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Dienstag, 12. September 2017

Wie war's bei Verdis IL TROVATORE in der Oper Frankfurt?

Die sterbende Leonora (Elza van den Heeve)
in den Armen des todgeweihten Manrico
(Piero Pretti)         (c) Barbara Aumüller 
Mit einem ganz besonderen Opernerlebnis startete das Opernhaus Frankfurt a.M. in die neue Opernsaison. Guiseppe Verdis (1813-1901) IL TROVATORE aus dem Jahr 1853 entpuppte sich wie erwartet als eine sehr gelungene Interpretation der mittleren von drei Opern zwischen Rigoletto (1851) und La Traviata (1853), mit denen Verdi seinen Ruf als Opernkomponist mit seinen Außenseiterhelden festigte. Blutige Bruderkriege (ohne dass die Beteiligten wissen, dass sie Brüder sind) um die Herrschaft und um eine gemeinsame Geliebte, Rache einer Zigeunerin für den Feuertod ihrer Mutter, Minderheiten / Randgruppen und ihre Verfolgung im ausgehenden Mittelalter, Hexenverbrennung, Opfertod u.v.m. Die dramatische Handlung spielt in den Jahren 1412 und 1413 in Spanien vor dem Hintergrund des Kampfes um die Krone von Aragón. Während der Verhandlungen kam es zu Kämpfen. Der Kompromiss von Caspe führte zwei Jahre später zu einem Schiedspruch zu Gunsten des in Caspe gewählten König Ferdinand I. Diesen Schiedsspruch wollte Jakob II. von Urgell nicht akzeptieren, er sammelte daher ein Söldnerheer und kämpfte gegen den gewählten König.

Die beiden Figuren Graf Luna (bis einschl. 12/17 der massive und sehr präsente Bariton Brian Mulligan) und Manrico (sehr überzeugender Tenor Piero Pretti als Gewinner in Liebesdingen, Verlierer in politischen Kämpfen), zwei Brüder, die nicht voneinander wissen, kämpfen jeweils auf der anderen Seite des Konflikts. Manrico ist ein Offizier des aufständischen Grafen von Urgel, und Graf Luna bei Ferndinand I. Sie sind auch Rivalen im Kampf um die Gunst der schönen Leonora (die sehr hingebungsvolle, leidenschaftliche und engagierte Sopranistin Elza van den Heever bis einschl. 12/17), die in eine Fehde hineingerät, die für sie ein fatales Ende aus Liebe nimmt. Der historische und dramatische Konflikt um die Herrschaft endet mit der Gefangennahme des Grafen von Urgell 1413 bei Saragossa, mit Hinrichtung seines Offiziers Manrico bei Verdi.

Unter der musikalischen Leitung von Jader Bignamini und dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester entspannten sich zweieinhalb Stunden feinster Hörgenuss zwischen Dramatik und Spannung einerseits, Lyrik, Herzenstiefe und Entspannung andererseits. Der exakte Guss und die Synchronizität der Seelenzustände mit der Musik und dem Gesang sind äußerst beeindruckend. Regie führte David Bösch, der mit dem reichhaltigen und modernen Bühnenbild von Patrick Bannwart das Geschehen in einen Rahmen 500 Jahre später stellte. Videoprojektionen betonten Harmonie (Schmetterlinge) oder Chaos (Strichzeichnungen). Der Vorhang mit einer verspielten Kritzelei von Liebenden. Die Kulissen von fahrendem Zigeunervolk mit Wohnwagen und aufständischen Freischärlern mit primitiven Waffen standen im Gegensatz zu jenen der professionellen Todesbringer des hochgerüsteten Conte di Luna. Nacht, Tod und Schwärze dominieren hier. Querverweise zu Francos faschistischem Spanien und der Widerstand gegen ihn fehlten, aber Assoziationen sind durchaus möglich. Die Kostüme von Meentje Nielsen bewegten sich ebenso zwischen mittelalterlichem finsterem Kämpfer Luna mit Soldaten und Waffen des zweiten Weltkrieges, feinsinnigem Troubadour Manrico in Silberanzug und einer kessen Leonora wie Ines im smarten Petticoat der Fifties.

In Verdis Oper in vier Akten geht es vorrangig um die Liebe zweier Männer zur Gräfin Leonora, die völlig zufällig auf zwei Verehrer trifft, weil sie der fernen Stimme des Troubadours folgt. Ihm, Manrico, gibt sie den Vorzug. Es kommt u.a. zum Duell der Verehrer, beide bekriegen sich gnadenlos. Ein politischer Hintergrund (siehe oben) kompliziert alles. Luna lässt sich am Ende auf den Handel ein, Manrico zu schonen, dafür würde Leonora sich ihm hingeben. Um ihm für immer einen Strich durch die Rechnung zu machen, nimmt sie jedoch Gift ein, überrascht ihn mit ihrem Besuch bei Manrico, dem sie die ewige Liebe erklärt und in dessen Armen sie stirbt. Das macht Luna so rasend, dass er den gefangenen Manrico hinrichten lässt. Besonders brisant wird die Geschichte durch Manricos Mutter, die Zigeunerin Azucena (die stimmgewaltige Zigeunermadrone und Sopranistin Marianne Cornetti aus den USA in Krankheitsvertretung für Tanja Ariane Baumgartner). Ihre Geschichte wird im ersten Akt unter Lunas Soldaten erzählt und im zweiten Akt von der Zigeunerin als Trauma thematisiert. Weil ihre Mutter vom Vater der beiden Brüder Graf Luna und Manrico (der Name von Azucenas leiblichem Kind, das sie aus Versehen ins Feuer stieß, statt den Grafensohn Garcia zur Vergeltung des Mordes an ihrer Mutter) als Hexe verbrannt wurde, weil sie angeblich eine bösen Zauber über das Kind verhängte, fürchterliche Qualen im Feuertod erleiden musste, hat Azucena nur eins im Sinn, den anderen Sohn des Grafen tot zu sehen. Als Manrico ihn im Duell verschont, versteht sie nicht, warum er ihn nicht getötet hat. Das Schicksal erfüllt sich doch, Manrico muss unters Schafott und wird verbrannt. Der Kreis schließt sich und der wahre Grafensohn wird geopfert, Azucena und Luna werden vor ein brennendes Herz gestellt, die tote Zigeunerin ist gerächt und Manrico folgt seiner Geliebten. Luna hat seinen Bruder getötet. Die Liebe ist verewigt. Eine große Oper mit großen Stimmen, eine große Premiere in Frankfurt.
Schlussszene                                (c) Barbara Aumüller



Dienstag, 27. September 2016

Wie war's bei FALSTAFF, Commedia lirica von Guiseppe Verdi, in Frankfurt a.M.?


Dr. Cajus platzt ins Wirtshaus herein zu Falstaff
(c) Monika Rittershaus
Falstaff, seit Shakespeare der Inbegriff einer speziellen Kunstfigur, ist ein dicker Ritter, Saufbold und raufsüchtig, angeberisch und philosophisch, unmoralisch und kriminell. Eine runde lustige Figur auf der Bühne, dem immer einfach das Geld fehlt für sein opulentes Leben und der sich was einfallen lassen muss, um an die lieben Silberlinge zu kommen. Das Thema wurde mindestens 15-mal prominent vertont, einmal auch bei Orson Welles filmisch verarbeitet. Namen wie Adolphe Adam (1856), Michael William Balfe (1838), Ludwig van Beethoven (1823), Antonio Salieri (1799) und eben Giuseppe Verdi tauchen auf. Für Verdi war es seine letzte Oper (1893 in der Mailänder Scala uraufgeführt), die dafür aber auch einmal auf Anhieb positiv angenommen wurde.

Der Komponist hat Falstaff zum Philosophen und geistreichen Narr ausstaffiert. In der Frankfurter Oper wurde die Commedia lirica in drei Akten am 23.09.2016 zum zweiten Mal wiederaufgenommen und begeistert von den Zuschauern begrüßt und gefeiert. 

Die Geschichte um den einerseits bacchantischen, andererseits eher abschreckenden geldgierigen Galan bereitet doch viel Spaß und wird in Frankfurt mit einem aufwändigen Bühnenbild, fahrbaren haushohen Kulissen, Special Effects und wunderbaren Kostümen versehen. Die Musik vom Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Julia Jones lange Strecken heiter und kurzweilig, die Stimmen herrlich voluminös bei Sir John Falstaff (Željko Lucic), und Mister Ford, Alices Gatte (James Rutherford) und kraftvoll feminin bei Nannetta, Alices Tochter (Kateryna Kasper), Mrs. Alice Ford (Jessica Strong), Mrs. Meg Page (Paula Murrihy) und Mrs. Quickly (Anna Larsson). 

Zum Schießen der Münchhausenauftritt von Dr. Cajus (Hans-Jürgen Schöpflin), der auf einer riesigen Kanonenkugel ins Wirtshaus „hereinplatzt“, die Figur des versoffenen, rotnasigen Bardolfo (Ralf Simon), in Falstaffs Diensten, der nicht nur überzeugend klauen kann, sondern auch als falsche Braut an Cajus Seite am Ende ganz irritierte Neigungen bei beiden andeutet. Ein Glück mit einem solchen Diener, dessen Nase auch nachts noch leuchtet, gesegnet zu sein. Eifersüchtig auf den neuen Freund seines Alter Egos ist Pistola, der zweite Bedienstete (Barnaby Rea, wie Rutherford, Kasper, Strong, Murrihy, Larsson und Simon Rollendebütanten, Larsson zudem das erste Mal an der Frankfurter Oper).

Sir John Falstaff ist halt trotz Geist ein Schlawiner, deswegen verabredet er sich mit zwei Frauen auf einmal und schreibt er beiden denselben Liebesbrief. Was ihn eigentlich interessiert, das ist das Geld der beiden und der Spaß, es zu bekommen. Sowohl Alice als auch Meg verwalten das Ehevermögen. Die zwei Gefoppten beschließen ihm ordentlich den Kopf zu waschen und stellen ihm geschickt eine Falle. Der Mann von Alice hat mittlerweile durch die beiden „ehrenhaften“, kriminellen und versoffenen Faktoten Bardolfo und Pistola, die den Liebesbriefbetrug nicht mitmachen wollten, von dem Plan Falstaffs erfahren und stellt ihm ebenfalls eine Falle, um ihn in flagranti zu erwischen. 

In schöner witziger Eile auf der Bühne lässt Verdi alles zusammenfließen im Haus der Alice. Da muss sich Falstaff in der Truhe für Schmutzwäsche verstecken, poltert der „General“ Ford mit seinen Mannen durch die Stube, um aufgrund eines deutlichen Kussgeräusches einen Paravent umzureißen, hinter dem sich seine Tochter Nannetta mit Fenton aufhält, den er gar nicht zum Schwiegersohn haben will. Während die Soldaten weitersuchen, landet Falstaff im „Stadtgraben“ (Themse). Nach diesen beiden Akten scheint schon alles in einem witzigen Höhepunkt erledigt, aber im dritten Akt treiben die hochgenommenen Frauen ihr Spiel weiter. 

Falstaff, wie er leibt und lebt
(c) Monika Rittershaus
Als Schwarzer Jäger mit Hirschgeweih soll er um Mitternacht ein weiteres Rendez-vous mit Alice haben, dem der Geläuterte nicht traut. Er sitzt klitschnass am Ufer, nachdem er sich aus der Truhe befreien konnte und an Land schwomm – übrigens hervorragend von Keith Warner und den Bühnenbildern/Lichttechnikern gelöst mit einem Glaskasten, der es erlaubt mit raffinierten Lichtspielen Falstaff unter Wasser zu zeigen -, und philosophiert über das Leben. Er beschließt die zweite Chance wahrzunehmen und kommt in ein arges Treiben mit Alice, Nannetta und den Bürgerinnen von Windsor, verkleidet als Feen, mit General Ford , der im unglaubwürdigen, aber lustigen Ende der Oper Dr. Cajus mit Nanetta und ein anonymes Paar gleich mit verheiratet, und Bürgern der Stadt, die den "gehörnten" Sir peinigen und piesacken, bedrohen und erschrecken, damit er für immer und ewig seinen Unsinn ablege. Der Spuk fliegt auf, die falsche Nannetta ist Bardolfo, der gerade zum Entsetzen von Pistola Cajus geheiratet hat, und die Anonymen sind Nanetta und ihr Geliebter Fenton. So sind alle Fopper und Gefoppte, denn „Alles in der Welt ist Posse, der Mensch ist als Possenreißer geboren“, wie Falstaff sagt, und er selbst ist der eigentliche Motor dieser Posse: „Ich bin es, der euch gewitzt macht. Mein Witz erschafft den Witz der anderen.“

Falstaff bereichert die Welt, er sorgt für Spaß und Humor. Er soll es nach Verdi auch weiterhin tun: „Geh, geh, alter John. Lauf dahin auf deinem Weg, so lange du kannst … Lustiges Original eines Schurken; ewig wahr, hinter jeglicher Maske, zu jeder Zeit, an jedem Ort!! Geh … Geh … Lauf Lauf … Addio!!!“

Die Schlussfuge, in die alle einstimmen, hebt die Spielchen in gemeinsamer Übereinkunft auf: Tutto nel mondo è burla, l’uom è nato burlone. (Alles ist Spaß auf Erden, der Mensch als Narr geboren.)




Freitag, 24. Juli 2015

Wie war's bei EIN MASKENBALL von Guiseppe Verdi in Saarbrücken?

Ein sehr spannendes und ebenso inszeniertes Opernereignis in Saarbrücken ist noch diesen Samstag, den 25.07.2015, im Staatstheater zu sehen, bevor die Sommerpause eintritt: EIN MASKENBALL von Guiseppe Verdi, im Orginal UN BALLO IN MASCHERA.

Das Libretto stammt von Antonio Somma nach dem Drama "Gustave III. ou le bal masqué" von Eugène Scribe. Nahe am Original - mit sehr wenig Regieverfremdungen (z.B. zu moderne Pistolen, der Graf und Page Oscar auf dem Maskenball amerikanisch in der Moderne mit weißem Cocktailsmoking und Frack gekleidet, Taschenlampen auf dem Galgenberg als gelungene Publikumsirritation "Habt ihr nicht auch so ein Problem?") inszenierte Tom Ryser überzeugend mit einem überdimensionalen Porträt vom Grafen Riccardo an der Rückwand und vielen anderen historischen Ausschmückungen im prunkvollen, geheimnisvollen unmd mystischen, dennoch klarkonturierten Bühnenbild von Stefan Rieckhoff sowie der choreografischen Leistung von Lillian Stillwell das Drama um eine Frau zwischen zwei Männern, einer ihr Ehemann, der andere verliebt, voller Ungestüm und Landesfürst.

In einer Prophezeiung durch die verfolgte Wahrsagerin Ulrica, hervorragend verkörpert durch Romina Boscolo (sehr auffällige Modulations- und Stimmrange, Contralto), ein Medium zwischen den Welten und fähig zur Weissagung durch dämonische Unterstützung, wird klar, wie das Ende des Grafen Riccardo aussieht. So wird aus einem rasenden Ehemann ein "Königsmörder", was gerade in der Erscheinungszeit des Stückes brisant war. Das historische und geografische Spielumfeld wird kaum wirklich wahrgenommen, EIN MASKENBALL könnte an jedem Spielort der Welt stattfinden. Das mehrmalige Passierenlassen des Chores auf der Drehscheibe nimmt dem Stück gleich zu Anfang die Steifheit der reinen Stehpositionen, es wird sogar die Assoziation zu einem Karussell und einer Wiederholung in der Geschichte spürbar. Die Oper bleibt in der Tradition der Illusionsbühne, auch das nächtliche Treiben der Ulrica oder der Galgenberg sind geschlossene Räume mit tiefhängendem Nachthimmel. Beim Maskenball schließlich erweitert sich alles in die Tiefe zu mehreren Räumen, wie es Verdi auch vorsah.

Politisch in das Kreuzfeuer der staatlichen und klerikalen Zensoren geraten, hatte Verdi zunächst Probleme, sein Stück aufzuführen. Der Librettist Somma selbst 10 Jahre zuvor an einem Aufstand gegen die österreichischen Herrscher beteiligt, stand bereits unter polizeilicher Beobachtung. Ferner war ein zurückliegendes Attentat auf den König von Neapel und auf Napoelon III. im Januar 1858 Anlass für die Behörden, starke Veränderungen der Oper zu verlangen, was in Pro-Verdi-Demonstrationen und -Tumulten endete, und schließlich in einer totalen Aufführungsablehnung in Neapel endete. Bevor es am 17. Februar 1859 im Teatro Apollo in Rom zur Uraufführung kam, mussten auch noch die päpstlichen Zensoren gehört werden, die Verdi dazu brachten, das Geschehen in die USA zu verlegen (Boston) und die Personen umzubenennen. Inwieweit Amelia sittlich reingewaschen sein musste, ist mir nicht bekannt. So war auch vom historischen Fall in Scribes Drama, der Ermordung des schwedischen Gustav III. durch den maskierten Grafen Anckarström 1792 kaum noch etwas zu erkennen.

Was sich hier trifft sind verschiedene interessante Themenbereiche. Einerseits der gutmütige und edle Herrscher (sehr überzeugend James Lee blondiert), der keinen Krieg, aber Gerechtigkeit will, der sich in die Frau eines seiner Offiziere verliebt und dennoch Haltung und Anstand bewahrt. Wegen seiner Schwäche und Gutheit bestehen Verschwörungstendenzen, nicht wegen einer Tyrannei.
Der Graf muss den Tod finden durch einen eifersüchtigen Ehemann (wild entschlossener und leidender James Bobby), der nicht nur die Befleckung seiner reinen Frau fürchtet, sondern vor allem seine Entblößung als gehörnter Ehemann. Das Lachen und Gemunkel in der Stadt, das ihm seinen Soldaten in Aussicht stellen, nachdem sie ein Rendez-vous des Grafen mit seiner Ehefrau Amelia (Susanne Braunsteffer mit hervorragender Sopranstimme) auffliegen lassen und die verhüllte Schönheit sich zu erkennen gibt, um kein Blutbad zwischen ihrem Mann und einem anderen Offizier entstehen zu lassen, ist ihm noch genug Schmach und Grund, seine Ehefrau nachhaltig zu rächen. Bei der illegalen Liaison wurde nebenbei bemerkt kein Ehebruch durch "Beischlaf" verübt, wie der sterbende Graf am Ende beteuert. Was auch seinen Vollstrecker erschüttert, ohne Grund, blind vor Hass getötet zu haben. Der hat sich im Zuge seiner Rache- und Mordpläne auch durch Verschwörer vereinnahmen lassen, die bereits zu Beginn aufgetaucht waren und genau auf ihn gewartet hatten, womit wir den "Königsmord" wieder dabei haben.
Amelia ist die Frau zwischen zwei dominanten Männern, der eine ihr Herrscher und Vorgesetzter ihres Mannes, den sie auch liebt, was ihr aber auch keine Ruhe gibt. Sie will sich "den aus dem Herzen reißen, der sie bedrängt", unschwer der Graf darin zu erkennen. Das Kraut vom Galgenberg, das ihr Ulrica empfiehlt, soll ihre Liebe abtöten, denn es steht in tiefer Verbundenheit mit dem Tod. Als Riccardo dort auftaucht, singt sie: "Ich bin das Opfer, das seufzt ... rettet wenigstens meinen Namen." Sie macht ihm klar, dass sie vergeben ist. Der andere auch ein Mann, den sie liebt, Vater ihres einzigen Sohnes, der sie beinahe nach der Aufdeckung der (platonischen) Liaison mit Riccardo zu Hause erschießen will, wäre nicht ihre Bitte, den Sohn noch zu sehen. Die Einladung des Pagen Oscar zum Maskenball setzt auch ein Ende der Bedrohung. Dafür muss sie das Los ziehen, wer der drei Verschwörer den Grafen erschießen soll. Sie zieht ihren Mann. Und leidet erneut unter der Bedrohung Riccardos, was sie zu einer direkten, aber anonymen Warnung auf dem Maskenball bringt, aber zu spät!
Eine vierte Schiene öffnet sich mit der Verfolgung der Weissagerin Ulrica, die hier klar Hexenfunktion hat, und von Verdi auch schwer vom Reich der Finsternis vereinbart gezeigt wird. Romina Boscola mit Grazie und finsterer Anmut absolut der Mittelpunkt des Geschehens in Weinrot. Zu Beginn bereits fordert der Oberrichter die Verbannung Ulricas von Riccardo, der das aber nicht will. Er schützt sie sogar. Seine weiche Seite der Regentschaft bringt ihn auf Umwegen mit der Prophezeiung seines Todes in Verbindung, denn die Volksbelustigung, die Weissagungen der Ulrica als Vergnügen zu betrachten und auch zu manipulieren, sie dadurch aber auch zu entlasten, bringt das Verdische Schicksal zum Zubeißen, es rächt sich am Graf. Die Schicksalhaftigkeit wird aber mit spürbarer anarchistischer Ader des Komponisten und seines Librettisten nicht durch eine "göttliche" Figur verkörpert, wie ein Herrscher es wäre, sondern vermittelt durch den Gegner, den Teufel, die Dämonen, ein besessener, sonst redlicher Ehemann, der sich und Frau entehrt sieht. Damit wird auch die Verruchtheit des Mordes an einem guten, nur scheinbar unmoralischem Herrscher (er betont seine reine Liebe durch die ganze Oper hindurch) zu einer bösen Tat, die wiederum dann aus finsterer Eifersucht und Blindheit geschah. Andersrum sähe der Sachverhalt anders aus! Ein Tyrann wäre zu Recht beseitigt worden. Verdi hat so den Königsmord als schändlich dargestellt, was die Zensurhürden sicher besser genommen hatte.

Die Sprache der Oper ist sehr romantisch, emotional, verspielt, schwelgend, aber auch direkt und heroisch. Wunderschöne helle, lebens- und liebesbejahende Formulierungen stehen neben schweren, esoterisch-mystischen und parapsychologischen Bildern. Verdi verwendet durchgängig die Kommentatorfunktion des Chores oder der Figuren selbst, die ihre Entscheidung, ihren Zustand oder ihre Zukunft oder die anderer deutlich machen. In vielen Wiederholungen wird der Status Quo der Handlung zementiert oder die Zukunft angekündigt. Ein sehr sehenswertes Ereignis, sicher bald wieder als Neuauflage...

Donnerstag, 1. August 2013

Der Gefangenenchor aus Verdis NABUCCO




Va', pensiero, sull'ali dorate.
Va', ti posa sui clivi, sui coll,
ove olezzano tepide e molli
l'aure dolci del suolo natal!

Del Giordano le rive saluta,
di Sionne le torri atterrate.
O mia Patria, sì bella e perduta!
O membranza sì cara e fatal!

Arpa d'or dei fatidici vati,
perché muta dal salice pendi?
Le memorie del petto riaccendi,
ci favella del tempo che fu!

O simile di Solima ai fati,
traggi un suono di crudo lamento;
o t'ispiri il Signore un concento
che ne infonda al patire virtù
che ne infonda al patire virtù
al patire virtù!



Flieg, Gedanke, getragen von Sehnsucht,
lass'dich nieder in jenen Gefilden,
wo in Freiheit wir glücklich einst lebten,
wo die Heimat uns'rer Seele - ist.

Grüß die heilige Flut uns'res Niles,
grüße Memphis und seinen Sonnentempel!
Teure Heimat, wann seh ich dich wieder,
dich, nach der mich die Sehnsucht verzehrt?

Was die Seher uns einst weissagten,
wer zerschlug uns die tröstliche Kunde?
Die Erinn'rung allein gibt uns Stärke
zu erdulden, was uns hier bedroht.

Was an Qualen und Leid unser harret,
uns´rer Heimat bewahr'n wir die Treue!
Unser letztes Gebet gilt dir, teure Heimat,leb wohl
teure Heimat, leb wohl.
lebe wohl, teure Heimat, leb wohl
lebe wohl, lebe wohl, lebe wohl!

Wie war's bei Verdis NABUCCO im Amphittheater in Trier?

alle Fotorechte: Stefan Vieregg M.A.


Letzten Donnerstagabend an einem lauen Sommerabend fand ein erster von drei Open-Air- und festlichen Anlässen im Amphittheater Trier statt. Es folgten am Samstag Santiano und am Sonntag eine Italienische Nacht. In der einfachen und klassischen One-floor-Anordnung gab es in der 2000 Jahre alten "Manege" eine Bühne vorne und das Orchester seitlich daneben. Manchmal werden auch aufwändige Publikumssitzbühnen auf die Hänge montiert und die gesamte Manege ist Bühne. Eine reizvolle Variante. 
alle Fotorechte: Stefan Vieregg M.A.

Gezeigt wurde Guiseppe Verdis Nabucco, 1841 komponiert und am 9. März 1842 im Teatro alla Scala in Mailand uraufgeführt. Die Oper von Verdi thematisiert das Leben der Juden im Exil in Babylon. 587/586 vor Christus war das Königreich Juda bereits Vasallenstaat Babylons. Nebukadnedzar II. ("Nabucco") nahm Jerusalem ein. Er zerstörte den wichtigen Tempel Salomos und den Königspalast. Die Oberschicht musste ihm nach Babylon folgen, das jüdische Volk wurde weder unter einer eigenen Herrschaft noch unter einer Besatzerführung zurückgelassen. Das Exil der jüdischen Führungsschicht war jedoch nach archäologischen und historischen Erkenntnissen kein Lagerdasein, sondern eine vornehme Einverleibung ihrer Fähigkeiten und Manpower. Auch Religionsausübung war gestattet. 

Bei Verdi erscheint alles etwas verändert zu Schmach und Erniedrigung des jüdischen Volkes, vor allem durch Abigail. Unter Zwangsarbeit und fern ihrer Religion wünschen sie sich weg aus dem mächtigen Babylon, das seinen Götzen Baal und Nabukadnezar II. anbetet und ihren Tod sucht. Bühnenwirksam wird ein Gewirr aus Intrige und Liebesbeziehungen, Selbstüberschätzung Nabuccos (Aleksander Krounev, Bariton) und Niedergang der gefährlichen Abigail (Elenea Baramowa, Sopran) mit großer Wandlung der Hauptcharaktere konstruiert. 

Mit reichlich Kostümeinsatz, üppigen Requisiten, einer 1997 gegründeten und auf eine reichhaltige Open-Air- und Festspielhaustradition zurückblickende Venezia Festival Opera -Import aus Bulgarien - bot sich eine sehr überzeugende orchestrale Unterstützung der Opernstimmen von hohem Niveau dar. Nayden Todorov dirigierte das Orchester, künstlerischer Leiter ist Andrey Andreev, Regie führte Nadia Hristo und das Bühnenbild stammt von Rada Hadzhiyska. 
alle Fotorechte: Stefan Vieregg M.A.

Die Oper beginnt mit der Einnahme von Jerusalem, Fenena, die Tochter des Nabucco in den Händen der Hebräer, soll die Vernichtung verhindern. Sie wird durch Ismael (Stoyan Daskalov, Tenor) bewacht, den Neffen des judäischen Königs. Zwischen ihnen entwickelt sich eine Liebesbeziehung. Verliebt in Ismael ist auch Abigail, die von allen für die erstgeborene Tochter des Nabucco gehalten wird, derweil sie von einer Sklavin abstammt. Auch ihr Handel, Freilassung der Hebräer gegen Liebe, will ihm nicht gefallen. Ismael zeigt seine Liebe zu Fenena, indem er sie beschützt, da er Zaccaria (Ivaylo Dzhurov, Bass), der sie töten will, weil ihr Vater Nabucco in den Tempel eindringt, zurückdrängt. Der Tempel wird daraufhin von den Bayloniern vernichtet. Abigail, deren Herkunft durch ein auftauchendes Schriftstück aufgedeckt wird,  will Fenena, die bereits als Thronfolgerin eingesetzt ist, töten, um dies zu verhindern. Der Götzenpriester des Baal (Evgeniy Arabadzhieva, Bass) unterstützt sie in ihrer Intrige, die auch Nabucco totsagen soll. Kaum ist der angebliche Tod durch Abdallo (Ivailo Yovchev, Tenor) verkündet, fordert Abigail die Krone und taucht Nabucco auf.

Er möchte als Herrscher und Gott verehrt werden, was die Gottheiten mit einem Blitzstrahl und geistiger Umnachtung des Herrschers beantworten. Abigail schnappt die Krone und regiert, plant die Tötung der Hebräer und ihrer Rivalin. Das Todesurteil lässt sie den umnachteten Nabucco unterzeichnen, der anschließend in Gefangenschaft kommt. Als ihm bewusst wird, dass er seine Tochter töten lassen will, bittet er Jehova um Vergebung und Gnade. Sein Antisemitismus entstammte einer wahnsinnigen Phase ... Er kann gerade noch seine Tochter retten - das Götzenbild stürzt mit Jehovas Hilfe zusammmen. Abigail hat verloren, geht noch edel mit Bitte um Verzeihung und Gnade ab, bevor sie einen Giftselbstmord begeht. Und nun bekommt Nabucco Gottes Segen von Zaccaria erteilt. Die Welt geläutert.


Donnerstag, 25. Juli 2013

Heute Sommerabend-Erlebnis NABUCCO im röm. Amphitheater Trier

25.07.2013   I     Einlass: 19:00 Uhr; Beginn: 20:00 Uhr    I    Amphitheater Trier
ab 37,00 € VVK / AK


Nabucco
Oper von Guiseppe Verdi 


Guiseppe Verdi gehört ohne Zweifel zu den populärsten Opernkomponisten überhaupt. Die Rigoletto-Arie „La donna è mobile“ wurde längt zum geflügelten Wort und der Gefangenenchor aus Verdis Oper „Nabucco“ avancierte bereits zu Lebzeiten des Komponisten zur heimlichen Nationalhymne Italiens. „Nabucco“ feierte seine Premiere 1842 an der Mailänder Scala. Mittlerweile ist die Oper in vier Akten aus dem Repertoire der großen Opernhäuser und Open-Air-Aufführungen nicht mehr wegzudenken, und wird heute noch genauso begeistert aufgenommen wie vom Premierenpublikum.

Das dramatische Spiel um Liebe und Macht wird mit prachtvollen Kostümen, imposantem Bühnenbild und zauberhafter Beleuchtung und über 100 Mitwirkenden einzigartig in Szene gesetzt. Die renommierten Solisten, der große Chor und das Orchester musizieren unter der Leitung des bulgarischen Dirigenten Nayden Todorov. Die Inszenierung stammt von der Regisseurin Nadia Hristo. 



Mit dem Shuttlebus ins Amphitheater

Busshuttle im 30-Minutentakt vom Hauptbahnhof über Porta Nigra/Simeonstiftplatz mit Zusteigemöglichkeiten an den Haltestellen Treviris - Nikolaus-Koch-Platz – Karl-Marx-Haus – Rathaus – Stadtbad zum Amphitheater.
Das erste Shuttle startet um 18.00 Uhr, das letzte um 19.30Uhr.

Für die Fahrt mit den Sonderbussen gilt die Eintrittkarte als Fahrschein.
Popp Concerts weist unbedingt darauf hin, dass die Fahrt zum Amphitheater und zurück mit Vorlage der Eintrittskarte nur in diesen Sonderbussen kostenfrei möglich ist und die Eintrittskarte nicht im Liniennetz der Stadtwerke Trier bzw. der VRT als Fahrschein gilt.




Fritz Wunderlich +, Kusel (Nordpfalz)

Montag, 15. Juli 2013

Vorschau auf den 25.07.2013: NABUCCO (Open Air, Amphitheater Trier)

25.07.2013   I     Einlass: 19:00 Uhr; Beginn: 20:00 Uhr    I    Amphitheater Trier
ab 37,00 € VVK 


Nabucco
Oper von Guiseppe Verdi 


Guiseppe Verdi gehört ohne Zweifel zu den populärsten Opernkomponisten überhaupt. Die Rigoletto-Arie „La donna è mobile“ wurde längt zum geflügelten Wort und der Gefangenenchor aus Verdis Oper „Nabucco“ avancierte bereits zu Lebzeiten des Komponisten zur heimlichen Nationalhymne Italiens. „Nabucco“ feierte seine Premiere 1842 an der Mailänder Scala. Mittlerweile ist die Oper in vier Akten aus dem Repertoire der großen Opernhäuser und Open-Air-Aufführungen nicht mehr wegzudenken, und wird heute noch genauso begeistert aufgenommen wie vom Premierenpublikum.

Das dramatische Spiel um Liebe und Macht wird mit prachtvollen Kostümen, imposantem Bühnenbild und zauberhafter Beleuchtung und über 100 Mitwirkenden einzigartig in Szene gesetzt. Die renommierten Solisten, der große Chor und das Orchester musizieren unter der Leitung des bulgarischen Dirigenten Nayden Todorov. Die Inszenierung stammt von der Regisseurin Nadia Hristo. 



Mit dem Shuttlebus ins Amphitheater

Busshuttle im 30-Minutentakt vom Hauptbahnhof über Porta Nigra/Simeonstiftplatz mit Zusteigemöglichkeiten an den Haltestellen Treviris - Nikolaus-Koch-Platz – Karl-Marx-Haus – Rathaus – Stadtbad zum Amphitheater.
Das erste Shuttle startet um 18.00 Uhr, das letzte um 19.30Uhr.

Für die Fahrt mit den Sonderbussen gilt die Eintrittkarte als Fahrschein.
Popp Concerts weist unbedingt darauf hin, dass die Fahrt zum Amphitheater und zurück mit Vorlage der Eintrittskarte nur in diesen Sonderbussen kostenfrei möglich ist und die Eintrittskarte nicht im Liniennetz der Stadtwerke Trier bzw. der VRT als Fahrschein gilt.




Fritz Wunderlich, der erste und letzte berühmte Kuseler (Nordpfalz)

Samstag, 1. Juni 2013

Heute Abend in Völklingen: RIGOLETTO von Verdi

Herrenchor, Olafur Sigurdarson
© Björn Hickmann

01.06.2013   I   19:30 - 22:30 Uhr   I    Staatstheater Saarbrücken, Weltkulturerbe Völklinger Hütte

Rigoletto
Melodrama in drei Akten von Giuseppe Verdi
Libretto von Francesco Maria Piave
nach dem Versdrama »Le Roi s’amuse« von Victor Hugo
Musik von Giuseppe Verdi

18:30 Uhr Einführung im Bus


Guiseppe Verdi
Rigoletto, Hofnarr in Diensten des Duca, erfährt am eigenen Leib, was er anderen angetan hat. Bisher unterstützte er munter seinen liebestollen Herrn bei dessen amourösen Übergriffen, verhöhnte, verspottete Dutzende entehrte Ehemänner, verzweifelte Väter. Doch jetzt gerät seine eigene vor der (Männer-)Welt verborgene, blutjunge Tochter in die Fänge des Herzogs. Gildas Liebe ist tief, Gildas Liebe ist groß, so groß, dass sie am Ende sogar für den Duca, der sich längst schon wieder einer Anderen zugewandt hat, in den Tod geht.

Mit »Rigoletto« beginnt Verdis Entwicklung zum Musikdramatiker. Er breitet vor den Augen und Ohren der Zuschauer einen notwendig fatal endenden Plot von unübertroffener psychologischer Dichte und musikalischer Qualität aus. 

Donnerstag, 23. Mai 2013

Wie war die Premiere von Elton Johns AIDA in Kaiserslautern?



Fotos: Hans-Jürgen Brehm-Seufert

AIDA, die vielgeliebte, berühmte Oper Guiseppe Verdis, ritualmäßig immer in Verona zu sehen, ein Musical? Tatsächlich, und nicht nur das, auch noch mit Musik von "Sir" Elton John, der seit Jahrzehnten die Popwelt mit Songs von Rang und Namen versorgt, so dass selbst Queen Mum ausflippte und ihn zum Ritter schlug. In Kaiserslautern brachte man das 1999 in Chicago in einer ersten Fassung zu Wasser gelassene Bühnenspektakel und 2000 seine Premiere am New Yorker Broadway feiernde Musical letzten Samstag, den 18.05.2013, im Pfalztheater auf die Bühne. 

Ausgezeichnet mit vier Tony Awards, u. a. für die beste Originalmusik, sowie mit einem Grammy Award für den besten Musicalsoundtrack konnte der Besucher in der Premiere die Bekanntschaft mit einer veränderten, gefälligen, aber nicht  weniger dramatischen und heroischen AIDA machen. Die Inszenierung übernahm Johannes Reitmeier, Intendant aus Innsbruck, vormals langjähriger Intendant in Kaiserslautern. Liebe über allem, Sehnsucht nach Völkerverständigung, Niederlegung der Waffen, die Rache des Pharaos bzw. sein Tochter Amneris jedoch unbezwingbar grausam. Kein Wunder, die Intrige von Radames' leiblichem Vater Zoser (der Sohn wusste bis kurz vor seinem Tod nicht, dass sein Förderer und Ausbilder auch sein Vater war und schuld daran, dass seine Mutter im Hurenhaus sterben musste), den Pharao mit Gift zu beseitigen, um Radames zum mächtigsten Mann in Ägypten zu machen -  Amneris, die Tochter der Isis (ägyptische Göttin) an seiner Seite -, ist eines der schwersten, manchmal durchaus sinnvollen Kapitalverbrechen in der Geschichte der Menschheit, handelt es sich doch um den Regentenmord! Diese Freiheit haben sich Tim Rice und die Buchverfasser Linda Woolverton, Robert Falls & David Henry Hwang genommen, denn Verdis Librettist bestraft nur den Versuch, einen Fluchtweg zu offenbaren. Zoser ist allerdings wirklich ein Bösewicht, er führt Schlimmes im Schild, der Pharao krank und schwächlich, bangt um das ägyptische Reich, er wird hinterhältig angegriffen. Bei Verdi existiert dagegen der Oberpriester Ramphis.


Alles geglättet, in den Mainstream mündend, ist AIDA mit der poppigen, rockigen Musik von Elton John und den Gesangstexten von Tim Rice zwar weder in der Aktreihenfolge von Verdi zu sehen noch in dessen Handlungsaufbau, das gegnerische Königreich auch geändert, dafür aber in einer neuen, anderen, aber dennoch vergleichbaren Story. Bisweilen kitschige Elemente machen auch die Breitenakzeptanz aus.


Zu Beginn gelangen wir in eine Art ägyptisches Museum oder Mausoleum, das die Geschichte von Ramades und Amneris verbirgt, dessen Todesruhe dann tatsächlich in Handlung übergeht. Alles erzählt von der Pharaonenkultur, die Videoprojektionen, die in diesem Musical sehr häufig eingesetzt werden, und die Musik. Aus diesem Bild erscheinen die Ägypter, Amneris singt von dem Land der harten Gesetze (Deutsch von Michael Kunze). Bei Verdi wurde Äthiopien/Theben bereits vor langer Zeit besiegt. 

Bei John/Rice ist Nubien (historisch mal Kolonialstaat von Ägypten, mal Herrscher über Ägypten, 5000 Jahre alt, heute Sudan) zwar bereits von Ägypten besetzt, die Kämpfe haben aber eher gerade angefangen. Ramades ist der oberste Befehlshaber der Heere und siegreicher Feldherr. Sie machen wieder einmal Gefangene. Unter ihnen AIDA, die Tochter des nubischen Königs, die gleich zeigt, was edle Gesinnung ist, und ihren Kopf riskiert, um ihre Dienerinnen von Übergriffen und Vergewaltigungen freizupressen. Ramades wird aufmerksam auf sie, die ihren Lebenstraum in der Gefangenschaft zerbrechen sieht. Sein Diener zu Hause in Ägypten ist wie viele andere im Palast und in Ägypten auch Nubier. Mereb erkennt seine Herrin und versucht sie mit allen anderen auch zu beschützen und ihre Herkunft zu vertuschen. Sie ist ein Geschenk Ramades an Amnires, die sie aufnimmt, da sie gebildet ist und Modeberatungen leisten kann. 
Im Palast wartet Amnires, der Pharao, die Pläne, Ramades in sieben Tagen durch Hochzeit zum Nachfolger zu machen, da der Pharao von einer schweren Krankheit erfasst zu sein scheint. Radames mag und lockt Amnires, aber gerät zwischen die beiden Frauen, da er AIDA zu lieben beginnt. Er liebt sie so und findet Erwiderung, dass er sein Hab und Gut an die Nubier verteilt: "Ich trag einen Traum in mir, ein neues Leben, nur mit ihr..." Eines Tages bringen die Truppen auch den König von Nubien, AIDAS Vater, nach Ägypten, er landet im Kerker. Ein beeindruckendes Bild der Verbundenheit der Nubier mit ihrer Prinzessin, ihrer zukünftigen Königin, mit bunten Bändern miteinander verbunden, lässt Teil 1 enden.

Der zweite Teil beginnt mit einer Szene zur "Liebesblindheit" von AIDA, Amnires und Ramades mit schwarzen Brillen. AIDA und Mereb erkaufen sich den Zugang zum Kerker, um mit dem König einen Ausbruch zu planen, der pharaonische Hochzeitstag wird auserkoren. Währenddessen erfährt Ramades die Wahrheit über seinen Vater, die beiden geraten aneinander, wegen der Vergangenheit und weil Zoser seine Pläne durchziehen will. Ramades gewinnt den Kampf. Zoser befiehlt die Ermordung AIDAS, die misslingt, weil eine andere Nubierin sich opfert. Wieder ein großes Handlungsgeschehen, in dem das nubische Volk seine Königstochter schützt und verehrt. AIDA fordert Ramades aus guten Gründen auf, seinen Hochzeitsplan einzuhalten, sie weiß, dass eine Liebe zwischen ihnen obendrein unmöglich ist. Ramades kann sie nicht halten, bietet eines seiner Schiffe für die Flucht an und gibt ihr sein Amulett als Pass mit. Die Flucht fliegt auf, Ramades deckt sie, aber nachdem ihr Diener Mereb verletzt wird, bleibt sie bei ihm, lässt den Vater alleine fliehen. Zoser weiß, dass nun alles auffliegen wird, zumal der Pharao Kenntnis davon hat, was ihn krank machte. Zoser vergiftet sich. Amnires versucht Ramades noch zu schützen, aber wie im Original gibt er alles zu und muss nun sterben. Die Tochter des Isis verurteilt ihn und - abweichend von Verdi - auch AIDA dazu, unter der Wüste eingemauert zu sterben. Bei Verdi war AIDA erfolgreich geflohen, schlich sich aber in das gemauerte Verlies und starb freiwillig mit ihrem Geliebten, während oben Amneris den Tod ihres Geliebten betrauert. Im Pfalztheater ein gigantisches Bühnenbild vom versinkenden Verlies, nachdem die Liebenden ihre Zuneigung füreinander bestärkt hatten.


Die Hauptpersonen alle überzeugend, besonders Sigalit Feig als konturreiche und stimmgewaltige AIDA, Martin Pasching mehr ein Smartboy als ein Feldherr Ramades, aber ein Bilderbuchliebhaber, Amneris von Astrid Vosberg eine starke Stimme verliehen, Mereb von Daniel Böhm gewitzt, lustig und kämpferisch gespielt. Zoser von Randy Diamond der kantige Kämpfer und Machtbesessene, der über Leichen geht, beeindruckend geschminkt, der Pharao von Thomas Kollhoff krank und gebrechlich, und schließlich der König von Nubien in einer nicht ganz klaren Indianerkostümierung (Bernhard Schreurs). Ballett und Chöre sehr farbenfroh und lebendig gestaltet. Ein beeindruckendes Bühnenbild mit vielen optischen Effekten zauberte das alte Ägypten auf die Bühne des Theaterhauses.

Samstag, 18. Mai 2013

Heute Abend: Premiere von Elton John's & Tim Rice's AIDA.


Elton John & Tim Rice`s AIDA | Foto der Produktion am Staatstheater Darmstadt © Barbara Aumüller
18.05.2013  I  19:30 Uhr  I  Pfalztheater Kaiserslautern, Großes Haus

AIDA
Musical von Elton John und Tim Rice
Musik von Elton John, Gesangstexte von Tim Rice, Buch von Linda Woolverton, Robert Falls & David Henry Hwang
Deutsch von Michael Kunze
Premiere 18|05|2013 | Großes Haus

Eine Koproduktion mit dem Staatstheater Darmstadt.


Die Liebesgeschichte von Aida und Radames wurde durch Giuseppe Verdis Oper weltberühmt. Sie handelt von zwei jungen Menschen, verbunden durch die Liebe und zerrissen durch das Schicksal ihrer Völker. Aida, die nubische Prinzessin, lebt in ägyptischer Gefangenschaft und verliebt sich in den gefeierten Kriegshelden Radames. Er ist ihr Feind, doch als Mann erwidert er Aidas Liebe, obwohl er bereits mit Amneris, der Tochter des Pharaos, verlobt ist. Es beginnt eine leidenschaftliche Geschichte um Liebe, verletzte Gefühle und das Schicksal zweier Völker.

Der britische Popstar Elton John und seine Librettisten konzipierten das Musical-Gegenstück zu Verdis Oper zunächst als Soundtrack zu einem Zeichentrickfilm, der allerdings nie realisiert wurde. Letztlich wurde daraus eine Bühnenshow, die 1998 in Atlanta ihre Premiere erlebte. In einer überarbeiteten Fassung kam das Musical 1999 in Chicago heraus, bevor es am 23. März 2000 eine umjubelte Premiere am New Yorker Broadway erlebte. „AIDA“ wurde mit vier Tony Awards, u. a. für die beste Originalmusik, sowie mit einem Grammy Award für den besten Musicalsoundtrack ausgezeichnet.

Elton Johns eingängige Songs und Ensemblenummern für „AIDA“ sind der Popmusik verpflichtet, schließen aber auch andere Musikstile wie Reggae, Motown und Gospel sowie Elemente traditioneller Musik aus dem Vorderen Orient mit ein.

Mittwoch, 8. Mai 2013

Heute Abend im Weltkulturerbe Völklinger Hütte: RIGOLETTO


08.05.2013  I  19:30 Uhr  I  Weltkulturerbe Völklinger Hütte

Rigoletto

66333 Völklingen
Telefon: +49 (0) 6898 9100100
www.voelklinger-huette.org


Rigoletto, Hofnarr in Diensten des Duca, erfährt am eigenen Leib, was er anderen angetan hat. Bisher unterstützte er munter seinen liebestollen Herrn bei dessen amourösen Übergriffen, verhöhnte, verspottete Dutzende entehrte Ehemänner, verzweifelte Väter. Doch jetzt gerät seine eigene vor der (Männer-)Welt verborgene, blutjunge Tochter in die Fänge des Herzogs. Gildas Liebe ist tief, Gildas Liebe ist groß, so groß, dass sie am Ende sogar für den Duca, der sich längst schon wieder einer Anderen zugewandt hat, in den Tod geht.

Mit »Rigoletto« beginnt Verdis Entwicklung zum Musikdramatiker. Er breitet vor den Augen und Ohren der Zuschauer einen notwendig fatal endenden Plot von unübertroffener psychologischer Dichte und musikalischer Qualität aus.


Melodrama in drei Akten von Giuseppe Verdi
Libretto von Francesco Maria Piave nach dem Versdrama »Le Roi s’amuse« von Victor Hugo
Musik von Giuseppe Verdi

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Musikalische Leitung: Toshiyuki Kamioka
Inszenierung: Dagmar Schlingmann
Choreografie: Fabian Posca
Bühnenbild: Sabine Mader
Kostüme: Inge Medert
Choreinstudierung: Jaume Miranda


Kostenloser Bus-Service zu allen Außer Haus-Vorstellungen

Ob nach St. Ingbert, Völklingen, über die Grenze bis ins französische Forbach oder »nur« zur Christkönig-Kirche: Allen Besucherinnen und Besuchern, die nicht selbst zu den Außer Haus-Vorstellungen fahren möchten, bietet das SST einen kostenlosen Bus-Service vom Staatstheater aus an.

Die Abfahrt wird jeweils 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn sein - mit zwei Ausnahmen: Die Busse zur Christkönig-Kirche fahren 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn am SST ab; die Abfahrt nach St. Ingbert zur »Operation Orchester« ist um 19.15 Uhr. Im Anschluss an die Vorstellungen fahren die Busse dann wieder zum SST zurück.

Abfahrt: Tbilisser Platz vor dem Staatstheater
Verbindliche Anmeldung: Beim Kartenkauf bzw. bis spätestens eine Woche vor der Vorstellung

Weitere Informationen erhalten Sie bei der Anmeldung im SST-Vorverkauf, Schillerplatz 2, +49 (0)681) 3092-486.