Kunst als Wertschöpfung
Zum Verhältnis von Ökonomie und Ästhetik
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17, 60594 Frankfurt
jeweils 18 Uhr, Eintritt frei
Stiftungsgastprofessur „Wissenschaft und Gesellschaft“ der Deutsche Bank AG im Wintersemester 2018/19
bis 6. Februar 2019, jeweils 18 Uhr
24. Oktober 2018
7. November 2018
21. November 2018
5. Dezember 2018
19. Dezember 2018
23. Januar 2019
6. Februar 2019
Zweckrationales Gewinnstreben auf der einen, zweckfreier Genuss gepaart mit kritischer Reflexion auf der andern: Wirtschaft und Kunst, Ökonomie und Ästhetik scheinen in einem unüberwindlichen Gegensatz zu stehen.
Was aber, wenn Kunst nicht nur Kritik an der Ökonomisierung der Lebenswelt übt oder als Kompensation für den Stress des Wirtschaftslebens dient, sondern selbst von ökonomischer Logik durchdrungen ist, ja sogar zur ökonomischen Entwicklung beiträgt? Diesen Fragen geht die interdisziplinäre Vortragsreihe „Kunst als Wertschöpfung. Zum Verhältnis von Ökonomie und Ästhetik” im Rahmen der Deutsche Bank Stiftungsgastprofessur „Wissenschaft und Gesellschaft“ nach: Namhafte Expertinnen und Experten aus den Wirtschaftswissenschaften, der Kunstgeschichte und den Kulturwissenschaften denken in sieben öffentlichen Vorträgen im Museum Angewandte Kunst das Verhältnis von Ökonomie und Ästhetik neu.
19. Dez 2018
Moritz Baßler
Münster, Literaturwissenschaft
ÄSTHETISCHE ANGEBOTE IM ZEICHEN DES KONSUMS – AUSDIFFERENZIERUNG ODER EINHEITSBREI?
Die Frankfurter Schule behauptet, ästhetische Angebote unter Marktbedingungen wären nichts als die Umkleidung eines Immergleichen, der Warenform. Die enorme Ausdifferenzierung populärer Künste, etwa der Pop-Musik seit den 1950er Jahren, scheint dieses Verdikt nicht zu bestätigen. Aber wie steht es mit der Literatur? Hat sich hier nicht in der Tat ein Populärer Realismus als eine Art International Style des Erzählens herausgebildet?
Moritz Baßler ist Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Münster. Studium der Germanistik und Philosophie in Kiel, Tübingen und Berkeley, 1993 Promotion bei Gotthart Wunberg in Tübingen (Die Entdeckung der Textur), bis 1998 Redaktor des Reallexikons der deutschen Literaturwissenschaft, bis zur Habilitation 2003 Wiss. Assistent bei Helmut Lethen in Rostock, bis 2005 Professor of Literature an der International University Bremen. Publikationen mit den Schwerpunkten Literatur der Klassischen Moderne, Literaturtheorie, Gegenwartsliteratur, Realismus und Popkultur. Akademischer Leiter des Master-Studiengangs „Kulturpoetik der Literatur und Medien“ an der WWU Münster.
Moderation: Heinz Drügh
23. Jan 2019
Wolfgang Ullrich
Leipzig, Kunstgeschichte/Philosophie
DER WESTLICHE KUNSTBEGRIFF IM SOG DES GLOBALISIERTEN KUNSTMARKTS
Die Globalisierung des Kunstmarkts hat Folgen für den Kunstbegriff und, im weiteren, für den Charakter der Kunst selbst. So zeigt sich, dass das westlich-moderne Verständnis von Kunst, ja die Idee einer Kunstgeschichte sowie einer daraus abgeleiteten autonomen Kunst, lediglich einen Sonderfall darstellte. In den meisten anderen Kulturen gibt es z.B. weder eine klare Trennung zwischen freier und angewandter Kunst noch eine zwischen ‚high‘ und ‚low‘. Der Vortrag wird beleuchten, wie die Akteure des globalen Kunstmarkts Kategorien der Kunstbeurteilung relativieren, die von Theorie und Kritik zwar immer wieder infrage gestellt worden waren, sich aber dennoch lange Zeit gehalten hatten. Werden sie nun endgültig obsolet? Und wie sieht die Kunst aus, die dann entsteht?
Wolfgang Ullrich war von 2006 bis 2015 Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Lebt seither als freier Autor und Kulturwissenschaftler in Leipzig. Publikationen zur Geschichte und Kritik des Kunstbegriffs, zu bildsoziologischen Themen sowie zu Konsumtheorie. Jüngste Buchpublikationen: Siegerkunst. Neuer Adel, teure Lust, Berlin 2016; Der kreative Mensch. Streit um eine Idee, Salzburg 2016; Wahre Meisterwerte. Stilkritik einer neuen Bekenntniskultur, Berlin 2017.
Moderation: Heinz Drügh
6. Feb 2019
Julika Griem
Kulturwissenschaftliches Institut Essen, Anglistik
ÖKONOMIEN DES SPIELS IN KUNST UND WISSENSCHAFT
Wer über Wagnis, Wettbewerb und Wertschöpfung als ästhetische Parameter nachdenkt, wird schnell auf die Kategorie des Spiels stoßen. Sie ist allerdings in ihrer historischen Semantik und Theoriegeschichte vielschichtig und damit geeignet, unterschiedliche Auffassungen von ästhetischer Wahrnehmung und Wirkung zu stützen: Als „play“ gilt das Spiel als Garant von Freiheit; als „game“ fordert es dazu auf, Regeln zu beachten. Aufforderungen zur Spielbereitschaft finden sich sowohl in ästhetischen als auch in ökonomischen Programmen: Kunst entsteht für manche erst dann, wenn Konventionen spielerisch verletzt werden; erfolgreiches Unternehmertum speist sich für andere aus der Fähigkeit, dem Hazard nicht auszuweichen.
Dieser Vortrag wird ausgehend von der weit zurückreichenden Verwandtschaft von ästhetischen und ökonomischen Glücksspielen, von „venture“ und „adventure“, einen Blick auf die Wissenschaft riskieren.
Julika Griem leitet seit April 2018 das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI). Von 2005 bis 2012 lehrte und forschte sie als Professorin für Anglistische Literaturwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt, von 2012 bis 2018 an der Goethe-Universität Frankfurt. Seit 2016 ist sie Vizepräsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Ihr Forschungsinteresse gilt u. a. der Analyse des gegenwärtigen Literaturbetriebs und seiner sich wandelnden Formate und Rituale sowie den Methoden seiner Erforschung; ein weiteres der Wissenschaftspolitik und den Institutionen, die Literatur und Literaturwissenschaft überhaupt erst ermöglichen.
Moderation: Johannes Völz