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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Dienstag, 21. Mai 2013

Wie war's bei Molières "Menschenfeind" in Mannheim?


Zurzeit läuft Molières "Menschenfeind" unter der Regie von Cilli Drexel im Nationaltheater Mannheim. Gesehen hab ich ihn am 15.05. Das Stück überzeugt in dieser Fassung von vorneherein durch eine ansprechende Flüssigkeit, Bewegtheit und Modernität. Der Idealist und „Menschenfeind“ Alceste (herrlich impulsiv, angeödet und polternd Klaus Rodewald) - "Ich hasse alle ... wie Galle", schreit er wiederholt heraus -  möchte aufrichtig, ohne Heuchelei leben. Nicht ja sagen, wenn man ein Nein schreien will. Nichts loben, was schlecht ist. Er ist zwar ein Adeliger, möchte aber unabhängig vom königlichen Hof sein, keinerlei Kompromisse eingehen. Weil ihm die Gesellschaft, das Getue so verhasst ist, möchte er auch seine Geliebte, die Witwe Célimène (als attraktive, männergeile Partylöwin im hautengen Lederdress Dascha Trautwein) aus diesen "Fängen" befreien. 

Nachdem der Dichter Oronte, ein überkanditelter Dichter, ihm seine Aufwartung macht und sein neues Gedicht "Die Hoffnung" zum Besten gibt - wunderbar eingefangen durch die überbetont feminine emotionale Färbung in der Figur durch Peter Pearce -, kanzelt ihn Alceste als minderwertigen Dichter ab, der keine Ahnung hätte. Philinte, der einzige Freund von Alceste, gespielt von Michael Fuchs, versucht zwar, die Eskalation zu vermeiden, aber es kommt zum Bruch und zum Gerichtsgang seitens Orontes. Alceste weigert sich, vor Gericht etwas anderes als das Gesagte auszusagen, zeigt sich dann aber doch versöhnlich und entschuldigt sich fast sogar schon. Der Druck ist da doch zu hoch. 

Célimène und  Alceste haben eine sehr ambivalente Beziehung, voller Leidenschaft, Verführung, Ungestümheit, bereits im Sado-Maso-Bereich, bis hin zur Ablehnung des anderen. "Love is a wish, a desire. Will you be mine?" heißt es auch im kommentierenden Lied. Frauen haben es nicht leicht mit ihm. Célimène und Éliante (die Cousine von Célimène) sind an unterschiedlichen Stellen im Stück einer Meinung: Er ist unausstehlich, findet schön, was andere hässlich finden, stinkend, was gut riecht, gibt immer Contra und ist einfach schwierig. Nicht umsonst wird der Skandaltheatermacher und Autor Rainald Goetz im Programmheft zitiert, der sich 1983 beim Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt vor laufenden Fernsehkameras während seiner Lesung die Stirn mit einer Rasierklinge aufgeritzt hatte. Er beendete die Lesung blutüberströmt, bekam keinen Preis. Den absoluten Einzelgänger, der auf alles schimpft, extrem kritisch ist und an nichts ein gutes Haar lässt, findet man gerade auch im Werk von Goetz. 

Alceste ist allerdings nicht der einzige Verehrer Célimènes, Acaste und Clitandre gehören auch dazu, die beiden wetten, dass einer sie bekommt, was sich später bei einer Gegenüberstellung mit ihr komplett zerschlägt. Der jeweils andere wird von Célimène entblößt, so dass sie keinen von ihnen wirklich lieben kann. Auch Oronte lässt ab von ihr, als er hört, was sie von ihm hält. Beweisträger sind immer Briefe. Sein Gerangel mit Alceste als Widersacher wird besonders herausgestellt, wie andere Szenen auch, durch eine Gestaltung der Szene als eine Rundfunk-/TV-Aufzeichnung. Ein Lied zur Problematik "I kill you, you stole my future, you go away ..." wird eingebunden. Célimène ist so voller Begehren, dass auch ihre homoerotische Seite zum Tragen kommt, allerdings mehr als ein Macht- und Druckmittel. Célimène versucht die etwas prüde Adlige Arsinoé, die wie auch Éliante Alceste liebt, ihm sogar bei Hofe helfen will, zu verführen, untertan zu machen. Wohl auch, um sie auszuschalten. 

Nachdem allen klar ist, dass sie von Célimène betrogen werden, auch Alceste, wendet er sich Éliante zu, er will sie sicher besitzen, um sich zu rächen. Aber die Gute ist mittlerweile von seinem Freund Philinte begeistert. Die Konfrontation Alcestes mit Célimène nach Aufdeckung des Betrugs wird von Cilli Drexel in eine lustige Zeitrafferszene im Stile eines Animé-Comics mit Horrorelementen oder eines Games dargestellt, die Beteiligten reißen sich die Herzen aus und töten sich mehrmals. "Ich bin schlecht, ich hasse mich", sagt sie über sich.  Alceste versucht sich als einzigen "Überlebenden" im Kampf um ihr Herz als Gewinner und Ehemann anzubieten, er möchte mit ihr auf eine einsame Insel, eine Länderei weit weg ... Célimène lehnt ab: "Ich bin erst 20 ..."  Die Würfel sind gefallen, an Éliantes und Philintes Gitarrenspiel (E- plus akustische) vorbei geht Alceste ab, in einer Art suizidärem Sprung von der Klippe, den er allerdings überlebt und anschließend dem Spiel der beidem zuschaut, vielleicht schon in dem Winkel, "wo man als Ehrenmann noch ungestört leben kann". 

Das Schlusslied "So many people want me to stay ... I don't wanna!" noch einmal die Zusammenfassung seiner Geisteshaltung. Nach drei Jahren eine Wiederaufnahme im Nationaltheater, die zu Recht sehr positiv angenommen wurde.

Mittwoch, 15. Mai 2013

Heute Abend: DER MENSCHENFEIND von Molière


Foto: Florian Merdes
15.05.2013   I   19:00 Uhr  I  Nationaltheater Mannheim, Schauspielhaus

Der Menschenfeind
Komödie

Molière

Inszenierung Cilli Drexel
Bühne Thimo Plath
Kostüme Nico Zielke
Musik Till Rölle
Dramaturgie Ingoh Brux

In einer Gesellschaft des Scheins haben es die Ehrlichen schwer: Der Adelige Alceste will unbedingte Wahrhaftigkeit. Sich zu verbiegen ist ihm ein Graus, Höflichkeit bedeutet ihm nichts als Heuchelei. Damit macht sich Alceste schnell Feinde. Selbst seine Geliebte Célimène bevorzugt die kleinen Flirts und Komplimente anderer Männer gegenüber Alcestes griesgrämigen Treueschwüren. 
Als ein Brief auftaucht, in dem sie ihre diversen Liebhaber verspottet, und sich diese daraufhin von ihr abwenden, sieht Alceste seine Chance gekommen, seine Grundsätze vor aller Welt unter Beweis zu stellen. Er will trotz des Skandals zu ihr stehen und fordert sie auf, mit ihm zusammen die Gesellschaft am Hofe hinter sich zu lassen. Doch Célimène lehnt dankend ab. Alceste muss sich entscheiden, ob er bleibt oder in die selbstgewählte Verbannung geht. Wie Molière selbst, der ebenfalls Günstling am Hofe Ludwig des XIV. war, ist Alceste ein Außenseiter. Seiner Gesinnung nach ein bürgerlicher Liberaler, seinem Stand nach ein Adeliger, ist er in seiner Zeit heimatlos. Seine Ablehnung der Menschen um ihn herum ist keine Misantropie, sondern das Verzweifeln an den eigenen Ansprüchen. „Unrecht oder Recht, es gibt kein Drittes“, lautet sein Credo, an dem der fortwährend scheitert. Denn, wie sein einziger Freund ihm rät, „Die eigene Zeit, soll man nicht trotzig meistern. / Weltverbesserung das ist ein Ziel, / für das nur Tore sich begeistern.“


Molières Komödie Der Menschenfeind inszeniert die Hausregisseurin Cilli Drexel.