Im Interview: Mara Andeck
Mara Andeck hat Journalismus und Biologie studiert und arbeitet heute als Wissenschaftsjournalistin und Autorin. Mit ihrer witzigen Tagebuch-Reihe um Lilia und Tom feiert sie große Erfolge. Die Autorin weiß, was Jugendliche interessiert, und nimmt sie ernst. Sprüche wie „Du weißt doch gar nicht, was Liebe eigentlich ist!“ hat Mara Andeck als Teenager oft genug gehört. Ihr Sachbuch »Liebe in echt« erklärt Jugendlichen auf unterhaltsame Art, was Liebe eigentlich ist. Im folgenden Interview erklärt uns die Autorin, warum die Pubertät eigentlich ein Mythos ist und welche Fehler Erwachsene im Umgang mit jungen Erwachsenen oft machen.
Frau Andeck, wie haben Sie Ihre eigene Pubertät erlebt?
„Erlebt“ im Sinne von „selbst gefühlt“ habe ich diese Phase gar nicht. Ab meinem 13. Geburtstag wurde ich zwar von anderen ständig darauf hingewiesen, dass ich mich in der Pubertät befinde. Aber ich hatte selbst nicht das Gefühl, dass ich mich in dieser Phase stärker verändert habe als in den Jahren zuvor. Klar gab es in dieser Zeit körperliche Veränderungen, aber die gab es schließlich, seitdem ich auf der Welt war. Und natürlich hatte ich in dieser Zeit auch Probleme, Stimmungsschwankungen, Liebeskummer und Auseinandersetzungen mit Eltern und Lehrern. Aber auch nicht öfter als vorher oder nachher.
Ich halte die Pubertät seitdem für einen Mythos, eine künstlich herbeigeredete Phase, eine Art Hilfskonstruktion für Erwachsene, um mit Menschen in der Zeit zwischen Kindheit und Volljährigkeit besser klarzukommen.
Was war das schlimmste Erlebnis in dieser Zeit?
Ein bestimmtes Erlebnis kann ich da gar nicht nennen, aber zwei immer wiederkehrende Situationen. Ich habe es immer gehasst, wenn jemand meine Meinung mit dem Hinweis auf mein angeblich pubertäres Denken einfach vom Tisch gefegt hat, statt inhaltlich darauf zu reagieren. Und noch schlimmer fand ich es, wenn meine Gefühle nicht ernstgenommen wurden. Das war vor allem beim Thema Liebe der Fall. Mir wurde signalisiert: Lieben kann man in diesem Alter noch gar nicht. „Du hast ja nur noch Jungs im Kopf“, solche Sätze habe ich gehört, wenn ich verliebt war. Und bei Liebeskummer kam dann „Das geht vorüber“, oder „In deinem Alter sollte man so etwas noch nicht so ernst nehmen.“ Das war demütigend. Es gibt doch keine Altersgrenze, ab der man ernstzunehmende Gefühle hat, und vorher ist alles nur ein Hormonrausch, in den man sich hineinsteigert.
Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?
Mitgenommen habe ich erste Zweifel an dem gesellschaftlichen Phänomen Pubertät. Natürlich gibt es im Leben jedes Menschen eine Zeit, in der er oder sie geschlechtsreif wird, und die kann man von mir aus ruhig Pubertät nennen. Aber was damit angeblich alles zusammenhängen soll, das wird meiner Meinung nach bedenklich überbewertet! In diesen Zweifeln wurde ich dann bestärkt, als meine Kinder in dieses Alter kamen. Sie haben sich in den Teenagerjahren nicht in hormongesteuerte, launische Monster verwandelt, sie sind immer noch ganz sie selbst. Ihre eigene Persönlichkeit zieht sich durch alles durch, was sie tun, sie sind Individuen und keine „Pubertäter“.
Gibt es mit Ihren Töchtern denn keinen Streit um Dinge wie unordentliche Zimmer, Mithilfe im Haushalt oder die Einhaltung von Regeln und Grenzen?
Doch, natürlich, oft! Aber solche Konflikte gab es auch schon, als meine Kinder kleiner waren.
Warum halten Sie die Überbetonung dieser Lebensphase für bedenklich?
Man redet damit Probleme herbei, statt sie zu entschärfen, man verstärkt also das Phänomen, das man zu beobachten glaubt.
Welche Themen beschäftigen heutige Teenager? Können Sie Unterschiede zwischen sich selbst und Ihren Töchtern entdecken?
Die meisten Unterschiede sind individuell. Damals wie heute gab und gibt es nicht „den“ typischen Teenager. Aber natürlich wachsen meine Töchter in einer anderen Zeit heran und ihr Alltag sieht anders aus als meiner früher. Ein ganz wichtiger Unterschied: Sie müssen ihr Abitur in zwölf Schuljahren absolvieren und haben deswegen viel weniger Freizeit als ich in ihrem Alter. Sie haben also auch weniger Zeit, sich über das Leben, die Liebe und alles, was damit zusammenhängt, Gedanken zu machen.
Sie sind Wissenschaftsjournalistin und haben sich auch mit Forschungsergebnissen zum Mythos Pubertät befasst. Was haben Sie da gefunden?
Verhaltensforscher haben weltweit 186 Kulturen untersucht und dabei festgestellt, dass dieses angeblich rein biologisch verursachte Pubertätsverhalten nur in der westlichen modernen Welt auftritt. Es kann also kein unvermeidliches Schicksal sein. In anderen Kulturen hängen Jugendliche in den Entwicklungsjahren nicht mit Gleichaltrigen ab und ziehen sich auch nicht in eine eigene Welt zurück. Stattdessen sind sie fast ausschließlich mit Erwachsenen zusammen und übernehmen schon feste Aufgaben in der Gemeinschaft. Und dabei geht es ihnen offenbar gut.
Warum binden wir hier bei uns Jugendliche nicht auch stärker ein?
Das ist schon rein strukturell schwer möglich. Durch die Schule unterscheidet sich der Alltag Jugendlicher beispielsweise kaum von dem zehnjähriger Kinder. Dabei kann und will man mit 16 doch viel mehr als mit zehn. Manche Psychologen glauben deswegen: Jugendliche in westlichen Industrienationen sind nicht rebellisch oder pubertär, sie sind schlicht und ergreifend depressiv. Weil sie keiner für voll nimmt, weil man sie in der Familie und in der Schule noch immer behandelt wie Kinder, weil sie niemals echte Verantwortung übernehmen dürfen, nicht einmal für ihr eigenes Leben. Ich halte das für eine sehr nachvollziehbare Theorie. Und weil wir Erwachsenen das nicht leicht ändern können, nennen wir die ganze Problematik einfach „Pubertät“, erklären sie damit für naturgegeben und trösten uns mit dem Gedanken, dass all das vorübergeht.
Aber tatsächlich verändern sich in dieser Zeit doch die Hormone und das Gehirn der Jugendlichen.
Ja, aber auch das geschieht von Geburt an. Dass kleine Kinder nachts trocken werden, ist genauso hormongesteuert wie zum Beispiel der Zahnwechsel oder das Körperwachstum. Und das menschliche Gehirn verändert seine Funktionsweise zum Beispiel auch bei Depressionen.
Warum werden dann ausgerechnet Teenager so oft als Pubertäter mit hormonell außer Kraft gesetzten Gehirnen beschrieben?
Da kann ich nur spekulieren. Vielleicht werden die Hormonveränderungen in den Jugendjahren überbewertet, weil es sich dabei um Sexualhormone handelt und Erwachsene oft immer noch ein Problem mit Sexualität haben.
Was können Erwachsene tun, um das durch den Mythos „Pubertät“ gestörte Verhältnis wieder zu verbessern?
Ich sag´s mal so: Eine Familie mit kleineren Kindern und eine Grundschulklasse bestehen quasi aus Häuptlingen und Indianern. Die Rollen sind klar verteilt. Aber in den Jugendjahren gibt es in solchen Gruppen dann plötzlich nur noch Häuptlinge. Man ist nämlich nicht 18 Jahre lang „klein“ und dann von einem Tag auf den anderen volljährig. Und das müssen Eltern und Lehrer akzeptieren. Anderen Häuptlingen kann man nicht einfach Regeln überstülpen, man muss sie aushandeln. Jugendliche sollten mit fortschreitender Lebenserfahrung zunehmend ernst genommen werden, sie sollten in jedem Lebensjahr mehr selbst entscheiden dürfen und mehr selbst verantworten müssen. Zum Beispiel, wen sie lieben und wie.
Und können Jugendliche auch etwas zu einem besseren Verhältnis beitragen?
Überraschende Erfolge erzielen sie, wenn sie einfach mal ruhig und sachlich mit Eltern oder Lehrern sprechen. Wer das tut, passt man nämlich nicht mehr in die „Kinderschublade“ rein. Toben, Wüten, Nörgeln, Weglaufen, das kennen Eltern schon aus Kleinkindzeiten und darauf reagieren sie ganz automatisch ähnlich wie beim Kleinkind.
Mit Ihrem Buch »Liebe in echt« möchten Sie vor allem Mädchen durch den schwierigen Prozess des Erwachsenwerdens begleiten. Worum geht es genau in Ihrem Buch?
Es geht in diesem Buch nicht um Aufklärung und es handelt sich hier auch nicht um einen Sexualratgeber. In dem Buch geht es um die Frage: Was ist Liebe? Was ist das für ein Gefühl? Was kennzeichnet eine Liebesbeziehung? Das ist natürlich nicht leicht zu beantworten. Gibt es sie überhaupt, die wahre Liebe? Und wenn ja, wie findet man sie? Und wenn man sie dann gefunden hat: Kann sie ein Leben lang halten? Kann man ihr mit Liebestränken auf die Sprünge helfen? Wie wichtig ist Treue? Und, hat man einen Fehler gemacht, wenn Liebe zerbricht? Wissenschaftler haben schon einiges über die romantische Liebe herausgefunden und auch ein Blick auf unsere Geschichte gibt interessante Antworten.
Wie ist die Idee zu dem Buch entstanden?
Beim Schreiben von „Lilias Tagebüchern[1]“ ist mir aufgefallen, dass es zwar für Erwachsene Bücher über die Liebe gibt, aber nicht für Jugendliche. Die wissenshungrige Lilia, meine Romanheldin, hätte ein solches Buch geliebt, und ich dachte, dass andere Mädchen vielleicht auch gern mehr über die Liebe wüssten.
Was möchten Sie Mädchen mit Ihrem Buch »Liebe in echt« mitgeben?
Ich fände es schön, wenn das Buch Jugendlichen dabei hilft, eigene Vorstellungen von Liebe klarer zu sehen. Je genauer man weiß, was man sich im Leben wünscht, desto höher ist meiner Meinung nach die Chance, dass man es auch erreicht. Und das Thema Liebe ist so wichtig! Man kann gar nicht früh genug damit anfangen, darüber nachzudenken.
[1] „Wen küsse ich und wenn ja, wie viele?“ (Boje Verlag, 2013) / „Wer liebt mich und wenn nicht, warum?“ (Boje Verlag, 2013) / „Wenn Liebe de Antwort ist, wie lautet die Frage? (Boje Verlag, 2014)
Mara Andeck hat Journalismus und Biologie studiert und arbeitet heute als Wissenschaftsjournalistin und Autorin. Mit ihrer witzigen Tagebuch-Reihe um Lilia und Tom feiert sie große Erfolge. Die Autorin weiß, was Jugendliche interessiert, und nimmt sie ernst. Sprüche wie „Du weißt doch gar nicht, was Liebe eigentlich ist!“ hat Mara Andeck als Teenager oft genug gehört. Ihr Sachbuch »Liebe in echt« erklärt Jugendlichen auf unterhaltsame Art, was Liebe eigentlich ist. Im folgenden Interview erklärt uns die Autorin, warum die Pubertät eigentlich ein Mythos ist und welche Fehler Erwachsene im Umgang mit jungen Erwachsenen oft machen.
Frau Andeck, wie haben Sie Ihre eigene Pubertät erlebt?
„Erlebt“ im Sinne von „selbst gefühlt“ habe ich diese Phase gar nicht. Ab meinem 13. Geburtstag wurde ich zwar von anderen ständig darauf hingewiesen, dass ich mich in der Pubertät befinde. Aber ich hatte selbst nicht das Gefühl, dass ich mich in dieser Phase stärker verändert habe als in den Jahren zuvor. Klar gab es in dieser Zeit körperliche Veränderungen, aber die gab es schließlich, seitdem ich auf der Welt war. Und natürlich hatte ich in dieser Zeit auch Probleme, Stimmungsschwankungen, Liebeskummer und Auseinandersetzungen mit Eltern und Lehrern. Aber auch nicht öfter als vorher oder nachher.
Ich halte die Pubertät seitdem für einen Mythos, eine künstlich herbeigeredete Phase, eine Art Hilfskonstruktion für Erwachsene, um mit Menschen in der Zeit zwischen Kindheit und Volljährigkeit besser klarzukommen.
Was war das schlimmste Erlebnis in dieser Zeit?
Ein bestimmtes Erlebnis kann ich da gar nicht nennen, aber zwei immer wiederkehrende Situationen. Ich habe es immer gehasst, wenn jemand meine Meinung mit dem Hinweis auf mein angeblich pubertäres Denken einfach vom Tisch gefegt hat, statt inhaltlich darauf zu reagieren. Und noch schlimmer fand ich es, wenn meine Gefühle nicht ernstgenommen wurden. Das war vor allem beim Thema Liebe der Fall. Mir wurde signalisiert: Lieben kann man in diesem Alter noch gar nicht. „Du hast ja nur noch Jungs im Kopf“, solche Sätze habe ich gehört, wenn ich verliebt war. Und bei Liebeskummer kam dann „Das geht vorüber“, oder „In deinem Alter sollte man so etwas noch nicht so ernst nehmen.“ Das war demütigend. Es gibt doch keine Altersgrenze, ab der man ernstzunehmende Gefühle hat, und vorher ist alles nur ein Hormonrausch, in den man sich hineinsteigert.
Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?
Mitgenommen habe ich erste Zweifel an dem gesellschaftlichen Phänomen Pubertät. Natürlich gibt es im Leben jedes Menschen eine Zeit, in der er oder sie geschlechtsreif wird, und die kann man von mir aus ruhig Pubertät nennen. Aber was damit angeblich alles zusammenhängen soll, das wird meiner Meinung nach bedenklich überbewertet! In diesen Zweifeln wurde ich dann bestärkt, als meine Kinder in dieses Alter kamen. Sie haben sich in den Teenagerjahren nicht in hormongesteuerte, launische Monster verwandelt, sie sind immer noch ganz sie selbst. Ihre eigene Persönlichkeit zieht sich durch alles durch, was sie tun, sie sind Individuen und keine „Pubertäter“.
Gibt es mit Ihren Töchtern denn keinen Streit um Dinge wie unordentliche Zimmer, Mithilfe im Haushalt oder die Einhaltung von Regeln und Grenzen?
Doch, natürlich, oft! Aber solche Konflikte gab es auch schon, als meine Kinder kleiner waren.
Warum halten Sie die Überbetonung dieser Lebensphase für bedenklich?
Man redet damit Probleme herbei, statt sie zu entschärfen, man verstärkt also das Phänomen, das man zu beobachten glaubt.
Welche Themen beschäftigen heutige Teenager? Können Sie Unterschiede zwischen sich selbst und Ihren Töchtern entdecken?
Die meisten Unterschiede sind individuell. Damals wie heute gab und gibt es nicht „den“ typischen Teenager. Aber natürlich wachsen meine Töchter in einer anderen Zeit heran und ihr Alltag sieht anders aus als meiner früher. Ein ganz wichtiger Unterschied: Sie müssen ihr Abitur in zwölf Schuljahren absolvieren und haben deswegen viel weniger Freizeit als ich in ihrem Alter. Sie haben also auch weniger Zeit, sich über das Leben, die Liebe und alles, was damit zusammenhängt, Gedanken zu machen.
Sie sind Wissenschaftsjournalistin und haben sich auch mit Forschungsergebnissen zum Mythos Pubertät befasst. Was haben Sie da gefunden?
Verhaltensforscher haben weltweit 186 Kulturen untersucht und dabei festgestellt, dass dieses angeblich rein biologisch verursachte Pubertätsverhalten nur in der westlichen modernen Welt auftritt. Es kann also kein unvermeidliches Schicksal sein. In anderen Kulturen hängen Jugendliche in den Entwicklungsjahren nicht mit Gleichaltrigen ab und ziehen sich auch nicht in eine eigene Welt zurück. Stattdessen sind sie fast ausschließlich mit Erwachsenen zusammen und übernehmen schon feste Aufgaben in der Gemeinschaft. Und dabei geht es ihnen offenbar gut.
Warum binden wir hier bei uns Jugendliche nicht auch stärker ein?
Das ist schon rein strukturell schwer möglich. Durch die Schule unterscheidet sich der Alltag Jugendlicher beispielsweise kaum von dem zehnjähriger Kinder. Dabei kann und will man mit 16 doch viel mehr als mit zehn. Manche Psychologen glauben deswegen: Jugendliche in westlichen Industrienationen sind nicht rebellisch oder pubertär, sie sind schlicht und ergreifend depressiv. Weil sie keiner für voll nimmt, weil man sie in der Familie und in der Schule noch immer behandelt wie Kinder, weil sie niemals echte Verantwortung übernehmen dürfen, nicht einmal für ihr eigenes Leben. Ich halte das für eine sehr nachvollziehbare Theorie. Und weil wir Erwachsenen das nicht leicht ändern können, nennen wir die ganze Problematik einfach „Pubertät“, erklären sie damit für naturgegeben und trösten uns mit dem Gedanken, dass all das vorübergeht.
Aber tatsächlich verändern sich in dieser Zeit doch die Hormone und das Gehirn der Jugendlichen.
Ja, aber auch das geschieht von Geburt an. Dass kleine Kinder nachts trocken werden, ist genauso hormongesteuert wie zum Beispiel der Zahnwechsel oder das Körperwachstum. Und das menschliche Gehirn verändert seine Funktionsweise zum Beispiel auch bei Depressionen.
Warum werden dann ausgerechnet Teenager so oft als Pubertäter mit hormonell außer Kraft gesetzten Gehirnen beschrieben?
Da kann ich nur spekulieren. Vielleicht werden die Hormonveränderungen in den Jugendjahren überbewertet, weil es sich dabei um Sexualhormone handelt und Erwachsene oft immer noch ein Problem mit Sexualität haben.
Was können Erwachsene tun, um das durch den Mythos „Pubertät“ gestörte Verhältnis wieder zu verbessern?
Ich sag´s mal so: Eine Familie mit kleineren Kindern und eine Grundschulklasse bestehen quasi aus Häuptlingen und Indianern. Die Rollen sind klar verteilt. Aber in den Jugendjahren gibt es in solchen Gruppen dann plötzlich nur noch Häuptlinge. Man ist nämlich nicht 18 Jahre lang „klein“ und dann von einem Tag auf den anderen volljährig. Und das müssen Eltern und Lehrer akzeptieren. Anderen Häuptlingen kann man nicht einfach Regeln überstülpen, man muss sie aushandeln. Jugendliche sollten mit fortschreitender Lebenserfahrung zunehmend ernst genommen werden, sie sollten in jedem Lebensjahr mehr selbst entscheiden dürfen und mehr selbst verantworten müssen. Zum Beispiel, wen sie lieben und wie.
Und können Jugendliche auch etwas zu einem besseren Verhältnis beitragen?
Überraschende Erfolge erzielen sie, wenn sie einfach mal ruhig und sachlich mit Eltern oder Lehrern sprechen. Wer das tut, passt man nämlich nicht mehr in die „Kinderschublade“ rein. Toben, Wüten, Nörgeln, Weglaufen, das kennen Eltern schon aus Kleinkindzeiten und darauf reagieren sie ganz automatisch ähnlich wie beim Kleinkind.
Mit Ihrem Buch »Liebe in echt« möchten Sie vor allem Mädchen durch den schwierigen Prozess des Erwachsenwerdens begleiten. Worum geht es genau in Ihrem Buch?
Es geht in diesem Buch nicht um Aufklärung und es handelt sich hier auch nicht um einen Sexualratgeber. In dem Buch geht es um die Frage: Was ist Liebe? Was ist das für ein Gefühl? Was kennzeichnet eine Liebesbeziehung? Das ist natürlich nicht leicht zu beantworten. Gibt es sie überhaupt, die wahre Liebe? Und wenn ja, wie findet man sie? Und wenn man sie dann gefunden hat: Kann sie ein Leben lang halten? Kann man ihr mit Liebestränken auf die Sprünge helfen? Wie wichtig ist Treue? Und, hat man einen Fehler gemacht, wenn Liebe zerbricht? Wissenschaftler haben schon einiges über die romantische Liebe herausgefunden und auch ein Blick auf unsere Geschichte gibt interessante Antworten.
Wie ist die Idee zu dem Buch entstanden?
Beim Schreiben von „Lilias Tagebüchern[1]“ ist mir aufgefallen, dass es zwar für Erwachsene Bücher über die Liebe gibt, aber nicht für Jugendliche. Die wissenshungrige Lilia, meine Romanheldin, hätte ein solches Buch geliebt, und ich dachte, dass andere Mädchen vielleicht auch gern mehr über die Liebe wüssten.
Was möchten Sie Mädchen mit Ihrem Buch »Liebe in echt« mitgeben?
Ich fände es schön, wenn das Buch Jugendlichen dabei hilft, eigene Vorstellungen von Liebe klarer zu sehen. Je genauer man weiß, was man sich im Leben wünscht, desto höher ist meiner Meinung nach die Chance, dass man es auch erreicht. Und das Thema Liebe ist so wichtig! Man kann gar nicht früh genug damit anfangen, darüber nachzudenken.
[1] „Wen küsse ich und wenn ja, wie viele?“ (Boje Verlag, 2013) / „Wer liebt mich und wenn nicht, warum?“ (Boje Verlag, 2013) / „Wenn Liebe de Antwort ist, wie lautet die Frage? (Boje Verlag, 2014)