In seinem zweiundzwanzigsten Roman taucht António Lobo Antunes in den Alentejo ein, das große Herzstück Portugals zwischen der Algarveküste und dem Tal des Flusses Tejo. Hier singen die Bauern vom Meer, obwohl sie es selbst nie gesehen haben; hier züchtet eine Großgrundbesitzerfamilie seit Generationen Stiere für den Kampf, doch nun droht der Ruin. Meisterlich fängt Lobo Antunes diese untergehende Welt ein, in all ihren Stimmen, im Ineinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, in funkelnden Bildern.
Dona Maria José Natércia liegt auf ihrem Landgut im Sterben. Einst wurden hier berühmte Stiere für den Kampf gezüchtet, doch ihr inzwischen verstorbener Mann hat die Familie durch seine Spielsucht in den Ruin getrieben, und die Kinder haben ganz eigene Interessen. Da ist Beatriz, die früh schwanger wurde und heiraten musste, da ist Anna, die immer als intelligenteste von allen galt und jetzt stiehlt, um ihre Drogensucht zu finanzieren. Da ist João, der Liebling der Mutter, der homosexuell ist und sich im Parque Eduardo VII in Lissabon, einer einschlägigen Adresse, herumtreibt. Und da ist Francisco, der seine Geschwister hasst und beabsichtigt, den Besitz nach dem Tode der Mutter ganz an sich zu reißen. Auch Rita, die früh an Krebs gestorben ist, sowie der tote Vater bekommen ihre Stimme in diesem faszinierenden Wechselgesang aus Bewusstseinsströmen, die Lebenden und die Toten vereinen sich, um Zeugnis abzulegen vom Zerfall. Aus diesem traurigen Reigen ragt nur Mercília heraus, das Dienstmädchen, das sie alle aufgezogen hat und ihre Geheimnisse kennt. Der inzwischen achtzigjährigen Magd bringen alle Familienmitglieder warme Gefühle entgegen, hat sie es doch verstanden, nicht nur für die Kinder zu sorgen, sondern sie auch die Kälte der Eltern vergessen zu machen. Am Ende wird sie jedoch allein auf zwei Krücken den Hof verlassen und in einen Bus einsteigen …
António Lobo Antunes wurde 1942 in Lissabon geboren. Er studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile mehr als zwanzig Titel umfasst und in über dreißig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den "Großen Romanpreis des Portugiesischen Schriftstellerverbandes", den "Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur", den "Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft" und zuletzt 2007 den Camões-Preis.