SV Verlag

SV Verlag mit Handy oder Tablet entdecken!
Die neue Generation der platzsparenden Bücher - klein, stark, leicht und fast unsichtbar! E-Books bei viereggtext! Wollen Sie Anspruchsvolles veröffentlichen oder suchen Sie Lesegenuss für zu Hause oder unterwegs? Verfolgen Sie mein Programm im SV Verlag, Sie werden immer etwas Passendes entdecken ... Weitere Informationen

.

.
Dichterhain, Bände 1 bis 4

.

.
Dichterhain, Bände 5 bis 8

Übersetze/Translate/Traduis/Tradurre/Traducir/переводить/çevirmek

Posts mit dem Label Rüdiger Oppermann werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Rüdiger Oppermann werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 30. Juni 2015

Wie war's bei der Uraufführung von R H E I N G O L D von Rüdiger Oppermann?

Rüdiger Oppermann, das ist der deutsche und rheinhessisch-pfälzische Botschafter der Folk-Musik und World Music. Ausgezeichnet mit dem "Verdienstkreuz am Band" aufgrund seines unermüdlichen Bestrebens, Völkerverständigung zu betreiben und Musikgeschichte bzw. -ethnologie zu vermitteln, ist immer einen Besuch seiner Auftritte wert. Seine Klangwelten sind schon lange eine klingende Empfehlung aus allen Winkeln der Erde. Jedes Jahr neue Bekanntschaften mit Völkergruppen, Instrumenten, Gebräuchen und Eigenheiten, stets unterhaltsam moderiert von Rüdiger Oppermann selbst.



(c) Stefan Vieregg
Er ist ein echter Autodidakt, der sich zwar später bei unterschiedlichen Lehrern neue Impulse holte, aber im Wesentlichen die Harfe selbst studierte, kultivierte und zur Vollendung beherrschen lernte. Zuvor betrat er bei einem Gitarrenbauer noch den Zusatzweg eines Instrumentenbauers. Er "startete" seine Musiklaufbahn mit 6 Jahren und Klavierspiel, es folgten Banjo und Gitarre, heute beherrscht er eine sehr beachtliche Bandbreite von Instrumenten aus verschiedenen Nationen. Seine Entdeckung der Harfe und der Harfenistinnen begann in Kalifornien und ist heute noch nicht zu Ende.

Eine andere Schiene sind seine Motiv-Vertonungen, um sie einmal so zu nennen. Letztes Jahr, ebenfalls in Worms im Rahmen der Reihe WUNDERHÖREN, gab es als Klangwelten-Sonderprojekt eine musikalische Inszenierung von Brendans Voyage, die bereits aus der Zeit um 900 n.Chr. in einer nachweisbaren Vertonung vorliegt. Oppermanns Spezialität ist es, die historischen Werke zu analysieren und zu studieren und aus allem etwas Neues zu machen, wobei er Altbewährtes zitiert oder interpretiert. Brendan, ein irischer Heiliger, schipperte wohl 900 Jahre vor Kolumbus nach Amerika, allerdings in einer "Nussschale", wenn auch keltischen, unter primitivsten Umständen. Durch den Nordmeer-Eisbereich gelangte er tatsächlich zum anderen Kontinent. Von Brendan und der altkeltischen bzw. frühchristlichen Bildung gingen auch Alphabetisierungsbemühungen bei den Germanen aus.


Oppermanns neues Projekt heißt "Rheingold" und ist fern von Wagnerscher Nationalmystik eine Aufarbeitung der Geschichte entlang des Rheinlaufs von der Quelle bis zur Mündung in Rotterdam. Als echtes Rheinkind in Bad Kreuznach geboren, Worms, Frankenthal und Ludwigshafen aufgewachsen (heute mit Familie im nördlichen Elsass lebend) hat Rüdiger O. erst sehr viel später entdeckt, welch ungeheurer Schatz hier um den und im Rhein ruht. Musikgeschichte und Urmythologie, Geologie und Wege durch die Unterdrückung zur Freiheit.



(c) Stefan Vieregg

Die Komposition wurde am 27. Juni 2015 in Worms, im DAS WORMSER, uraufgeführt, vor etwa 600 Gästen.
In der 45-minütigen Einführung vor dem Konzert konnte er das alles erklären, wozu während des Konzerts von über 2,5 h Länge kein Raum mehr übrig war. Und er hat immer viel und Interessantes zu berichten. Vorausging eine Übersicht von Volker Gallé M.A., Kulturkoordinator der Stadt Worms, Zeitungsredakteur, Autor, Musiker und Liedermacher mit etlichen Veröffentlichungen und einer ausgeprägten Neigung zur Dichtung. Von ihm stammte der mächtige Text zu RHEINGOLD, den der versierte Schauspieler und Sprecher Berth Wesselmann aus Baden-Baden entsprechend vortrug. 

Mit mindestens 27 Musikern, darunter der Mongole Enkhjargal Dandarvaanchig und Bijan Mahdjub mit persischen Wurzeln, führte Oppermann seine teilweise neu komponierte Musik auf, teilweise nachgespielte Stücke aus der Frühzeit, dem Mittelalter etc. Ein faszinierendes Klangbild den Rhein hinunter bis zur Nordsee, sehr seltene Einlagen mit Eiszeitgesang und -musik durch den Mongolen Dandarvaanchig und mit einem speziellen prähistorischen Instrument, einer Kurzflöte mit ursprünglich zerdrücktem Schilfrohr als Doppelrohrblatt im Mundstück, und einem antiken Dudelsack aus Drakien (heute Bulgarien), beides gespielt von Mahdjub. 


Hervorzuheben auch die historische Orgel aus der Römerzeit, deren Nachbau durch die Musikwissenschaftlerin Dr. Susanne Rühling veranlasst wurde. Sie spielte das Instrument mit 14 Tasten und Halbtonschritten auch und führte vor, dass die Römer bereits über die volle Bandbreite der Töne verfügten und nicht nur Feste damit gestalteten, sondern auch Gladiatorenkämpfe mit gespenstisch bedrohlicher Musik. 




(c) Stefan Vieregg


Oppermann baute neben der Eiszeitflöte auch eine Alemannen-/Germanen-Leier nach, die er aus einer 800 Jahre alten Eiche herausarbeitete und grob im Rahmen ließ, aber bereits feiner im Sound ist. Für alle seine Pläne sucht er musikhistorische Stätten, Museen und Forschungszentren auf und studiert alte Schriften, so von Nottger aus dem 8. Jahrhundert (St. Gallen). Dieser liefert Belege für frühes Liedgut. Franz Schüssele wiederum studierte das Bauernhorn, die Bauerntrompete (auch als Alphorn unterwegs), virtuos von ihm im akustischen Erscheinungsbild beschleunigt, die in den Vogesen und im Schwarzwald sowie andernorts ganz klar deutsche und europäische Didgeridoos waren. 


Auf dem Weg des Rheins (rhenus = das Fließende) lässt uns Oppermann und mit ihm der Dichter Gallé die jahrtausendealte Tradition des Rheins, seine Urenergie und "Gewalttätigkeit" (Oppermann) spüren, sein Vorwärtstoben, delirisches, trancehaftes Versinken in Zeitlupe eines Teils der Wassermassen in 240 m Tiefe des Bodensees und Weiterexistieren wie -fließen nach Rückführung in den Flusslauf nach 250 (!) Jahren. Entlang der Kulturstrecke Rhein erwacht das mythische Geschehen hoch oben in den Bergen, oberhalb des Oberalppasses (grob östlich von Andermatt), wo noch Hinter- und Vorderhein geteilt sind und dann bei Reichenau zusammenfließen. Aus dem Tomasee entspringt der Vorderrhein und vom Rheinhochwald kommt der Hinterrhein. 


Auf 1.320 km, davon 865 km in Deutschland, kann so viel passieren, und das wird uns bei dieser Reise ganz deutlich, denn man könnte Bände füllen mit dem Geschehen. Die wesentlichen Stationen für Gallé und Oppermann sind Goldwäscherei bis hin zum angenommenen Nibelungenschatz, das "Lied vom Goldhut" (Enkhjargal Dandarvaanchig), Hexenverfolgungen und Verfolgungen/Ermordungen im Zuge des Freikämpfens mit blutigem Tribut der demokratischen Kräfte über 1789 bis 1848 und 1945. Pfarrer Weidigs Haft und Selbstmord, der Weggefährte des Dramatikers und Mitverfassers des HESSISCHEN LANDBOTENS Georg Büchner, Robert Blum und Alfred Delp aus dem Kreisauer Kreis begegnen uns hier unter anderen. 



(c) Stefan Vieregg


Oppermanns und Gallés Montagetechnik stellt ein Mosaik der Geschichte her, das uns die 80.000 römischen und persischen Legionäre am Rhein vergegenwärtigt, die römische Mythologie und Musik mit den Zweihornhelmen der Germanen verbindet. Ein römischer Sturmangriff kommt auf uns zu im Gewand einer Jazzpassage, Hildegard von Bingen, obwohl sie rheinfern wirkte, tönt mit ihren Madrigalen und Gebeten hinein (Sigi Hausen). Kriemhilds früher Traum vom Tod ihres Geliebten vermischt sich mit Etzels (so heißt Attila in der Dichtung) Gesang (Enkhjargal Dandarvaanchig), der Kriemhilds letzter Gatte war. Eine Utopie aus Mainz: Ein Jude wird Papst und gibt seinen Job wieder auf, weil er zum Vater zurückkehren will, wird von einem fulminanten, tödlich verlockenden und sirenenhaft irreführenden Loreley-Gesang (phänomenal: Jennifer Thiele) verfolgt. Und am Niederrhein und später die Verweigerung des Rheins:
"Ich gehöre nicht den Industriekapitänen, die wie Medusenhäupter sich in meinem Wasser spiegeln."
Herrlich die dortige Industriemusik vom ständigen Fallen der Hämmer in der Eisenverhüttung, nur möglich durch die Kohle des Ruhrgebiets. So schließt sich der Kreis zu Siegfried, dem Schmied, ein unterirdisches Gewerbe im 5./6. Jahrhundert mit Kohle und Holz. Im Rotterdammer Rheindelta klingt die Flussgeschichte schließlich mit lateinamerikanischen, internationalen Klängen aus.


Ein großartiger Abend mit einem großen dichterischen Wurf, uns den Rhein und seine Facetten zeigend, die Musikgeschichte aktivierend und das wahre Gold des Flusses, das in dessen Vielseitigkeit und Pluralität besteht, uns erlebbar vermittelt durch wunderschöne, gewaltige (die römische Bassposaune/Tuba von Thomas Busch!) Musik. Daneben die Urgesänge, keltischen und germanischen Einflüsse (Nibelungenlied von Jorgen Lang) und mittelalterlichen Lieder in einem hochentwickelten Kulturraum. 

Mittwoch, 24. Juni 2015

Samstag, 27.06., in Worms am Rhein: R H E I N G O L D von Rüdiger Oppermann

Der Goldene Hut von Schifferstadt -
Goldblechhut aus der Bronzezeit,
war eine Kopfbedeckung der "Götter"
oder Priester. Er könnte im Hort
enthalten gewesen sein.

(c) DerHexer, Wikimedia Commons, CC-by-sa 4.0


RHEINGOLD

Uraufführung von und mit Rüdiger Oppermann

Samstag, 27. Juni 2015, 
20:00 Uhr

19.00 Uhr: Einführung Rüdiger Oppermann/Volker Gallé

Im DAS WORMSER Kulturzentrum (Mozartsaal)
in Kooperation mit dem Kultursommer Rheinland-Pfalz


Der Rhein prägte das Leben von Millionen Menschen, mit seinen Industrien und Kulturen, seinem Wein und seinen Anwohnern, und nicht zuletzt bei Worms mit seiner Nibelungensage, die einen ungeheuren Schatz 20 km von Worms entfernt nahelegt. Die Ursprungsdichtung stammt aus dem Hochmittelalter um 1190 bis 1210. Wahrscheinlich im Passauer Bischofssitz zuerst vorgetragen und zwischen Passau und Österreich entstanden, spielt das rheine Gold, das rote Gold des Zwergen Andwari oder in anderen Fassungen des norwegischen Königs Nibelunc eine große Rolle. 

Das Gold wurde an die Söhne des Königs vererbt, die Siegfried zum Streitschlichter einsetzten, der wiederum beide erschlagen musste, um den Fall zu befrieden. Er setzte den Zwergen Alberich als Wächter über den Hort ein, der ihm und seiner Frau Kriemhild unermesslichen Reichtum bescherte, bis Brünhild aus Worms aufmerksam wurde und beide einlud. Kriemhild verriet das Geheimnis. Brünhild forderte Hagen von Tronje auf, Siegfried umzubringen, was geschah. Kriemhild musste den Schatz, der in Norwegen lagerte, dann angeblich in Sicherheit bei Brünhild bringen. Hagen raubte ihn sodann und warf ihn an einer nur wenigen Eingeweihten bekannten Stelle - angeblich in Lochheim bei Worms - in den Rhein. Da Kriemhild später wie auch die Burgundischen Könige und Eingeweihte, ihre Brüder, getötet wurde, nachdem sie Hagen mit Siegfrieds Schwert erschlagen hatte, wusste schließlich niemand mehr, wo der Schatz war. Er scheint nicht mehr da zu sein, sonst wäre Rheinland-Pfalz reich, oder Worms aus Gold. 

Rüdiger Oppermann nähert sich diesem Thema mit einer Uraufführung im Auftrag des Festivals „wunderhoeren – Tage alter Musik und Literatur“. 

Am Anfang von Oppermanns neuer Rheinfaszination stand die Wiederbegegnung mit dem realen Rheingold: Den Hortfunden in Museen, mit dem Schifferstadter Goldhut, mit neuen zeitgenössischen Goldquellen wie Staustufen, Kieswerken und Chemiewerken, mit dem Nibelungenthema, mit Hildegard von Bingen, der Lore Lay, mit neuen Römerfunden, die uns auch gleich mit jahrtausendealter Internationalität von Kulturaustausch und Religionsentwicklung (Mithras! Isis! Cernunos! Merkur! Magna Mater!) konfrontieren.

Es gibt auch neue Funde aus der Harfenwelt – die alte Alemannenharfe wurde für dieses Projekt rekonstruiert. Und natürlich spielen die bekannten Musiken entlang des Rheins eine Rolle: Frühchristliche Manuskripte aus St. Gallen, Straßburg, Worms, Mainz, Köln und von Hildegard von Bingen. Musikhochschulen in Basel, Mannheim, Mainz, Köln bis Rotterdam, die – last but not least – die jazz- und weltmusikorientierten Studiengänge pflegen, sind einbezogen. Der Blick führt auch zurück bis in die frühesten Anfänge der Musik der Eiszeit mit Nachbauten eiszeitlicher Instrumente.

So entsteht ein umfassendes Klangbild vom Rhein, entlang einer Erzählung mit Texten, die der am Rhein wirkende Autor Volker Gallé geschrieben und zusammengestellt hat. Dies alles in eine stilistisch ansprechende Form zu bringen, ohne romantischen Kitsch, mit historisch informierenden Elementen der Vergangenheit, mit Neukompositionen, mit einer Rahmenhandlung, das ist keine einfache Aufgabe und erfordert intensive Recherche und Erfahrung mit stilübergreifenden Projekten.

Rüdiger Oppermann ist dafür der richtige Mann. Er ist erfahren in der Produktion stilübergreifender Projekte. 2014 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet für den Dialog der Kulturen in seinen Projekten. Für das Projekt „Silk Road“ erhielt er den deutschen Weltmusikpreis Ruth 2006. In Deutschland gilt er als Weltmusik-Anchorman, international als Botschafter seines Instruments und einer weltumfassenden, globalen Musikbetrachtung. Sein Festival „Klangwelten“ ist Deutschlands nachhaltigstes und ältestes Weltmusik-Tournee-Festival (28 Jahre). Er gilt auch als Meister seines Instruments, der Keltischen Harfe, und spielt im Konzert auch Glasharfe, Eiszeit-Mundbogen und die rekonstruierte Alemannen-Leier. Auch das Bläserensemble aus Worms-Hochheim ist wie bei „The Brendan Voyage“ (2013) wieder integriert genauso sowie der Posaunenchor Worms-Hochheim unter der Leitung von Thomas Busch.

Samstag, 30. November 2013

Wie war's bei Rüdiger Oppermanns Klangwelten 2013 in Neunkirchen / Saar



KLANGWELTEN - Das Festival der Weltmusik 2013

Letzten Dienstagabend war Rüdiger Oppermann mit seinen Klangwelten in der Neuen Gebläsehalle Neunkirchen / Saar zu Besuch. Das erste Mal in der großen Halle, die an diesem Abend für etwa 450 Personen bestuhlt war und fast keine leeren Plätze mehr zeigte. Oppermanns Klangwelten haben einen seltenen Charme und einen stark musikethnologischen Charakter. 


Der Meister moderiert 2013 sehr ausführlich sein Programm, um jedem Gast so viele Informationen wie möglich zukommen zu lassen. Auf dem Programm stehen Lieder aus Uganda, Borneo, Pakistan und Indien. Der typisch starke, wuchtige Ethno-Klang steht fast weniger im Zentrum als der Moderator. Mit vielen Details aus dem Alltagsleben der Musiker und ihren Ländern, seinen persönlichen Erfahrungen in den Herkunftsregionen der Künstler und musiktheoretischen Ausführungen zu Bau der Instrumente und Lieder versetzt uns Oppermann in eine zweieinhalbstündige Weltreise hin zur folkloristischen und genuin ursprünglichen Musik. Mit Humor gewürzt schwinden alle Grenzen und bleiben doch die exotischen Eigenheiten der Musiker erhalten. Manchmal spürt man kleine Annäherungen an die Vorführung fremder Länder im Kolonialzeitalter, heute jedoch unter modernsten Kooperationsbedingungen mit Verträgen, Honoraren und eben Eigenständigkeit der beteiligten Musiker ein Akt der Völkerverständigung und des Kulturaustauschs. Aber dieser seit hundert Jahren vergangenen Tradition spürt Oppermann auch nach und möchte auch bald eine Show anbieten von Musiken, die im Kolonialzeitalter beliebt waren und die man bei uns lernen wollte. Wie immer ist er auch selbst an gemeinsamen Titeln beteiligt und spielt seine Harfen zu fremden Instrumenten, als ob es nie andere Kombinationen gegeben hätte.


Zu sehen und zu hören ist die Erdxylophon-Gruppe African Heart Beat vom Stamm der Busoga (aus Uganda) mit zentralafrikanischer Musik auf dem gigantischen Erdxylophon Embaire. Rüdiger Oppermann entdeckte sie bereits 2001. Nach seiner Ansicht sind dies die schnellsten, virtuosesten, präzisesten Xylophon-Spieler in Afrika. Für das riesige, 4,60m lange Instrument wurde ein spezieller Bühnenbau angefertigt. Sechs Männer schlagen den wilden Puls der Erde, singen und tanzen dazu. Eine absolut einmalige Musik. Relativ einförmig, aber eindringlich sich steigernd durch die Geschwindigkeit und Lautstärke, toben die Musiker zur Ekstase hin.

Ganz anders das One-Man-Orchestra des in der Nähe der pakistanischen Wüste lebenden Sugana Ram, dessen Dialekt vom anwesenden Inder nicht immer verstanden wird. Der Musiker mit fein gezwirbeltem Schnurrbart spielt das Folkloreinstrument Ravanattha. Dies ist eine Spießgeige, bestehend aus einem kleinen (Kokos-) Korpus, der an einer langen Stange befestigt ist. Die drei Spielsaiten werden seitlich abgegriffen. Der Streichbogen hat eingebaute Schellen, so dass zusätzlich zur Melodie auch noch eine Glöckchen-Rhythmus-Begleitung entsteht. Der malerisch aussehende Rajastani mit Turban und Pluderhose wirkt wie ein vornehmer Inder, obwohl seine Straßenmusikerzunft unter den klassischen Musikern als primitive Kunst gilt. Er tanzt auch zu seiner Musik und erzeugt dabei zusätzliche Fußschellenklänge. Dazu singt er mit magischer Stimme. Das Instrument hat 16 Resonanzsaiten, so dass ein halliger weiter Klang eingesetzt werden kann, den man dem einfachen Folk-Instrument gar nicht zutraut! Dieser Klang erinnert an die indische Klassik. Die Musik ist aber keine Klassik, sondern eine traditionelle Form der Straßen- und Festmusik, tanzbar, verständlich, einfach. In Neunkirchen ganz oft inbrünstige, malerische und leidenschaftliche Gesänge von Sugana Ram und die Verwendung nur einer Saite.


Begleitet wird er von Jatinder Thakur, einem langjährigen Weggenossen von Oppermann, mit dem er schon mehr Zeit verbracht hat als mit seiner Frau zu Hause. Jatinder Thakur spielt ganz hervorragend die Tablas, feine Rhythmen und wuchtig-mitreißende Klänge. Nach 28 Jahren in Europa hat er sich nun nach Indien zurückgezogen und kommt nur für das KlangWelten-Festival nach Europa! Seit 30 Jahren spielen die beiden Zentralfiguren der Weltmusik zusammen.

Last not least ein Dayak-Kopfjäger vom Stamm der Ngorek (Orang Ulu) auf Borneo. Im Gegensatz zum furchterregenden Image der Ureinwohner Borneos klingt die Musik, die dort gespielt wird, fein, zurückhaltend, empfindsam. Ngau Jau spielt auf dem Zupfinstrument Sape Lieder und Tänze. Er ist in seiner Heimat ein berühmter Mann, der die Renaissance der Sape-Laute eingeleitet hat. Für KlangWelten wird die urtümliche Version des Instruments revitalisiert, mit Saiten aus Lianen-Fasern. Ngau lebt in einem traditionellen Langhaus und ist ein exzellenter Blasrohrschütze, Jäger und Bootsführer. Im Januar 2013 setzte er sich mit seinem Gast Rüdiger Oppermann zusammen, zwischen Grillen, Gongs, Blutegeln, 10-Meter-Krokodilen, Bambusinstrumenten, Lianen und undurchdringlichem Regenwald ... und man begann gemeinsam zu musizieren, an Stücken zu arbeiten sowie an der Rekonstruktion der Ur-Laute. Es fanden sich zwei Brüder im Geiste, trotz unterschiedlichster Lebenskulturen. Ein archaisches Erlebnis. Und kein Kopf musste dran glauben.

Klangwelten sind eine wunderbare Möglichkeit, Gemeinsamkeiten der Menschen in ihren Klängen, Liedern und Einsatz von Musik zu erfahren, bei aller Verschiedenheit und bei aller Andersheit. Es entsteht ein Gefühl von Brüderlichkeit und Friedlichkeit im Raum durch das Anschlagen der Saiten der Seele und der Gefühle, was einen die internationale Sprache der Musik verstehen lässt. Oppermannsche Klangteppiche und -kaskaden sind ein Genuss, in jedem Jahr andere Schwerpunkte und andere Klänge ... und über zwei Stunden Weltreise im Kopf.

AFRICAN HEART BEAT - Embaire/Erdxylophon (Uganda)
SUGANA RAM - Ravanattha (Rajasthan)
NGAU JAU - Sape-Bootslaute (Borneo)
JATINDER THAKUR - Tablas (Indien)
RÜDIGER OPPERMANN - Global Celtic Harp Sounds (EU)

Sonntag, 24. November 2013

Dienstagabend in Neunkirchen / Saar: Klangwelten 2013 von und mit Rüdiger Oppermann



Weltmusik-Festival
Klangwelten 2013
Dienstag - 26.11.2013 20:00 - Neue Gebläsehalle

Im Jahr 2013 wird bei den Klangwelten wieder ein starker, wuchtiger Ethno-Klang im Zentrum stehen. In bewährter und beliebter Weise moderiert Deutschlands bekanntester Harfenmeister Rüdiger Oppermann das Konzert und gibt humorvolle und kenntnisreiche Kommentare aus dem riesigen Fundus seiner Weltmusik-Erfahrung. In diesem Jahr mit dabei sind die Erdxylophon-Gruppe African Heart Beat aus Uganda mit zentralafrikanischer Musik, der indische Solist Mahindra Khan mit dem Folkloreinstrument Ravanttha, der groovende Tabla-Meister Jatinder Thakur sowie Ngau Jau, ein Ureinwohner Borneos, mit seinem Zupfinstrument Sape-Laute und feiner, zurückhaltender Musik. Das Festival ist in 27 Jahren zum nachhaltigsten und bedeutendsten Weltmusik-Tournee-Ereignis des Landes geworden und berührt Herz, Hirn und Bauch.


Besetzung:
African Heart Beat - Embaire/Erdxylophon (Uganda)
Mahindra Khan - Ravannatha (Rajasthan)
Ngau Jau - Sape-Bootslaute (Borneo)
Jatinder Thakur - Tablas (Indien)
Rüdiger Oppermann - Global Celtic Harp Sounds (EU)

Montag, 10. Dezember 2012

Klangwelten 2012 - für Sie besucht am 7.12. in Neunkirchen

Rüdiger, Cynthia und Julius Oppermann

Die Klangwelten von Rüdiger Oppermann besuchte ich dieses Jahr am 7.12.12 in Neunkirchen in der Christuskirche. Titel der Tournee ist "The Global Strings play Oppermann" - Rüdiger Oppermann erfüllt sich mit diesem Projekt einen lang gehegten Traum: Nach 25 Jahren erfolgreicher Klangwelten-Programme mit Musikern aus aller Herren Länder und aller Ethnien kommt nun endlich einmal eine große KLANGWELTEN - Tournee, auf der seine eigene Musik im Vordergrund steht. 
 
Rüdiger Oppermann: „25 Jahre lang habe ich mich mit ethnischer Weltmusik, mit dem Inneren Kern der Harfe, mit Jazz, Blues, Folk, Avantgarde beschäftigt. Trotzdem die Harfe und das Klavier meine Werkzeuge des Verständnisses waren, rückten Streicher immer näher ins Zentrum.
Das meine eigene Musik auch im Orchesterklang wirkt, wusste ich noch gar nicht. Und ich war auch berührt, dass die Kombination von Orchesterklang mit ethnischen Instrumenten, mit meinen Minimal-Ideen und mit Jazzmusikern möglich ist. Später wurde mir klar, dass meine innere Klangvorstellung für dieses renaissance-ähnliche Ensemblespiel eigentlich das Gambenensemble war. So wuchs langsam der Wunsch, meine Musik in einem Konzertprojekt als Streichermusik aufzuführen. Ich will vermeiden, dass alle Arrangements typisch oppermannisch klingen. Deshalb wird ein Großteil der Stücke von Gast-Arrangeuren bearbeitet, von Künstlern, denen ich voll vertraue, und von denen ich mich staunend berühren lasse. Also auf in eine neue Dimension! Das Risiko habe ich nie gescheut, und nach den ersten Proben bin ich schon ganz begeistert.“


Wir begegnen seinem Sound dennoch und zum Glück immer wieder – bei den Streicherstücken manchmal eine interessante, neue Unterbrechung, dann wieder ein wunderbares Additiv zu seinen Klangausflügen. Alle Musiker(innen) überzeugen durch gekonntes Spiel, durch das Feeling für die Gefühle, die mitschwingen, für die Botschaften, die die Stücke uns aus aller Welt schicken. Und mir wird jedes Mal klarer, dass die Musik umso reichhaltiger, vollständiger und authentischer wird je mehr nationale Musikrichtungen zusammenkommen und sich ergänzen! Mit „Breath my harp“, von dem georgischen Komponisten Russudan Meipariani überarbeitet, ging es los! Mit „Tarantella“, bearbeitet von Rainer Granzin, Jazz-Keyboarder, noch mehr Schritte in die Hauptdynamik. Auffallend und interessant sein Lied „Eile mit Weile“, 3-teilig. Den ersten Teil spielte er vor 30 Jahren mit seiner Frau an der Konzertharfe und er mit einem Instrument aus Simbabwe - beim Konzert nach langer Pause wieder. Das Paar Oppermann ging musikalisch total getrennte Wege, sie klassisch an der Konzertharfe, er an internationalen Instrumenten experimentierend. Der zweite Teil mit 2 Harfen auf einmal gespielt von Oppermann (ein sehr beeindruckender meisterhafter Auftritt!) und mit E-Harfe, der dritte Teil für 2 Streicher. In „Electric Oracle“ ein perfektes Zusammenspiel mongolisch traditioneller und improvisierter Spielweise und Gesang mit westlichen Harfenklängen. Tiefe Röhrlaute und archaische Stimmsounds paaren sich mit hohen Tonlagen und rhythmischem Gesang. Enkh Jargal hat 9 Jahre mit Oppermann zusammengewohnt und musiziert, sie gingen eine Symbiose im musikalischen Dialog ein, und doch jeder seinen Weg. Der „Galata Blues“ vereint orientalisch-türkische Klänge mit Blues, was praktisch und theoretisch nicht existiert, aber ein faszinierendes Lied ergibt. Ein Lied für die armenische Duduk mit der Gambe als Leitstimme interpretiert, die Streicher als Begleitung – fern der klagenden Traurigkeit der Armenier, eines mit marrokanischem Schwerpunkt und mongolischem Gesang, ein Song „Riding a horse with 5 legs“, von Thomas König arrangiert (nach der letzten Zusammenarbeit löste sich das Potsdamer Orchester leider auf), sehr tragend, dynamisch und weiterhin E-Harfe, ein Stück mit einem ungewöhnlichen, weil geschnitzte Saiten, Madagaskar-Instrument und schließlich die Klimax in einem Lied mit Bestandteilen aus Ceylon, Indien, Himalaya, Lahore, Tibet, Nord-Mongolei, Sibirien. Tiefste Tonlagen und höchste Töne für eine Männerstimme von Enkh Jargal lassen uns am Urvibrieren der Erde teilnehmen, teilweise erinnern sie an buddhistische Gesänge, teilweise an arktische ...

The Global Strings
  The Global Strings bestehen aus einem klassischem Quartett, ergänzt durch Instrumente der Alten Musik und durch ethnische Streicherklänge:
Franziska Urton (D/IRE) – Fiddle, Violine (u.a. Blue, Dan,Cassard, Streichquartett)
Sally Clarke (D/AUS) – Viola, Bratsche (SWR-Rundfunkorchester Stuttgart)
Johanna Stein (D, Köln)
Cello (Badz)
Barbara Pfeifer (D)
Viola da Gamba (Les Escapades)
Ben Tai Trawinski (D/THAI)
Bass (Badz, diverse Jazzgruppen)
Enkh Jargal (Mongolei)
Pferdegeige (u.a.Violones Barbares)
Nikola Parov (Bulgarien)
Gedulka (u.a. Agnes Herczku)
Cynthia Oppermann (USA/D/F)
Harfe (Baden-Badener Philharmonie, Kammermusik)
Julius Oppermann (USA/D/F) – Drums, Percussion (diverse Rockbands etc.)
Jatinder Thakur (Indien)
Tablas
Rüdiger Oppermann (EU)
Keltische Harfen, e-harp


2012: Eine eher klassisch ausgerichtete, aber weiterhin fesselnde und sehr nährende Version der Klangwelten, die sich als Jubiläumsausgabe hervorhebt und einreiht in eine Serie von hochinteressanten internationalen Musiken.

Samstag, 27. November 2010

Für Sie besucht: KlangWelten 2010 von Rüdiger Oppermann mit internationalen Teammitgliedern

Dieses Jahr war es das erste Mal, dass ich zu den Klangwelten stieß, und zwar im postmodernen Kulturtempel Illipse in Illingen. Irgendetwas lag in der Luft, erst Mari Boine und ihre Schamanen- und Sámigesänge, dann diese Anziehung durch die KlangWelten. Es hat sich voll rentiert. Ein sehr überzeugendes Programm.
24 Jahre internationale Musik und Musikexperimente unter der Leitung und Mitwirkung von Rüdiger Oppermann sind schon in die Lande gezogen, und wenn man mit den alten CDs ein wenig zurückhört, stellt man fest, dass man etwas versäumt hat: Alles sehr interessante Abende bzw. Konzerte, wobei den KlangWelten ein gewisser Fortsetzungscharakter zu eigen ist.

Die Klangwelten haben sich in dieser Zeit zu Deutschlands größtem und nachhaltigsten Weltmusik-Tournee-Programm entwickelt, mit über 600 Konzerten für ca 250.000 Besucher, mit Musikern aus 38 Ländern, dokumentiert durch ca 50 Stunden Radio- und TV-Mitschnitte. Das Hörbuch zum Thema erschien 2006. Oppermann ist Preisträger des German World Music Award 2006, Juror und Preisstifter bei Creole 2009. KlangWelten 2009 war die größte deutsche Weltmusik-Tournee mit 43 Konzerten.

Was erwartet einen im Programm 2010?

Mit Ayarkhaan und ihrer Studentin aus Jakutien eine große Faszination und ein magischer Zauber mit Maultrommeln, Schamanengesängen, Kehlkopfgesang, Obertonmelodien, typisches Trillern mit der Stimme, Pferdegeigengetrappel, Wolfsgeheul und Bärenlauten: Folklore aus dem fernen Sibirien! In sehr licht- und bühnenwirksamen Folkore- wie Schamanenkleidern und eigenwilliger Musikgestaltung ein sehr imposantes und reizvolles Entree in den Abend.




Das Lotus Duo aus Vietnam spielt traditionelle vietnamesische Instrumente, so ein Monochord, ein Einsaiteninstrument, dass durch Anspannen und Schlagen der Saite fantastische Slideguitartöne entwickelt oder die spezielle Zither aus Asien, die mit dem vibrierenden, zitternden und leicht heulenden Asiasound die Leute begeistert.

Eine ganz besondere Gesangsperle ist Russudan Meipariani aus Georgien, die zugleich an Klavier oder Orgel spielend fremdländisch, verzaubernd und mittelalterlich-atonal wirkende georgische Gesänge präsentiert, die auch bei Schönberg, Jan Gabarek oder Terje Rypdal zu Hause sein könnten. Gemeinsam mit den Damen aus Jakutien ein völlig andersartiges und außergewöhnliches Gesangserlebnis der Extraklasse.

Oganga aus Luo/Kenia, am Ostufer des Viktoriasees, einem Nachbardorf zu dem Dorf, aus dem Obamas Oma stammen soll, präsentiert sich als eitler, stolzer, gockelhaft-archaischer, sehr agiler und stimmkräftiger Sänger wie Lautenspieler, der mit einem Schellenbein den Takt zur Musik stampft. Das Instrument hält instrumentenbaulichen Kriterien zwar nicht stand, Oganda entlockt ihm jedoch eine kraft- und klangvolle Musik. Sein exorbitanter Federschmuck hüpft und fegt bei seinem Sitztanz durch die Luft wie beim Fruchtbarkeits-, Initiations- oder Hochzeitstanz ...
Jatinder Thakur aus Indien zeigt sich uns als absoluter Meister der Tablas, dem kein Rhythmus zu schnell, zu schwierig oder zu gewagt ist. In herrlichen Tablawellen und -kaskaden aus der indischen Töneküche tritt er dominant oder begleitend unverzichtbar für die Dynamik auf.
Rüdiger Oppermann aus Deutschland, der preisgekrönte Spieler von Harfen aller Art, ganz beliebt und überzeugend an der Keltischen Harfe, der Spiritus Rector der KlangWelten, mit der Erfahrung von über 1500 Konzerten weltweit und Dutzenden von Tonträgern, hat nicht nur das Konzept und die Arrangements kreiert, er moderiert auch den gesamten Abend mit einer sehr ansprechenden Art und spielt immer wieder bei den unvergesslichen musikalischen Ritualen mit. 150 Minuten mit Pause, die wie im Flug vergehen, ein unvergleichlicher, interessanter und abwechslungsreicher musikalischer Abend.
(Fotos: KlangWelten, R. Oppermann)

Weitere Konzerte