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Freitag, 20. März 2015

Kann Folsäure vor einem Herzinfarkt bewahren?


Folsäure und Herzinfarkt

Immer wieder werden die Herzspezialisten der Deutschen Herzstiftung gefragt, ob Folsäure, die zu den Vitaminen gehört, tatsächlich vor Herzinfarkten schützen kann. Die Frage ist nicht unberechtigt, zumal sich die Empfehlungen zur Folsäure in den letzten Jahren entscheidend geändert haben und sich das noch nicht überall herumgesprochen hat.
Hintergrund: Bereits vor vielen Jahren hatten Studien gezeigt, dass erhöhte Blutwerte der Aminosäure „Homocystein“ mit einer erhöhten Rate an Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Durchblutungsstörungen in den Armen und Beinen einhergehen können. Da sich erhöhte Homocystein-Spiegel in vielen Fällen einfach mit Vitaminen senken lassen, z. B. mit Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12, wurden diese Vitamine früher häufig von ärztlicher Seite zum Schutz vor Herzinfarkten empfohlen, wenn sich in Blutuntersuchungen erhöhte Homocystein-Werte fanden. Teilweise wurden solche Vitamin-Präparate sogar auch als eine Art Wundermittel zum Schutz vor Herzinfarkten angepriesen, unabhängig davon ob der Homocystein-Spiegel im Blut tatsächlich erhöht war oder nicht.

Folsäure: Wie lauten die heutigen Empfehlungen?

Mittlerweile wird Folsäure von erfahrenen Herzspezialisten allerdings nicht mehr zum Schutz vor Herzinfarkten empfohlen. Denn aufgrund groß angelegter Studien* der letzten Jahre weiß man heute, dass sich erhöhte Homocystein-Werte zwar mit einer Kombination aus Folsäure, Vitamin B6 und B12 senken lassen, dies aber nicht wie erhofft auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringert.
*Armitage JM et al., JAMA 2010; 303: 2486-94 / NORVIT: Bønaa KH et al., N Engl J Med. 2006;354:1578-88 / HOPE-2: Lonn E et al., N Engl J med 2006; 354: 1567–77

Wie lassen sich die Ergebnisse erklären?

Auf den ersten Blick mag die fehlende Wirkung der Homocystein-Senkung auf das Herzinfarkt-Risiko unlogisch erscheinen, da hohe Homocystein-Werte in vorausgegangenen Studien ja mit einem gesteigerten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergegangen waren. Doch nach den Erkenntnissen der letzten Jahre sind erhöhte Homocystein-Spiegel lediglich als Folge anderer Herzinfarkt-Risikofaktoren anzusehen. D. h. erhöhte Homocystein-Spiegel zeigen ein erhöhtes Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen an, aber steigern diese Gefahr selbst nicht. Vergleichbar ist das mit einem Tacho im Auto, der zwar beim Gas geben eine Zunahme der Geschwindigkeit anzeigt. Dreht man aber die Tacho-Nadel mit der Hand auf Null zurück, ohne den Fuß vom Gaspedal zu nehmen, verringert sich die Geschwindigkeit des Autos nicht. Ebenso wenig verringert sich das Risiko für einen Herzinfarkt, wenn man wie in den Studien überprüft mit Folsäure und anderen Vitaminen den Homocystein-Spiegel senkt.

Können Folsäure und andere Vitamine auch Schäden anrichten? 

In der Vergangenheit hat es immer wieder Hinweise gegeben, dass die künstliche Zufuhr von Vitaminen in Pillenform in bestimmten Fällen möglicherweise die Gefahr für verschiedene Tumore erhöhen kann. D. h. derartige Folsäure- und andere Vitamin-Präparate sind evtl. nicht nur nutzlos, was den Schutz vor Herzinfarkten angeht, sondern stellen ggf. sogar ein Risiko für die Gesundheit dar, was sich aufgrund der bisherigen Studien zumindest nicht mit ausreichender Sicherheit ausschließen lässt.
Fazit: Präparate mit Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 haben beim Schutz vor Herzinfarkten enttäuscht**. Zwar kann die Einnahme von Folsäure- bzw. Vitamin-Pillen den Homocysteinspiegel senken, in den erwähnten groß angelegten Studien der letzten Jahre hatte dies aber keine schützenden Effekte, was das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen angeht. Zudem lässt sich nicht mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass die künstliche Zufuhr solcher Vitamin-Pillen auf Dauer mit der Entwicklung von Tumorerkrankungen einhergeht.
**Unberührt davon ist die Folsäure-Einnahme, wie sie während der Schwangerschaft für einen begrenzten Zeitraum zur Verhinderung von Neuralrohr-Defekten bei Neugeborenen zum Einsatz kommt, oder auch Vitamin-Gaben, wie Sie evtl. bei drastischer Unterernährung sinnvoll sein können.
Wichtiger Hinweis: Erfahrungsgemäß kann durch den Kauf und die Einnahme von Folsäure bzw. anderen Vitamin-Tabletten die Gefahr bestehen, dass man sich in falscher Sicherheit wiegt, was den Schutz vor Herzinfarkten angeht, und man dann Risikofaktoren vernachlässigt, die erwiesenermaßen wirklich gefährlich sind, wie z. B. Bluthochdruck, Bewegungsmangel, gesundheitsschädigende Cholesterin-Spiegel oder ungünstige Ernährungsgewohnheiten.
TippFür alle, die sich wirklich wirkungsvoll vor einem Herzinfarkt schützen möchten und selbst etwas dafür tun wollen, empfiehlt die Herzstiftung statt dem Kauf von Folsäure z. B. folgende Themen in Angriff zu nehmen (bitte anklicken):
Professor Dr. med. Harald Klepzig
Autor: Professor Dr. med. Harald Klepzig ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Chefarzt im Klinikum Offenbach. Zu den klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkten des Herzspezialisten zählen u. a. die interventionelle Therapie und die medikamentös-konservative Behandlung von Herzerkrankungen.

Dienstag, 27. April 2010

Folsäuremangel in Deutschland?

(dgk Marburg) Bundesbürger verzehren zu wenig Folsäure. Zu dem Ergebnis kam kürzlich die Nationale Verzehrsstudie II des Max-Rubner-Instituts (MRI). 86 Pro­zent der Frauen und 79 Prozent der Männer erreichen den empfohlenen Wert (400 Mikrogramm) für die tägliche Zufuhr von Folsäure demnach nicht.

Folsäure beeinflusst die Zellteilung und -entwicklung, die Bildung der DNA, die Blutbildung sowie Stoffwechselvorgänge. Das Vitamin wird über die Nahrung aufgenommen. Geschieht dies nicht, bildet sich nach vier bis fünf Monaten eine besondere Form der Blutarmut. Eine Unterversorgung mit Folsäure beeinflusst Krankheitsrisiken, zum Beispiel kann der Homocysteinwert im Blut ansteigen. 

Risikofaktor Homocystein 
Homocystein gilt als ein Risikofaktor unter anderem für Herz-Kreislauferkrankungen und Schlaganfall. Die Zusammenhänge sind wissenschaftlich nicht endgültig geklärt – jedoch ist es ratsam, den Homocysteinspiegel bestimmen zu lassen und bei erhöhten Werten gegenzusteuern. Das gilt besonders für Menschen mit Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen und Schlaganfall oder für Menschen, die diese Probleme bereits haben.


Homocystein wird bei Stoffwechselvorgängen gebildet. Da es keine besondere Aufgabe hat, wird es wieder abgebaut. Ist dieser Vorgang gestört, reichert sich die Substanz an. In hoher Konzentration schädigt sie die Gefäße, was wiederum das Risiko für die genannten Krankheiten ansteigen lässt. 

Wird Folsäure zugeführt, sinkt der Homocysteinspiegel. Wichtig für eine positive gesundheitliche Wirkung ist dabei die Kombination der Folsäure mit den Vitaminen B6 und B12. 

Homocysteinwerte unter 10 Mikromol pro Liter Blutplasma gelten als  unbedenklich. Bei Werten zwischen 10 und 15 Mikromol kann man versuchen, den Spiegel durch den Verzehr folatreicher Lebensmittel zu senken. Ab einem Wert von mehr als 15 Mikromol empfehlen Experten Arzneimittel, die Folsäure, B12 und B6 in speziell aufeinander abgestimmter und höher dosierter Form enthalten. Die Einnahme erfolgt nach ärztlicher Anweisung, der Homocysteinwert wird regelmäßig kontrolliert. 



Das Maß aller Dinge: die richtige Dosis
Die Wirkung von Folsäure ist hochkomplex, die Dosierung von großer Bedeutung. Zu wenig ist problematisch - zu viel aber auch, wie neuere Forschungen ergeben haben. Professor Alfonso Lampen vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist deshalb der Meinung, dass, wolle man die positive Wirkung nutzen, Risiken aber nicht eingehen, Folsäure individuell verabreicht und dosiert werden müsse – also in Abhängigkeit beispielsweise von Alter, Erkrankungen und persönlicher Lebenssituation. Ärztliche Beratung ist deshalb wichtig. Der Folsäure-/Folat-Status lässt sich übrigens mittels einer Blutuntersuchung feststellen.



Ein Wort zur Ernährung 
Folat ist der Begriff für die natürliche Form des Vitamins, die künstlich hergestellte Variante wird als Folsäure bezeichnet; oft spricht man aber einheitlich einfach nur von Folsäure. Viel enthalten ist etwa in grünem Gemüse, Vollkornprodukten und Getreidekeimlingen, Leber, Weichkäse und Orangen. Kurze Lagerungszeiten und eine schonende Zubereitung ohne langes starkes Erhitzen von Gemüse erhalten den Folatreichtum der Lebensmittel.

Dennoch muss davor gewarnt werden, Folate einfach so zu ersetzen. Hat jemand zum Beispiel einen B12-Mangel und geht zum Heilpraktiker, erhält er in den meisten Fällen ein Kombipräparat aus B6 und B12. Dies führt aber für Schulmediziner zu einer Kaschierung des B12-Mangels und gleichzeitig entstehen oder verschärfen sich neurologische Probleme bei einer Überdosierung von B6. Also Vorsicht. Fragen Sie Fachleute Ihres Vertrauens.

















(Nutzungsrechte durch dgk Marburg, 
© dusk - Fotolia.com)
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