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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Mittwoch, 27. August 2014

Psychologie: Synchrone Bewegung als Massenbeeinflussung



Was macht ordentlich Eindruck, flößt Respekt ein? Der Gleichschritt! Schon das Aufeinanderzumarschieren der vorchristlichen Truppen war das entscheidende Vorstadium für den folgenden Kampf. Wer mit Angst am Treffpunkt ankam, hatte die schlechteren Karten. Hinzu kommt das Lärmen, Musizieren, was die europäischen Armeen kultivierten, Römer und Wikinger aber auch schon kannten, Trommeln und aufs Schild schlagen ...
Es ist Militärs wie politischen Gruppierungen klar, dass sie Stärke nur so (plus Extremwaffen) zeigen können, und sie benutzen es nach Tausenden Jahren immer noch. Eine archetypische Geninformation? Marschierer sind beeindruckend, furchterregend, stark. Beiderlei Geschlecht möchte dazugehören, von ihnen beschützt werden usw. Der Gleichschritt schafft Zusammengehörigkeitsgefühl. In Moskau, Washington, London, Paris, Peking und in den Diktaturstaaten lässt er Feinde schwächer erscheinen, bindet er das Volk und demonstriert Macht!
Selbst feierliche Ritualtänze, Tanzformationen, Ballett: Der Gleichschritt oder andere Formen synchroner Bewegung werden bewundert, und das gemeinsame Tun schweißt zusammen. Jetzt haben US-Forscher noch eine zweite Wirkung des Gleichschritts bestätigt, die auch jedem eigentlich klar ist: Den gemeinsam Marschierenden erscheinen Feinde und bedrohliche Gestalten schwächer und kleiner, wie ihr Experiment belegt. Wer im Gleichschritt marschiert, hat weniger Angst und Respekt vor dem Gegner. Das erklärt die Vorliebe des Militärs für synchrones Marschieren. Das Marschieren im gleichgeschalteten Schwarm kann natürlich bei Demonstrationen, Radikalenaufmärschen, Polizeieinsätzen, Militär im Alltag auch ungerechtfertigt aggressives Verhalten fördern.

Sonntag, 7. Juli 2013

Dichterhain: IRAN von Jörn Laue-Weltring





Iranischer Frühling (Original)
© Aramesh

... In welcher Gasse der Zeit
ist der Frühling verloren gegangen,
dass die Vögel nicht mehr singen?

Auf meinen grünen Augen,
wachsen schwarze Tulpen
unter der Sonne des Vergessens.

Statt süßer Küsse huschen
Ratten über Granatapfelmünder
und pressen Pflaster darauf.

Rechenaufgaben mit Blut
auf Stein geschrieben werden gelöscht
durch den Klang der Peitsche.

Murmelnde Greise verschließen
Türen, auf dass schöne Mädchen
hinter den Gittern verkümmern.

Und oben auf den Minaretten
zählen schwarze Fledermäuse
die Gräber unserer Kinder.

(c) Barbara Naziri



Iran 
(für Barbara Naziri, wenn auch längst nicht so,
wie sie es ausdrücken kann)


Bei mir kam der Schah
Von Persien zum Abendbrot
... Auf dem Küchentisch aufgeschlagen
Seine Soraya und später die Farah Diba

Bei mir kam Persien
In der Schule vor, schöne Bilder
Von kriegerischen Streitwagen, bärtigen Kriegern

Tausend und eine Nacht habe ich
Erst viele Jahre später damit in Verbindung gebracht
Und die persischen Ärzte und Verse von Liebe und Sexualität

Aber getanzt und gejubelt
Habe ich anlässlich des Sturzes des Schahs
Und mich befreit gefühlt auch von der Regenbogenpresse

Bitter empfand ich den Sieg der Mullahs
Den Rückfall in die Barbarei des Mittelalters und deren Kriege
Leid taten mir die Freunde aus dem Iran, der Verrat an ihrem Widerstand

Von Kultur war in all der Zeit
Nie die Rede, nur von Neuzeit, Technik, Glauben und abstrakter Demokratie,
so blieb unverstanden, was die Bevölkerung zu diesem Regime trieb.

Lange ist es her, dass wir für das Volk des Iran
Die Straßen mit unserem Widerstand schmückten und damit uns selbst
Längst sind wir eingefangen in der alltäglichen Rationalität faulender Kompromisse

Und verstehen nicht mehr, dass es
Auch um unser Leben geht, unsere Kultur und Identität.
Wer zu lange den Falschen aus den Händen fraß, ist bald selber dran

Gefressen zu werden.

(c) Jörn Laue-Weltring

Montag, 4. Februar 2013

Neues von Severin Groebner

Februar-News von Severin Groebner

Das sind doch mal wieder Tage des nationalen Erschauerns zur Zeit, oder? 
In Deutschland gedenkt man an die 80 Jahre alte „Machtergreifung“ durch den kleinen Österreicher mit dem Bart, den er von Charlie Chaplin geklaut hatte. Natürlich war das aber keine „Ergreifung“, sondern viel mehr eine „Übergabe“, aber „Machtübergabe“ klingt irgendwie so, als hätte der gute, alte Hindenburg auch was damit zu tun. Und das ist nicht so schön, da der Mann bis heute als väterlicher Weltkriegsverlierer da und dort sehr geschätzt wird.
Egal, jedenfalls sieht man den berühmtesten Auslandsösterreicher wieder sehr oft im TV und dazu ist auch noch Wagner-Jahr. Na, wie das wieder passt!
Und anschließend wird auch gleich wieder an Stalingrad gedacht. Ach ja, vom siegestrunkenen Fackelzug bis zur Niederlage der abgefrorenen Zehen in nur vier Tagen! Wenn das damals nur auch so schnell gegangen wäre...
Wegen dieses Gedenkens heisst jetzt aber Wolgograd auch für ein paar Tage wieder „Stalingrad“. 
Vielleicht damit der historisch-afine Internet-User, das Schlachtfeld auch auf Google-Maps wiederfindet. Oder damit die Erinnerung an Stalins Herrschaft den Herrn Putin im Vergleich als gütigen, lupenreinen Demokraten erscheinen lässt. Weshalb jetzt auch Gerard Depardieu (sprich: Deppat? Jö!) Russe geworden ist. Oder weil er als Franzose unter „putin“ akkustisch eigentlich etwas völlig anderes verstanden hat... wie auch immer... in Österreich bleibt man von all dieser anstregenden Historie verschont. 
Ja, seit Dichand der Ältere sich die Sonntagskrone von unten ansieht, werden nicht mal mehr die Heldentaten der Wehrmacht, der wahrscheinlich liebreizendsten Angriffsarmee der Geschichte, regelmäßig gewürdigt. Und die Wehrpflicht bleibt auch bestehen. Denn das Volk hat so abgestimmt, obwohl die Kronen Zeitung dagegen war.
Ein Wahnsinn! Chaos! Anarchie droht! Die Welt steht auf keinen Fall mehr lang. Wem soll der Karriere-orientierte Politprofi nun in den Anus robben? Diese Orientierungslosigkeit! Im Wahljahr! 
Aber wir Österreicher haben ja immer noch unsere Skifahrer. Diese Helden in der Disziplin des Höchstgeschwindigkeitsberghinunterrutschen versammeln sich wiedermal zum Höchstgeschwindigkeitsberghinunterrutschen im österreichischen Schladming zur Weltmeisterschaft im Höchstgeschwindigkeitsberghinunterrutschen. Aber bärig! Wirklich schlimm wird es aber erst wenn diese Höchstgeschwindigkeitsberghinunterrutscher die Brettln verlassen, auf denen sie in Höchstgeschwindigkeit die Berge hinunter rutschen, um dann entweder ORF-Kommentatoren (unverständlich, aber naja), Moderatoren (unverständlich, aber schlimm) oder Sänger (verständlich und ganz, ganz schlimm) zu werden. Wenn man die dann auf der Bühne sieht, fragt man sich sofort: Wo sind denn die Schneekanonen, wenn man sie mal wirklich braucht?
Apropos nationale Begeisterung: In der Wiener Hofburg wurde am 1. Februar beim von der FPÖ veranstalteten „Akademikerball“ ausschließlich Rechtswalzer aufs Parkett gelegt. Nur FPÖ-Chef H.C. Strache war nicht da. Klar, der ist ja auch kein Akademiker. Trotzdem konnte man dort umgeben von rechten Gesinnungsgenossen von Zuständen träumen.... wie in Ungarn etwa. Dort werden nämlich - gegen das aktive Stillschweigen der Europäischen Union - mittlerweile Künstler aus verantwortlichen Positionen entfernt, wenn sie nicht national genug sind.
Na, woran erinnert uns das? 
Genau! An: Deutschland - vor achtzig Jahren.
Nur diesmal ohne Österreicher.

Sonntag, 6. Januar 2013

Im Gedenken an Albert V. 27.05.1923 bis 06.01.2011



Der Krieg

Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
Aufgestanden unten aus Gewölben tief.
In der Dämmrung steht er, groß und unerkannt,
Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.

In den Abendlärm der Städte fällt es weit,
Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit,
Und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.
Es wird still. Sie sehn sich um. Und keiner weiß.

In den Gassen faßt es ihre Schulter leicht.
Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht erbleicht.
In der Ferne ein Geläute dünn
Und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.

Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen an
Und er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an.
Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,
Drum von tausend Schädeln laute Kette hängt.

Einem Turm gleich tritt er aus die letzte Glut,
Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.
Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,
Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.

Über runder Mauern blauem Flammenschwall
Steht er, über schwarzer Gassen Waffenschall.
<Über Toren, wo die Wächter liegen quer,
Über Brücken, die von Bergen Toter schwer.>

In die Nacht er jagt das Feuer querfeldein
Einen roten Hund mit wilder Mäuler Schrein.
Aus dem Dunkel springt der Nächte schwarze Welt,
Von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.

Und mit tausend roten Zipfelmützen weit
Sind die finstren Ebnen flackend überstreut,
Und was unten auf den Straßen wimmelt hin und her,
Fegt er in die Feuerhaufen, daß die Flamme brenne mehr.

Und die Flammen fressen brennend Wald um Wald,
Gelbe Fledermäuse zackig in das Laub gekrallt.
Seine Stange haut er wie ein Köhlerknecht
In die Bäume, daß das Feuer brause recht.

Eine große Stadt versank in gelbem Rauch,
Warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.
Aber riesig über glühnden Trümmern steht
Der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dreht,

Über sturmzerfetzter Wolken Widerschein,
In des toten Dunkels kalten Wüstenein,
Daß er mit dem Brande weit die Nacht verdorr,
Pech und Feuer träufet unten auf Gomorrh.

Georg Heym, 1911
(Aus der Sammlung Umbra Vitae)

Freitag, 13. Mai 2011

Buchvorstellung: Was (nicht) in den Akten der Securitate steht von Herta Müller

Herta Müller
Cristina und ihre Attrappe
Was (nicht) in den Akten der Securitate steht

Göttinger Sudelblätter
Herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold
Göttingen 2009, 48 S., brosch., € 9,90, Wallstein Verlag

Die Literaturnobelpreisträgerin 2009 über den Einblick in ihre Securitate-Akten: »Der Geheimdienst Ceausescus, die Securitate, hat sich nicht aufgelöst, sondern nur umbenannt in SRI (Rumänischer Informationsdienst)«.
Erst zehn Jahre nach Einrichtung des rumänischen Pendants zur Gauck-Behörde und zahlreichen zermürbenden Anfragen und Bittgesuchen erhielt Herta Müller Einsicht in ihre über 900 Seiten starke Securitate-Akte. Bei der Durchsicht stellte sie fest, dass diese in den vergangenen Jahren nicht nur frisiert, sondern regelrecht entkernt wurde: Über die Schikanen, mit denen man sie in den siebziger Jahren beispielsweise zur Mitarbeit für die Securitate zu zwingen versuchte, ist in den manipulierten Unterlagen über >Cristina< nichts mehr zu finden.
Eindrucksvoll beschreibt Herta Müller, wie sie und ihre Freunde selbst heute noch bei Besuchen in Rumänien vom SRI, dem heutigen rumänischen Geheimdienst, überwacht und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.

Man brauchte keine Vorladung, fischte mich einfach von der Straße ab. Ich war auf dem Weg zur Friseuse und wurde von einem Polizisten durch eine schmale Blechtür ins Souterrain eines Studentenwohnheims gebracht. Drei Männer in Zivil saßen an einem Tisch. Ein kleiner Knochiger war der Chef. Er verlangte meinen Ausweis, sagte: »Na, du Hure, sehen wir uns schon wieder.« Ich hatte ihn noch nie gesehen. Mit acht arabischen Studenten sollte ich Sex haben und mich mit Strumpfhosen und Kosmetika bezahlen lassen. Ich kannte keinen einzigen arabischen Studenten. Aber er meinte, als ich das sagte: »Wenn wir wollen, finden wir auch zwanzig Araber als Zeugen. Wirst sehen, es wird ein exzellenter Prozeß.«

Ein erschreckender Bericht über die Unterwanderung einer postdiktatorischen Gesellschaft; die sich auch heute noch nicht aus dem Griff ihrer Peiniger befreit hat.
Herta Müller wurde 1953 im deutschsprachigen Nitzkydorf, Rumänien geboren. Sie studierte von 1973 bis 1976 deutsche und rumänische Philologie in Temeswar. Danach arbeitete sie als Übersetzerin in einer Maschinenfabrik. Weil sie sich weigerte, für den rumänischen Geheimdienst Securitate zu arbeiten, wurde sie entlassen. Ihr erstes Buch "Niederungen" wurde in Rumänien 1982 nach vierjähriger Verzögerung nur zensiert veröffentlicht. 1984 erschien es in der Originalfassung in Deutschland und wurde mit dem Aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet. Herta Müller konnte danach in Rumänien nicht mehr veröffentlichen und war immer wieder Verhören, Hausdurchsuchungen und Bedrohungen durch die Securitate ausgesetzt. 1987 übersiedelte sie nach Deutschland.
Das Werk Herta Müllers wurde mit vielen bedeutenden nationalen und internationalen Preisen gewürdigt, zuletzt mit dem Literatur-Nobelpreis 2009.

Freitag, 18. März 2011

Buchbesprechung: Der Freiheit geopfert (Friedensnobelpreis an Liu Xiaobo)

Bei Ling
Der Freiheit geopfert
Die Biografie des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo von Bei Ling. 
München 2010, 364 S., Hardcover mit Schutzumschlag,
19,95 Euro, riva Verlag 

„Gerade weil dieses Buch viel erklärt, aber auch immer wieder zu Fragen anregt, ist es Pflichtlektüre“, schreibt Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek über die am 10. Dezember im riva Verlag erschienene Biografie.

Der chinesische Dissident und Kämpfer für Menschenrechte, Liu Xiaobo, erhielt 2010 den Friedensnobelpreis. Er wurde geehrt für seinen "langen und gewaltlosen Kampf für fundamentale Menschenrechte in China", wo "die Freiheitsrechte weiter eindeutig eingeschränkt seien", erklärte das Komitee. Nur ein Foto von Liu Xiaobo und ein leerer Stuhl waren am 10. Dezember 2010 bei der Friedensnobelpreisverleihung in Oslo zu sehen. Er sitzt in einem Gefängnis 500 Kilometer von seinem Zuhause in Peking entfernt. Der chinesische Dissident und Präsident des PEN-Clubs unabhängiger Schriftsteller in China wurde zu elf Jahren Haft verurteilt. Der Vorwurf: Untergrabung der Staatsgewalt. Am 28. Dezember 2010 wurde der chinesische Menschenrechtler und Mitinitiator der „Charta 08“ 55 Jahre alt. Über das literarische Werk und das Leben Liu Xiaobos findet man bislang nur wenige Informationen.
Sein langjähriger Freund, der Schriftsteller und Dissident Bei Ling, hat die ganz persönliche Biografie seines Freundes und Wegbegleiters geschrieben. Es ist die Geschichte zweier couragierter Menschen und deren gemeinsamer Kampf für mehr Menschenrechte in der übermächtigen Volksrepublik China.
Das Buch erzählt von seinen Jugendjahren bis zu seiner heutigen Situation im Gefängnis. Bei Ling zeichnet ein persönliches Bild mit vielen Facetten, wie es nur ein Freund kann. Es geht um Manifeste, Unterschriftenaktionen, politische Handlungen, aber auch um Selbstzweifel und Schuldgefühle, Sturheit und Ehrgeiz.
Der Schriftsteller Liu Xiaobo steht seit mehr als zwei Jahrzehnten für den gewaltfreien Kampf chinesischer Intellektueller gegen die Unterdrückung des Volkes und für mehr Menschenrechte in China. Seinen Einsatz für mehr geistige und gesellschaftliche Unabhängigkeit in der Volksrepublik hat Liu Xiaobo mit seiner Freiheit bezahlt.

Der Autor
Bei Ling, 1959 in Peking geboten, ist ein chinesischer Schriftsteller, Poet, Essayist und Dissident. Er wurde 2000 von chinesischen Sicherheitsbehörden verhaftet, nachdem er zuvor regimekritische Literatur veröffentlicht hatte. Bei Ling wurde jedoch relativ schnell wieder freigelassen, da sich sowohl namhafte Schriftstellerkollegen wie Susan Sontag und Günter Grass als auch die amerikanische Regierung für seine Freilassung stark machten. Im Jahr 2009 rückte Bei Ling im Rahmen der Frankfurter Buchmesse in das Interesse der deutschen Medien. Dort war es zu einem Konflikt bezüglich seiner Teilnahme an einem Symposium gekommen, zu dessen Teilnehmerkreis auch chinesische Regierungsvertreter gehört hatten. Zusammen mit Liu Xiaobo gründete er den PEN-Club in China. Er lebt in den USA und in Taiwan.

Freitag, 16. Juli 2010

Zum 25. Todestag von Heinrich Böll

Heinrich Böll, der dritte deutsche Nachkriegsautor nach Hermann Hesse (1946) und Nelly Sachs (1966), der den Nobelpreis für Literatur erhielt (1972), ist einer der bedeutendsten deutschen Nachkriegsliteraten. Er wurde am 21.12.1917 als Sohn des Bildhauers und Schreinermeister Viktor Böll geboren, war katholisch geprägt. 
Nach dem Abitur war er Lehrling im Buchhandel, sechs  Jahre mehrfach verwundeter Soldat in der Wehrmacht, studierte nach dem Krieg Germanistik und veröffentlichte ab 1947 Kurzgeschichten bei Zeitungen und Hörspiele. Seit 1951 war er freier Schriftsteller bis zu seinem Tod am 16. Juli 1985 in Langenbroich in der Eifel.
Seine Lebensauffassung wurde von der Sinnlosigkeit des Krieges, der Fragwürdigkeit von Autoritäten, der Ablehnung des NS-Regimes und anderen Diktaturen und durch die Menschenrechte geprägt. Seine frühe Literatur nannte er  "Kriegs-, Trümmer- und Heimkehrerliteratur".  So thematisieren "Der Zug war pünktlich", "Wanderer kommst du nach Spa" und "Wo warst du, Adam?" alle Facetten des Krieges, während die Nachkriegszeit, Aufbau, Wirtschaftswachstum und Wohlstandsgesellschaft in Werken wie "Nicht nur zur Weihnachtszeit" (1952), "Und sagte kein einziges Wort" (1953), "Haus ohne Hüter" (1954) sich niederschlägt. In seinem berühmten "Billard um halb zehn" (1959) gelang ihm eine Zusammenschau der Geschichte vom Kaiserreich bis bis zur Nachkriegszeit am Beispiel einer rheinischen Familie. Böll wurde aus linksliberaler und christlich-humanistischer Warte, später ähnlich wie Günter Grass als Unterstützer der SPD zum Kritiker antidemokratischer Entwicklungen in der Bundesrepublik und zum engagierten Anwalt für politische Verfolgte, Minderheiten und Andersdenkende. Er setzte sich für die Mitglieder der RAF ein, insbesondere Baader/Meinhof ("Die Würde des Menschen ist unantastbar", 1972) und kritisierte den Radikalenerlass ("Berichte zur Gesinnungslage der Nation", 1975), wetterte gegen die Massenpresse und gegen das Verhalten von Polizei und Justiz. International war er als Kämpfer für Menschenrechte geschätzt: beim Ungarnaufstand und Prager Frühling als direkter Beobachter der diktatorischen Gewalt, ebenso Gegner des Vietnamkrieges.  Die sowjetischen Dissidenten Solschenizyn und Lew Kopelew verkehrten in seinem Haus ... Gerd Bastian und Petra Kelly, die tragischen Figuren der Grünen, waren mit ihm befreundet.
Literarisch rückten seit 1960 auch immer mehr die Außenseiter, Unterdrückten, Randfiguren in den Mittelpunkt, "Ansichten eines Clowns" (1963), "Ende einer Dienstfahrt" (1966), "Gruppenbild mit Dame" (1971), "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" (1974) und später im politischen Roman "Fürsorgliche Belagerung" (1979) die dauernde Bewachung eines Millionärs als Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse. Posthum erschien "Frauen vor Flusslandschaft" (1985).


Fast alle Veröffentlichungen sind auch als Taschenbuchausgabe erhältlich, und zwar beim Deutschen Taschenbuch Verlag. Daneben gibt es die Kölner Gesamtausgabe bei Kiepenheuer und Witsch.

Interessante Taschenbuchausgaben sind auch 
+ Viktor Böll, Jochen Schubert: Heinrich Böll, München 2002, 192 Seiten, 10 €, dtv (ein Porträt)
+ Heinrich Böll: Eine deutsche Erinnerung. Interview mit René Wintzen, München 1981/1991, 166 Seiten, 4,50 €, dtv (sehr interessante Unterhaltung mit R. Wintzen im Oktober 1976, alle wichtigen Themen tauchen auf)
+ Heinrich Böll, Heinrich Vormweg: Weil die Stadt so fremd geworden ist ..., München 1987/1991, 128 Seiten, 3,48 €, dtv (Gespräche u.a. über Solschenizyn, Sowjetische Literatur)
+ Heinrich Böll, Ende der Bescheidenheit, Schriften und Reden 1969-1972, 319 Seiten, 6,54 €, dtv (Reden aus der Zeit der Gründung des deutschen Schriftstellerverbandes, Präsidentschaft des deutschen PEN, Präsidentschaft des internationalen PEN, "Sympathisantenzeit")
+ Heinrich Böll: Irisches Tagebuch, München 1961/2009, 132 Seiten, 5,90 €, dtv (seine Liebe zum Land und den Leuten)