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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Montag, 10. Februar 2014

Rheinland-pfälzische Literatur: HUGO BALL, 1 Stern und 7 kazamogipuffel

Dadapuppen 1916, von Hannah Höch

1 Stern und 7 kazamogipuffel

1 Stern und 7 kazamogipuffel
macht 13 zakopaddogei
zubtrahiere 5 franschöse Männlin
macht 1 Libanotterbett
nehme 3 Quentlin Klotzpulfer
legs in himmelsdeifelsnamen
dabei, wirst sehen wohinst
kommst wnr bällt wnr heult
wnr pfaucht wnre Daugen däht

Hugo Ball
(Begründer des Dada, Cabaret Voltaire)

Dienstag, 8. Oktober 2013

Meine Gedichteklassiker: DER GOTT DES MORGENS von Hugo Ball



Der Gott des Morgens

Die Vögel und Veigel sitzen auf Simsen und Dächern des Himmels
Schlafend in goldenen Träumen.

Der Morgen erwacht und schreitet ans grünlichen Toren, von Schaum gebaut.
An seine Brust anklammert sich ein verfrühtes Mövenpaar
Mit klatschenden Schwingen.

Er schreitet dahin, der Gott. Sein Kleid ist ein enganliegend Geflecht
Ans Kelchen tautriefender Rosen. Des Meeres Tosen hängt ihm vom Haupte
Herab im Lockengewühl, im Lockengefäll.

Korallentand und Schneckengehäuse sind sein klingelnder Kopfaufputz.
Lachende Riffe sind seiner Zähne weißblinkende Reihen.
Auf der Oboe ans Pappelholz lockt er die Sonne herauf.

Die Hände breitet er aus nach den neugebornen Unendlichkeiten.
Er schmettert den Stab auf das Felsengelände
Und rosane Brände werfen aufbrausend Entzündung weit in die Ferne.

Die Fenster und die Fassaden der Wolkengebäude stehen in Flammen.
Die Länder und Städte der Menschen schlafen noch wie vergessenes Spielzeug.
Über die Ebene schürfet des Gottes Schuh auf rollendem Perlengestein.

Wolken und Wellen, Weiden und Winde singen sein Lied ihm nach.
Die Hyazinthen der Gärten niesen sich wach und schau’n ihm verwundert ins Auge.
Die Gräser recken die grünen Schwerter und fechten ein nasses Getümmel.

Ungeduldig tanzet der Gott. Ihm ists nicht genug, daß die Erde
Dem Tag ihn entgegenträgt gleich einer Lustfregatte.
Auf dem Verdeck des segelnden Schiffes noch stürmt er dahin, der Gott,

Lachend und jauchzend, rufend und weckend, die Syrinx blasend
Mit hellem Getön.

Hugo Ball
(* 22. Februar 1886 in Pirmasens; † 14. September 1927 in Montagnola, Schweiz) war Autor und Mitbegründer der Zürcher Dada-Bewegung. Er war Freund und Biograf von Hermann Hesse.

Mittwoch, 11. September 2013

Dichterhain: CABARET von Hugo Ball (DADA)

Hugo Ball

Cabaret








I.

Auf das Gesuch des Negers schwieg die große Huppe
Und Emmys höllenrotes Schlankbein war komplett.
Auf's Ruhbett steige ich als Archipenko-Puppe
Und predige Diabolik dem Magnet-Korsett.

O Vielgetön eisgelb geschwollener Sardinen!
Belache, Publikum, den heroiquen Selbstmord der Diseuse!
4 Geiger biegen übern Brustkorb rote Eisenschienen.
Das Auge Gottes wacht auf der Pleureuse.

O Reitpferd Franz! Cönakelhafte Wanze!
Die Welt ist tief besoffen, glasäugig, voll Epilepsie.
Trompetenschnauze schlägt in violette Bassprotuberantze.
Röhrend äsen Kaiser Wilhelms Hippopodami.

II.

Die lilafarbene Pagodentrommel scheppert schief.
Wellenbock heißt der Cellist, Krassmilch und Kuttelfleck.


Es knerpelt Nackenwirbel sich fatal zu hohen Drehgewinden.
Eh lala! Musik sägt mir die Flanken auf.

Die Brüder Moll und Jebby blasen auf der Okarina.
Orchestermusik rechts schwenkt hinein in die offene Flanke.
Ein ganzer Unterleib voll Musik und Trompetenrohr.
Dick vom Kind tänzelt die Diseuse aus der Garderobe. 

Mittwoch, 21. August 2013

Meine Gedichteklassiker: Buddha und der Knabe von Hugo Ball



Buddha und der Knabe

Deine Kniee sind scharf und überaus flüchtig.
Deine Brust ist voll heißer Ranken unzüchtig.

Dein Leib schlägt weiße Bogen und schnellt sich durchs Zimmer.
Deine Lippen sind Blutegel in bläulichem Schimmer.

Deine satten Lippen, wie sie sich strotzend ringeln!
Wenn du küssest, wühlt sich dein Haupt ein bis zu den Lockenkringeln.

Höre, du mein Zögling, Gesell und Buhlknabe,
Was ich hinter deinen auftrotzenden Augensternen erschaut habe:

Du willst meine Hände, die sich in Weisheit falten,
Einnehmen mit allen Sturm- und Honiggewalten.

Du willst, daß meine hochtrabende Asketengebärde
Vor deiner rotperlenden Lachgier zu Schanden werde.

Du willst, daß mein Füllhorn, aus dem die Flüsse rauschen
Zum Streitschuh werde, um den wir Küsse tauschen.

Deine Lippen begehren wie Kitzenmäuler
Ihre eifrigen Zähnchen zu wetzen.

Meine Finger sollen zehn springende Fohlen sein,
Die über Zäune und Sträucher setzen.  



Hugo Ball 

Dienstag, 5. März 2013

Eine Hommage an eine der schillerndsten Frauen der Moderne: Emmy Hennnigs


Das Märchen ist zu Ende
Annäherungen an Emmy Hennings
3 CDs, 176 Minuten, ungekürzte Lesung. Digipack, 12 S. Booklet mit zahlr. Abb.
UVP 23,99 €


Auf drei CDs vollzieht der Hamburger Regisseur und Künstler Kärrners unter Mitarbeit von 15 Sprechern eine fragmentarische Annäherung an das 'Verdichtungswunder" Emmy Hennings in einer Collage aus Texten, Prosa, Lyrik und Briefen von und über Emmy Hennings.
Gelesen von Ella Endlich, Uwe Friedrichsen, Siegfried W. Kernen, Isabella Lewandowski, Karin Nennemann, Frank Roder, Thomas Arnold, Aendi Kudszus, Peter Weis, Thomas B. Hoffmann, Felix Isenbügel, Peter Bieringer, Ottokar Lehrner, Julia Becker und Luis C. Oberlander. Musik von Parov Stelar, Sasa Jansen, Sven Panne und Wolfgang Müller.


Eine durch und durch ansprechende und empfehlenswerte Hommage an eine der schillerndsten Frauen der Moderne. Mit viel Liebe zum Detail, sehr überzeugenden Sprechern und einer mal melancholischen, mal heiteren Stimmung erlebt man ohne Spannungsverluste beim Hören das Leben von Emmy Hennings. Sie äußerte selbst wie getrieben im Wind bewege sie sich durchs Leben, sie hatte Strecken großer Armut, schlief im Park und konnte sich nur alle paar Tage ein Zimmer mit Bad leisten. In ihrer Not prostituierte sie sich zeitweise und kam deswegen auch ins Gefängnis. Eine fürchterliche Zeit, die sie entsetzlich depressiv machte und grundlegend erschreckte. 

Sie war sehr beliebt bei den Künstlern und Autoren, ein liebes, reizvolles und sehr intelligentes Wesen, das so manchem bekanntem Vertreter der frühen Moderne nicht nur Muse, sondern auch nächtliche Gefährtin war. Sie hatte eine Rolle inne wie George Sand zwischen Victor Hugo und Fréderic Chopin oder Lou Andreas-Salomé zwischen Nietzsche, Rilke und Freud, wobei sie keine erfolgreiche Schriftstellerin war, oder andere inspirierende Frauen der frühen Moderne. Emmy Hennings schlief mit vielen namhaften Dichtern dieser Zeit. Die Liste ist beachtlich: u.a. Erich Mühsam, Joachim Ringelnatz, Johannes R. Becher, Ernst Bloch, Georg Heym, Kurt Wolff und Walter Benjamin. An der Seite des berühmten Pfälzers und Pirmasensers Hugo Ball legt sie mit der Gründung des "Cabaret Voltaire" in Zürich den Grundstein zur Schaffung des Dadaismus.


„Ich bin da. Pardon", schrieb Emmy Hennings am 19. Mai 1917 an Tristan Tzara. Und wie sie da war! Sie war 32 Jahre alt und hatte seit ihrer Geburt schon so viel erlebt, dass es für mehrere Leben gereicht hätte. (Frankfurter Rundschau)

Ihre Weggefährten und Liebhaber beschrieben sie als rastlos, heimatlos, vielseitig begabt, naiv, melancholisch und stets selbstreflektiert. Sie führte ihr Leben als Tänzerin, Schauspielerin, Dichterin, Autorin (u.a. für den „Simplicissimus"), Morphinistin, Gelegenheitsprostituierte, Revoluzzerin und Bohemien zwischen Berlin, München und Zürich in einer schieren Sucht nach Leben wie eine Abenteurerin. "Ich finde es unanständig, vorsichtig zu leben, ich kann es nicht." schrieb Emmy Hennings 1928 als eine der der schillerndsten Frauenfiguren der Moderne.

Sie fand erst Ruhe in der späten Freundschaft zu Hermann Hesse, ihrer selbstgewählten Heimat im Schweizer Tessin und der Zuwendung zum katholischen Glauben, heißt es in den späten Quellen. Was einen dann verblüfft, dass nach all diesen Lebenserfahrungen sie in einer so stark institutionalisierten Kirche und deren Anschauungen Halt findet. Es klingt fast wie eine Ehrenrettung, um den Nobelpreisträger Hesse nicht mit einer viel zu modernen, lebenswütigen und progressiven Frau zusammen zu sehen, die alle Tabus frühzeitig abwarf.

Dienstag, 27. November 2012

Diesen Freitagabend in Pirmasens: Hörbuchpräsentation und Ausstellung Emmy Hennings


Hugo Ball und Emmy Hennings
"Das Märchen ist zu Ende ..." - Annäherungen an Emmy Hennings
Hörbuchpräsentation und Ausstellung

Freitag, 30. November 2012, 19.00 Uhr - Carolinensaal, Buchsweiler-Tor-Platz, Pirmasens

Eine gemeinsame Veranstaltung der Geschäftsführung Hugo-Ball-Preis, der Hugo-Ball-GesellschaftKarmers und der Edition Apollon.


»Ich finde es unanständig, vorsichtig zu leben, ich kann‘s nicht«, schrieb Emmy Ball-Hennings.
Rastlos, heimatlos, vielseitig begabt, melancholisch und stets selbstreflektierend verdichtete sie ihr Leben als Tänzerin, Schauspielerin, Dichterin, Autorin, Morphinistin, Gelegenheitsprostituierte, Revoluzzerin und früher Bohemien zwischen Berlin, München und Zürich in einer schieren Sucht nach Leben als Abenteuer.
An der Seite Hugo Balls legt sie mit der Gründung des Cabaret Voltaire in Zürich den Grundstein zur Erschaffung des Dadaismus und findet erst Ruhe in der späten Freundschaft zu Hermann Hesse und ihrer selbstgewählten Heimat im Schweizer Tessin.
Der Hamburger Künstler und Regisseur Karmers vollzieht mit dem neuen Hörbuch "Emmy Hennings - Das Märchen ist zu Ende" eine fragmentarische Annäherung an das „Verdichtungswunder“ Emmy Hennings in einer Collage aus Texten, Gedichten und Briefen von und über Emmy Hennings.
Die Vorstellung des Hörbuchs in Pirmasens wird begleitet von der Präsentation des Zeichnungszyklus "Liebe Emmy", der nur an diesem Abend in Pirmasens zu sehen sein wird.
Die Premierenveranstaltung zum neuen Hörbuch, das im Herbst 2012 erscheint, und zur Ausstellung "Liebe Emmy" ist eine crossmediale Annäherung an eine der schillerndsten Frauenfiguren der Moderne.

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Eintritt: 5 € / ermäßigt 3 €.
Karten: Kulturamt der Stadt Pirmasens, Rathaus am Exerzierplatz, Tel. 06331 - 84 23 52 oderkartenvorverkauf@pirmasens.de

Montag, 23. April 2012

Heute Abend

20 Uhr: Bärbel Reetz liest aus ihrem neuen Buch "Hesses Frauen"


Location: Landgrafensaal im Alten Rathaus / Schloßplatz Pirmasens 

Eine Veranstaltung  am UNESCO-Welttag des Buches und im Rahmen des Hesse-Jahres 2012 auf Einladung der Geschäftsführung Hugo-Ball-Preis in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Pirmasens und der Hugo-Ball-Gesellschaft. 

Mehr siehe REGIONALE EVENTS

Mittwoch, 18. April 2012

Für Sie besucht: Walter Brusius, Der Ziegenmelker (Ausstellung)

Das Nahetal gehört zu den schönsten Tälern in Deutschland. Es ist abwechslungsreich, zerklüftet, bietet Bade- und Sonnenbuchten, Bahnüberführungen wie im Modellbauland und viel Natur - am schönsten zwischen Birkenfeld und Bad Münster am Stein. Wer sich nicht nur die Natur, sondern auch eine humorvolle und sehr beeindruckende Ausstellung im Maler-Zang-Haus in Birkenfeld anschauen möchte, der kann Walter Brusius mit älteren und ganz jungen Werken kennen lernen: DER ZIEGENMELKER. Der Künstler wohnt am anderen Ende des Nahetals, in Bad Kreuznach, hat dort sein Atelier und ist mit seinen gesprochenen Geschichten auf Video im städtischen Blog vertreten. Eine Auswahl davon habe ich sehr gerne in meinen Blog aufgenommen. Seine Geschichten werden gemocht, zahlreich besucht, sind ungewöhnlich, scheinbar sinnentleert, wirken skurril und bizarr, absurd und lassen manch einen mit einem großen Fragezeichen und Erstaunen zurück. In seinen Atelierheften bekommt man quartalsweise Nachschub an den schönen Geschichten, außerdem lernt man Zeichner und Karikaturisten aus ganz Deutschland kennen, denn die Hefte entstehen in einer Koproduktion mit ihnen. Walter Brusius schreibt seine Geschichten nach deren Vorlage oder diese entstehen umgekehrt zu seinen Geschichten.




In diese Welt gehören auch die neuen Werke im Birkenfelder Maler-Zang-Haus, Saarstraße, die im letzten dreiviertel Jahr entstanden sind. Angeregt durch die ungewöhnlichen Postkarten der Onkel, die sie aus Paris schickten, zeigt uns Walter Brusius Dutzende von Motiven, die er von ihnen aus der Larousse-Enzyklopädie oder dem Wörterbuch ausgeschnitten und auf Postkarten geklebt erhielt. Alle aus der Erinnerung nachgemalten Postkarten sind mit grünlich-blauen oder mal gelben Hintergründen versehen und mit dunkelblauen Filzstiften bemalt. Er setzte für diese Erinnerungsarbeit, das Vorüberziehenlassen der Kindheit, der Erlebnisse und der Bedeutungen, die er den Postkarten und ihren Motiven zumaß, Plakafarben ein, die sich schwerer verarbeiten ließen als andere. Das brachte ihm mehrere Arbeitsgänge ein, denn die Farbwirkung war ganz anders als erwünscht und erst nach mehreren Durchgängen dort, wo er sie haben wollte. So sind in verschiedenen Ensembles Dutzende Porträts, Gegenstände und vereinzelt Wortfetzen arrangiert, die sich erst im Begehen der Zimmer als das outen, was sie sind ... Denn die Wortfetzen erlauben erst zwei Zimmer weiter eine Bedeutung herzustellen. Die Botschaft des Malers bewusst brüchig und Gedankenarbeit erfordernd, so wie wohl damals dem kleinen Jungen sich bruchstückhaft ein Bild von Paris zusammensetzte, quer durch die Jahrhunderte, wie er es heute in keinem Film erfahren würde. Versatzstücke einer entfernten, fremden, reizvollen, aber auch lustigen Welt von Menschen und Vorgängen.



Im Erdgeschoss die etwa 10 Jahre alten großformatigen, plakativen und intensiv durch kräftige große Acryl-Farbtupfen im Hintergrund wirkenden Bilder, von denen eines den Ziegen-melker darstellte. Ebenfalls Kind-heitserinnerungen an das länd-liche Geschehen in Nieder-wörresbach, dem Geburtsort von Walter Brusius, und zwar aufge-wachsen in der "Gass", einer steilen Straße, aus der die Urbe-wohner des Dorfes stammten ...



Eröffnet wurde die Ausstellung von Manfred Dreier, dem letzten Bürgermeister der Stadt Birken-feld (danach nur noch einer für die Verbandsgemeinde), dem ehemaligen Landrat, dem Kreis-tagsabgeordneten Prof. Wild, vielen Honoratioren der Stadt und Verbandsgemeinde sowie Ver-tretern der Kunst, z.B. Herrn Schmied, Vorsitzender des Kunstvereins Nahe, und Harma-Regina-Rieth, freie Künstlerin. Ferner Pressevertreter und last not least die CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, ehemalige Wein-königin, die eine sehr ausführliche und informative Würdigung des Künstlers vornahm und ihm auch lachend verzeiht, wenn er lieber nichts mit ihrer politischen Richtung oder Religion zu tun haben will. Künstlerisch begegneten sich die beiden mit einer vom Künstler illustrierten und der Laudatorin betexteten Meditation über Bibeltexte für einen guten Zweck in Ruanda. Dort liebte man die Bilder von W. Brusius sehr, konnte man doch auch aus Gründen der Schrift- und Sprachunkenntnis die Texte gar nicht lesen. Für ansprechende Musik und Verköstigung war gesorgt. Die Ausstellung geht noch bis 10. Juni 2012.

Dienstag, 17. April 2012

23. April 2012, 20 Uhr: Bärbel Reetz liest aus ihrem neuen Buch "Hesses Frauen"

Location: Landgrafensaal im Alten Rathaus / Schloßplatz Pirmasens 

Eine Veranstaltung  am UNESCO-Welttag des Buches und im Rahmen des Hesse-Jahres 2012 auf Einladung der Geschäftsführung Hugo-Ball-Preis in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Pirmasens und der Hugo-Ball-Gesellschaft. 

Man kennt ihn, den Dichter Hermann Hesse und sein Werk in aller Welt. Über seine Frauen weiß man wenig. Nur eine seiner Frauen, Ruth Wenger, hat fast ein halbes Jahrhundert nach der Scheidung, auf wenigen Seiten ihre Erinnerungen notiert - verbittert darüber, "dass die Bedeutung, die ich in Hermann Hesses Leben hatte, in allen Biographien verschwiegen, verwischt, tot geschwiegen wurde." 

Hermann Hesse 1929
Gestützt auf  Dokumente aus dem Nachlass, darunter zahlreiche unveröffentlichte Briefe, richtet Bärbel Reetz ihren Blick auf Hermann Hesses Frauen, die Fotografin Maria Bernoulli, die Sängerin Ruth Wenger und die Kunsthistorikerin Ninon Dolbin-Ausländer. Drei Ehen, zwei Scheidungen, drei Schicksale. Indem Bärbel Reetz die Porträts dreier ungewöhnlicher Frauen zeichnet, macht sie auch neue, bisher wenig beachtete Facetten der Persönlichkeit Hesses sichtbar. Dieses Jahr erschienen im Insel Verlag Berlin. 
Hugo Balls Biographie seines Dichterfreundes zu dessen 50. Geburtstag ist kurz vor Balls Tod 1927 im S. Fischer Verlag erschienen - bis heute Maßstäbe setzend und im Buchhandel erhältlich. Und für kurze Zeit hoffte nach dem Tod Balls dessen Witwe, die Schriftstellerin Emmy Ball-Hennings, wohl selbst eine von "Hesses Frauen" zu werden. Bärbel Reetz ist nicht nur eine ausgewiesene Hesse-Kennerin, sie ist auch wie keine zweite mit Emmy Ball-Hennings und ihrem Werk vertraut. Unter dem Titel "Leben im Vielleicht" hat sie 2001 ihre Biographie veröffentlicht, 2003 folgte die Edition des Briefwechsels von Hermann Hesse mit Hugo Ball und Emmy Ball-Hennings. 

Eintritt: 5 / ermäßigt 3 Euro Karten sind im Vorverkauf erhältlich beim Kulturamt der Stadt Pirmasens, Tel.06331-84 23 52, oder unter E-Mail: kartenvorverkauf@pirmasens.de


Montag, 12. Dezember 2011

125 Jahre Hugo Ball in Pirmasens - Abschlussveranstaltung

+ So., 18. Dezember 2011, 19 Uhr, Evangelisch-methodistische Kirche Pirmasens, Alleestraße 23, IN DER AVANTGARDE LAUERT DIE RELIGION, Vortrag mit Rezitation und Gesang von Joachim Bähr und Katharina Ihlefeld, Tel.: 06331-73260, pirmasens@emk.de, www.emk.de/pirmasens Eintritt: 5 / 3 Euro



Keineswegs das letzte Wort von und zu Hugo Ball soll am 18. Dezember um 19 h in der Zionskirche in Pirmasens gesprochen werden. Auch wenn Joachim L. Bähr sogar das Grab des toten Dichters im Tessin besucht hat, um sich auf die letzte Veranstaltung im Hugo-Ball-Jahr vorzubereiten, soll dabei der religiöse, suchende Hugo Ball noch einmal zum Leben erweckt werden. Auf seiner Spurensuche nach diesem religiösen Hugo Ball hat Joachim L. Bähr, "selbst Pirmasenser und dennoch Opernregisseur, Theaterinspizient, Literat, Methodist und Ballbevollmächigter", wie er sich selbst beschreibt, in Bergdörfern und Bibliotheken übernachtet. 
`Hugo Balls Weg zu Gott´, wie eine seiner Biographien lautet, zeigt, dass Balls Leben ein Stationen-Theater ist, welches einer wahrhaft expressionistischen Dramaturgie entspringt. 
Hugo Ball soll ja bereits in seiner frühesten sprachwildesten Phase mit Gott oder seinem Engel gerungen haben. Diese Behauptung, so Joachim L. Bähr "will Hoffnung und Verzweiflung in Deckungsgleichheit bringen. Sein späteres Leben voll Katholizismus und Mystizismus war durch Magenkrebs gekrönt". Dass sich daraus eine "dadaistische Weltauffassung" Gottes ableiten ließe, geht dann Olav Schmidt, Pastor an der Zionskirche dann doch zu weit. Aber er ließ sich nicht davon abhalten, diesem herausfordernden, unbequemen und sicherlich manchmal auch irritierenden Abend in der Zionskirche Raum zu geben. "Methodismus versteht sich als Gemeinschaft aus Suchenden und Glaubenden", erinnert er. "Auch der suchende, vielleicht irrende und doch wegweisende Hugo Ball hätte sich bei uns wohlgefühlt", meint er. Es ist jedoch nicht überliefert, dass Hugo Ball jemals die Zionskirche betreten hätte. So wird an diesem Abend die Spurensuche nach der Sinnsuche Balls in vielen Originalzitaten, aus Lyrik, Prosa und Theaterstücken, aus Essays, Aufzeichnungen und sonstigen Äußerungen durch verschiedenste Lebens- und Sprachphasen nachvollzogen. Der rezitierende Joachim L. Bähr wird dabei von der in Bielefeld geborenen Sängerin, Muse und Diseuse Katharina Ihlefeld begleitet. 



Mittwoch, 23. November 2011

125 Jahre Hugo Ball in Pirmasens



+ Mi., 23. November 2011, 20 Uhr, Walhalla-Kinocenter, PATRICK ROTH, »IN MY LIFE - 12 PLACES I REMEMBER«, Film und Lesung mit dem Hugo-Ball-Preisträger 2002, Moderation: Michaela Kopp-Marx, Eintritt: 7/5 Euro, Karten: kartenvorverkauf@pirmasens.de, Tel. 06331 842352

Dienstag, 22. November 2011

Dichterhain: Die Kokosnuss von Alois Hatter

Der Tag ging, der Abend kam.
Die Auster,
die eigentlich eine Miesmuschel war,
spielte Trompete.
Daraufhin wurde sie gezangst.
Und das mit Recht,
sagte der Katzenaugenmund.
Und das mit Recht,
sagte der Kammerjäger.

Und das undank mir brecht,
sagte der Hutmacher.

Keiner verstand ihn.

Und das mit Recht,
flüsterte die Kokosnuss.


Alois Hatter

Sonntag, 20. November 2011

125 Jahre Hugo Ball in Pirmasens - Patrick Roth: »In my life - 12 places I remember«


Pirmasens, Walhalla-Kinocenter, Landauer Str. 19b
Film, Gespräch und Lesung mit dem Hugo-Ball-Preisträger 2002
Moderation: PD Dr. Michaela Kopp-Marx
Eintritt: 7 / ermäßigt 5 Euro
Karten: kartenvorverkauf@pirmasens.de, Tel. 06331-842352 oder 
im Walhalla-Kinocenter
Unter dem Titel »In My Life - 12 Places I Remember« führt Patrick Roth, 1953 in Freiburg i. Br. geboren und in Karlsruhe aufgewachsen, an Orte in Los Angeles, wo er in den letzten dreißig Jahren wohnte und schrieb. Es sind Kristallisationspunkte der Erinnerung an das frühere Leben und Arbeiten, die den Prozess der persönlichen und künstlerischen Entwicklung rückblickend sichtbar werden lassen. Abschließend liest Patrick Roth aus »Real Time an den Feuern«, einer unveröffentlichten Erzählung aus acht Tableaus, acht Tagebucheinträgen aus dem Juli 2002. Jedes Bild steht für sich und ist doch mit allen anderen verbunden im durchgängigen Motiv der »Real Time«: des Dauerns von Zeit, der intensiven Teilhabe am Erzählten. Eine Veranstaltung im Rahmen des Hugo-Ball-Jahres der Stadt Pirmasens aus Anlass des 125. Geburtstages von Hugo Ball (1886-1927) unter der Schirmherrschaft des rheinland-pfälzischen Kulturstaatssekretärs Walter Schumacher, gefördert von der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur und dem Bezirksverband Pfalz.

Mittwoch, 16. November 2011

Für Sie besucht: Faltsch Wagoni (Kabarett) in Pirmasens

Deutsch ist dada hoch 3 lautete der Titel dieses wirklich entspannend dadaistisch-umstürzlerischen und satirisch-ironischen Programms und Erlebnisabends am 15.11. im Rahmen des Hugo-Ball-Jahres 2011. Location: Festhalle Pirmasens. Die Künstler: Faltsch Wagoni.

Wir haben es dabei mit einem sehr unterhaltsamen, gelungenen und anregenden "wortbeat-sprach-humor-musik-poesie-kabarett" zu tun. Die nächste Darbietung wird am 22.11. auf dem Theaterschiff in Hamburg sein.
Die und Der Prosperi sind ein sprachambitioniertes Paar mit bizarren Entertainerqualitäten. D e r  Prosperi überzeugt nicht nur durch seinen kühnen Ausfallschritt und tänzerische Bühnenbeherrschung entlang des Nonsens oder Tiefsinns, seine Dialoge und sein Spiel mit der Säge faszinieren die Zuschauer! Ein Kandidat, der über Goethe erhaben, nicht "mehr Licht" (andere hatten das schon mit "mer lischt hier so schlecht" interpretiert) kurz vor dem letzten Atemzug sagen würde, sondern "Mehr Dunkles in der höllischen Spelunke" sich wünscht. Seine Dates mit der Prosperi werden leider immer falsch verstanden, was nur zu einer Fortsetzung des immerwährenden Missverständnisses führt. So wie aus einem Radebrech-Streit zwischen Thomas und der Italienerin Sylvana auf dem Bahnsteig eine Doppelbelegung des Schlafabteils in einem falschen Waggon auf der Reise nach Nirgendwo und eine dauerhafte Beziehung wurde ...
Auch D i e  Prosperi lässt sich die Wörter auf der Zunge zergehen und genießt sie wie erlesene Küche. Die beiden lassen keinen Buchstaben über dem anderen, sie demontieren, mischen und gestalten fortwährend neu. So reich kann Sprache sein. Allein der Ausflug in den Konjunktiv ist ein Abenteuer, das am Ende immer schrägere Formen des Konjunktivs generiert, bis der letzte die Absurdität dieser grammatikalischen Form erkennt. Ein echter Handlungs-, Beziehungs- und Ichverhinderer! Sylvana Prosperi hat den Rhythmus gepachtet und gibt uns davon ebenso viel wie stimmliche Vielfalt im Gesang und in der Geräuschproduktion. Sie spannt auch mal ihre Stimme durch den Urwald und versetzt uns für einige Momente nach Amazonien. Sie wäre glatt in der Lage, zwischen Asisis gedruckten Amazonienbahnen im Gasometer von Leipzig ihren Kopf herauszustrecken und den Zuschauern eine erstaunte Habachthaltug abzugewinnen.



Thomas und Sylvana Prosperi erscheinen uns wie zwei Gestalten aus Samuel Becketts grandiosen Endzeitdramen mit Hugo Balls Sprachexperimentierlust gepaart. Sie stehen auf der Bühne, trotzen der Sinnlosigkeit und dem Sprachzerfall. Sie wollen keine Worthülsen und Klischees, sie suchen auf dem Meeresgrund des Unbewussten nach der wahren Sprache. Die Prosperis frozzeln und foppen sich, formen, verbiegen, suchen die richtige sprachliche Form, den passenden Artikel, zerstückeln Informationen und bieten sie in völlig neuer Anordnung wieder an. Ganz gelungen reihen sie Wörter in Stakkato-Geschwindigkeit zu spontanen Raps und Sprechgesängen zusammen. Und tanzen ein bisschen dazu. Hinterfragen das Y wie das Ü, plädieren für eine neue Rechtschreibung, die ihnen seit Jahren frisch präsentiert ebenso absurd erscheint wie uns die real existierende Verunsicherung auch der guten Gymnasiasten. Und legen sich als Bauchredner gegenseitig minutenlang Beleidigungen und Fremdes in den Mund.
Wer sich mit in das falsche Waggon setzen möchte, erlebt eine abenteuerliche und sehr kurzweilige Fahrt.

Zwei Texte aus der neuen CD "wort & wild. Artgerechte Unterhaltung", die nur spärlich an diesem Abend zitiert wurde, da das gesamte Oeuvre zur Disposition stand. Eine Besprechung der "wort & wild" (Antje Kunstmann Verlag) folgt.


Crème de la Crème 

der Mensch ist doch die Crème de la Crème
Faltsch Wagoni in Pirmasens 
sein Vorfahr war ein Klumpen Lehm

Moment, ich muss drauf pochen
mein Vorfahr war ein Knochen

von einem Mann, ich tippe: 
es war des Mannes Rippe

genauso wars:  am Anfang war nichts als ein Ursüppchen 
darinnen schwamm - wie sich's gehört ein Mann mit einem Rüppchen 

das nahm er sich zur Frau geschwind 
so war's und wer's nicht glaubt ist blind

Wir sind Primaten

wir sind Primaten
der Gattung Trockennasenaffen
wir sind missraten
und lassen uns die Fresse straffen
wir bilden Paare
egal ob Männchen oder Frauchen
wir haben Haare
an Stellen, wo wir sie nicht brauchen
wir halten Tiere
und uns für etwas Bessres meist
doch jede Vire
besitzt mehr Überlebensgeist

wir sind Primaten
wir gehn auf Jagd mit Einkaufstüten
wir bilden Staaten
das machen aber auch Termiten
wir haben Ahnen
die ahnten nichts von Haushaltsplanung
doch von Bananen
da hatten sie verdammt viel Ahnung

wisst ihr noch, wie wir auf Bäumen
wie Gott in Wolkenkuckucksheimen
in Früchten schwelgten wie Schlaraffen?
Heute müssen wir, die halb so Wilden
toughen Affen dafür schaffen
in reichlich überheizten Räumen

wir sind Primaten
wir machen uns die Beute streitig
wir sind Soldaten
und massakriern uns gegenseitig
wir sind Piraten
im World Wide Web mit Mann und Maus
wir kapern Daten
und schlachten sie barbarisch aus
wir sind die Letzten Primaten zwar 
doch generell die überschätzten Ganzaffen - 
die mit ohne Fell

Dienstag, 15. November 2011

125 Jahre Hugo Ball in Pirmasens



+ Mi., 16. November 2011, 19 Uhr, Carolinensaal, Buchsweiler-Tor-Platz, Pirmasens, DAS WORT UND DAS BILD SIND EINS, Maler und Dichter gehören zusammen: Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp und Hugo Ball
Vortrag von Astrid von Asten, Arp Museum, Bahnhof Rolandseck | VHS Pirmasens
Eintritt: 3 / 2,50 Euro (Abendkasse)

Montag, 14. November 2011

125 Jahre Hugo Ball in Pirmasens



+ Di., 15. November 2011, 20 Uhr, Festhalle, FALTSCH WAGONI: DEUTSCH IST DADA HOCH 3, Eintritt: 10/5 Euro, Karten: kartenvorverkauf@pirmasens.de, Tel. 06331 842352

Sonntag, 13. November 2011

Dichterhain: Der Herr der Kugel von Walter Brusius


Collage von Walter Brusius













Der Herr der Kugel


Die Frau saß in der Pizzeria. Der Tisch war lang und aus Holz. Im Raum nur ein Fenster, hoch oben und mit Stäben vergittert. Drinnen war es dunkel, draußen flutete das Licht. Ein Mann ging vorbei. In der Hitze trug er einen leichten cremefarbenen Mantel. Der Mann war ich. Das Messer der Frau knirschte auf dem Teller, sprang am Porzellan ab. In der Manteltasche formte ich die Finger zum Kopf eines Hundes.

Tauben flogen.

Blau auch im Flug.





Der Autor
Walter Brusius arbeitet und lebt seit 1982 in Bad Kreuznach 
als freischaffender Maler und unterhält dort ein Atelier. 
Er hat in Köln studiert. Vor etwa zehn Jahren begann er 
parallel zur Malerei Geschichten zu schreiben. 
Im Eigenverlag sind bisher einige kleine Bücher 
erschienen und seit zwei Jahren seine Atelierhefte
Er verkauft sie im Atelier an einen kleinen interessierten Kreis 
und in einer dortigen Buchhandlung. Sie sind auch abonnierbar. 
Neben seinen Ausstellungen veranstaltet er regelmäßig Lesungen. 
Ziel ist, die Atelierhefte nicht selbst zu illustrieren, 
sondern andere Künstler in Form einer Koproduktion dazu einzuladen.
Der Künstler bei Youtube 

Mittwoch, 9. November 2011

Lesung des Hugo-Ball-Förderpreisträgers 2011

+ Do., 10. November 2011, 20 Uhr, Carolinensaal, ULRICH KOCH, Lesung des Hugo-Ball-Förderpreisträgers 2011, Moderation: Michael Braun, Eintritt frei



Donnerstag, 8. September 2011

Buchbesprechung: 2-mal Hugo Ball zum 125. Geburtstag

Hugo Ball
Zinnoberzack, Zeter und Mordio
Alle DADA-Texte
Hg. von Eckhard Faul
Göttingen 2011, 144 S., franz. brosch.
14,90 € (D), Wallstein Verlag


Der Name Hugo Ball ist untrennbar mit der DADA-Bewegung verbunden. Der gebürtige Pirmasenser würde dieses Jahr 125 Jahre alt (22. Februar), weswegen 2011 natürlich auch ein Hugo-Ball-Jahr begangen wird.
Die Stadt Pirmasens feiert schon Monate lang ihren großen Sohn und zeigt die Vielfalt seines Schaffens. Der Wallstein Verlag hat im Ball-Jahr ein Bändchen herausgebracht, das alle dadaistischen Texte Hugo Balls zusammenträgt. Darüber hinaus sind sämtliche Werke und Briefe in diesem Verlag erschienen.
Neben seinen bekannteren Texten wie den Lautgedichten aus der Zeit des Cabaret Voltaire in Zürich und den dadaistischen Manifesten finden sich in dem vorliegenden Bändchen auch eher unbekannte Arbeiten wie der zu Lebzeiten unveröffentlichte Roman »Tenderenda der Phantast« sowie Auszüge aus seinem Tagebuch »Die Flucht aus der Zeit«, die sich auf die Zeit des Dadaismus beziehen. Auch ein bruitistisches Krippenspiel, das bereits die Hinwendung Balls zu religiösen Thematiken andeutet, zählt zu seinen dadaistischen Werken.
Die Texte überraschen durch ihre Vielfalt, denn sie umfassen alle Gattungen, sind theoretischer und autobiographischer Natur und vereinen doch alle die typischen dadaistischen Charakteristika, die diese literarische Strömung so einzigartig machen. So vielfältig wie die Texte selbst sind auch die Einflüsse, die auf den Gründer des Dadaismus einwirkten. Zu nennen wären hier vor allem der italienische Futurismus, der Maler Wassily Kandinsky, der Dramatiker Frank Wedekind oder auch die Liturgie der katholischen Kirche.
Die hier zusammengestellten Arbeiten Balls zeigen noch einmal deutlich seine große Bedeutung für den Dadaismus, der ohne ihn in dieser Form nicht denkbar gewesen wäre.


Ein Gedicht von Hugo Ball:

Der blaue Abend

Es wettert Lichtkomplex vom Himmel auf die Straßen,
Aus Fensterfronten wandeln hoch die blauen Huren.
Oh holde Stunde sanfter Mädchennasen,
Oh Unisono und Zusammenklang der Turm- und Taschenuhren!
Der Mond steigt in die Rundung metaphysisch höher,
Ein Pferd macht müde sich’s bequem in einem Vogelneste.
Verzückt entschwebt dem Volk ein violetter Seher,
Und schwarzer Violinklang tönt aus dem Asbeste.
Glasbläserei und Kuppel weißer Bögen,
Wölbt hoch euch aus dem Lichtkreis dieser Stadt!
Es ist, als ob aus Finsternis viel Tränen zögen
Und kranken Gottes Haupt erglänzet matt.
Es lehnen sich die Häuser blond zurücke.
Sind Türme weiße Engel, die entschweben.
Vom Himmel stürzt zur Hölle eine Brücke,
Auf der die Toten händeringend kleben.


Der Autor
Hugo Ball, geb. 1886 in Pirmasens, war während des Ersten Weltkrieges Mitbegründer der Dada-Bewegung in Zürich, überzeugter Pazifist und scharfer Zeitkritiker. Der enge Freund Hermann Hesses war dessen erster Biograph. Hugo Ball starb 1927 in Montagnola/Schweiz.


Byzantinisches Christentum
Drei Heiligenleben
Hg. und kommentiert von Bernd Wacker
Hugo Ball: Sämtliche Werke und Briefe
(Hg. von der Hugo-Ball-Gesellschaft, Pirmasens), Bd. 07
Göttingen 2011, 588 S., Leinen, Schutzumschlag
38,- € (D), Wallstein 2011


Untertänig-nationalistisch, stolz und voller Heldendrang zu Beginn des ersten Weltkrieges, aufrührerisch, religiös-pazifistisch und schließlich anarchistisch, Konventionen auflösend mit seinem Dada in der Folge, so kennen wir Hugo Ball in seiner Widersprüchlichkeit.
Als 1923 das Buch »Byzantinisches Christentum« erschien, hatte der 37-jährige Hugo Ball schon viel erlebt: Der Spross einer katholischen Bürgerfamilie in Pirmasens hatte sich im Philosophie-Studium intensiv mit Nietzsche beschäftigt. Doch statt zu promovieren spielte er Theater und lebte eine Weile vom Schreiben. Seine Begeisterung für den Ersten Weltkrieg schlug schnell um in eine radikal pazifistische Haltung. Später begeisterte er sich für den Anarchismus, gründete in Zürich das Cabaret-Voltaire, und war einer der zentralen Figuren des Dadaismus.
So stellte die Veröffentlichung des theologischen Textes, in dem sich Hugo Ball mit Quellen zu den Heiligenlegenden beschäftigt, die Zeitgenossen vor ein Rätsel. Bis heute ist die Hugo-Ball-Forschung von diesem Werk irritiert. Er forderdert nicht klares Denken, sondern lullt den Leser ein, auf dass er alles annehme, was ihm da präsentiert wird. Der katholische Theologe Bernd Wacker hat diesen sperrigen Text ediert, ausführlich kommentiert und mit einem ausführlichen Nachwort versehen. Dem Text beigefügt ist neben Rezensionen und einem bislang ungedruckten Kapitel auch der Entwurf einer Einleitung aus der Feder Hugo Balls.

Der Herausgeber
Bernd Wacker, geb. 1951, ist katholischer Theologe und seit 2009 Leiter der Karl-Rahner-Akademie in Köln.


Verbleibende Veranstaltungen in Pirmasens bis Ende 2011:
+ 22. September 2011, 20 Uhr, Walhalla-Kinocenter DEEF PIRMASENS, Multimediale Lesung mit Visuals und Musik, Eintritt: 7/5 Euro, Karten: kartenvorverkauf@pirmasens.de

+ Herbstferien 2011, JuKuWe, POETRY SLAM WORKSHOP HUGO BALL, IB in Zusammenarbeit mit dem LiteraturBüro Mainz e.V. Info: www.jukuwe-pirmasens.de

+ Do., 27. Oktober 2011, 15 Uhr, Treffpunkt: Stadtbücherei HUGO BALL - JUGENDJAHRE IN PIRMASENS -SPURENSUCHE, Gästeführung mit Anke Vogel und Vera Ulrich (G-IG), Dauer 2,5 h, Teilnahmebeitrag: 6 Euro, Info: A, Vogel, Tel. 06331 62124, AnkeVogel@G-IG.de

+ Do., 27. Oktober 2011, 19.30 Uhr, Carolinensaal, BLAULALA BALLUBASCH ... ODER ALS DER BALL INS ROLLEN KAM, eine DadaREVUE über Hugo Ball und die Folgen von Florian Kaplick, Stadtbücherei Pirmasens, Eintritt frei


+ Fr., 4. – Sa., 5. November 2011, VHS, Hans-Sachs-Str. 2, DADISMUS UND TANZ, Wochenendseminar mit Monika Weiß
+ Do., 10. November 2011, 20 Uhr, Carolinensaal, ULRICH KOCH, Lesung des Hugo-Ball-Förderpreisträgers 2011, Moderation: Michael Braun, Eintritt frei

+ Di., 15. November 2011, 20 Uhr, Festhalle, FALTSCH WAGONI: DEUTSCH IST DADA HOCH 3, Eintritt: 10/5 Euro, Karten: kartenvorverkauf@pirmasens.de, Tel. 06331 842352



+ Mi., 16. November 2011, 19 Uhr, Carolinensaal, Buchsweiler-Tor-Platz, DAS WORT UND DAS BILD SIND EINS, Maler und Dichter gehören zusammen: Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp und Hugo Ball
Vortrag von Astrid von Asten, Arp Museum, Bahnhof Rolandseck | VHS Pirmasens
Eintritt: 3 / 2,50 Euro (Abendkasse)

+ Mi., 23, November 2011, 20 Uhr, Walhalla-Kinocenter, PATRICK ROTH, »IN MY LIFE - 12 PLACES I REMEMBER«, Film und Lesung mit dem Hugo-Ball-Preisträger 2002, Moderation: Michaela Kopp-Marx, Eintritt: 7/5 Euro, Karten: kartenvorverkauf@pirmasens.de;Tel. 06331 842352

Überregionale Veranstaltungen:
+++ 14. - 16. Oktober 2011, Erbacher Hof, Mainz, BALL, HESSE, BLOCH - Politik, Literatur, Religion und Psychoanalyse nach dem Ersten Weltkrieg. Eine Tagung der Hugo-Ball-Gesellschaft Pirmasens e.V.
www.hugo-ball-gesellschaft.de
+++ 18. November 2010 - 1. Mai 2011, Arp Museum, Bahnhof Rolandseck HANS ARP: TRAUMANATOMIE
Ausstellung, einschließlich Hugo-Ball-Raum in Zusammenarbeit mit der Hugo-Ball-Sammlung Pirmasens
www.arpmuseum.org


Sonntag, 12. Dezember 2010

Heute noch bis 18 Uhr: Kunstausstellung „Frohe Dadanachten" in Saarbrücken

Jürgen Jörg
Kunstausstellung „Frohe Dadanachten" in der Saarbrücker Nauwies 19
Gemeinschaftsausstellung von Ariane und Domingo Bordone mit Jürgen Jörg
Die Ausstellung ist heute noch ab 12:00 bis 18:00 Uhr geöffnet.  


1916 in Zürich im Cabaret Voltaire gegründet, regt das alte Schaukelpferd die Künstler an, sich dadaistisch zu vergehen, an der göttlichen Verweihnachtung per Kreditkartenzahlung ...
Copy and Paste mit Kurt Schwitters, Hugo Ball und Hans Arp und ein Schuss selbstgemachter Senf. Collagen, Karikaturen, einige Plastiken und Pinselschwingerei.
Musikalisch wurde die Ausstellung am Samstag, den 11.12.10, von Tina Lang begleitet. Die Künstler trugen dadaistische, selbstverfasste Einzeiler vor. Tina spielte Lieder aus den Zwanziger Jahren und Stücke aus ihrem eigenen Programm. 


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