währenddessen ihm nicht nur Sophie an die Kleider geht, seine Stärke mit zerstört, sondern auch das halbe Dorf. Das angebliche Verbrechen an einem Polizisten scheint gesühnt, aber vielmehr ist alles ein Zeichen der heraufdämmernden Unterdrückung und der Entfesselung des groß und tödlich angelegten arisch-rassistisch-politischen Mobbings. Die mehrfache Wiederholung der Misshandlung deutet hin auf Rachegelüste, Lust am Zerstören und Töten, Ausleben eines Wiederholungszwangs und tatsächlich auch der Bereitschaft zum grausamen Ritual, als wiederholbarer Lustgewinn und Zeichen der Macht.


KOPFLOHN (UA)
Von Dirk Laucke nach dem Roman von Anna Seghers
Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen
Uraufführung in Recklinghausen: 4. Juni 2015
Premiere in Mainz: 12. Juni 2015
Aufführungsdauer: ca. 120 Minuten - keine Pause
Kleines Haus

TERMINE
11.07.2015, 16.07.2015, 18.07.2015

Donnerstag, 9. Mai 2013

Heute Abend in Frankfurt: Happy End mit Flaschenpfand – reich werden für Einsteiger


Do, 9. Mai 2013  I  20:00 – 22:00 Uhr  I  Die Schmiere - Seckbächer Gasse 4, 60311 Frankfurt am Main

Happy End mit Flaschenpfand – reich werden für Einsteiger


Die zur Zeit neueste Schmiere-Produktion. Nach den beiden erfolgreichen Programmen 'Die Party geht weiter-Boni für alle!' und 'Aufschwung in 3D - die nachhaltige Satire Show' präsentiert dieses Team wieder 20 nagelneue bissige und satirische Momentaufnahmen.
Kabarettistische Lebenshilfe pur - für den alltäglichen Wahnsinn gleich um die Ecke, aber auch auf den sieben Weltmeeren.

Auf der Bühne:
Gabriele Meyer, Effi B. Rolfs, Jochen Döring & Walter Jauernich.
Regie: Bernd Krieg 
Text: Bernd Krieg, Gabriele Meyer u.a.


Mittwoch, 21. November 2012

Heute Abend in Darmstadt: DIE DISTEL: "BLONDE REPUBLIK DEUTSCHLAND - NEU VERFÖHNT

Artist
DIE DISTEL: "BLONDE REPUBLIK DEUTSCHLAND - NEU VERFÖHNT"

das neueste Programm des Berliner Kabarettensembles
Heute, 21.11.12, 20:30 Uhr, Einlass ab 19 Uhr
AK 20 €

halbNeun Theater + Sandstr. 32 + 64283 Darmstadt + Tel.: 06151 23330 (Abendkasse)


Euroland – abgebrannt? Das Stück des Berliner Klassenkampf-Ensembles beginnt spektakulär. Der ratlose portugiesische EU-Chef Barroso schickt eine kleine Delegation nach Deutschland, um von Europas Musterländle abzukupfern. Das sind nun ausgerechnet eine Griechin und ein Ire! Doch die stellen fest: Fast alles ist faul im Merkel-Land! Finanzmanipulation, Bestechlichkeit, Lobbyismus, Armutsboom, Schulmisere, Pflegenotstand – überall brennend heiße Probleme! Und ...







Sonntag, 7. Oktober 2012

Wie war's bei Lars Reichow? Am 30.09. im Darmstädter halbNeunTheater mit GOLDFINGER


Collagen (c) Stefan Vieregg



Lars Reichow ist einer der führenden Kabarettisten in Deutschland, der auf erste Sprünge mit Hanns Dieter Hüsch und ein eigenes früh erfolgreiches Programm zurückblickt, der beim SWR eine feste Einrichtung ist, ebenso wie bei der Mainzer Zeitung. Sein Programm ist bunt durch die Lebenslagen und Reihen der Gesellschaft gestrickt, unterhaltsam untermalt mit Pianomusik und Gesang. Vor 17 Jahren bekam er bereits das Scharfrichterbeil und vor 15 Jahren den Deutschen Kleinkunstpreis, es kamen noch viele weitere Preise hinzu. Sein Humor ist rheinmainmäßig trocken, direkt, und seine Imitation der menschlichen Eigenheiten und Schwächen schafft eine frappierende Echtheit.
Das neueste Programm mit dem Gedöns um Goldfinger, schon im James-Bond-Film als Kultobjekt beäugt und verfolgt, hält, was es verspricht. Der allgemeine Stress um den schnöden Mammon, das Gold und das Geld beherrscht unser Leben, zweifelsohne. Wer zu wenig davon hat, vor allem täglich und stündlich, ist bei uns - wie eigentlich schon immer - reichlich übel dran. Die Frauen lieben es, natürlich auch die aus Darmstadt, dicht und schwer behängt zu sein, so einen bis viele Tausender um den Hals macht schon was her. Auch Ferienhäuser in der Schweiz oder andernorts, her damit - Schweizer müsste man sein. Die Kehrseite der Medaille sind die Wege der Kids. Krass, leider gar nicht so überzeichnet, der Lazybone zu Hause, der in seinem Sitzsack lebt und ganz cool nach Geld schreit - füttert mich damit und chillt mehr, das senkt den Blutdruck. Ganz große Verwalter des Reichtums sind die Rentner von gestern, die Mehrheit von morgen, die noch auf eine stattliche Rente zurückblicken können und auffallen damit, bei Kreuzfahrten und andernorts, das Alter steht bei allem Vergnügen mitten unter ihnen und das hat auch seine komischen Seiten. Wenn die Rentnergang die Highlights der Reisebüros bucht, überall sozusagen präsent ist oder sich nur von besten Ärzten behandeln lässt.

Ein krasser Gegensatz ist selbstredend die Welt des Goldfingers und die der bereits jetzt verarmten Leute, die sich kleinere Wohnungen suchen müssen, die Armut, den Zustand nicht mehr ertragen können. Es ist so, wie wenn die gesellschaftliche Abstufung an der Hausnummer ablesbar wäre, von 3a auf 2a z.B. (oder andersrum, wer sich auf die Eins hin verbessern und deswegen aus bloßem Überfluss umziehen will!). Die Krönung, wenn einer aus dem Himmel käme und gerade alles, aber auch alles abwerten (downraten) würde! Die Welt als BAD BANK. man kann ihr so schon nicht vertrauen.
Ein Knüller ist die Mops-Nummer in herrlichem Hessisch. Die 3 Möpse sind eine Fehlbestellung im Internet,

Collagen (c) Stefan Vieregg
aber so goldig, vor allem Lappe, Lappe, Lappe und was Glitzriges als Aache! Mops 1 wird im Park zerfetzt, der zweite fiel dem Herrchen aus der Hand - im 3. Stock am Fenster - und der dritte springt unter Champagnerzufütterung in den Kaminofen. So viel zu artgerechter Haltung.
Ebenfalls ein Fantasieknüller die Geschichte von den Käsesorten. Angela Merkel trifft auf europäische Käsesorten, vom irischen Cheddar über den Meenzer Handkees bis zum griechischen Feta. Und der wiederum verspricht das Blaue vom Himmel runter, lockt mit einem Schatz (alle Goldgräber spekulieren auf die Gewinne nach dem jetzigen Tiefstand), mit einer Karte, die directement in die Schweiz und eine Tropfsteinhöhle führt. Illustre Leute treffen sich dort vor einem goldenen Bankomat, Steinbrück, Merkel, der Meenzer Handkees und im Abseits erscheinend Berlusconi im Tanga, von Frauen umzingelt, der alles für sich fordert. Der Spickzettel mit dem Code geht der Kanzlerin verloren, der Vorteil scheint verloren, aber der Handkees hat sich die Nummer gemerkt und der Sesam oder Schweizer Bankengral öffnet sich ... Ein gigantischer Goldfinger, der Phallus der Geldokratie kommt zum Vorschein. Er bringt alles wieder in
Ordnung, Geld zurück, an die Stelle, wo es gebraucht wird, oder er druckt eben neues. Herrlich theatralisch untermalt, akzentuiert und gesteigert durch Reichows Klavierspiel. Wir erleben die Erscheinung des Goldfingers live!
Die Zugabe ist ein gelungener Endlosgag, denn unser Künstler hört nicht auf, die Details der Zugabe und seine Zuschauerliebe so exakt und unabweisbar zu schildern, natürlich ohne sie auszuführen. Die Liebe geht soweit, dass er die Zuschauer am CD-Verkaufstisch vorbeiimaginiert und bis nach Hause verfolgt, in der Straßenbahn weitermacht und zu Hause hemmungslos die Leute aus dem Haus klingelt ...:-)


Lars Reichow füllt den Abend ganz leicht mit einem nachdenklichen und witzigen Potpourri aus dem Alltag, der Politik und der Gesellschaft. Durch das sehr ansprechende Klavierspiel und Gesang kommt eine spritzige Entertainkomponente hinzu, die keine Pause und kein Trübsal entstehen lässt. Der Missstände so viel, dauert sein Gedenkschweigen denn auch meist nur höchstens eine halbe Minute. Der Mainzer Kabarettist erfindet fantastische Geschichten, mal lebensnah, mal märchenhaft, die unseren Istzustand unbarmherzig spiegeln und Zusammenhänge in völlig neuen Konstellationen binden. Fundament aller Eskapaden ist das grundlegende Misstrauen, starke Kritik und Ironie, aber auch eine heitere Gelassenheit ob der ganzen Verkehrtheit. Mit einem Zwinkerauge führt er uns durch das Leben. Ich bin gespannt auf das nächste Programm.

Mittwoch, 12. September 2012

Dichterhain: GERECHT? von Norbert van Tiggelen

 

Gerecht?















Gott hat uns einst die Welt geliehen,
nicht dafür, dass wir Menschen fliehen,
nicht dafür, dass der eine klaget,
der andere sich in Schampus badet.

Wo Kinder werden drauf getrimmt,
dass Arme keine Menschen sind,
wo Wahrheit nur ein Wort noch ist,
solange Du alleine bist.

Wo die Robbe wird erschlagen,
damit wir Menschen Pelze tragen,
der Herr mit seinem Schatten prahlt,
das Weibe aussieht wie gemalt.

Wo Liebe meist ein Wort bedeutet,
was man mit Geld sich leicht erbeutet,
entscheidet über gut und schlecht,
ist das denn alles noch gerecht?

© Norbert van Tiggelen

Montag, 14. Mai 2012

Dichterhain: EINIGKEIT UND RECHT UND ... ARMUT von Norbert van Tiggelen


Einigkeit und Recht und … Armut

Preise steigen, Löhne ärmlich -
Deutschland, was ist mit Dir los?
Deine Bürger sind verzweifelt,
klagen über wenig Moos.

Spendest Geld an ferne Länder
und vergisst Dein Fleisch und Blut.
Hier gibt’s eine Menge Menschen,
denen geht es gar nicht gut.

Kraftstoff, Mieten, Lebensmittel,
Nikotin und Alkohol,
werden unerschwinglich teuer,
wer fühlt sich bei Dir noch wohl?

Zahnersatz wird unbezahlbar,
ebenso die Medizin.
Wer hier krank ist, muss oft leiden -
sag, wo führst Du uns bloß hin?

© Norbert van Tiggelen


Mittwoch, 18. April 2012

Ankes Fundstücke: Innerer Reichtum

Den Reichtum eines
Menschen kann man
an den Dingen
messen, die er entbehren
kann, ohne seine gute
Laune zu verlieren.

Henry David Thoreau

Freitag, 24. Dezember 2010

Der Endspurt geht zu Ende.....

Weihnachtsgedicht


Ich ging so pleite für mich hin
Nichts als die Pleite mir im Sinn.
Und allüberall auf den Dächerspitzen
Sah ich Pleitegeier sitzen.


(Henning Venske, 1972)

Donnerstag, 17. September 2009

Gedicht eines Straßenkindes




Irgendwann - mit 12, 13? - ziehen sie los , lassen alles hinter sich, Elternhaus, Schule, Freunde oder kehren nur noch nachts zurück. Sie leben in Parks, auf der Straße, unter Brücken, auf dem Rathaus- oder einem anderen großen Platz mit Bänken, Brunnen, Unterschlupfmöglichkeiten - meist unter menschenunwürdigen Bedingungen. Treffen heute immer mehr Kinder und Jugendliche aus Migranten- oder Einwandererfamilien: die Straßenkinder in Deutschland. Wie viele sind es? Offiziell spricht man von etwa 9000 Mädchen und Jungen unter 18 Jahren.

Um sie kümmern sich - sofern man die Kinder kennt und soweit es die Möglichkeiten erlauben - vor allem Vereine wie das Bündnis für Straßenkinder in Deutschland e.V., KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not e.V., die Rettungsverbände und Sozialdienste, hier vor allem Die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., die mit KARUNA zusammen "Zeitdruck", ein Magazin von jungen Ein- und Aussteigern, herausgeben. Sicher sind es nur wenige, die ihrem Leben so Ausdruck verleihen können, in der Übermacht die Wortarmen, Wortlosen oder "Wortspucker". Aus diesem Magazin hier auch ein Gedicht von Beatrice, 15 Jahre:


Wohnungspläne

Ich wünscht, ich könnt in den Kühlschrank zieh'n.
Dann wär ich ganz für mich allein.
nur das gemächliche Surren
würde meine Gedanken noch stören.
Die Eier würde ich fröhlich grüßen
und dem Käse Guten Tag sagen.

(Foto 2: Sven Vollbrecht)

Irgendwann würde jemand die Türe öffnen,
böses Licht käme herein,
und ich müsste bangen, entdeckt zu werden.
Doch gleich darauf wäre die Aufregung vorbei.
Ach, ja, ich wünscht, ich könnt in den Kühlschrank zieh'n.

(Quelle:
ZEITDRUCK 2009 http://www.karuna-berlin.de)










(Fotos 1+3: privat)



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