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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Montag, 4. November 2013

Sexueller Missbrauch in der Kirche und sein Totschweigen - netzwerkB kämpft dagegen


Liebe Mitglieder und Freunde von netzwerkB,

am 6. November 1993 habe ich bei einem Familientreffen im Beisein der
beiden Täter mein Schweigen gebrochen.
20 Jahre Aufarbeitung liegen hinter mir - Zeit für neue Wege!
Am 13. Mai 2013 habe ich Papst Franziskus folgenden Brief geschrieben:


Akt der Versöhnung - N. 555.086

Sehr geehrter Heiliger Vater,

unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 27. April 2004
(http://netzwerkb.org/wp-content/uploads/2013/09/Papst-Johannes-Paul-II._27.04.2004.pdf),
aus dem Staatssekretariat, Erste Sektion Allgemeine Angelegenheiten, mit
der N. 555.086, in dem mir Papst Johannes Paul II. auf mein Schreiben vom
9. Dezember 2003
(http://netzwerkb.org/wp-content/uploads/2013/09/Papst-Johannes-Paul-II._09.12.2003.pdf)
geantwortet hat, möchte ich mit diesem Brief Ihre Heiligkeit um einen Akt
der Versöhnung bitten.
Ich wurde sexuell missbraucht – vom 10. bis zum 16. Lebensjahr von einem
Pfarrer und danach bis zum 18. Lebensjahr von einem Kirchenmusiker der
Gemeinde in Delitzsch bei Leipzig.
Ich habe 35 Jahre lang geschwiegen. Niemand hat davon gewusst. Schweigen,
aus Angst, Scham und Schuldgefühlen. Schweigen, weil die Sprache fehlte.
Vor 20 Jahren habe ich mein Schweigen im Familienkreis gebrochen. Seitdem
werde ich von meiner Herkunftsfamilie und der Kirchengemeinde ausgegrenzt.
Mein Angebot, in der Gemeinde gemeinsam mit dem Bistum Magdeburg die
Verbrechen aufzuarbeiten, wurde bisher abgelehnt. Die Hauptschuld an den
jahrelangen Verbrechen trägt das Bistum Magdeburg, weil sie den Pfarrer
immer wieder versetzte, gleichwohl bekannt war, dass er Kinder und
Jugendliche missbraucht hat. Gesprochen hat der zuständige Bischof mit mir
bis heute kein einziges Wort.
In meinem Buch „Ich wurde sexuell missbraucht“
(http://netzwerkb.org/2008/09/05/mein-buch/) schildere ich meine Geschichte
ausführlich. Als Anlage füge ich Ihnen ein Exemplar bei. Meine Geschichte
ist öffentlich bekannnt. Die Medien haben ausführlich darüber berichtet,
s. unter: http://netzwerkb.org/medien/
Das Bistum Magdeburg versuchte mich mit 25.000,- Euro wieder zum Schweigen
zu bringen, daraufhin bat ich Papst Johannes Paul II. in dem oben genannten
Schreiben um Hilfe. Er ließ mir antworten, dass ich um Vergebung bitten
solle. Daraufhin habe ich versucht mir das Leben zu nehmen. In meinem Buch
„Ich wurde sexuell missbraucht“, in den Kapiteln „Papst betet für
mich“ und „Ich hatte keine Hoffnung mehr“, schreibe ich darüber.
Es hat nicht funktioniert, mir das Leben zu nehmen. Danach habe ich
beschlossen, meine Lebenskraft gegen das Verschweigen von sexualisierter
Gewalt einzusetzen. Heute bin ich Vorstandsvorsitzender von netzwerkB
(Netzwerk Betroffener von sexueller Gewalt e.V.). Ich vertrete die
Interessen Betroffener des größten Opferschutzverbandes Deutschlands.
Darüber hinaus sind wir auch international vernetzt.

Die Stiftung
Mein Wunsch ist es, eine Institution zu schaffen, die sich gegen das
Verschweigen, Verleugnen und Vertuschen von sexualisierter Gewalt einsetzt
– ich beabsichtige eine gemeinnützige Stiftung zu gründen.
35 Jahre habe ich geschwiegen und war nicht in der Lage, über die
sexualisierte Gewalt, die man mir angetan hat, zu sprechen. Zwei
fundamentale Erkenntnisse sind das Ergebnis meiner Arbeit:
1. Der Mensch wird seelisch krank, weil er dazu erzogen wird, nichts zu
merken.
2. Der Mensch verschweigt, verleugnet und vertuscht, weil er nichts merkt.
Das Tabu, das auf dem Thema sexualisierter Gewalt lastet, behindert massiv
die Aufarbeitung für diejenigen, die sie erlebt haben und deren Leben
dadurch geprägt wurde.

Ziel der Stiftung soll es sein, Opfern von sexualisierter Gewalt zu helfen,
ihre Schweigemauer zu durchbrechen. Das schaffen sie nicht allein und sind
deshalb auf Hilfe angewiesen – auf Personen, die sich in der
Öffentlichkeit gegen das Verschweigen, Verleugnen und Vertuschen von
sexualisierter Gewalt einsetzen. Das erfordert Mut und diesen gilt es zu
unterstützen – genau das soll die Stiftung leisten, indem sie einen
Preis ausschreibt, der an Personen vergeben wird, die Außergewöhnliches
leisten, um Opfern von sexualisierter Gewalt zu helfen, ihr Schweigen zu
brechen. Die Stiftung möchte Transparenz fördern und fordern,
insbesondere bei Berufsgruppen, die viel mit Kindern und Schutzbefohlenen
zu tun haben (Erzieher, Lehrer, Geistliche, Ärzte und Psychotherapeuten,
Anwälte und Richter) und bei denen die Gefahr einer Vertuschung besteht,
weil aus Korpsgeist Täter geschützt werden und Opfer dadurch bei der
Aufarbeitung ihres Traumas massiv behindert werden.

Das Bistum Magdeburg schuldet mir 450.000 Euro. Diese Forderung habe ich
mit Schreiben vom 14. Februar 2003 zum Ausdruck gebracht (s. Anlage:
http://netzwerkb.org/wp-content/uploads/2013/09/Bistum-Magdeburg_14.02.2003.pdf).
Mit diesem Geld beabsichtige ich, die Stiftung zu gründen. Es wäre ein
Akt der Versöhnung, wenn nicht nur das Bistum Magdeburg in diese Stiftung
einzahlt, sondern wenn auch Sie als Oberhaupt der römisch katholischen
Kirche es tun. Wenn Sie hier eine Vorreiterrolle einnehmen würden und auch
andere Staatsoberhäupter und Prominente bitten, das gleiche zu tun –
dann könnte ein Akt der Versöhnung stattfinden.
Die ganze Welt würde erfahren, dass zukünftig Menschen mit dieser
Stiftung geehrt werden, die sich gegen das Verschweigen von sexualisierter
Gewalt in besonderem Maße einsetzen. Die Betroffenen von sexualisierter
Gewalt und auch die Angehörigen der Opfer, die ebenfalls großen Schaden
nehmen, würden Anerkennung in der Gesellschaft finden, die sie so sehr zum
Überleben brauchen.

Sehr geehrter Heiliger Vater,

ich sende diesen Brief in Kopie an
alle Bischöfe in Deutschland
Bundespräsident Joachim Gauck
Bundeskanzlerin Angela Merkel
die Vorsitzenden der Parteien im Deutschen Bundestag
mit der Bitte, sich ebenfalls an der Gründung dieser Stiftung zu
beteiligen.

Möge es diesen Verantwortlichen gelingen, nicht nur die Wirtschaft
anzusprechen, sondern auch die gesamte Gesellschaft zu überzeugen, hierbei
mitzumachen.
Ein Akt der Versöhnung ist dringend geboten, um über Brücken zu gehen,
wo die Wege bisher versperrt sind.
Es gilt, den Opfer-Täter-Opfer-Täter-Kreislauf zu durchbrechen.
Die Stiftung könnte der Anfang eines Weges sein, den wir gewaltfrei
gemeinsam gehen könnten.
Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung

Norbert Denef
Vorsitzender von netzwerkB