Berlin, 19.09.2024 – Ein Symposium des Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart widmet sich am Freitag, 8. und Samstag, 9. November 2024 unter dem Titel "Der Westen musste nicht im Osten ankommen!" den Folgen der Jahre 1989/1990 für die Kunst. Protagonist:innen aus verschiedenen Bereichen – Kunsthochschulen, Kunstmarkt, Förderstrukturen, Museen und künstlerischer Praxis – präsentieren und diskutieren zum 35. Jahrestag der Maueröffnung vor einem breiten Publikum die Folgen der Transformation nach 1989/90 für die Kunstwelt. Aus künstlerischer Perspektive widmet sich diesem Thema Andrea Pichls Einzelausstellung "Wertewirtschaft", die am Donnerstag, 7. November 2024 im Hamburger Bahnhof eröffnet.
Die Maueröffnung und die darauf folgenden Veränderungen der Jahre 1989/1990 hatten die Transformation aller Strukturen und Lebensbereiche auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zur Folge: Das Personal an Kunsthochschulen wurde zumeist durch Menschen aus dem "Westen" ersetzt. Künstler:innen gewannen neue Freiheiten, sahen sich aber zugleich damit konfrontiert, keine sozial-ökonomische Absicherung mehr über den Verband Bildender Künstler zu haben. Sie mussten sich in der Kunstmarktlogik mit Galerien, Messen und der Konkurrenz zu internationalen Akteur:innen zurechtfinden. Einen vergleichbar marktwirtschaftlich funktionierenden Kunstmarkt wie in der BRD hatte es in der DDR nicht gegeben. Museen konzentrierten sich darauf, Lücken in der Kunst der Moderne und Nachmoderne zu schließen. Sie brachten in der DDR entstandene Kunst ins Depot oder setzen die Werke und ihre Produzent:innen mit dem System und seinem Regime gleich. Nur wenige zeitgenössische Künstler:innen aus dem Gebiet der ehemaligen DDR erhielten institutionelle Anerkennung durch Einzelpräsentationen und Preise oder Beteiligungen an Biennalen und anderen international ausgerichteten Ausstellungen. Im Rahmen des zweitägigen Symposiums begegnen sich Zeitzeug:innen der 1990er-Jahre und jüngere Akteur:innen, um Erfahrungen zu teilen und in den produktiven Austausch über Kontinuitäten wie Veränderungen zu treten. Zentrale Fragen werden sein: Wie haben die Akteur:innen die Transformation nach 1989 individuell erlebt? Was ist verloren gegangen? Wo wurde das Zusammenwachsen produktiv gemacht? Wie beziehen sich Künstler:innen auf die Geschichte der DDR und die Zeit der Transformation? Welchen Einfluss haben Wirtschaftsstrukturen? Gibt es heute eine Ost-Kunstszene? Und wenn ja, was zeichnet sie aus? Wie ist die institutionelle Kunstszene im Osten aufgestellt? Und wie sichtbar sind Kurator:innen und Künstler:innen mit Ost-Biografie in Institutionen? Aufbauend auf diesen Fragen möchte das Symposium im Hamburger Bahnhof, der während der deutschen Teilung direkt an der Berliner Mauer lag, Vernetzungen herstellen sowie konkrete Wünsche und Ideen für die Zukunft formulieren. |