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Dienstag, 9. Januar 2024

Nachlese: Zwei (von mir) Vergessene - Groebners Glossenhauer #20 und #21

#20



Was Du nicht sagst!


Der Dialekt hat wirklich wunderschöne Begriffe. Jeder.  

„Hannebambel“ etwa im Hessischen. Oder auch „Gscheidhaferl“ im Bayerischen oder das wunderschöne „Nonanet“ (Kurzform: „Nona“) im Wienerischen. 

Zum besseren Verständnis: Das hessische Wort heißt soviel wie „Depp“ oder „Trottel“, das bayerische etwa „Klugscheisser“ oder „Besserwisser“ und der wienerische Ausdruck ist eigentlich nicht eins zu eins übersetzbar. Er ist so etwas wie die gelangweilte Antwort auf Nachrichten, die keine Neuigkeiten sind. Im Hochdeutschen also ungefähr „Was Du nicht sagst“.

„Der Papst ist katholisch!“ - „Nonanet“, „Die K.I. kommt mir so unmenschlich vor!“ - „Nonanet.“, „Der Weihnachtsmann ist ein Cyborg, den Coca-Cola in die Welt gesetzt hat, um aus Kindern schokoladesüchtige, gehirnamputierte Serienmörder zu machen.“ - „No… nochmal…. was hast Du gerade gesagt?“

Das Nonanet ist also in seiner Verwendung also sehr spezifiziert. Es ist nur für eine Sache geeignet, aber für diese sehr gut. Das „No na net“ ist sein eigener Vollprofi.

Abschweifung:

Deshalb muß an dieser Stelle dem Gerücht entgegen getreten werden, dass „No na net“ am Schluß der wienerischen Bezeichnung der Stammtöne der Tonleiter steht. Selbstverständlich singt man auch in Wien immer nur: „Do - Re - Mi - Fa - Sol - La - Si - Do“ und nicht: „Heast - Geh - Leck - Passt - Eh - No - Na - Net“. Dies nur der Vollständigkeit halber.

Ende der Abschweifung.

Und dieser Tage kann man das „No na net“ sehr gut und oft gebrauchen. 

Denn es häufen sich gerade Meldungen, die eigentlich nichts anderes als Reaktion zulassen:

„Wladimir Putin kandidiert wieder als für das Amt des russischen Präsidenten.“ - „No na net.“

„Die AfD in Sachsen ist gesichert rechtsextrem.“ - „No na net.“ 

„Die Öl-Staaten wehren sich auf der Welt-Klima-Konferenz gegen ein CO2-Verbot.“ - „No na net.“ 

Wobei ich hier keineswegs die Welt-Klima-Konferenz klein reden möchte. 

Nein, die Staaten und Institutionen dort versuchen etwas bahnbrechendes. Die probieren unter größten Kraftanstrengungen ein im Grunde physikalisches Problem (Erderwärmung) mit finanziellen Mitteln (Katastrophenfond) zu lösen. 

Das ist wirklich einzigartig! Das ist in etwa so, als würde man versuchen einen Wasserrohrbruch im Stock darüber zu stoppen, in dem man laut philosophische Werke der europäischen Aufklärung wiederholt rezitiert. Klingt verrückt? Aber heißt nicht auch ein beliebtes Installateur-Werkzeug Vier-Kant-Schlüssel? Eben. 

Das kann doch auch gut gehen. Warum nicht auch beim nächsten Platten (wienerisch: „Patschn“) am Fahrrad, Reifen und Schlauch mit mit Opernarien beschallen, solange bis die Luft-entlassende Lücke wieder zugewachsen ist? Dauert vielleicht, aber wenn wir international zusammen stehen und mitsingen, könnte das - so wie beim Fond für Klimaschäden - funktionieren. 

Lasst uns auch die nächste Hangrutschung aufgrund von tagelangem Starkregen einfach mit einer Mathematik-Olympiade aufhalten. Auch wenn die PISA-Ergebnisse gerade zu wünschen übrig lassen, könnte das klappen. (Das Bildungsdesaster lässt sich im übrigen sicher durch regelmäßige Sauna-Besuche eindämmen.)

Wir brauchen unkonventionelle Lösungen für klar umrissene Probleme. Gedichtinterpretationen gegen Dürrekatastrophen. Ballonfahren gegen Fremdenhass. Tanzworkshops gegen das Wettrüsten. Yoga wider das Handelsbilanzdefizit. 

Oder Gesprächstherapie gegen das Haushaltsloch!

Klingt neu, crazy, weird oder vielleicht sogar komplett meschugge, aber in der deutschen Bundesregierung arbeitet man anscheinend schon mit solchen Methoden.

Wozu lehrt man denn auf den Universitäten seit Jahren fächerübergreifende Studien, wenn man nicht auch mal fächerübergreifende Lösungen anbietet? Also: Was tun gegen hungernde Kinder in Wohlstandsgesellschaften? Na? Logisch: Pilates fürs obere Management.

Explodierende Schwermetall- und Feinstaubbelastungen in Ballungsräumen? Dagegen hilft der Romanerstling einer burmesischen Tennisspielerin. Und dass Chorsingen in Alpentälern gut ist gegen Müllinseln in den Weltmeeren versteht sich jetzt wohl von selbst.

Also wenn die „internationale Gemeinschaft“ jetzt recht viel Geld in einen Fond stopft und gleichzeitig ein tausendfaches davon in Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen, die schön CO2 in die Luft blasen, dann werden wir, unsere Kinder (die wir jetzt gerade noch mit Plastikspielzeug versuchen zu bestechen) oder unsere Kindeskinder eines Tages aufs Thermometer schauen und sagen: 

„Hoppala! Es hat ja über 50 Grad! Das ist aber ganz schön heiß!“ 

Dann wird irgendjemand vielleicht antworten: 

„No na net.“

 - „Gscheidhaferl!“

„Hannebambel.“




Groebner Live - Nächste Termine: 


„ÜberHaltung“ - Sonntag 28.1. Frankfurt, Stalburg Theater - Samstag 10.2. Offenbach, Filmklubb - alle Termine.



#21 

Weihnachten vs. Satire 1:0


Es ist Weihnachten. Und das ist gut so. Die Menschheit freut sich an Geschenken, von denen sie nicht weiß, wohin damit. Und über den Besuch von Verwandten, von denen sie nicht weiß, woher.

Aber sonst ist es schön. Stress, Rempeleien in der Schlange an der Supermarktkasse und Schreiduelle im Straßenverkehr sind vorbei, jetzt muss nur noch gegessen werden. Und verdaut. Und vergessen.

Denn dazu ist so ein Fest ja auch da. Einmal im Jahr alles vergessen, was sonst noch so auf dem runden Planeten nicht so ganz rund läuft. Das bleibt draußen. Ob Krieg, Klima oder andere Katastrophen, die einzigen Strophen, die uns jetzt interessieren, sind die von „Stille Nacht“. 

Und deshalb hat auch der Satiriker zu schweigen. Er muss seinen Kopf in den nicht vorhandenen Schnee stecken und dort warten bis der Alltag wieder öffnet. Meist am 7. Jänner.

Das ist so, weil Satire ja eine Form der Auseinandersetzung mit der Gegenwart ist. 

Wenn aber die Gegenwart ausgeblendet wird und hinter einem üppig dekorierten, etwas schrägen, an der Zimmerdecke kratzenden Weihnachtsbaum zu verschwinden hat, ist auch der Satiriker im Zwangsurlaub.

Wobei es sicher viele Menschen gibt, die sich eine Verlängerung dieses Zustands der selbstgewählten Ahnungslosigkeit wünschen würden. Warum kann man nicht das ganze Jahr sagen: „Jetzt hör mir auf mit diesen Geschichten, es ist Weihnachten.“?

Das ist doch die wahre Informationsfreiheit: die Freiheit von Information. 

Man könnte doch ohne Probleme nach Weihnachten, das große Fest des Aufräumens feiern. Weltweit werfen Menschen Zeug weg, das sie eigentlich nicht brauchen. Alle fotografieren ihren Müll und stellen ihn auf Instagram, bis zum Höhepunkt der Festivität. Das ist eine Woche vor Aschermittwoch, wenn der heilige Müllmann kommt. Mit seinem Müllfahrzeug Rud… Ru… R… Rüdiger braust er heran, nimmt alles mit und lädt das ganze Zeug am Nordpol ab. Oder im Ozean. Dann ist eine Woche Fasching vulgo Karneval und alle haben Zeug an, das sie den Rest des Jahres niemals tragen würden, sind betrunken und man amüsiert sich mit Freuden weit unterhalb des eigenen Niveaus. 

Wenn man eins hat.

Danach beginnt das Frühlingsfest. 

Denn der Frühling ist die Zeit des Nestbaus in der Natur und so ist auch der Mensch angehalten sich neue Einrichtungsgegenstände zuzulegen. Schließlich hat man ja gerade erst alles weggeworfen.

Das Frühlingsfest begehen die Gläubigen also mit einer ständigen Wallfahrt ins örtliche Einrichtungshaus und wieder zurück. Man darf nur aus dem Auto aussteigen, um die gerade frisch erworbenen Möbel ein- oder auszuladen. Oder zum Zweck das soeben verzehrte Mittagsmenu wieder los zu werden. Ziel ist es so oft wie möglich das Möbelcenter zu besuchen und dabei soviel Kilometer zu machen, wie nur geht. Wer es schafft den Erdumfang herein zu fahren, bekommt vom Papst den Segen „Urbi et Orbi“ (für den Stadtbewohner mit Kaugummi).

Dann ist endlich Sommer und wir dürfen anschließend schon wieder feiern. Das Fest der Ölung. Ein angeblich alter, heidnischer Brauch aus dem vorchristlichen, römischen Reich, in dem man sich in Badeanstalten trifft, sich gegenseitig mit Sonnenöl einschmiert, in Frittier-Öl heraus gebackene Pommes isst und dazu Bier (dänisch: Öl) trinkt. Wer am Ende des Sommers aussieht wie ein Jägerschnitzel (ohne Sauce) hat gewonnen, wird zum „Herr des Sommers“ gekürt, und - nachdem ihm eine aus Stroh geflochtene Krone aufgesetzt wurde - bekommt er eine Hautkrebsvorsorgeuntersuchung gratis.

Dann ist Herbst, da muss man noch einmal dem großen Geist des Konsumismus dienen, bevor wieder diese selbstkasteiende Weihnachtszeit anbricht. Also am besten ein dreimonatiges Erntedankfest. Muss man sich vorstellen wie das Vorbild in München, aber nicht nur im Oktober und nicht nur in München. Ein landesweites Septemberoktobernovemberfest. Denn obwohl die Kirche gerne vom „Lamm Gottes“ spricht, bleiben die Hühner und Schweine Gottes völlig unerwähnt. Aber auch die hat der Herr für uns vorbereitet. Der Herr der Massentierhaltung genauer gesagt, der uns hinweg nimmt die Kunde der Welt. Denn wenn wir drei Monate ständig nur zwischen Braten und Bett hin- und herpendeln, kriegen wir garantiert nichts mit von der Welt. Und das ist ja der Plan. 

Und dann ist auch schon wieder Weihnachten. Und wir haben es geschafft.

Ein ganzes Jahr nur selige Festzeiten und keinerlei Nachrichten. 

Und ein Blick in den Spiegel zeigt uns: Runder sind wir geworden. Aber auch bräuner. Und die Wohnung ist voller Möbel, von denen wir nicht wissen wohin. 

Es ist eng. Riecht seltsam nach Sonnenöl und Bratenfett. Aber wir sind glücklich.

Ahnungslos glücklich.

Aber dann wollen wir es doch mal wissen, holen das Smartphone raus und dann sagt irgendwer: „Lass das bitte! Es ist doch Weihnachten.“


In diesem Sinne:

Frohes Fest.




Groebners neue Glosse für Radio Bayern Zwei „Ende der Welt“ zum Nachhören.


Der „Neue Glossenhauer“ ist ein Projekt der freiwilligen Selbstausbeutung, wer es dennoch materiell unterstützen will, hier wäre die Bankverbindung für Österreich: 

Severin Groebner, Bawag, IBAN: AT39 6000 0000 7212 6709 

Hier die jene für Deutschland: 

Severin Groebner, Stadtsparkasse München, IBAN: DE51 7015 0000 0031 1293 64