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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Samstag, 23. November 2013

Dichterhain: WÄSCHELEINEN-TRÄUME von Karin Michaeli





Wäscheleinen-Träume

Es weht so lustig im Wind
das bunte Tuch an der Leine -
In Gedanken fliege ich mit
und denke nur an das eine:

Fliegen will ich über das Meer
bis hin zum Strand von Tahiti.
Dort tanze ich munter Hula-Hula -
und bewege rhytmisch und graziös
die musikalischen Arme und Beine !

(c) Karin Michaeli


Dienstag, 1. Oktober 2013

Dichterhain: DER STICH von Karin Michaeli


Der Stich

In die Augen und von da den Weg ins Herz
geht der Stich aus dem Universum geradewegs,
breitet sich aus über den Bauch bis in die Seele.

Wühlt Wolken auf und Schmetterlinge, aus denen
zum Ende hin nichts anderes werden als Motten.

Der letzte Tanz ist ein Tango-Macht-Schnitt,
geht geradewegs ins Gehirn, seziert es – legt bloß
die Gedanken, die Sehnsucht – die Dummheit

des Bauches, der nicht denkt, sondern frisst.
Wenn das Kotzen anfängt, ist Genesung in Sicht.
Katharsis im Tango-Macht-Schritt ? – Jetzt nicht !

Weiter tanzen auf anderem Parkett in Sälen
mit grellem Neon-Licht im Glanz der Wut !
Schreien mit geschlossenem weit offenen Mund  
bis zur Morgensonne, die hell, unschuldig, bunt
die Narben der Verletzungen immer wieder heilt.

Die Sonne ist die Schwester der Liebenden  
wärmt sie auf, macht sie schön und warm  
schickt in der Nacht die Sterne, den kalten Mond
zu den weinenden müde getanzten Seelenkindern.

Der letzte Stich, mein Freund, ist Universumsjob  
es richten am Ende die heiligen Kräfte der Natur,
die wohlgefällig die Fäden gesponnen haben...

(c) Karin Michaeli

Dienstag, 17. September 2013

Dichterhain: Der liebe Gott und der Wein. Von Karin Michaeli

Kirchenweinfest in Machtum,
Luxembourg, 2011 (c) Karin Michaeli


Endlich ein Samstag mit Sonnenschein und der Möglichkeit, nach dem Markteinkauf Platz zu nehmen im Straßencafé mit Tageszeitung und Cappucino.

Gemächlich ziehe ich mit meinem Einkaufswägelchen durch das Zooviertel hin zum Markt an der Brücke vor ALDI. Leuchtend gelbe Zitronen, rote Karotten, Paprika in allen Farben, dunkelrote Beete und dazwischen das saftige Grün der Salate machen mir Appetit auf feine Küche. Die geräucherte Makrele esse ich auf der Mauer vor ALDI sofort mit einem feinen Roggenbrötchen dazu und es fehlt jetzt nur noch ein Rotwein und schon wäre ich in Machtum, dem Moselörtchen in Luxemburg, wo einmal jährlich das „Weinschmeckfest" stattfindet.

Entschuldigung – so hieß es früher, als es zum ersten Mal stattfand Anfang der neunziger Jahre. Das waren noch Zeiten. Eher zufällig fuhr ich mit meinem Sohn und meinem Lebensgefährten ins kleine Dorf Machtum zur Weinsegnung in der Kirche. Wir hatten in der Zeitung gelesen vom „Weinschmeckfest“ (Wäiischmaachfest auf lux. Dialekt). Nun wollten wir der Weinsegnungs-Zeremonie in der Kirche beiwohnen. 

An die 1000 Flaschen Wein waren in der Kirche kunstvoll aufgestapelt und der Pfarrer schenkte jedem der Besucher höchstpersönlich ein Gläschen Wein ein. Die Gläser hatten wir zuvor gekauft für 2,- DM und konnten anschließend vom Wein so viel trinken wie wir wollten.
„Die können den Wein noch so viel segnen“, sinnierte mein Sohn Michael „er ist und bleibt sauer !“

Heute, fast 20 Jahre später, heißt dieses einmal jährlich stattfindende Event „Weinhappening“. Das Gläschen kostet 5,- Euro und immer noch ist es möglich, mit diesem Gläschen an den Weinständen so viel Wein zu trinken wie man möchte – ohne auch nur ein zeites Mal das Portemonnaie zu öffnen.

In der Kirchen sind immer noch die Weinflaschen aufgestapelt – vom roten Pino noir bis hin zum klassischen Elbling sind alle Luxemburger Weinsorten aus allen Regionen des Landes hier vertreten. 

Während ich die Makrele genüßlich verzehre, kommen mir Gedanken über Gott. Ob Gott wohl manchmal betrunken ist, wenn in der Kirche so viele Flaschen Wein lagern ? Es würde nicht auffallen, wenn hier ein paar Flaschen fehlen. Ob Gott den Wein aus der geschlossenen Flasche in sich aufnimmt oder ob ein Engel mitkommt mit einem Korkenzieher? Ob der Engel auch ein Schlückchen bekommt ? 

Und was ist, wenn Gott während der vier Tage des Weinhappenings tatsächlich in dieser kleinen Kirche in Machtum einer bei ihm nicht vermuteten Trunksucht unterliegt und vier Tage außer Gefecht gesetzt ist ? Das Gute und Böse nicht mehr regeln kann ? Gerät dann das Wetter aus den Fugen, geraten dann die Menschen in Streit ? 

Die Vorstellung, das die Weltgeschicke für einen Moment aus den Fugen geraten, weil in dieser kleinen Kirche am Rande der Luxemburger Grenze an vier Tagen im Kirchenschiff und am Altar Tausende von den erlesensten Weinsorten aufgestapelt werden, lässt mich für einen Moment erschüttert in den wolkigen Himmel schauen. Merkt man auch am Wetter, ob Gott betrunken ist ? Gibt es dann statt einem Sommer plötzlich einen Herbst ?

Schnell verlasse ich den Ort, der in mir solche Gedanken hervor bringt, um Richtung Brehmplatz zum „Moskito“ zu schlendern. Hier lasse ich mich erleichtert nieder an einem freien Tisch und genieße die samstägliche Zeitungslektüre. Aber die Gedanken schweifen immer wieder zurück zu Gott und der Unwissenheit darüber, ob er einen guten Wein schätzt oder eher asketisch ist. Er hat doch den Menschen den Wein geschenkt – oder war es ein Irrtum, eine Laune der Natur, die aus Traubensaft Wein werden ließ? Lehnt Gott dieses Spektakel in seinem Tempel möglicherweise ab und kann sich nicht verständlich machen ? Fragen über Fragen, die ich in dieser kleinen Ausführung nicht endgültig für mich beantworten kann.

(c) Karin Michaeli

Dienstag, 3. September 2013

Fortsetzungskurzroman von Karin Michaeli: Die Geschichte von Gülünt und Maria

Die Geschichte von Gülünt und Maria

 
1. Der Händedruck

Jahrelang lebte sie schon mit ihrem Ehemann zusammen, dessen Lendenkraft längst erlahmt war. Damit hätte sie sich ja noch abgefunden, aber das er sie so gar nicht mehr beachtete, sie weder umarmte noch Komplimente machte, wenn sie mal wieder eine neue Frisur ihr Eigen nannte oder mal wieder fünf Kilogramm an Gewicht verloren hatte, konnte sie ihm nicht so ohne Weiteres verzeihen.

Schwer gearbeitet hatte sie in all den Jahren ihres Lebens draußen auf dem Feld. Ihre Hände waren voller Schwielen und sie hatte die kräftige Muskulatur, wie sie nur eine Bäuerin haben kann, die morgens schon mit dem Vieh aufsteht, um es rechtzeitig zu füttern.

Seit ihr klar war, dass ihr Ehemann sie nie wieder küssen und lieben würde, nahm sie zeitweise kleine Fluchten vor. Sie erlaubte sich hin und wieder, sich fein zu kleiden und verschiedene Städtetouren durchzuführen mit einer Freundin. Auf diesen Touren lachten sie sehr viel und erfreuten sich am Knüpfen kurzlebiger neuer Kontakte.

Ihr Mann nahm ihr das nicht übel – im Gegenteil: Er gönnte ihr die kleinen Auszeiten, weil es auch für ihn Auszeiten waren. Er hatte so einfach mal ein paar Tage Ruhe und konnte entspannt sein Haus genießen, in dem er sich seit dem Erwerb eines Plasmabildschirms vorwiegend aufhielt.

Sie vertrauten einander sehr, die beiden Eheleute und hätte es nicht eines Abends bei ihnen geklingelt, wäre auch alles weiter so harmonisch verlaufen wie bisher.

Aber die Kusine Maria aus der etwas weiter entfernten Stadt hatte sich zu Besuch angemeldet mit ihrem türkischen Freund Gülünt, den sie im Urlaub kennen gelernt hatte. Dieser Freund war ein Mensch, der ausschließlich für die Liebe lebte, vielleicht, weil er auch sonst nichts konnte. Frauen aller Altersstufen mit ihren diversen Problemen waren seine Leidenschaft und er hatte die natürliche Gabe, sich in jede hineinzuversetzen und ihre innersten Wünsche herauszufinden und zu erfüllen. Das war nicht so schwierig, wie es sich anhört. Die innersten Wünsche in uns Menschen sind meist sehr ursprünglicher Natur und kreisen vorwiegend um die Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Nähe.

Die Kusine Maria klingelte also an der Haustür und als die Gastgeberin die Tür öffnete, gab sie erfreut erst ihrer Kusine die Hand – und danach dem türkischen Gast, den sie nie zuvor gesehen hatte. In dem Moment, wo die beiden sich die Hände reichten, geschah etwas sehr Magisches. Beide konnten die Hände nicht mehr voneinander lösen. Trotz aller Unterschiedlichkeiten zwischen den beiden Menschen hielten sie einander fast fünf Minuten fest an den Händen und schauten einander an, während sie irgendeine nichtssagende Konversation betrieben.

Die Kusine betrachtete das Spiel erst mit Erstaunen und dann doch mit einigem Unverständnis. Ja, es sei Liebe gewesen, gestand der türkische Freund am anderen Tag. Es sei wie Magie und er würde sich sehr freuen, wenn man doch noch mal dorthin zu Besuch gehen würde.
Er hatte sich an diesem Abend verliebt.

Die Bäuerin wiederum vergaß an jenem Abend die emotionale Einsamkeit, die sie neben ihrem Mann seit Jahren durchlebte und dachte immer wieder an den türkischen Freund ihrer Kusine. Sie würde so gerne in Kontakt mit im sein und wusste nicht, wie sie es anstellen sollte, den Kontakt herzustellen. Es war seit jenem Abend, als würde sie neu anfangen zu leben. Alle Last fiel von ihren Schultern ab und sie dachte angestrengt nach, wie sie diesen Mann wiedersehen könne. Die Kusine war ihr dabei völlig gleichgültig.

Die Liebenden fanden zueinander. Die Kusine Maria hingegen fackelte nicht lange. Nachdem sie sich klar war über diese „Liebe auf den ersten Blick“ stellte sie den Freund Gülünt einfach vor dem Haus des Ehepaares ab mit den Worten „Du wolltest doch nochmal dorthin, nicht wahr ?“ und fuhr dann mit dem Auto einfach weiter.

(c) Karin Michaeli

Mittwoch, 14. August 2013

Dichterhain: WAS DU SUCHST von Karin Michaeli

Was Du suchst



Kleine philosophische Betrachtung über die
stete Suche nach Anerkennung und Liebe


Meine Nase, mein Spürhund
schnupperte jahrelang durch fremde Welten 
sich hindurch, mal schnupperte sie in 
der Hafenbar, mal war sie in Sansibar. 

Mein Herz, mein Seismograph 
tickte noch morgens freundlich mir zu 
nach langem traumlosen Schlaf 
und liess mir wochenlang keine Ruh’. 

Meine Seele baumelte jahrelang am 
Baum der Erkenntnis mit Phantasiereisen, 
hörte nicht auf mir anzupreisen 
den Mann aller Träume: das Einweggesicht. 

Dann wache ich auf mitten in der Nacht - 
schalte an den TiVi, wie so oft, 
wenn ich nicht schlafen kann, und dann, 
dann hat ER mir ein Lied gebracht. 

Wen sehe ich da im Bildschirm sitzen ? 
ER ist es, der Mann, der früher immer sang: 
„DUUUU, Du allein kannst mich versteh’n - 
DUUUU, Du sollst nie mehr von mir gehen."

Peter, mit würdig weisem Häuptlinggesicht - 
sang mir in der Nacht unplugged ins Ohr, 
und das kam bisher noch niemals vor: 
„Der Mensch, den Du suchst, das ist ER nicht." 

So ungefähr habe ich den Text behalten: 
„Das, was Du suchst, winkt Dir niemals zu - 
der Mensch, den Du jahrelang suchst - 
das bist immer und einfach nur DUUUU!“ 

(c) Karin Michaeli

Freitag, 19. Juli 2013

Dichterhain: ODE AN DEN IRRSINN von Karin Michaeli

Ode an den Irrsinn


Habe deine Blicke aufgesaugt
wie ein Schwamm das kühle Nass 
und dachte bei Deinem Lächeln 
an die Hochzeit zweier Wolken 
am Himmel stehend - kühl und blass. 

Habe bei deinem Herzschlag 
gedacht, ein lauter tiefer Gong 
sei nichts gegen das Wum-Wum 
was da schlägt für mich allein 
und verlor mein Herz und die Fassong. 

Dann schrieb ich Briefe Dir und 
sang in grünen Wäldern Liebeslieder - 
schrieb Deinen Namen in den Sand, 
tanzte Dein Gesicht im fernen Land 
in einer Disko hüpfend immer wieder 

bis der Oberkellner mahnend sagte 
jetzt ist Schluss mit seufzen und klagen - 
der will echt nichts wissen von Dir; 
und seitdem klagen wir zusammen - 
der Oberkellner und ich und das arme Tier. 

Dienstag, 16. Juli 2013

Geschichten: IST LIEBE ABWASCHBAR? von Karin Michaeli



Ist Liebe abwaschbar ?

Maria wusch drei Wochen ihre Bettwäsche nicht. Sie hatte über mehrere Wochen darinnen gelegen mit ihrem Geliebten. Der Geliebte war ein komischer Mann. Immer wenn sie kochte, leckte er die Teller mit der Zunge ab, wie ein kleiner Hund. Man brauchte die Teller danach gar nicht mehr spülen – so blank waren sie. Natürlich leckte auch Maria ihren Teller ab, um es ihm gleichzutun. Sie lachten über die blitzblanken Teller und lachten am meisten über sich selbst.

Wenn sie morgens wach wurden, erzählten sie sich ihre Träume und lachten. Wie sehr musste der Geliebte lachen, wenn sie morgens Träume erfand, in denen er vorkam in den unmöglichsten Situationen. „Geliebter“, sagte sie am frühen Morgen „mir träumte, Du hättest im Hauptbahnhof Fußball gespielt mit den Brötchen der Bäckerei Kamps und alle standen um Dich herum und applaudierten Dir !“ Das freute ihn sehr, weil er die Brötchen der Bäckerei Kamps nicht mochte. Er liebte die Brötchen von Terbeuyken.

Manchmal brauchte sie auch nichts zu erfinden, weil seine Umarmung ihr das Gehirn verschloss und das war noch schöner, als die Erinnerung an die nächtlichen Träume.

Er war ein lustiger Mann, der Geliebte. Wenn sie sich abends nach der Arbeit trafen, strahlte er sie an und küsste sie und freute sich immer wieder aufs Neue, sie zu überraschen. Mal hatte er eine besonders schöne Musik für sie aufgelegt, mal hatte er ein delikates Mahl zubereitet – manchmal stand eine besonders gute Flasche Wein auf dem Tisch und überhaupt brannte immer am späten Abend eine Kerze im Wohnzimmer, wenn er anfing, sie zu umarmen und zu küssen. Dann sang er kleine Lieder für sie, trug sie ins Bett, zog sie aus und machte das, was Geliebte mit ihren Geliebten so gerne tun. Er schaltete das Fernsehgerät an und sie genossen eng aneinander liegend einen Tatort, bevor die Erotik ihren Mantel der Nacht über sie warf.

Nun war er weg. Eine Reise nach Schottland musste er unternehmen, weil er dort ein kleines Haus in Besitz nehmen sollte, welches ihm vererbt wurde von seinem Onkel. Vielleicht würde für immer dort bleiben. Er wollte das Haus inspizieren, es renovieren und sich dort niederlassen. Sie sollte ihm in den Ferien folgen und mit ihm den schottischen Sommer genießen.

Danach würde sie wieder nach Berlin fahren in ihre Heimat, weil sie noch berufliche Verpflichtungen hatte. Bis zur Rente würde sie noch ein paar Jahre dort leben müssen. Der Geliebte hingegen war ein Lebenskünstler – und Lebenskünstler müssen nicht arbeiten. Wenn die ein Haus in Schottland erben, sind sie glücklich und leben dort ihr Leben. Wenn es sein muss, auch alleine.

Das erzeugte in Maria einen Konflikt. Wenn er sie doch so liebte, warum blieb er dann nicht bei ihr in Berlin ? Er könnte doch das Haus vermieten und bei ihr bleiben. „Du verstehst das nicht“, sagte er, „Es ist meine Freiheit, die ich dort erleben werde. Wir sehen uns alle paar Monate. Du kommst zu mir und ich zu dir und ansonsten ist meine Geduld so groß, das ich einen Elefanten mit den Zähnen ziehen könnte. Irgendwann bist du in Rente und dann leben wir in Schottland für immer zusammen in dem kleinen Haus“.

Maria musste bei diesen Worten stets weinen, wünschte sich doch so sehr, ihrem Geliebten immer wieder aufs Neue morgens die Träume zu erzählen und von ihm am Abend überrascht zu werden.
Keinesfalls wollte sie die kommenden Jahre in Berlin die Hälfte des Jahres alleine leben – und auch die Vorstellung, das man sich täglich schreibe und telefoniere, konnte sie nicht trösten.
„Wenn Liebe da ist, solle man sie auch leben und täglich aus ihr schöpfen können“, war ihre Devise. In ihrer Not suchte sie ihre Heilpraktikerin auf und bat um Rat.

Die Heilpraktikerin, eine erfahrene Frau, war empathisch und meinte, Maria solle diese Liebe beenden. Das sei auf die Dauer nicht gut für sie und sie habe etwas Besseres verdient.
„Aber wie soll ich das machen?“, jammerte Maria. „Wasche die Liebe einfach ab“, war der kluge Rat der erfahrenen Meisterin der Heilkunst.„Das Wasser wird dir helfen. Nutze es, wo auch immer du kannst !“

Maria befolgte den Rat und fing an zu putzen. Alle Fenster, alle Möbel, den Boden – ja sogar die Türen wusch sie ab. Es folgte das gesamte Geschirr, die Töpfe, der Backofen – es gab nichts in der Küche, was sie nicht gespült oder abgewaschen hätte. Es folgte die Bettwäsche, die Handtücher, eine Waschmaschine nach der anderen wurde in Gang gesetzt. Sie selbst lag jeden Abend über eine Stunde in der Badewanne und wurde langsam aber sicher auch innerlich sauber.

Nach zwei Monaten Putz- und Wascharbeiten war sie geheilt. Sie eilte zur Heilpraktikerin und berichtete ihren seelischen Zustand.
Nun, Sie werden es erraten. Diese Aktion des „Abwaschens der Liebe“ hatte die Liebe zu sich selbst stark gemacht. Maria hatte gelernt, mit sich selbst im „Reinen“ zu sein, hatte gelernt mit sich selbst klar zu kommen auf so wundersame Art und Weise, dass sie weit entfernt vom „Anhaften“ an den Geliebten nun wusste, das er der Richtige sei.

Sie fing an, ihre kleine Wohnung, ihre Umgebung zu lieben, war entspannt wie nie zuvor in ihrer heilen sauberen Welt, das sie voller Freude die Ferien erwartete, um zu ihrem Geliebten nach Schottland zu reisen.

Die Heilpraktikerin hatte sie gelehrt, worauf es ankommt.

(c) Karin Michaeli



Freitag, 21. Juni 2013

Dichterhain: MYSTERIEN von Karin Michaeli

Mysterien

Verliebte Herzen, Acryl
 (c) Petra Eichenauer
Verworrene Gedankenspiele
eingebettet in kitschige Lieder -
umhüllt von goldenen Haaren
und getragen von zwei Herzen,
die nie zusammen waren.

Verzauberte Augenblicke
eingetaucht in bunte Farben -
und festgehalten im Blumengarten
der traumhaften Erinnerungen
setzen Kronen auf das Warten.

Wenn das Lächeln ungebremst
Dein Gesicht wärmt und verschönt
und eine Träne leise herunterfliesst
wenn Du beim Anblick einer
Gesichtslandschaft alles andere vergisst,

Wenn Du langsam rückwärts läufst
und vorwärts Richtung Himmel fliegst
und wenn der Tag dir Träume gibt -
dann geniesse Dein Leben umso mehr,
denn dann bist Du vielleicht verliebt !

(c) Karin Michaeli

Donnerstag, 23. Mai 2013

Dichterhain: MYSTERIENTRIP von Karin Michaeli




Mysterientrip

Über Wolken wandern -
Über dir das blaue Meer -
Getragen von Seelenflügeln ...

Im Gepäck die Sehnsucht.

Ohne Navigationsgerät findet 
sie die wahren Mysterien
...

(c) Karin Michaeli

Mittwoch, 15. Mai 2013

DIE BESCHWIPSTE FRISEUSE von Karin Michaeli




Die beschwipste Friseuse

Eine kleine Weihnachtsfeier hinter den Kulissen eines Friseursalons und seine unausweichlichen Folgen...


Es war mal wieder so weit - die Frisur lag nicht mehr so richtig und ein Haarschnitt ließ sich nicht mehr länger hinauszögern.

Jeder Gang zum Friseur ist immer wieder ein Angang - ähnlich schlimm wie zum Zahnarzt. Nie weiß ich, wie es ausgeht. Lebenserfahrung spielt auch hier eine große Rolle. Vom schnellem Haarewaschen nach Behandlung bis zu Nachschnitt und sich bloß nicht im Schaufenster ansehen kenne ich alle Nachwehen eines Friseurbesuchs.

Hoffnungsvoll begebe ich mich in einen Salon und werde von der freundlichen Friseuse zum Waschtisch geführt. Nach Haarewaschen bittet sie mich, einen Moment zu warten. Nach Rückkehr nehme ich eine starke Alkoholfahne aus dem Mund der freundlichen Dame war und denke: "Das kann ja wohl nicht wahr sein." Nun höre ich auch schon Kichern aus dem privaten Bereich hinter dem Vorhang und das Klingen von Gläsern und unschwer ist zu erkennen, das hier schwer gefeiert wird.

Was soll ich tun ? Die freundliche Friseuse schwankt ein wenig und meint: "Am besten sch-sch-schneide ich das G-Ganze auf eine - hicks - Länge - das ist sich immer noch am schönsten".

Nun haben mich ja schon viele nüchterne Friseusen sehr enttäuscht und ich dachte mir mutig: "Na, mal sehen, was eine betrunkene Friseuse leistet. Schlimmer, als ich es schon so oft erlebt habe, kann es ja auch nicht werden...".

Ich schloss die Augen und stellte mir vor, wie es normalerweise in einem Friseursalon duften kann nach feinen Ingredienzen der Schönheit - bemüht, diese schreckliche Alkoholfahne im Geiste weit weg zu transportieren in irgendeine Champagnerbar.

So in Trance versetzt, öffnete ich die Augen erst wieder, als sie den Föhn beiseite gelegt hatte - und sah .... ein Wunder !!!

Niemals in meinem Leben hatte mir jemand die Haare so schön geschnitten. Ja, ich hatte die Haare schön, so schön, das ich mir sofort danach Passfotos machen ließ, die jeden Grenzbeamten in höchstes Erstaunen setzen würden - so gut sah ich darauf aus.

Monate später suchte ich verzweifelt diesen Salon der fröhlichen Friseurschwestern - und fand ihn nicht mehr. Er ist und bleibt verschwunden und mit ihm die begnadete Meisterin der Schere.
Dort, wo ich dereinst meine Schönheit wiederfand, steht heute ein Feinkostgeschäft und niemand konnte mir sagen, ob der Salon woanders aufgemacht hat.

Ja, ich denke noch oft an sie, und jedesmal wenn ich zum Friseur gehe mit einem kleinen Piccolo, mit der Bitte, ihn vor der Behandlung zu leeren und alle Haare auf eine Länge zu schneiden, werde ich enttäuscht.

Zum einen nehmen sie den Piccolo entgegen mit den Worten, der würde auch nach Feierabend noch schmecken und alle Haare auf eine Länge schneiden, wäre langweilig und sie hätten bessere Ideen für mein Styling. Aber es kommt nie hin.

So endet diese Geschichte denn eher traurig für mich. Ich bin heute noch auf der Suche nach der verlorenen beschwipsten Friseuse ...

Donnerstag, 25. April 2013

Bälle und Kugeln rollen durch unser Leben... Eine Überlegung von Karin Michaeli







Gedanken über Bälle und Kugeln lassen mich sinnieren. Wie man eine Kugel berechnet, weiß ich nicht mehr – der Geometrie-Unterricht lag mir nie am Herzen.

Aber der Beginn meines menschlichen Daseins hat schon irgendwie mit Bällen etwas zu tun. Geboren bin ich auf dem Erdball. Die Erde ist eine Kugel. Und der Bauch, der mich sorgfältig neun Monate trug hatte ebenfalls die Form einer Kugel. Als ich der Kugel entschlüpfte, um auf der größeren Erdenkugel anzulanden, waren es ebenfalls zwei kugelförmige Gebilde, die mich nährten.

Es sollten bei weitem nicht die letzten Kugeln meines Lebens sein. Kleine Kugeln, genannt Murmeln, schoben wir Kinder eifrig in das dafür ausgegrabene Loch. Einige von uns schoben später eine ruhige Kugel beim Kegeln oder beim Bowling. Andere gaben sich den Bällen hin, die das Weltgeschehen weitaus mehr in Atem halten, als Hunger und Not es je vermochten. Die Rede sei hier vom Fußball, wo der Ball „immer noch rund“ ist.

Beim Boule treffen sich einige meiner belgischen Freunde Sonntag für Sonntag und lassen die Kugeln rollen – etwas dicker, als damals beim Murmelspielen sind sie schon. Dabei war das Murmelspielen durchaus interessant. Man konnte Murmeln
gewinnen beim Treffen einer jeden Kugel ins Loch oder beim anklicken anderer Murmeln auf dem Weg ins Loch. Die einfachen Murmeln waren aus Ton und bunt bemalt. Man konnte sie im kleinen Papiertütchen kaufen. Bunt bemalt wie Ostereier waren sie. Die nächstgrößere Kategorie waren die Glasmurmeln. Das waren heißbegehrte Trophäen beim Treffen in die „Kaul“. Beim Anklicken gewann man jeweils immer nur die Tonkugel des Gegners. Finde ich immer noch irgendwie spannender als Boule – würden der Rücken und die Knie so mitmachen, wie seinerzeit als wir alle noch „klein“ waren, weiß Gott, ich würde das Murmelspielen dem Boulespiel vorziehen.

Ich leite weiter über zur Flipperkugel – diese faszinierende Kugel, die angetrieben durch eine Spirale, an der man schnell ziehen musste, einen ganzen bunten Klingelwald von diversen bunten amerikanisch beschrifteten Hindernissen durchlaufen musste und immer wieder aufs neu mit den beiden Flippern so in Gang gehalten werden musste, damit viele Punkte bis hin zu einem
Freispiel ergattert werden konnten.

Dann kam die Zeit der Reife und man war endlich alt genug, eine Angel zu halten am großen Fluss. Kleine Bleikügelchen beschwerten die Leine, damit der Angelhaken tief unten im Wasser sein unheilvolles Piercing an den Fischlein verüben konnte.

Manche von uns gingen zur Bundeswehr und lernten hier das Schießen mit den gefährlichsten aller Kugeln. Todbringend über Jahrtausende sind sie heute immer noch für jedes Lebewesen, die Kugeln aus Blei, gleich welcher Größe.

Den edelsten aller Kugeln möchte ich einen kleinen Gedanken widmen: den Billardkugeln. Ich tauche ein in die Geheimnisse des Karambolage-Billardspiels und lerne, das eine Billardkugel mit Linkseffet, Rechtseffet, Ober- und Untereffet – und das nochmal unterteilt in verschiedene kleinste Flächen auf der Kugel angestossen werden kann. Natürlich mit unterschiedlicher Stoßkraft – mittel, stark, zart, lang, kurz oder am besten alles beieinander – nein natürlich nicht, dann hätten wir Billardfußball. Ob beim Fußball auch mit Effet gespielt wird, frage ich mich langsam.

Die vielen Ballspiele seien am Rande erwähnt: Völker-, Hand-, Volley-, Baskett- und Wiener Opernball. Die Fender an den Booten sind ebenso ballförmig, wie die Bojen auf dem Wasser, die uns den Weg weisen.

Der Mond ist genauso eine nackerte Kugel wie die vielen Planeten. Ob die Sterne und die Sonne auch Kugeln sind – ich vermute fast, ja !

Der Heißluftballon mag mich nach oben bringen, damit ich es überprüfen kann und sollte ich unsanft auf der Erde landen, wird mich die Physiotherapie auf dem AOK-Ball wieder heilen.

Bälle und Kugeln, wohin man schaut – Kugelfische, Kugelschreiber, Ballkleider, Luftballons, Kugelbäuche, Kugelköpfe, Ballonhosen, Tennisbälle...

Worin liegt das Geheimnis der Kugeln ? Sie rollen, hüpfen, gleiten, erotisieren, schwingen, vibrieren, tanzen, fliegen und wenn sie ein Schneefeld sind, können sie sich durch kleinste Erschütterungen in einen kleinen Ball verwandeln, der immer größer wird bis hin zur todbringenden Lawine.

Ich habe Respekt vor Kugeln und Bällen, stelle ich fest. Aber erst, seit ich Karambolage-Billard lerne und mich freue, das Fortuna in der ersten Liga spielt.

Die Kugelkopfschreibmaschine möchte ich hier ebenfalls noch erwähnen – die hatte mir sehr viel Freude bereitet, obwohl man Schwierigkeiten hatte mit dem Tipp-Ex. Ist eigentlich im Internet noch was rund? Ich befürchte, eher nicht... Doch, die dort angebotenen Rundreisen vielleicht und Koogle, pardon: Google.



(c) Karin Michaeli

Dienstag, 26. März 2013

Dichterhain: ENGELSGESCHENK von Karin Michaeli

Sansibar - die steinerne Hälfte

Engelsgeschenk

Wenn ich doch nur ein Engel wär’
Mit einem weiten Flügelpaar
Würde sachte schweben ich
Von Düsseldorf nach Sansibar.

In Sansibar da schwebte ich
Dann in die nächste Hafenbar
Und säh’ ich an der Theke Dich,
Dann wär’ das einfach wunderbar

Bewegt vor Freude und Entzücken
Würde ich mich von den Flügeln lösen,
Und Dir sie kleben auf den Rücken -
Dann könntest Du im Fliegen dösen.

Wer nie geflogen durch die Welt
Und niemals einen Engel sah
Dem bleibt jedoch der Blick verstellt
Auf die Hafenbar in Sansibar.


(c) Karin Michaeli

Montag, 4. März 2013

Dichterhain: OHNE TRÄUME WIRD DIE WELT DUNKEL vom Karin Michaeli

Ohne Träume wird die Welt dunkel...

Ein Blick - etwas zerknittert
fällt in mein Herz.

Das Herz weiß nichts davon -
aber ich, ich weiß es.

Dieser Blick - eine Welt,
ein Umschlingungsglück.

Ändern wird sich dadurch nichts -
und vielleicht doch alles.

Meine Seele glüht - Sehnsucht
hineingetragen mit einem Blick.


(c) Karin Michaeli

Freitag, 1. Februar 2013

Dichterhain: FANG AN ZU TANZEN von Karin Michaeli

 

 

Fang' an zu tanzen !

"Fang an zu tanzen!",
sagte ein Freund einst zu mir.
Worauf willst du warten -
warten, bis vor Gott Du stehst ?

Wie lange noch
willst Du knirschen mit den Zähnen
in der Nacht auf naßgeweinten
Kissen, die nach Mottenkugeln
sich erwartungsvoll sehnen,
um dann letztendlich
gepaart zu sein mit Chemie ?

Und Du, Du bist keine Motte - Du bist flott
dahingemetzelt von deiner Miesmacherei
wegen deinem Nimmersichfreuenwollen!

Mensch, fang an zu tanzen -
dreh dich im Tanz zu Mustafas Klängen,
die dem Bauch doch so schmeicheln!

Fang an zu tanzen - es ist doch so wenig,
was Du machen kannst.
Aber fange endlich an zu singen
und schrei dabei so laut es geht -
bis der Vollmond Dir die Seele verdreht ! 


(c) Karin Michaeli

Dienstag, 22. Januar 2013

Die beliebtesten Gedichte in Woche 2 / 2013

  • Der Zuspruch hat gegenüber der Vorweihnachtszeit generell etwas zugenommen. Bei den Gedichten landete (unter 100 Direktaufrufe plus ca. 2500 Besucher, die die Veröffentlichung bislang im Blog sahen) mit geringen Unterschieden auf Platz 1: Viktoria Vonseelen.


1    Dichterhain: AUFBRUCH von Viktoria Vonseelen

2    Dichterhain: WENN DER WIND von Ljiljana Graffé
        Dichterhain: LEBENSKUNST von Karin Michaeli

3    Dichterhain: ZURÜCK ZU MIR von CG Ohsa 


  • Auffällig stark mit über 100 Direktaufrufen über externe Links plus weitere Blogbesucher im Prosabereich, in jedem Fall jedoch vor den Gedichten liegend, sind

1    (11) Und wenn sie nicht gestorben sind ... EINE TIERISCH GUTE BAND - ein modernes Märchen
      von Siglinde Goertz 

2    Fantasien zur Nacht: WIE IM MÄRCHEN von Kat Marcuse
 





Mittwoch, 9. Januar 2013

Dichterhain: LEBENSKUNST von Karin Michaeli


Lebenskunst


Beim Vorwärtslaufen nach vorne schauen
und links und rechts die Blumen sehen.
Beim Schliessen der Augen in der Nacht
erkennen, wie die dunklen Wolken verwehen
um heimlich zu öffnen weit das Herz
für all jene, die Dich mit Liebe bedacht.

Einem Marienkäfer auf der flachen Hand
für einen Moment einen Startplatz schenken.
Und beim Betrachten einer Sonnenblume
einen Gedanken an den Liebsten denken.
In der Einsamkeit die Freiheit geniessen
und gute Gedanken freundlich begrüssen.

Dich sehen, wie Du als Kind Dich gefreut,
wenn Seifenblasen in den Himmel flogen,
die Du selbst erzeugt hast mit kleinem Hauch.
Und vergess nicht, dich im Tanze zu drehen
wenn die Traurigkeit, ganz tief aus dem Bauch
mal wieder erscheint am Himmelsbogen.

Du hast die Musik, die Wärme, Dein Lachen
und kannst aus jeder Stunde was machen.
Die Hoffnung stirbt immer und überall zuletzt
und darum lebe Dein liebes Leben - jetzt !



(c) Karin Michaeli

Montag, 24. Dezember 2012

WEIHNACHTSFLUCHT NACH ASIEN von Karin Michaeli

Weihnachten auf Sri Lanka
Vor genau zehn Jahren trat ich zum ersten Mal in meinem Leben die Weihnachtsflucht an. Nichts, aber auch nichts sollte mich an Weihnachten erinnern - weder Tannenzweige, noch Adventskränzchen, noch Frauen, die den ganzen Tag Wohnungen dekorieren mit Engelchen und dazu Plätzchen backen.
Also trat ich eine Reise nach Sri Lanka an - buddhistisch-hinduistische Riten fürchtete ich nicht. Schon als Jugendliche hörte ich Ravi Shanker und zündete auch gerne mal ein Räucherstäbchen an, wenn ich im Lotussitz auf dem blanken Fußboden mich der Meditation hingab.
Wie groß war mein Erstaunen, als in der Hotelhalle ein riesiger Weihnachtsbaum stand, umhüllt von Watte, die den Schnee symbolisieren sollte und obenauf ein riesiger bunter Stern. Aus den Lautsprechern sang ein zarter Kinderchor "Kling Glöckchen klinge-linge-ling".
Draußen neben dem Swimmingpool stand ebenfalls ein riesiger Tannenbaum mit Schnee garniert und auf allen Gartentischlein befanden sich kleine Adventsgestecke.
Eine riesige Krippe mit Hirten, Schafen und dem trauten hochheiligen Paar befand sich in der Hotelhalle direkt neben der Rezeption. Der holde Knabe mit dem lockigen Haar lag allerdings noch nicht in der Krippe. Erst am 24.12. sollte er dort hinein gelegt werden.
Meine natürliche Abwehr gegen diese Attribute deutschen Spießertums löste sich allerdings abends beim Abendessen im Speisesaal auf eine für mich beschämende Art und Weise auf.
Während der Vorspeise kamen plötzlich an die 40 Kinder mit riesigen Augen und dunklem gelockten Haar in den Speisesaal. Einige hatten Engelsflügelein auf dem Rücken, andere waren in Hirtengewänder gehüllt und das traute hochheilige Paar schritt voran, Mutter Maria mit einer riesigen Schildkröt-Babypuppe auf dem Arm, die zudem noch nackt war. Keines der Kinder war offensichtlich älter als sechs Jahre.
Sie bauten sich am Ende des Speisesaals auf und fingen herzzerreißend an zu singen. Das erste Lied lautete "Stille Nacht, heilige Nacht" und dann folgten die schönsten deutschen Weihnachtslieder. Die kleinen Ameisenstimmchen krochen in mein Ohr. Ich mußte die Vorspeise beiseite schieben, damit sie nicht weggeschwemmt werde von meinen aufsteigenden Tränen; denn es war um meine Fassung geschehen.
Alles was ich in den letzten Jahren tapfer geschluckt und nicht beweint hatte, kam hier in Sri Lanka auf Hikkaduwa im Speisesaal des Blue Coral-Hotel hemmungslos aus mir herausgeschwemmt. Ich weinte ohne Unterlaß und konnte den Blick nicht mehr wenden von diesen wunderschönen Kinderlein
Sie kamen jeden Abend in den Speisesaal bis einschließlich zum 2. Weihnachtstag und jeden Abend ergossen sich die Tränen in Vor-, Haupt- und Nachspeise und nach Weihnachten war ich innerlich gereinigt und fühlte mich wie neugeboren - so als sei ich am 24.12. erst auf die Welt gekommen.
Es bleibt noch zu erwähnen, das wir alle im Speisesaal geweint haben bei den Weihnachtsaufführungen der Kinder aus Sri Lanka, die die nackte Babypuppe manchmal völlig verkehrt herum im Arm hielten - hätte sie gelebt, wäre ihr der Kopf abgefallen...
Ab dem 25.12. lag in allen Krippen aller Hotelhallen in Hikkaduwa das kleine Jesulein - ich hatte mir den Spaß erlaubt, dies zu kontrollieren. Ja, auf Sri Lanka wird das Jesulein, so wie es sich gehört, erst am 24.12. in die Krippe gelegt - vorher ist es ja noch nicht geboren. Das sollten sich die hiesigen Krippenaufsteller mal zum Vorbild nehmen !

Erwähnt sei an dieser Stelle, das es auch kein Entrinnen vor Sylvester gab. Die Parties in den Gärten der Hotelanlagen starteten gegen 20.00 Uhr und endeten am anderen Morgen gegen 5.00 Uhr. Party bedeutete, das aus Boxen, so groß wie Kleiderschränke mit einem Lärm, stärker als 10 Düsenjäger beieinander, ununterbrochen die Popsongs der sechziger und siebziger Jahre runtergenudelt wurden. Zu Ehren kamen immer wieder Deep Purple, Status Quo, Susi Quattro, Jimmy Hendrix, Rolling Stones, Beatles und immer wieder The Lords mit ihrer Lola, immer wieder, immer wieder. Es gab kein Entrinnen - alle Hotelanlagen hatten die gleichen Tonträger, die gleichen lauten Boxen und die gleiche Freude daran, immer wieder die gleiche Musik zu spielen.

Sie haben es ja nur gut gemeint...

Wie gerne möchte ich das alles noch einmal erleben. Nächstes Jahr Weihnachten werde ich wieder der Weihnacht entfliehen und nach Sri Lanka fliegen.


(c) Karin Michaeli

Freitag, 21. Dezember 2012

"Schlittenfahren im Winter an der Obermosel" von Karin Michaeli


Ein bisschen Gruseln gefällig ?



Das kleine Dorf an der Mosel, von dem hier die Rede ist, liegt am Hang. Oben auf dem Berg steht eine alte Kapelle. Die war vor tausend Jahren besiedelt von Mönchen. Sie lebten dort vom Weinanbau und von Viehzucht. Wie man erzählt, verstanden sie es gar gut, einen kräftigen Schluck aus der Flasche zu nehmen an hohen Fest- und Feiertagen. Manchmal trieben sie es so arg, das sie im Innenhof des Klosters zu heiteren Gesängen im Kreis tanzten und man erzählt sich, das diese Feste oft bis in die frühen Morgenstunden dauerten. Im Dorf unterhalb der Kapelle hallte das Echo der Gesänge nach und die Menschen schauten angstvoll nach oben, bekreuzigten sich und bekamen es mit der Angst zu tun. Niemand aus dem Dorf war je zugegen bei diesen Feiern und niemand wußte, was dort wirklich geschah. Manch einer versuchte schon mal heimlich des nachts über die Mauern zu schauen – aber die waren so hoch, das man beim beim besten Willen nichts sehen konnte. Aber es erschall schon mal eine Stimme: „Fort mit Euch, Ihr Lumpengesindel, haut ab !“

Man spekulierte, das vielleicht aus dem nahegelegenen Kloster des Nachbardorfes die Nonnen dort mit feierten – hörte man doch hin und wieder ein weibliches lautes Lachen in der Nacht erklingen.

Es war ein sagenumwobenes altes Kloster und die Geschichten um die Mönche verdichteten sich im Laufe der Jahrhunderte immer mehr. In meiner Kindheit in den sechziger Jahren waren die Geschichten schon so weit gediehen, das man den Mönchen unterstellte, sie würden nachts mit den Totenschädeln des nahegelegenen Friedhofes Fußball spielen.

Wir Kinder liebten es, abends mit den Erwachsenen auf den hohen Berg zu gehen mit Schlitten und Bobs. Ein Bob war damals keine Hartschale, mit der man Eiswände herab fegt. Ein Bob war ein langer selbst gebastelter Schlitten aus Holz, auf dem bis zu 15 Leute hintereinander sitzen konnten.

Die „guten“ Bobfahrer hatten Mitleid mit uns neidischen Kindern mit den kleinen Schlitten und holten uns auf dem Bob mit – eng eingequetscht zwischen den Erwachsenen. Die kleinen Schlitten wurden einfach hinten an den Bob dran geknüpft und darauf setzten sich dann die Erwachsenen, die uns den Platz auf dem Bob überlassen hatten.

Die Fahrt nach unten ging von der alten Kapelle bergab bis hin zum Ufer der Mosel, wobei der gute Bobfahrer früh genug abzubremsen verstand, damit wir nicht alle im Wasser landeten. Es waren immerhin an die sieben Kilometer Fahrt – da kommt ordentlich Speed auf das Gefährt. Johlend und schreiend ging die rasante Fahrt nach unten. Vor Autos brauchten wir uns nicht zu fürchten. Die fuhren zu dieser Zeit am Abend noch nicht diesen Weg, der heute eine Bundesstrasse ist und nicht mehr mit dem Schlitten befahren werden kann.

Eines Abends entfernte ich mich mit dem Nachbarjungen Benjamin heimlich von der Schlitten fahrenden Schar in Richtung Friedhof vor der Kapelle. Wir hatten den Plan, um Mitternacht zu schauen, ob dort tatsächlich die Mönche immer noch Fußball mit den Totenschädeln spielen, so wie es die Sage erzählte. Es war eine Mutprobe zwischen mir und Benjamin. „Wetten, das Du Dich nicht traust, um Mitternacht dorthin zu gehen“ sagte Benjamin zu mir. „Doch, wenn Du mitkommst, mache ich das“, lautete meine mutige Antwort. Sie war sehr mutig, weil Benjamin war klein und hätte mich niemals beschützen können – dachte ich. Benjamin liebte mich. Das war mir schon seit dem 2. Schuljahr klar – aber er interessierte mich nicht, weil er so klein und schwächlich war.

Außerdem lief ihm immer die Nase und das sah unappetitlich aus.

Wir waren also so gegen elf Uhr am späten Abend alleine auf dem kalten Friedhof und vor Mitternacht würde die bob fahrende muntere Schar nicht wieder oben sein. Wir konnten also in aller Ruhe abwarten, was geschieht. Totenstille herrschte auf dem schneebedeckten Friedhof. Der Schnee lag unschuldig und unberührt auf den Gräbern und den Friedhofswegen und es war noch nicht mal der Abdruck einer Krähe darauf zu sehen. Die Turmuhr schlug halb zwölf und in der Kapelle ging langsam ein diffuses Licht an. In dem Moment sank unser Mut bis in die Hose und wir klammerten uns aneinander. Benjamin meinte, er müsse mal eben hinter einem Baum verschwinden, um Wasser abzulassen. Er kam und kam nicht wieder. Ich wurde nervös, schlich zu dem Baum – aber Benjamin war nicht zu sehen. In den Bäumen raschelte es und ein Rabe flog erschrocken vom Geäst. Ich schaute nach oben in eine Fratze, die das Aussehen eines Totenschädels hatte. Nach einem Wischen über die Augen war die Fratze wieder weg und ich nahm allen Mut zusammen und rief laut „Benjamin, wo bist du ?!“ Nichts rührte sich. Angst fing an, sich meiner zu bemächtigen. Es war kurz vor Mitternacht und das Licht in der Kapelle wurde heller und heller. Kleines Glockengeläut drang nach außen und ich zitterte vor Angst wie Espenlaub. Starr vor Angst stand ich an den Baum gepresst mit weit geöffneten Augen. Vielleicht hatte nun meine letzte Stunde geschlagen, dachte ich mir und ich war bereit, alles was jetzt kommt, zu ertragen. Die Angstlähmung in mir ließ auch keine andere Wahl.

Die Turmuhr schlug 12 Uhr Mitternacht. Jetzt, jetzt musste es losgehen. Ich wartete auf die Mönche, die nun vielleicht auch mit meinem kleinen Kinderkörper Fußball spielen würden und mit schreckgeweiteten Augen sah ich, wie die Tür der Kapelle sich öffnete. Und in der erleuchteten Kapelle stand nun die gesamte Bob- und Schlittenfahrgemeinschaft in der Tür und sang „Happy Birthday to you“. Und Benjamin löste sich aus der Menge, trat auf mich zu und reichte mir einen Weihnachtsmann aus Schokolade. „Darf ich Dir als erster zum Geburtstag gratulieren?“, fragte er schelmisch lächelnd und drückte mir einen nasentriefenden feuchten Kuss auf die Wange. Meine Reaktion folgte in Sekundenschnelle – die Erlösung, das hier kein Massaker stattfinden würde, machte einer hellen Wut Platz und ich scheuerte ihm eine auf die Wange, das diese rot anlief. „Du Sauhund!“ schrie ich, „du Sauhund...“. Alle lachten, fingen an zu singen und brachten mir ihre Geschenke dar. „Du wolltest es immer wissen“, sagten sie, „Du hattest immer die größte Klappe, wenn es drum ging, herauszufinden, wo was los ist ! Und jetzt hast Du hier mal Dein Abenteuer! Na, gefällt es Dir?“

Nein, es gefiel mir nicht. Ich wollte nur zu Hause bei Mama und Papa sein und nie wieder heimlich abends mit den Erwachsenen Bob fahren. Denn die Bobfahrten hatte ich mir redlich erschlichen, indem ich zu Hause Lügen erzählte, ich würde die Oma Lissi betreuen, die sich am Abend so fürchtete. Aber Mama und Papa wussten wohl Bescheid und traten als letzte aus der Kapelle mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Lügen haben kurze Beine“, lachten sie mir zu, nahmen mich in die Arme und küssten mir die Tränen weg


Mit Benjamin bin ich seit 30 Jahren verheiratet. Nach dieser Geschichte sah ich niemand anderen mehr an. - Aber wenn er im Januar Geburtstag hat, wird er eine Überraschung erleben. Meine Koffer sind gepackt. Das Ticket für Kuba ist organisiert. Ich kann fließend spanisch sprechen. Das habe ich in dreißig Jahren heimlich gelernt und in Kuba werde ich mit Benjamins Lebensversicherung ein neues Leben anfangen.

Die Überraschung wird perfekt sein. So wie damals vor 40 Jahren werde ich ihn zur Kapelle bitten um Mitternacht und ihm sagen, dass ich mal Wasser lassen muss hinter einem Baum. Er wird um Mitternacht die Tür zur Kapelle öffnen, weil er meine Stimme von innen rufen hört „Benjamin, komm doch rein – Deine Liebste wartet auf Dich!“ -

Nach meinem heimlichen Elektrikerkursus in Frankreich bin ich in der Lage, eine Türklinke unter Starkstrom zu setzen und alle Relikte, die auf einen Kurzschluss hinweisen, zu entfernen. Er hatte immer schon ein schwaches Herz, der kleine kränkliche Benjamin mit dem feuchten Schnodder unter der Nase ...

Mein Alibi ist perfekt. Ich beherrsche den Computer nach einem PC-Kursus in Luxemburg meisterhaft und während er vor der Kapelle den Weg ins Jenseits antritt, schreibe ich eine Geschichte zu Hause. Eine Geschichte darüber, wie man kleine Kinder erschreckt ...

Oh, übrigens:

Die Geschichte ging gut aus für mich. Ich sitze in Varadero am Strand mit einem Coctail und klappere auf meinem Laptop in meinen Erinnerungen und dabei fiel mir diese wichtige Geschichte ein.

(c) Karin Michaeli

Montag, 17. Dezember 2012

Die beliebtesten Gedichte der Woche 49

In der Woche 49 fanden folgende Gedichte stärkeren Zuspruch:

1    Fantasien zur Nacht: HERZENSGLUT von Hannes M. Pum
2   Dichterhain: JANINA IM WUNDERLAND von Harma-Regina Rieth
3    Dichterhain: ANNÄHERN von Felicitas Göbel
       Dichterhain: MEERESWELLE von Karin Michaeli