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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Donnerstag, 31. August 2017

Das bibliophile Buch: Die Stunde der Spezialisten


Barbara Zoeke
Die Stunde der Spezialisten

Originalausgabe

nummeriert und limitiert. Gestaltung: Lars Henkel. Kunstvolle Collagen für Cover, Bezug, Vor- und Nachsatzpapier. Fadenheftung, Lesebändchen.

Deutschland 1940: Max Koenig ist Professor für Altertumsforschung. Ein vererbtes Nervenleiden reißt ihn aus seinem beruflichen Leben und fort von seiner Familie. Er kommt in die Wittenauer Heilstätten und trifft dort auf Schwester Rosemarie, die versucht zu helfen, wo sie kann. Trotz seiner Hinfälligkeit wird Koenig zum Mittelpunkt einer kleinen Gruppe: dem Studienrat Dr. Carl Hohein, der eine Litanei auf die Farbe »Schwarz« komponiert, der jungen Pianistin Elfie, deren Hände zittern und die »Traumdeutsch« spricht, und schließlich Oscar, einem Jungen mit Trisomie 21.

Der Alltag auf der Station, die mangelhaften Essensrationen und die rassenhygienischen Kommentare der medizinischen »Spezialisten« werden nur durch die gegenseitige Unterstützung und kleine Freuden, wie die Besuche von Frau und Schwägerin, erträglich. Sie hoffen darauf, sich nach dem Krieg im Traumland Italien wiederzufinden. Doch Max Koenig und Oscar werden verlegt und ihren Angehörigen entzogen.

Töten wird sie Dr. Friedel Lerbe, ein Arzt, SS-Mann und fanatischer Verfechter der Rassenhygiene. Als Leiter einer Tötungsanstalt führt er das NS-»Euthanasie«-Programm mit bürokratischer Präzision aus – jedes Detail des Ablaufs wird von ihm kontrolliert. Ein ganzer Stab von »Pflegern«, Sekretärinnen, Technikern und Leichenbrennern steht diesem »Spezialisten« bei seinem Handwerk zur Seite.


Der Gestalter Lars Henkel über "Die Stunde der Spezialisten":

"Bei der Gestaltung der Buchschlaufe stand die Frage im Vordergrund, wie ein so schreckliches Kapitel der deutschen Geschichte sich visualisieren lässt. 
Normalerweise besteht bei der Entwicklung eines Buchcovers der Vorteil darin, dass man sich vom Text inspirieren lassen kann. Die Geschichte bietet zahlreiche Anregungen für Bildideen, so entwickeln sich die Skizzen häufig aus interessanten Motiven im Roman. Davon gab es auch einige in diesem Buch, viele davon wurden im Skizzenbuch durchgespielt, aber keiner dieser Entwürfe schaffte es auf die Buchschlaufe, da sie alle zu negativ konnotiert waren. 
Ein Entwurf war angelehnt an Bildern des Volksliedes "Die Vogelhochzeit", gezeichnet in der Tradition klassischer Kinderbuchillustrationen. Diese Idee basierte auf der Codesprache der Ärzte für die verschiedenen Arbeitsschritte der Tötungsmaschinerie, in der der Begriff "Vogelhochzeit" für die Ausstellung der Totenscheine steht ..."

Samstag, 11. Mai 2013

Ausstellung in Kaiserslautern: ‚NS-Psychiatrie in der Pfalz’, Wadgasserhof

"Zwischen den Schneiden", Mahnmal des pfälzischen Bildhauers Volker Krebs zur Erinnerung an die in Klingenmünster gestorbenen, in der Psychiatrie verwahrten Menschen

‚NS-Psychiatrie in der Pfalz’, Wadgasserhof
 

Wanderausstellung des Pfalzklinikums Klingenmünster im
Wadgasserhof vom 17. April bis 02. Juni 2013
Mi. bis Fr. 10:00 bis 17:00 Uhr
Sa. u. So. 11:00 bis 18:00 Uhr
Montag und Dienstag geschlossen

Theodor-Zink-Museum
Wadgasserhof
Telefon: 0631 365-2325
Telefax: 0631 365-2322

theodor-zink-museum@kaiserslautern.de
http://www.theodor-zink-museum.de


Nationalsozialistische Psychiatrie in der Pfalz, das bedeutet: Zwangssterilisationen von Patientinnen und Patienten psychiatrischer Kliniken und von Bewohnerinnen und Bewohnern pfälzischer Dörfer und Städte ab 1934; staatlich organisierter, heimlich durchgeführter Krankenmord von 1940 bis 1941; Deportation und Ermordung von »unerwünschten« Patientengruppen; Sterben in der Anstalt Klingenmünster aufgrund von bewusster Mangelversorgung in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges. 



Gedenktafel "Zwischen den Schneiden", Volker Krebs
Die Ausstellung beleuchtet die Vorgänge am Beispiel der pfälzischen Psychiatrie mit dem Schwerpunkt auf der damaligen »Heil- und Pflegeanstalt« Klingenmünster. Texte, historische Dokumente und Bilder erläutern und veranschaulichen die menschenverachtenden Konsequenzen, die die Unterscheidung zwischen vermeintlich »wertvollen« und »minderwertigen« Menschen in der NS-Psychiatrie hatte. Auch der Umgang mit der Vergangenheit nach 1945 ist Thema der Ausstellung. Die Wanderausstellung »NS-Psychiatrie in der Pfalz« ist eine Einladung an alle Interessierten, sich mit diesem Kapitel der pfälzischen Psychiatriegeschichte auseinanderzusetzen.


Parallel dazu lief die Inhaftierung und Ermordung von zum Teil nur als krank deklarierten Andersdenkenden oder unerwünschten Rasse-, Religions-, Nationalitätsangehörigen bis zum Langzeitpsychiatrie-, KZ-Insassen im Nationalsozialismus, an bewusst geheimgehaltenen Orten wie Schloss Hartheim bei Linz in Oberösterreich, die größte Versuchsanstalt der Nazis mit Menschenversuchen (Psychiatrieinsassen als Versuchskaninchen und Beseitigung Andersdenkender). Eine Tötungsanstalt für Gesunde, Kranke und Gebrechliche aus allen Richtungen, die einem vertuschten Kliniktod zugeführt werden sollten. Auch die Kriegsdienstverweigerer, Desserteure und in Verwahrung genommenen psychisch erkrankten Soldaten aus dem WK I wurden im WK II beseitigt. Die Zahl der Opfer geht in die Zehntausende, offensichtlich allein 70.000 Menschen in Hartheim, die man verhungern ließ, 12.000, die man amtlich vergaste. Verhungernlassen, Vergasen, Vergiften durch Medikamente etc. waren denn auch die Methoden der Tötungsanstalt Hartheim als „Euthanasie“-Anstalt der NS-Aktion T4. 
"Von Dezember 1944 bis Jänner 1945 bauten Insassen des KZ Mauthausen die Anlagen ab und stellten den Bauzustand von 1939 weitgehendst wieder her. Ab März 1945 war im Schloss eine „Gauhilfsschule“ untergebracht." (Zitat aus Wikipedia). Die komplette Vertuschung, bis die "Abrechnungen" der Tötungen aus der Buchhaltung gefunden wurden ...
Daneben gab es noch andere Euthanasiezentren der Nazis ...


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Dienstag, 6. März 2012

Buchbesprechung: (Militär-)Psychiatrie in den Weltkriegen


Krieg und Psychiatrie 1914-1950
Hg. von Babette Quinkert, Philipp Rauh, Ulrike Winkler
Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus, Bd. 26
(Herausgeberinnen u. Redaktion: Christoph Dieckmann u.a.), Göttingen 2010, 264 S., 3 Abb., brosch. 20,- € (D), Wallstein Verlag

Der Bericht über die psychische Verfassung und Versorgung vieler in Afghanistan statio­nierter Soldaten, den der damalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe Anfang 2010 vorgelegt hat, zeigte, dass psychische Störungen von Soldaten mitunter auch heute noch einem Tabu unterliegen.
Ihren Anfang findet die Militärpsychiatrie in Deutschland während des Ersten Weltkriegs. Kurz nach Beginn des Krieges sahen sich die Militärpsychiater mit einem bis dahin in dieser Form nicht bekannten Krankheitsbild konforntiert: Eine Vielzahl der Soldaten reagierte auf das Erlebte mit Lähmungen und dem sog. Kriegszittern. Die auftretenden psychischen Krankheiten wurden als Zeichen von Minderwertigkeit ab­getan und später sogar als genetische Mängel deklariert. Davon machten in der Folge die Nationalsozialisten für ihre perfiden Ideen Gebrauch. Die im WK I diagnostizierten und bekannt gewordenen Fälle wurden im WK II ermordet. 
Dieser Band schildert ausführlich und quellenbelegt die Entwicklung der Militärpsychiatrie mittels bis dahin unbekannter Patientenakten und ermöglicht damit neue Einblicke und neue Forschungsansätze für die Wissenschaft.
Viele Leser werden am eigenen Leib auch nach 1950 noch erfahren haben, wie vermeintliche psychische Probleme nicht hinterfragt schnell und schwer widerlegbar zum Anlass von gesellschaftlichen, sozialen, Arbeitsmarkt- und juristischen Ausgrenzungen verwendet werden. Das ist nicht nur an der afghanischen Front so, das kann auch in hiesigen Kasernen so sein. Man findet dies natürlich auch im Rahmen von Familienangelegenheiten. Sorge- und Umgangsrechte für viele Jahre aberkennen, ohne dass noch verifizierbare Gründe vorliegen. Eine (Falsch-)Aussage eines bestellten Gutachters und der Vorhang fällt. Glücklicherweise kann sich die deutsche Psychiatrie die begangenen Mordszenarien - wenn auch damals nur im Regierungsauftrag der Nazis - nicht mehr leisten, aber ein sozialer Tod oder eine haftähnliche soziale und weitergehende Ausgrenzung 
schreien  gerade bei unbegründeten Fällen nach wie vor nach Klärung und Gerechtigkeit.   


Leseprobe 1:
"»Was glauben die denn, wo wir hier sind? Bei einer Kaffeefahrt oder auf dem Ponyhof? Infanteristen sind in letzter Konsequenz dazu da, zu töten oder getötet zu werden.«(1)
Mit diesem Satz reagierte ein Hauptmann der Bundeswehr auf die Meldung, dass zwei seiner Soldaten aus psychischen Gründen aus Afghanistan nach Deutschland zurückgeführt werden müssten.(2) Die Haltung dieses Offiziers zeigt, dass psychische Störungen von Soldaten mitunter auch heute noch einem Tabu unterliegen. Dabei gehört das Erleben von psychisch belastenden Situationen in kriegerischen Auseinandersetzungen zum Alltag von Soldaten. Dass diese darauf mit seelischen Störungen reagieren, ist spätestens seit dem Ersten Weltkrieg bekannt.(3) Seitdem hat jeder Krieg eine ihm eigene Konstellation an psychischen Symptomen hervorgebracht.(4) Während die Militärpsychiater des Ersten und auch des Zweiten Weltkrieges mit dem Phänomen der »Kriegsneurose« konfrontiert wurden, ist seit 1980 (zunächst Bezug nehmend auf die Langzeitfolgen des Vietnamkrieges) von »posttraumatischen Belastungsstörungen« (PTBS) die Rede(5) - eine Diagnose, die durchaus auch kritisch diskutiert wird.(6)"


Leseprobe 2:

"DIE NATIONALSOZIALISTISCHE KRANKENMORDAKTION T4
Mit der Patientenzahl stiegen auch die Kosten enorm an. Aus Sicht der NS-Führung konnte dieser Anstieg nur durch eine Senkung des Pflegesatzes für jeden einzelnen Patienten gestoppt werden und der verordnete radikale Sparkurs sorgte umgehend dafür, dass in den psychiatrischen Einrichtungen Überbelegung, Personalknappheit und Mangelernährung den klinischen Alltag bestimmten.(33) Die Pflegesätze wurden nach und nach unter das Existenzminimum gesenkt, so dass am Vorabend des nationalsozialistischen Krankenmordes den schwächsten, unruhigsten und pflegebedürftigsten Menschen in den Anstalten die Lebensgrundlage bereits entzogen war.(34)
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die deutsche Psychiatrie zum Schauplatz eines bis zum heutigen Tage einzigartigen Krankenmordes. In den Heil- und Pflegeanstalten des deutschen Machtbereichs wurden — in verschiedenen Mordaktionen, von denen die so genannte Aktion T 4 die bekannteste ist — insgesamt etwa 300.000 Anstaltspatienten ermordet.(35) Im Sprachgebrauch der Täter wurden für diesen Massenmord die euphemistischen Begriffe »Euthanasie« oder »Gnadentod« verwendet.

Todesurteil per Meldebogen — Die Aktion

Im Juli 1939, also noch vor Beginn des Krieges, beschloss die NS-Führung Insassen von Heil- und Pflegeanstalten zu ermorden.(36) Mit der Durchführung betraute Hitler die Kanzlei des Führers, die die Planungszentrale für den Krankenmord in eine beschlagnahmte jüdische Villa in der Tiergartenstraße 4 (daraus entstand die Bezeichnung T4) verlegte. Im Oktober 1939 beauftragte Hitler Philipp Bouhler und Karl Brandt damit, »die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, daß nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Gesundheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.«(37) Diese »Führerermächtigung« wurde auf den i. September 1939, d.h. auf den Tag des Überfalls auf Polen, zurückdatiert.
Im Oktober begann auch die systematische Erfassung der Anstaltspatienten. Die Leiter der Heil- und Pflegeanstalten erhielten die schriftliche Aufforderung, mittels beigefügter Meldebogen bestimmte Anstaltspatienten der T4-Zentrale zu melden. Dieser Meldebogen war das zentrale Dokument der Selektion von Patienten für die »Euthanasie«, aus ihm lassen sich die Selektionskriterien der Aktion T4 ableiten. Die Fragen bezogen sich auf die dauernde Anstaltsbedürftigkeit bzw. Unheilbarkeit des Patienten, seine Therapiefähigkeit, sein Verhalten, seine Arbeitsfähigkeit, die »Erblichkeit« seiner Erkrankung sowie seinen Familienanschluss. Die Meldebogen wurden im Laufe der Aktion T4 mehrmals modifiziert, wobei das Kriterium der Arbeitsfähigkeit des Patienten einen immer größeren Raum einnahm.(38)
Die ausgefüllten Meldebogen wurden an so genannte T4-Gutachter - beinahe ausschließlich renommierte Universitäts- bzw. Anstaltspsychiater — weitergeleitet, die dann allein auf dieser Grundlage über Leben oder Tod der betreffenden Kranken entschieden. Dabei waren Heilbarkeitsprognose, Pflegeaufwand und Verhalten wichtige Kriterien, doch entscheidende Bedeutung gewann die Frage der Arbeitsleistung des Anstaltsinsassen. Wurde der Patient im Meldebogen als produktiver Arbeiter beschrieben, hatte er mit Abstand die größten Chancen, die Aktion T4 zu überleben.(39) Die als »lebensunwert« eingestuften Patienten wurden kurze Zeit nach der Begutachtung in so genannte Tötungsanstalten abtransportiert und dort vergast. Bis zum vorläufigen »Euthanasie«-Stopp im August 1941 kamen auf diese Weise über 70.000 geistig behinderte und psychisch kranke Menschen ums Leben.
Der offizielle Abbruch der Aktion T4 bedeutete jedoch nicht das Ende der Mordaktionen an geistig Behinderten und psychisch Kranken. Es begann eine als dezentral zu bezeichnende Phase der Krankenmorde: Bis Kriegsende starben im Reichsgebiet Anstaltspatienten in verstärktem Maße durch Medikamente und Hunger.(40) Auch die Anstaltspatienten in den von Deutschland besetzten Gebieten waren bedroht: So erschossen oder vergasten zum Beispiel Wehrmacht und SS in den ab Sommer 1941 eroberten Gebieten der Sowjetunion tausende von Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten.(41)"

Die Herausgeber
Babette Quinkert, geb. 1963, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutsch-Russischen Muse­um in Berlin-Karlshorst. Veröffentlichungen u.a.: Propaganda und Terror in Weißrussland 1941-1944. (2009).
Philipp Rauh, geb. 1976, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin in Erlangen. Seit 2006 Mitarbeit am DFG-Projekt »Krieg und medikale Kultur. Patientenschicksale im Zeitalter der Weltkriege«.
Ulrike Winkler, geb. 1966, selbstständige Politikwissenschaftlerin, zahlreiche Veröffentli­chungen zur Diakonie-, Sozial- und Zeitgeschichte.