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Mittwoch, 3. November 2010

Buchbesprechung: Das Lachen der Pandora (Unabhängige Verlage in Deutschland)

Magdalene Pennarz
Das Lachen der Pandora
Dresden 2009, 236 Seiten, 
Hardcover, A5, 17,90 €, Dresdner Buchverlag


In einer Zeit zunehmenden Interesses an kontroversen psychologischen und sozialkritischen Themen wendet sich dieses auffallende und sehr ungewöhnliche Werk an eine zeitkritische und ganz am Puls des Zeitgeistes orientierte Leserschaft. Nicht nur die Betrachtung von ungewöhnlichen, oft durch Manipulation geprägten Beziehungen zwischen Menschen, sondern in erster Linie Einblicke in die skurril, surrealistisch anmutende Alltagswelt der einzelnen Protagonisten verschaffen dem Leser den Eindruck, es mit einer unnatürlichen, fremden Gesetzen gehorchenden Romanwelt im Reich der irrealen Phantasmen zu tun zu haben.
Der Roman bewegt sich auf verschiedenen Erzähl- und Zeitebenen. Größtenteils wird die Handlung jedoch aus der Perspektive der Hauptprotagonistin Anna vorangetrieben. Dabei ist die Rahmenhandlung scheinbar linear und teleologisch auf ein Ziel ausgerichtet, weil alles in gewisser Weise voranschreitet. Die Handlung kommt jedoch nirgends an, oder anders gesagt, sie mündet in eine unaufhaltsame Kreisbewegung fast schon des Universums. Die große Schlussmetapher ist das Karussell, dessen Kreisbewegung zunächst mit Leierkastenmusik, dann mit Schlagern und schließlich verstärkt mit dem mechanischen, automatischen Sprechen, und noch stärker, dem immerzu auftretenden und meist deplatziertem Lachen der Anna wie in einem Wiederholungszwang untermalt und betrieben wird. 
Alles erscheint wie eine zeitlose Dauerbewegung am Beispiel einiger Betroffener. Anna, die treibende Kraft, wird gegen Ende des Romans sozusagen renoviert, runderneuert, um dem endlosen Treiben als unverbrauchte, in gewisser Weise attraktiv und sonst dominant wirkende, alles antreibende Frau beizuwohnen. In vielen ineinander verflochtenen Handlungssträngen werden Erlebnisschnipsel eingebaut, die wie kafkaeske Filmsequenzen Irrationales, Unbewusstes, Vergangenes und Mögliches zu einem skurrilen, postmodernen Puzzle zusammenfügen, in dem die einzelnen Menschen schon in der wievielten Generation isoliert, sinnentleert hausen. 
Eine Aneinanderreihung von Metaphern für den modernen bewusstseinlosen Menschen, der einem Lebenstrieb folgend in den Sog der Auflösung gerät. Als ob im Hintergrund ein immergleicher Dauerrhythmus wie von Techno- oder Housemusik abliefe, wird mit einer Stakkatosprache, die zwanghaft hängen bleibt, wiederholt, teilweise ihre ganze Struktur und alle Regeln verliert, diese sinnlose Entwicklung aufgespult. Die Leute, mit denen Anna zu tun hat, werden erzogen, trainiert, ohne Liebe behandelt. Als ob alles ein Vergnügen wäre, wächst die klassische Konditionierung und sinkt die Menschlichkeit ins Bodenlose. 
Die Romanpersonen machen zunehmend und immer stärker eine Scheinentwicklung mit, können aber wegen nicht vorhandener Persönlichkeit nur regredieren, der Überfrau und -mutter Anna folgen - ob sie wollen oder nicht. Am Ende von Annas Lachstrecke sind die Menschen wie geklont, gleich gekleidet, gleich groß, sie steigen in die Karussellfahrzeuge und auf die Karusselltiere, fahren mit, verschwinden im Kreissog, es werden immer mehr Mitfahrer, überladen dreht sich eine  ungeheure Kreisbewegung ins Nichts ... 
Thomas Bernhards sich einhämmernde Sprache der Wiederholung, wie sie in vielen seiner Werke zelebriert wird, so im Roman "Kalkwerk" oder in seinen Theaterstücken, taucht hier genauso in die Kreisbewegung des Immergleichen wie die Handlungen von Samuel Becketts Theaterstücken. "Warten auf Godot" wird mehrfach angesprochen... Das Lachen der Pandora-Anna ist wie ein nivellierendes, indifferentes Abschleifen der Individualitäten und steht daher ganz in der mythologischen Tradition von Pandoras Unheilbringern. Unheil und Schlechtes entweicht dem Mund der Anna, sobald sie anfängt zu reden und zu lachen, die Auflösung geht ihren Gang ...