SV Verlag

SV Verlag mit Handy oder Tablet entdecken!
Die neue Generation der platzsparenden Bücher - klein, stark, leicht und fast unsichtbar! E-Books bei viereggtext! Wollen Sie Anspruchsvolles veröffentlichen oder suchen Sie Lesegenuss für zu Hause oder unterwegs? Verfolgen Sie mein Programm im SV Verlag, Sie werden immer etwas Passendes entdecken ... Weitere Informationen

.

.
Dichterhain, Bände 1 bis 4

.

.
Dichterhain, Bände 5 bis 8

Übersetze/Translate/Traduis/Tradurre/Traducir/переводить/çevirmek

Posts mit dem Label Ernst Krenek werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Ernst Krenek werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 11. Oktober 2019

Ernst Krenek: Sechs Motetten nach Worten von Franz Kafka






»Sechs Motetten nach Worten von Franz Kafka« Op. 169 (1959), für gemischten Chor a cappella. 00:00 I. Der Weg 06:23 II. Taube auf dem Dach 08:34 III. Die Peitsche 09:39 IV. Der Wagen 13:53 V. Der Sündenfall 19:48 VI. Müssiggang RIAS Kammerchor Hans-Christoph Rademann, 2009
Krenek: Choral Works

Sonntag, 7. Mai 2017

Wie war's bei Ernst Kreneks "Drei Opern" in der Frankfurter Oper?

Ernst Krenek, 1900 in Wien geboren und 1938 in die USA ausgereist, war ein Schüler von Franz Schreker, dessen Opern eher selten gespielt werden, aber eine Fülle von Handlungen und eigener Dramatik des 20. Jahrhunderts bieten, Irrelohe z.B. findet man auf einigen Spielplänen, das Pfalztheater Kaiserslautern hatte sich hervorragend daran gewagt. Er war aber auch ein Schüler von Paul Bekker, Kassler Intendant, mit dem er sich zum Publikum hinbewegte. Einflüsse von Strawinsky sind zu spüren, manchmal könnte man auch meinen, dass die wenige Monate dauernde Ehe mit Anna Mahler, der Tochter des schwer-düsteren Komponisten Gustav Mahler, Mahlersche Depressivität anklingen lassen. Krenek hat einen ganz eigenen Stil entwickelt, der angenehm klar, witzig, mehr noch vorwitzig, subversiv, anarchistisch und ziemlich respektlos gegenüber Machthabern ist. 

In Frankfurt hat man seit 30.04.2017 die Gelegenheit, drei Einakter-Opern an einem Abend kennenzulernen: „Der Diktator“ (Tragische Oper, 1926), „Schwergewicht oder die Ehre der Nation“ (Burleske Operette, 1927) sowie „Das geheime Königreich“ (Märchenoper, 1927). 


Sara Jakubiak (Maria) und
Davide Daminani (Der Diktator)
(c) Barbara Aumüller
Seine Kurzopern sind vom Text und Musik her sehr klar, unverspielt, kritisch, absurd, eine Spur ironisch, sarkastisch und vor allem karikierend. So humorvoll persiflierend wie er seine Machthaber, Könige und Königinnen darstellt, kann kein Funke bei den Übermenschfantasten entstehen. Kreneks Diktator (herrlich Hitlers Frisur mit Sidecut auf den Arm nehmend bei dem sehr überzeugenden "blonden" Bariton Davide Damiani) ist ein skrupelloser Kriegstreiber und Fremdgeher, der sich seiner Macht bewusst ist und fremde Frauen anlockt, wenn er es wünscht. Vorbild war Krenek der italienische Faschistenführer Mussolini. Er weiß, dass Maria (als mondäne 1920erin, verführerische Attentäterin und Geliebte, hasserfüllte Gattin die Sopranistin Sara Jakubiak), die Frau seines Offiziers, ihn töten will, weil sie ihn als Mann fürchtet und begehrt. 
Die Handlung spielt auf einem Plateau oberhalb des Genfer Sees, wo sich der Diktator und seine Frau Charlotte im Grand Hotel erholen. Von dort ruft er einen neuen Krieg gegen das kleine Nachbarland aus. In einem Sanatorium nebenan wird der fast erblindete Offizier des Diktators (geschädigt vom Krieg, aufbegehrend und Rache suchend der Tenor Vincent Wolfsteiner) behandelt, von seiner Frau Maria begleitet. Die Augenverletzungen hatte er sich im Krieg gegen den Feind durch eine Detonation zugezogen. Maria beschließt, den Diktator zu erschießen, anschließend Selbstmord zu begehen. 
Sara Jakubiak (Maria) und 
Davide Daminani (Der Diktator) 
(c) Barbara Aumüller
Vor dem Attentat schützt der Diktator sich mit einer präparierten schusssicheren Weste und erwartet den Besuch in seinem Büro im Morgenrock. Sie kommt und schießt dreimal auf ihn, er mimt den Getroffenen, aber Unsterblichen. Bis er seine Schutzweste offenbart. Im Handumdrehen bezwingt er nun die in Liebe gefallene leidenschaftliche Maria. Seine Frau Charlotte (erbost ihren Mann verwünschend die Sopranistin Juanita Lascarro) behandelt er weniger freundlich, herablassend und abwimmelnd. Ihre Eifersucht, sie hört im Nebenraum alle Liebesbezeugungen ihres Mannes mit, bringt sie dazu, Marias Wunsch nach Tod, ohne es zu wissen, zu erfüllen. Sie erschießt sie statt ihren Mann mit der Pistole Marias, weil Maria den nun ungeschützten Diktator deckt. Maria bedankt sich vor ihrem Tod dafür, dass Charlotte ihr den Selbstmord abnahm. Der Diktator arrangiert einen Selbstmord aus Liebe zu ihm aus dem Besuch und reizt die Vorkommnisse zu einer Glorifizierung seiner Anziehung aus.  


Michael Porter (Gaston), Simon Bailey (Adam Ochsenschwanz),
Davide Damiani (Der Diktator), Nina Tarandek (Anna Maria Himmelhuber) und
Ludwig Mittelhammer (Professor Himmelhuber)
(c) Barbara Aumüller

Davide Damiani (Der Diktator), Barbara Zechmeister (Evelyne),
Michael Porter (Gaston) und Simon Bailey (Adam Ochsenschwanz)
sowie vorne Statisterie der Oper Frankfurt
(c) Barbara Aumüller
Die burleske Operette „Schwergewicht oder die Ehre der Nation“ spielt in einem Varietétheater, in dem David Hermann (Regie) mit einer gewissen interpretatorischen Eigenmächtigkeit, aber durchaus schlüssig, den Diktator mit seiner Frau (siehe oben) als Zuschauer sitzen lässt. Auf der Bühne spielt sich spiegelbildlich etwas Ähnliches wie im "Dikator" ab, Adam Ochsenschwanz (authentisch verkörpert durch den Bassbariton Simon Bailey) soll der Inbegriff des Übermenschen sein, Gewaltanbeter und autoritär, wie Prof. Himmelhuber spöttisch feststellt, dabei ist er dumm wie Bohnenstroh. Tanzmeister Gaston (agil und frech Tenor Michael Porter) wedelt um dessen Frau Evelyne (ebenso frech, lebendig und gewitzt Barbara Zechmeister, Sopran) herum und versucht sie dem Ochsenschwanz abzuluchsen. Als der Diktator empört und gelangweilt gehen will, weil ständig Beleidigungen und Hänseleien von der Bühne auf ihn herabregnen, hält ihn Anna Maria Himmelhuber (animierend und unwiderstehlich die reizvolle Mezzosopranistin Nina Tarandek) auf und lockt ihn auf die Bühne. Sie spielt die Verführerin, er folgt ihr gerne, versucht sich zu vergehen und fällt rein. Die Falle schnappt zu, und alle verhöhnen den liebestollen Diktator, Ochsenschwanz fesselt ihn statt den Tanzmeister in sein Spezial-Fitnessgerät und foltert ihn ein bisschen durch 360°-Drehungen, am Ende sprengt er ihn sogar in die Luft. Was in der ersten Oper nicht gelungen ist, wird hier nachgeholt, und war es auch nur die Regie. Verrückterweise ist es der Prototyp des Übermenschen, der einen unter anderen Umständen verherrlichten Führer, beseitigt.


Sebastian Geyer (Der Narr) und Alison King (Singende Dame)
sowie unten Davide Damiani (Der König)
(c) Barbara Aumüller

„Das geheime Königreich“, eine Märchenoper, wurde oft auch für Kinder inszeniert. Sie ist ein freches, einen Herrscher und seine Gemahlin, aber auch die Revolutionäre karikierendes Werk. Der arme König (Davide Damiani) beichtet dem Narr (herrlich ausstaffiert mit Glamourlook Bariton Sebastian Geyer, das Geschehen als figürliche Abspaltung des Librettisten fest in der Hand), dass er einfach nicht gut genug in seinem Job sei. Er gibt ihm die Krone, um die Regierungsgeschäfte besser zu machen. Dieser Wink mit dem Zaunpfahl desavouiert nebenbei die Regierungstreibenden recht ordentlich.
Judita Nagyová (Singende Dame), Julia Dawson (Singende Dame),
Sebastian Geyer (Der Narr), Alison King (Singende Dame)
und Ambur Braid (Die Königin) 
(c) Barbara Aumüller
Während draußen die Revolution tobt, ist der König bereits im (eigenen) Verlies inhaftiert. Der Narr und die Königin sind innerhalb der Burg sozusagen noch auf freiem Fuß. Der Narr freut sich gekrönt worden zu sein, und die Frau des Herrschers (sehr überzeugend die Koloratursopranistin Ambur Braid) will allein die Krone zurück, das ist ihr Hauptziel, der Gemahl im Verlies ist sekundär. Als der Rebellenführer (Peter Marsh) auftaucht, fällt sie in Liebe zu ihm, die Krone will sie weiterhin, auch wenn der Rebellenchef nun auch noch Ansprüche erhebt. Die drei Königstöchter sollen den Narren mit vergiftetem Wein zur Strecke bringen, um die Krone zurückzuholen. Dies misslingt, stattdessen stürmen Rebellen die Burg, um den Herrscher zur Verantwortung zu ziehen. Der Narr verhilft der Königsfamilie zur Flucht. Im Wald verwandelt sich die Königin in einem Baum, just als der Rebellenführer ihr die Krone abnehmen will. Als lieblich singender Baum ist sie inklusive Krone unantastbar. Der König will sich erst depressiv heroisch den Verfolgern ausliefern, die betrunkenen Rebellen glauben ihm allerdings nicht, dass er der König sei, und lachen ihn aus. Als er sich aus Verzweiflung umbringen will, lassen ihn die Stimme seiner Frau und ihre Überzeugungskraft die Schönheit der Natur erfahren. So geläutert wandelt er sich in einer Symbiose mit der Natur zu einem Lebensbejaher, sein Königreich soll die Natur werden, ihre Gewächse und Tiere. Der Schluss, dass er dort wenigstens keinen Schaden anrichten kann, liegt nahe. Die Rebellen sind allerdings auch so unnütz und tröge, dass man keine wirkliche Regierungsfähigkeit bei ihnen erkennt.

Mit einer sehr gelungenen Inszenierung von David Hermann, der die Märchenwelt von Platz 2 auf 3 der Operntriade verschob, und die Figur des Diktators aus drei verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet sowie einem sehr abwechslungsreichen, märchenhaft üppigen Bühnenbild von Jo Schramm - gerade in "Das geheime Königreich" - wird einem der 1991 in Palm Springs, Kalifornien, gestorbene Ernst Krenek als humorvoller, kritischer und unterhaltsamer Komponist und Librettist mit Anspruch lebendig, der die großen Tragödien eher meidet bzw. dekonstruiert, sie zwar zitiert, aber in eher absurde Zustände überführt. Musikalische Leitung hatte Lothar Zagrosek, der die Vielfalt der Krenek-Klangwelten hervorragend mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester darbot.