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Donnerstag, 4. Oktober 2012

Wie war's bei Django Asül? Am 28.09. in Ramstein - PARADIGMA


Ja, die Pfalz und die Pfälzer. Die haben schon manchen Besucher verwundert, beglückt, schockiert. Vielleicht nicht ganz so die bayrischen, die wissen ja noch von ihren Vorfahren, was sie erwartet. Was aber, wenn ein Bayer türkischer Abstammung, geboren in Hengersberg/Niederbayern, am Arsch der Welt also, die Pfalz betritt? Es passieren merkwürdige Dinge (obwohl er nicht das erste Mal in der Pfalz war) ... Der Ministerpräsident kapituliert, tritt zurück, weil die Erlebnislandschaft im Nürburgring einfach ein zu starkes Stück und die Dutzenden von Millionen, die mit dem ganzen Rennstall in den Sand gesetzt wurden, zu schwer wiegen. Und wer rauscht heran, um es noch mal laut herauszutrompeten? DJANGO ASÜL. Kein Wunder, dass Beck sein Bündel packte und schnurstracks kündigte. Django wunderte sich über unser Kuriosum, die Autobahn zwischen Pirmasens und Landstuhl, die gar keine ist, sondern nur eine Bundesstraße, aber als A 62 durchgeht. Die erste Autobahn, auf der ihm 268 Geisterfahrer entgegenkamen. Der Einstand war perfekt. Geisterfahrer und Beck ... Freitagabend, den 28.9.2012, im Bürgerhaus Ramstein.

Alles hängt mit allem zusammen, nicht nur draußen, sondern auch im eigenen Leben. Das ist ein Fakt, den Django uns klar macht. Es gibt so viel Unsinn auf der Welt, in Entscheidungen, Zuständen, in der Politik, in der Kirche, im eigenen Leben, durch Sachzwänge, fast schon existenziell bedingt: Die Leute wollen etwas anderes - sie wollen einen Paradigmenwechsel. Dieses altbekannte Wort aus dem Vokabular der Progressiven nach links und nach rechts muss hier bemüht und gehört werden. Der Kabarettist nimmt sich selbst nicht aus - und auf den Arm. Nach 2500 Auftritten nach Schema F muss eine Änderung her. Ihm wurde nach 15 Jahren klar, dass er gar nicht gerne auf die Bühne geht. Welch ein Widerspruch. Das hält man eben nur als Kabarettist aus. Warum dieses Wort Paradigma? Der Begriff steht für "Sicht der Dinge" und kommt aus dem GRIECHISCHEN. Eben, kein Mensch hält es in Griechenland mehr aus, mit dem, wie es ist und wie es war. Sozialbetrug, Hungerlöhne, Bedienermentalität und Steuergelder vernichtet. Obendrein noch von außen kaputtgeratet. Wenn einer einen Paradigmenwechsel nach Django braucht, dann das Land der Griechen.

In zwei Szenen werden die allgemeinen Schwächen der Demokratie, allen voran die Arbeitslosigkeit, Verhartzung, Altersarmut und das Miteinander von Ost und West beleuchtet. Einmal im dumpfen Biermief der hirnvergessenen Stammtischdiskutierer und einmal mit einem nicht sehr gebildeten Türken - hier muss der Vater von Django herhalten - der auf Bildzeitungsniveau aus dem Bauch raus die Gefahren aus Ostdeutschland wie aus dem alten Westdeutschland an die Wand malt. Man muss eben vorsichtig sein, weil oft alles anders ist. Siehe Google, das Rotlichtmilieu prozessiert gegen Bettina Wulff, weil sie mit ihr nichts zu tun haben wollen, und die dauernden Suchergebnisse "Prostitution", "Bett" etc., verbunden mit der Ex-Präsidentengattin, das Geschäft schädigen. Oder Ikea, die gegen Finanzminister Markus Söder aus der Bayernpolitik vorgehen, weil sie ihr Möbelstück gleichen Namens schützen wollen. Oder dass G8 - Abitur nach der 12. Klasse - eindeutig das Fußballtraining und die natürliche Entwicklung der Kinder beeinflusst. Schneller durch die Schule, aber ungesünder ... Es ist alles entgegengesetzt: Demokratie als Nichtmitbestimmung, Sinn ist Unsinn, Nächstenliebe ist Dauerpiesacken ... Wie gut die Nächstenliebe gemeint ist und wie gemein sie die Mitbürger erschüttert, merkt man spätestens, wenn aus purer Nächstenliebe den Freunden eingeredet wird, es ginge ihnen schlecht, ihnen gesagt wird, ihre Frauen seien schwabbelig geworden, oder auf EU-Ebene - und hier denkt wieder Vater Asül nach - Polen zum fast schlimmeren Gazastreifen geworden ist, Diebstahl und Prostitution blüht, oder der Geldfluss aus Europa, explizit Deutschland, aufgezwungen wird, Entwicklungszwang sozusagen, vergleichbar mit dem Verschreiben von Schokolade gegen Verstopfung, nur weil sie aus dem Hause Milka stamme.

Alles wirkt so krass, dass man als Eingedeutschter sich fragen muss, ob es gut war, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. In einem finalen Rundumschlag erleben wir den ersten Tag der Kabarettfigur als Deutscher bzw. die Initiation als solcher. In einer kafkaesken Szene prüft ein Beamter die Tauglichkeit unseres Helden, der gerade so dem Bett entkommen in die Amtsstuben bricht, um seine Papiere zu holen. Es erwartet ihn der Abnicktest! Ist die Muskulatur auch geschmeidig genug auf Befehl zu nicken? Man fühlt sich an manche Beamtenprüfungen und -existenzen erinnert, die Selbiges ihren Opfern abverlangen, die das gerne leisten, stimmt doch das Kässchen. Die entstehenden Rückenschmerzen werden ihm als Last der Geschichte erklärt und die im Rückgrat mit Verweis auf die Bundeskanzlerin Merkel als veränderungswürdiger Zustand: Ohne lebt es sich eindeutig besser! Auch die anschließende Szene in der Kneipe zeigt noch mal so richtig deutlich, wo die deutsche Seele in ihrer ungebildeten Ressentiment-Lage in Sachen Ausländern steht.

Ein amüsanter Abend mit Django Asül, der sich selbst auch und nicht minder gut verkackeiern kann. Der perfekt die Lage auf dem (bayrischen) Land und andernorts erfasst hat, die alten unterschwelligen Strömungen in der nationalen Haltung klar wahrnimmt, ebenso das Schizoide unseres Lebens, unserer Gesellschaft. Ohne weitere Mittel, Musik oder Effekte einzusetzen schüttelt der Mimenkünstler und Kabarettist sein 2-Stunden-Programm an einem Stehpult, mit einem Stuhl und Weißbierglas voll mit Wasser und nur mit sich selbst aus dem Ärmel.