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Der Literarische Verein der Pfalz e.V. hat sein 10. Poetenfest in Kirchheimbolanden gefeiert. Bekannte Namen der Regionalszene lasen Neues aus ihrer Feder vor und erfreuten die Besucher. Ein Überblick von Andreas Lachmann (Rplus):
" 11. September 2022 - 11:40 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Ein Dutzend „Künstler der Sprache“ lassen zum 10. Poetenfest des literarischen Vereins der Pfalz die Lyrik und Prosa im Turmsaal an der Stadtmauer in Kirchheimbolanden hochleben. Erstmals sind zwei Gastautorinnen aus dem Ahrtal dabei und erzählen von der Flut.
Auch an diesem Tag ist es regnerisch, und immer wieder ergießen sich die Wolken, doch es ist kein Vergleich zum 14. Juli 2021 – dem Tag der Ahrtal-Flut. Drinnen im historischen Turmsaal haben es sich die Autoren im urigen Ambiente gemütlich gemacht. An der Wand brennen die elektronischen Fackeln, auf den Tischen stehen reichlich Getränke, und am Tresen gibt’s Laugenbrezel und Kuchen. Einzig die Säulen im Raum stören hin und wieder den freien Blick auf das Geschehen.
Anna Boaro und Jutta Büsscher von der LiterAHRischen Gesellschaft aus Bad Neuenahr-Ahrweiler stellen im Stehen ihren Verein vor und lesen aus ihren mitgebrachten Schriften. Die Zeit heilt alle Wunden, besagt ein altes Sprichwort. Lauscht man den Worten von Büsscher, so ist bei ihr noch keine Heilung eingetreten. Die Autorin verarbeitet ihr Erlebtes in Kurzgeschichten und Lyrik. In einem Gedicht über die Ahr schildert sie eindrucksvoll den Schrecken der Flut und lässt tief mitfühlen. Nein, sie kann dem fließenden Gewässer nicht vergeben, die Zeit ist einfach noch nicht reif. Sie hat die Flut hautnah mitbekommen: 400 Meter vom Fluss entfernt, stand das Wasser damals bei ihr noch über drei Meter hoch. „Die Natur hat schneller aufgeräumt als wir“, erzählt Büsscher, die vier Wochen nach der Katastrophe zwischen all dem Chaos schon wieder das kräftige Grün der Pflanzen emporkommen sah.
Verbundenheit zum Glauben
Autobiografisch verarbeitet auch Marianne Baun aus Kirchheimbolanden ihre Texte, die allerdings weit weniger dramatisch daherkommen. Sie erzählt von ihrem echten Großvater, der für Baun ein Fels in der Brandung war. In ihren Kurzgeschichten berührt Baun auch immer wieder die Welt des Biblischen. „Alles hat seine Zeit“, ist die Quintessenz ihres Vortrags, in Anlehnung an die Texte des Prediger Salomo aus dem Alten Testament. Nebenamtlich ist Baun auch Kirchenmusikerin – ihre Verbundenheit zum Glauben ist unübersehbar. Daneben hat auch Renate Demuth eine Geschichte über einen Großvater parat, der nie dem Anspruch seines Vater entsprechen konnte, aber selbst zum herzlichen Vaterersatz für das Enkelkind wurde.
Bedrückend wirkt die Erzählung „Vielleicht lief es auch so?“ von Christel Heil, die von einem Amoklauf handelt und Alternativen aufzeigt, wie so etwas verhindert werden könnte. Gänzlich unbeschwert kommt dagegen die Kurzgeschichte von Ursula Doerler daher, die von leisem Surren und elektronischem Knistern in Gedanken in die fünfte Dimension abdriftet und dabei eine fantastische Begegnung mit einer Marionette schildert. Passenderweise sitzt die Puppe der Geschichte direkt vor der Autorin auf dem Tisch. Mit veränderlicher Stimme und der passenden Mimik sowie Gestik lässt Doerler die Geschichte regelrecht lebendig werden und schafft damit ein Hörspiel der Extraklasse.
Etwas fürs Herz
Eine Klasse für sich ist auch die sozialkritische Mundart „Wäschd wie ich mään“ von Knut Busch aus Kriegsfeld. In seiner Abhandlung erzählt er auf Pfälzisch über die unterschiedlichen Milieus in der Gesellschaft und dass es sehr wohl einen Unterschied macht, ob man „hinner oder vorm Haus uff die Welt kum is“. Peter Herzer liefert passend zu seinem Nachnamen etwas fürs Herz und streift dabei dennoch das Gesellschaftskritische. In seiner Geschichte geht es um einen jungen Mann, der sich in eine intellektuelle Studentin und gleichzeitig in eine junge Frau aus schwierigen Verhältnissen verliebt.
Fast schon philosophisch erscheinen die zehn Kurzgedichte von Helmund Wiese, dessen vorgetragene Lyrik vom eingefangenen Sonnenstrahl bis zum Urknall reicht. In bekannter Manier präsentiert dagegen Thomas Mayr aus Kirchheimbolanden zur Erheiterung der Zuhörer zwei humoristische Texte über „Die Illusion ein Engel zu sein“ und die „Mittlere Reife“.
Englischer Humor und die holde Weiblichkeit
Lothar Seidler aus Heidelberg, der über Freundschaften in Landau die Verbindung zum pfälzischen Literaturverein herstellte, versprüht in der Kurzgeschichte „Tortenrausch“ den Charme des englischen Humors mit einer wohldosierten Portion an Ironie und Sarkasmus. Die Kurzgeschichte „Ein Missverständnis am Meer“ von Ulrich Bunjes ist ein Meisterwerk der Prosa mit wortgewaltigen Elementen. Bunjes ist nebenbei noch Leiter der literarischen Vereinssektion in Speyer. Birgit Heid aus Landau und erste Vorsitzende des literarischen Vereins beleuchtet mit „Love-making“ das Thema der Weiblichkeit anhand einer Episode aus dem Leben der Literatin Monika Mann, worin es unter anderem um die Menstruation geht, die mitunter den Ablauf im alltäglichen Leben verändern kann. "
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In der Pfalzgalerie Kaiserslautern eine Closing Party zu „Kubra Khademi – Political Bodies“ :„Kubra Khademi meets GG Vybe“ inmitten einer sehr interessanten Ausstellung der afghanischen Künstlerin aus Kabul. Die Werke sind von einer Freizügigkeit und Freiheit, wie man sie niemals aus diesem Land erwarten würde. Eine Ausnahmekünstlerin, die sich die Befreiung der Frauen in islamischen Ländern und auf der ganzen Welt auf den Leib geschrieben hat. Sie steht mit ihrem nackten Körper ein, mit allen weiblichen Attributen und Fähigkeiten, die erst Leben erlauben. Sie möchte im übertragenen Sinn das afghanische Ungeheuer besiegen, das der Sage nach jeden Tag mit einer Jungfrau gefüttert wird. Immer und immer wieder geboren durch Erzählungen irrt dieses Monster durch die Köpfe, Kubra tötet es. Es sollen keine jungen Mädchen mehr in Ehen geschickt werden, verstümmelt und misshandelt, als Gebärmaschinen eingesetzt, egal ob Schaf, Huhn oder Kamel aus dem Leib kriecht ... Die Unterdrückung der Bildung für Frauen, die Abrede der Freiheit über den eigenen Körper, die sexuelle Orientierung, alles Dinge, die moderne Menschen nicht unterstützen, die Taliban, die man als völlig überflüssige Mopedrocker und "Tiere" verstehen muss, praktizieren dies noch immer und verbreiten geblendet durch religiösen Wahn nur Unheil.