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Freitag, 27. Juni 2014

Heute Abend in Frankfurt a. M.: WILLE ZUR WAHRHEIT. Bestandsaufnahme von mir. Von Thomas Bernhard


Wille zur Wahrheit
Bestandsaufnahme von mir
Thomas Bernhard

Schauspielhaus . Uraufführung 17.11.13 . Stückdauer 2 Std., 45 Min., inkl. Pause .  Regie Oliver Reese . Bühne Hansjörg Hartung . Kostüme Elina Schnizler . Musik Jörg Gollasch . Video Konny Keller . Dramaturgie Michael Billenkamp . Besetzung Bettina Hoppe, Viktor Tremmel, Josefin Platt, Vincent Glander, Peter Schröder

Wir sind unser ganzes Leben dabei, uns zu erforschen.
Schon zu Lebzeiten und selbst heute noch, knapp 25 Jahre nach seinem Tod, verbindet man mit dem Namen Thomas Bernhard nur das Enfant terrible der
Literaturszene, den österreichischen Nestbeschmutzer und Querulanten. In seiner fünfbändigen Autobiografie – »Die Ursache«, »Der Keller«, »Der Atem«, »Die Kälte« und »Ein Kind« – gibt Bernhard einen intimen Einblick in seine Kindheit und Jugend, mit der Welt als Bühne und dem eigenen Leben als Theatervorstellung: »Zuerst habe ich hundertprozentig eine Tragödie aufgeführt und dann eine Komödie und dann wieder eine Tragödie. Das verwirrt die Zuschauer. Sie haben mir applaudiert, jetzt bereuen sie es.« Bernhards Opus magnum ist ein brillantes Wechselspiel zwischen Wahrheit und Fiktion, entwaffnender Offenheit und schamloser Übertreibungskunst. Es ist die eindrückliche Beschreibung der Genese eines Autors wie auch der Hassliebe zu seinen Wurzeln. Unter dem Titel »Wille zur Wahrheit« wird Oliver Reese Bernhards fünfbändiges autobiografisches Meisterwerk erstmals für die Bühne dramatisieren.


Montag, 16. Dezember 2013

Heute Abend in Frankfurt / Main: Wille zur Wahrheit. Bestandsaufnahme von mir. Thomas Bernhard


Wille zur Wahrheit
Bestandsaufnahme von mir
Thomas Bernhard

Schauspielhaus, 16.12.2013, 19:30 Uhr
2 Std., 45 Min., inkl. Pause


Wir sind unser ganzes Leben dabei, uns zu erforschen.

Schon zu Lebzeiten und selbst heute noch, knapp 25 Jahre nach seinem Tod, verbindet man mit dem Namen Thomas Bernhard nur das Enfant terrible der
Literaturszene, den österreichischen Nestbeschmutzer und Querulanten. In seiner fünfbändigen Autobiografie – »Die Ursache«, »Der Keller«, »Der Atem«, »Die Kälte« und »Ein Kind« – gibt Bernhard einen intimen Einblick in seine Kindheit und Jugend, mit der Welt als Bühne und dem eigenen Leben als Theatervorstellung: »Zuerst habe ich hundertprozentig eine Tragödie aufgeführt und dann eine Komödie und dann wieder eine Tragödie. Das verwirrt die Zuschauer. Sie haben mir applaudiert, jetzt bereuen sie es.« Bernhards Opus magnum ist ein brillantes Wechselspiel zwischen Wahrheit und Fiktion, entwaffnender Offenheit und schamloser Übertreibungskunst. Es ist die eindrückliche Beschreibung der Genese eines Autors wie auch der Hassliebe zu seinen Wurzeln. Unter dem Titel »Wille zur Wahrheit« wird Oliver Reese Bernhards fünfbändiges autobiografisches Meisterwerk erstmals für die Bühne dramatisieren.

Regie: Oliver Reese
Bühne: Hansjörg Hartung
Kostüme: Elina Schnizler
Musik: Jörg Gollasch
Video: Konny Keller
Dramaturgie: Michael Billenkamp
Besetzung: Bettina Hoppe, Viktor Tremmel, Josefin Platt, Vincent Glander, Peter Schröder

Montag, 4. April 2011

Ausschnitt aus Thomas Bernhards Theaterstück "Die Berühmten"

Thomas Bernhard hatte am 9. Februar Geburtstag (Jg. 1931) und am 12. Februar war sein Todestag (1989). Welcher Autor hat noch für so viel Wirbel gesorgt, so viele bissigen und humorvollen Tiraden, Schimpfkanonaden losgelassen in seinen Werken wie Bernhard? Mit 10 Jahren musste er in ein nationalsozialistisches Erziehungsheim, weil er Konflikte mit seine Mutter hatte. Mit 12 Jahren kam er ins NS-Internat und mit 15 Jahren brach er seine Schulkarriere ab, er verachtete die Schule als „Geistesvernichtungsanstalt“. Mit 27 begann er seine schriftstellerische Karriere, arbeitete als Journalist und war bereits seit 1949 an Lungentuberkulose erkrankt. Viele seiner Werke, zum Beispiel "Frost", "Das Kalkwerk", "Ein Fest für Boris" und "Holzfällen" wurden Skandale. Eine Kostprobe aus einem unbekannteren Theaterstück von 1976 ("Die Berühmten"):

"VERLEGER Und keine Literatur ohne Verkrüppelung
BASSIST zu Max Reinhardt
Und Sie lieber Reinhardt
zu Helene Thimig
Und Sie liebe Helene Thimig
zu Alexander Moissi
Und Sie mein lieber Moissi
zu Lotte Lebmann
Und Sie meine verehrteste Lotte Lehmann
Alle verkrüppelt
jeder hat seine Verkrüppelung
Nur wird sie nicht zugegeben
der Künstler gibt seine Verkrüppelung nicht zu
aber er schlägt Kapital aus seiner Verkrüppelung
Ganz abgesehen von unserer verehrten Elly Ney
und von unserem verehrten Richard Mayr
unserem unvergesslichen Ochs von Lerchenau
zu Samuel Fischer
Sie können ein Lied singen über das
wovon ich spreche
REGISSEUR Wenn die Künstler
gleichgültig ob es sich um die sogenannten schöpferischen
oder die sogenannten interpretierenden
die ja im Grunde auch schöpferische sind handelt
tot sind
tot sind meine Herrschaften
wenn sie tot sind
kommt zum Vorschein
was sie zeitlebens verschwiegen haben verheimlicht haben
ihre Verkrüppelung
im Geiste oder im Körper das ist gleich
Das Genie ist ein durch und durch krankhafter und verkrüppelter Mensch
und ein durch und durch krankhafter und verkrüppelter Charakter
ruft aus
Fragen Sie die Ärzte
was zum Vorschein kommt
wenn sie an die Leiche eines Künstlers gehen mit
dem Skalpell
BASSIST schaut auf die Uhr
Die Gundi
lässt uns alle sitzen
Die berühmtesten Leute
lässt sie sitzen
VERLEGER Sie ist ein Star Herr Baron
der jüngste absolute Star Herr Baron"

Mittwoch, 3. November 2010

Buchbesprechung: Das Lachen der Pandora (Unabhängige Verlage in Deutschland)

Magdalene Pennarz
Das Lachen der Pandora
Dresden 2009, 236 Seiten, 
Hardcover, A5, 17,90 €, Dresdner Buchverlag


In einer Zeit zunehmenden Interesses an kontroversen psychologischen und sozialkritischen Themen wendet sich dieses auffallende und sehr ungewöhnliche Werk an eine zeitkritische und ganz am Puls des Zeitgeistes orientierte Leserschaft. Nicht nur die Betrachtung von ungewöhnlichen, oft durch Manipulation geprägten Beziehungen zwischen Menschen, sondern in erster Linie Einblicke in die skurril, surrealistisch anmutende Alltagswelt der einzelnen Protagonisten verschaffen dem Leser den Eindruck, es mit einer unnatürlichen, fremden Gesetzen gehorchenden Romanwelt im Reich der irrealen Phantasmen zu tun zu haben.
Der Roman bewegt sich auf verschiedenen Erzähl- und Zeitebenen. Größtenteils wird die Handlung jedoch aus der Perspektive der Hauptprotagonistin Anna vorangetrieben. Dabei ist die Rahmenhandlung scheinbar linear und teleologisch auf ein Ziel ausgerichtet, weil alles in gewisser Weise voranschreitet. Die Handlung kommt jedoch nirgends an, oder anders gesagt, sie mündet in eine unaufhaltsame Kreisbewegung fast schon des Universums. Die große Schlussmetapher ist das Karussell, dessen Kreisbewegung zunächst mit Leierkastenmusik, dann mit Schlagern und schließlich verstärkt mit dem mechanischen, automatischen Sprechen, und noch stärker, dem immerzu auftretenden und meist deplatziertem Lachen der Anna wie in einem Wiederholungszwang untermalt und betrieben wird. 
Alles erscheint wie eine zeitlose Dauerbewegung am Beispiel einiger Betroffener. Anna, die treibende Kraft, wird gegen Ende des Romans sozusagen renoviert, runderneuert, um dem endlosen Treiben als unverbrauchte, in gewisser Weise attraktiv und sonst dominant wirkende, alles antreibende Frau beizuwohnen. In vielen ineinander verflochtenen Handlungssträngen werden Erlebnisschnipsel eingebaut, die wie kafkaeske Filmsequenzen Irrationales, Unbewusstes, Vergangenes und Mögliches zu einem skurrilen, postmodernen Puzzle zusammenfügen, in dem die einzelnen Menschen schon in der wievielten Generation isoliert, sinnentleert hausen. 
Eine Aneinanderreihung von Metaphern für den modernen bewusstseinlosen Menschen, der einem Lebenstrieb folgend in den Sog der Auflösung gerät. Als ob im Hintergrund ein immergleicher Dauerrhythmus wie von Techno- oder Housemusik abliefe, wird mit einer Stakkatosprache, die zwanghaft hängen bleibt, wiederholt, teilweise ihre ganze Struktur und alle Regeln verliert, diese sinnlose Entwicklung aufgespult. Die Leute, mit denen Anna zu tun hat, werden erzogen, trainiert, ohne Liebe behandelt. Als ob alles ein Vergnügen wäre, wächst die klassische Konditionierung und sinkt die Menschlichkeit ins Bodenlose. 
Die Romanpersonen machen zunehmend und immer stärker eine Scheinentwicklung mit, können aber wegen nicht vorhandener Persönlichkeit nur regredieren, der Überfrau und -mutter Anna folgen - ob sie wollen oder nicht. Am Ende von Annas Lachstrecke sind die Menschen wie geklont, gleich gekleidet, gleich groß, sie steigen in die Karussellfahrzeuge und auf die Karusselltiere, fahren mit, verschwinden im Kreissog, es werden immer mehr Mitfahrer, überladen dreht sich eine  ungeheure Kreisbewegung ins Nichts ... 
Thomas Bernhards sich einhämmernde Sprache der Wiederholung, wie sie in vielen seiner Werke zelebriert wird, so im Roman "Kalkwerk" oder in seinen Theaterstücken, taucht hier genauso in die Kreisbewegung des Immergleichen wie die Handlungen von Samuel Becketts Theaterstücken. "Warten auf Godot" wird mehrfach angesprochen... Das Lachen der Pandora-Anna ist wie ein nivellierendes, indifferentes Abschleifen der Individualitäten und steht daher ganz in der mythologischen Tradition von Pandoras Unheilbringern. Unheil und Schlechtes entweicht dem Mund der Anna, sobald sie anfängt zu reden und zu lachen, die Auflösung geht ihren Gang ...