(c) Hans Jörg Michel |
Den technischen Background des Stückes aufgreifend und eine bühnenwirksame, nicht realistische, aber metaphorische Realität schaffend, die einem wichtigen deutschsprachigen Roman des 20. Jahrhunderts entspringt, fesselt HOMO FABER in Mannheim die volle Spieldauer. Die fehlende Pause stört hier gar nicht mehr. Max Frischs auktorialer, monologisierender Bericht über ein Geschehen in der gerade zurückliegenden Jetztzeit, die Rückblenden in die Vergangenheit, das Einschieben von Handlungssituationen bzw. Erlebtem als scheinbar gegenwärtiges Geschehen - eigentlich Zitate aus Fabers Leben - , der Blick in die nicht mehr stattfindende Zukunft, aber auch in die vorweg erzählte Zukunft des Erlebten. Das ständige Reflektieren und Rechtfertigen des Handelns in der Vergangenheit fordern den Rezipient nicht nur im Roman, auch in Volker Schlöndorffs Film und in Schmiedleitners Inszenierung. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschmilzen immer wieder zu einem als einheitlich empfundenen Geschehen, Walter Faber, dem schaffenden Mensch, einem Ingenieur, durch sein Leben folgend. Hinzu kommt eine Vierfachbesetzung der Faber-Figur und der anderen Männerrollen Herbert Hencke, Joachim Hencke, Williams, Prof. O und Kellner, wobei sich Schmiedleitner hier von einigen Figuren im Roman trennt, Williams und den Kellner dagegen betont. Michael Fuchs, Boris Koneczny, Reinhard Mahlberg, Jacques Malan changieren die Rollen und die Perspektiven, ohne kostümmäßige Veränderungen an der Faber-Figur vorzunehmen. Dies gilt auch für Herberts ehemalige Geliebte Hanna (Almut Henkel) und weniger für seine Tochter Elisabeth (Michaela Klamminger), die ebenfalls verschiedene Frauenrollen spielen. Alle Schauspieler überzeugen sehr, holen sehr viel aus den Rollen heraus. So dreht sich das Karussell auf (sprichwörtlich von der technik verwirklichten) wackligem Boden um die Zeit, die Figuren, die Orte, die Inhalte, ja, den ungeheuren Inhalt des Inzests.
Max Frisch konstruierte quasi aus den Inhalten eines autopsychoanalytischen Gesprächs, einer Selbstoffenbarung und -beichte einen Roman und Schmiedleitner ein Bühnengeschehen rund um die Gedanken und Einsichten, Erinnerungen und Zweifel, Gewissensbisse und kriminologischer Erschließung des Tatbestands. Fabers Bericht über sein Leben reißt nach einer Magenoperation wegen Magenkrebs ab. Vom Tod des berichtenden Ichs ist auszugehen.
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