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Dienstag, 27. September 2016

Wie war's bei FALSTAFF, Commedia lirica von Guiseppe Verdi, in Frankfurt a.M.?


Dr. Cajus platzt ins Wirtshaus herein zu Falstaff
(c) Monika Rittershaus
Falstaff, seit Shakespeare der Inbegriff einer speziellen Kunstfigur, ist ein dicker Ritter, Saufbold und raufsüchtig, angeberisch und philosophisch, unmoralisch und kriminell. Eine runde lustige Figur auf der Bühne, dem immer einfach das Geld fehlt für sein opulentes Leben und der sich was einfallen lassen muss, um an die lieben Silberlinge zu kommen. Das Thema wurde mindestens 15-mal prominent vertont, einmal auch bei Orson Welles filmisch verarbeitet. Namen wie Adolphe Adam (1856), Michael William Balfe (1838), Ludwig van Beethoven (1823), Antonio Salieri (1799) und eben Giuseppe Verdi tauchen auf. Für Verdi war es seine letzte Oper (1893 in der Mailänder Scala uraufgeführt), die dafür aber auch einmal auf Anhieb positiv angenommen wurde.

Der Komponist hat Falstaff zum Philosophen und geistreichen Narr ausstaffiert. In der Frankfurter Oper wurde die Commedia lirica in drei Akten am 23.09.2016 zum zweiten Mal wiederaufgenommen und begeistert von den Zuschauern begrüßt und gefeiert. 

Die Geschichte um den einerseits bacchantischen, andererseits eher abschreckenden geldgierigen Galan bereitet doch viel Spaß und wird in Frankfurt mit einem aufwändigen Bühnenbild, fahrbaren haushohen Kulissen, Special Effects und wunderbaren Kostümen versehen. Die Musik vom Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Julia Jones lange Strecken heiter und kurzweilig, die Stimmen herrlich voluminös bei Sir John Falstaff (Željko Lucic), und Mister Ford, Alices Gatte (James Rutherford) und kraftvoll feminin bei Nannetta, Alices Tochter (Kateryna Kasper), Mrs. Alice Ford (Jessica Strong), Mrs. Meg Page (Paula Murrihy) und Mrs. Quickly (Anna Larsson). 

Zum Schießen der Münchhausenauftritt von Dr. Cajus (Hans-Jürgen Schöpflin), der auf einer riesigen Kanonenkugel ins Wirtshaus „hereinplatzt“, die Figur des versoffenen, rotnasigen Bardolfo (Ralf Simon), in Falstaffs Diensten, der nicht nur überzeugend klauen kann, sondern auch als falsche Braut an Cajus Seite am Ende ganz irritierte Neigungen bei beiden andeutet. Ein Glück mit einem solchen Diener, dessen Nase auch nachts noch leuchtet, gesegnet zu sein. Eifersüchtig auf den neuen Freund seines Alter Egos ist Pistola, der zweite Bedienstete (Barnaby Rea, wie Rutherford, Kasper, Strong, Murrihy, Larsson und Simon Rollendebütanten, Larsson zudem das erste Mal an der Frankfurter Oper).

Sir John Falstaff ist halt trotz Geist ein Schlawiner, deswegen verabredet er sich mit zwei Frauen auf einmal und schreibt er beiden denselben Liebesbrief. Was ihn eigentlich interessiert, das ist das Geld der beiden und der Spaß, es zu bekommen. Sowohl Alice als auch Meg verwalten das Ehevermögen. Die zwei Gefoppten beschließen ihm ordentlich den Kopf zu waschen und stellen ihm geschickt eine Falle. Der Mann von Alice hat mittlerweile durch die beiden „ehrenhaften“, kriminellen und versoffenen Faktoten Bardolfo und Pistola, die den Liebesbriefbetrug nicht mitmachen wollten, von dem Plan Falstaffs erfahren und stellt ihm ebenfalls eine Falle, um ihn in flagranti zu erwischen. 

In schöner witziger Eile auf der Bühne lässt Verdi alles zusammenfließen im Haus der Alice. Da muss sich Falstaff in der Truhe für Schmutzwäsche verstecken, poltert der „General“ Ford mit seinen Mannen durch die Stube, um aufgrund eines deutlichen Kussgeräusches einen Paravent umzureißen, hinter dem sich seine Tochter Nannetta mit Fenton aufhält, den er gar nicht zum Schwiegersohn haben will. Während die Soldaten weitersuchen, landet Falstaff im „Stadtgraben“ (Themse). Nach diesen beiden Akten scheint schon alles in einem witzigen Höhepunkt erledigt, aber im dritten Akt treiben die hochgenommenen Frauen ihr Spiel weiter. 

Falstaff, wie er leibt und lebt
(c) Monika Rittershaus
Als Schwarzer Jäger mit Hirschgeweih soll er um Mitternacht ein weiteres Rendez-vous mit Alice haben, dem der Geläuterte nicht traut. Er sitzt klitschnass am Ufer, nachdem er sich aus der Truhe befreien konnte und an Land schwomm – übrigens hervorragend von Keith Warner und den Bühnenbildern/Lichttechnikern gelöst mit einem Glaskasten, der es erlaubt mit raffinierten Lichtspielen Falstaff unter Wasser zu zeigen -, und philosophiert über das Leben. Er beschließt die zweite Chance wahrzunehmen und kommt in ein arges Treiben mit Alice, Nannetta und den Bürgerinnen von Windsor, verkleidet als Feen, mit General Ford , der im unglaubwürdigen, aber lustigen Ende der Oper Dr. Cajus mit Nanetta und ein anonymes Paar gleich mit verheiratet, und Bürgern der Stadt, die den "gehörnten" Sir peinigen und piesacken, bedrohen und erschrecken, damit er für immer und ewig seinen Unsinn ablege. Der Spuk fliegt auf, die falsche Nannetta ist Bardolfo, der gerade zum Entsetzen von Pistola Cajus geheiratet hat, und die Anonymen sind Nanetta und ihr Geliebter Fenton. So sind alle Fopper und Gefoppte, denn „Alles in der Welt ist Posse, der Mensch ist als Possenreißer geboren“, wie Falstaff sagt, und er selbst ist der eigentliche Motor dieser Posse: „Ich bin es, der euch gewitzt macht. Mein Witz erschafft den Witz der anderen.“

Falstaff bereichert die Welt, er sorgt für Spaß und Humor. Er soll es nach Verdi auch weiterhin tun: „Geh, geh, alter John. Lauf dahin auf deinem Weg, so lange du kannst … Lustiges Original eines Schurken; ewig wahr, hinter jeglicher Maske, zu jeder Zeit, an jedem Ort!! Geh … Geh … Lauf Lauf … Addio!!!“

Die Schlussfuge, in die alle einstimmen, hebt die Spielchen in gemeinsamer Übereinkunft auf: Tutto nel mondo è burla, l’uom è nato burlone. (Alles ist Spaß auf Erden, der Mensch als Narr geboren.)




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