Das Nahetal gehört zu den schönsten Tälern in Deutschland. Es ist abwechslungsreich, zerklüftet, bietet Bade- und Sonnenbuchten, Bahnüberführungen wie im Modellbauland und viel Natur - am schönsten zwischen Birkenfeld und Bad Münster am Stein. Wer sich nicht nur die Natur, sondern auch eine humorvolle und sehr beeindruckende Ausstellung im Maler-Zang-Haus in Birkenfeld anschauen möchte, der kann Walter Brusius mit älteren und ganz jungen Werken kennen lernen: DER ZIEGENMELKER. Der Künstler wohnt am anderen Ende des Nahetals, in Bad Kreuznach, hat dort sein Atelier und ist mit seinen gesprochenen Geschichten auf Video im städtischen Blog vertreten. Eine Auswahl davon habe ich sehr gerne in meinen Blog aufgenommen. Seine Geschichten werden gemocht, zahlreich besucht, sind ungewöhnlich, scheinbar sinnentleert, wirken skurril und bizarr, absurd und lassen manch einen mit einem großen Fragezeichen und Erstaunen zurück. In seinen Atelierheften bekommt man quartalsweise Nachschub an den schönen Geschichten, außerdem lernt man Zeichner und Karikaturisten aus ganz Deutschland kennen, denn die Hefte entstehen in einer Koproduktion mit ihnen. Walter Brusius schreibt seine Geschichten nach deren Vorlage oder diese entstehen umgekehrt zu seinen Geschichten.
In diese Welt gehören auch die neuen Werke im Birkenfelder Maler-Zang-Haus, Saarstraße, die im letzten dreiviertel Jahr entstanden sind. Angeregt durch die ungewöhnlichen Postkarten der Onkel, die sie aus Paris schickten, zeigt uns Walter Brusius Dutzende von Motiven, die er von ihnen aus der Larousse-Enzyklopädie oder dem Wörterbuch ausgeschnitten und auf Postkarten geklebt erhielt. Alle aus der Erinnerung nachgemalten Postkarten sind mit grünlich-blauen oder mal gelben Hintergründen versehen und mit dunkelblauen Filzstiften bemalt. Er setzte für diese Erinnerungsarbeit, das Vorüberziehenlassen der Kindheit, der Erlebnisse und der Bedeutungen, die er den Postkarten und ihren Motiven zumaß, Plakafarben ein, die sich schwerer verarbeiten ließen als andere. Das brachte ihm mehrere Arbeitsgänge ein, denn die Farbwirkung war ganz anders als erwünscht und erst nach mehreren Durchgängen dort, wo er sie haben wollte. So sind in verschiedenen Ensembles Dutzende Porträts, Gegenstände und vereinzelt Wortfetzen arrangiert, die sich erst im Begehen der Zimmer als das outen, was sie sind ... Denn die Wortfetzen erlauben erst zwei Zimmer weiter eine Bedeutung herzustellen. Die Botschaft des Malers bewusst brüchig und Gedankenarbeit erfordernd, so wie wohl damals dem kleinen Jungen sich bruchstückhaft ein Bild von Paris zusammensetzte, quer durch die Jahrhunderte, wie er es heute in keinem Film erfahren würde. Versatzstücke einer entfernten, fremden, reizvollen, aber auch lustigen Welt von Menschen und Vorgängen.
Im Erdgeschoss die etwa 10 Jahre alten großformatigen, plakativen und intensiv durch kräftige große Acryl-Farbtupfen im Hintergrund wirkenden Bilder, von denen eines den Ziegen-melker darstellte. Ebenfalls Kind-heitserinnerungen an das länd-liche Geschehen in Nieder-wörresbach, dem Geburtsort von Walter Brusius, und zwar aufge-wachsen in der "Gass", einer steilen Straße, aus der die Urbe-wohner des Dorfes stammten ...
Eröffnet wurde die Ausstellung von Manfred Dreier, dem letzten Bürgermeister der Stadt Birken-feld (danach nur noch einer für die Verbandsgemeinde), dem ehemaligen Landrat, dem Kreis-tagsabgeordneten Prof. Wild, vielen Honoratioren der Stadt und Verbandsgemeinde sowie Ver-tretern der Kunst, z.B. Herrn Schmied, Vorsitzender des Kunstvereins Nahe, und Harma-Regina-Rieth, freie Künstlerin. Ferner Pressevertreter und last not least die CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, ehemalige Wein-königin, die eine sehr ausführliche und informative Würdigung des Künstlers vornahm und ihm auch lachend verzeiht, wenn er lieber nichts mit ihrer politischen Richtung oder Religion zu tun haben will. Künstlerisch begegneten sich die beiden mit einer vom Künstler illustrierten und der Laudatorin betexteten Meditation über Bibeltexte für einen guten Zweck in Ruanda. Dort liebte man die Bilder von W. Brusius sehr, konnte man doch auch aus Gründen der Schrift- und Sprachunkenntnis die Texte gar nicht lesen. Für ansprechende Musik und Verköstigung war gesorgt. Die Ausstellung geht noch bis 10. Juni 2012.