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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Montag, 12. November 2018

Wie war's bei Jan Garbarek im Kongresshaus Heidelberg?

 (c) Stefan Vieregg                                                             Jan Garbarek               

Jan Garbarek mit 71 Jahren ist wie Garbarek mit 31 oder 41 - er bleibt seinen Aussagen treu und komponiert rund um das episch-klagende, -singende, -sprechende, -tanzende Saxophon. Eine Verstärkung der Stimme, ein anderer Gesang. Manchmal wirkt Garbarek gar nicht wie die Hauptperson, er braucht das so deutlich auch nicht. Jedes Mitglied in seiner Band hat ausführlich Raum sich auszuleben. An den Keyboards und am Piano Rainer Brüninghaus ganz stark, ruhig und souverän wie der Meister, Youri Daniel ebenfalls emsig, aber eher zurückhaltend den Takt angebend am Bass, Trilok Gurtu immer noch stark auffällig an den Drums und Percussion wegen seiner geordneten Wildheit nach Ravi Shankar, seinen erstklassigen Experimenten. Jeder in seinen Soli stark, den Meister verdrängend, und ihn dann wieder reinholend bei der Rückkehr zum Ensembleplay. 

Es war dieses Mal mehr eine erdverbundene Begegnung, Musik als gemeinsames Spiel  und vielleicht neue Erfahrung, Sessions und besondere Ausformungen im Dialog. Sich schön zum Ende hin steigernd zum humorvollen Improvisieren, Rainer Brüninghaus mit kräftigen Griffen in die tiefen Töne, Youri Daniel bis hin zum (Fast-)Zerreißen der Saiten, und die Spitzenposition ganz klar für Trilok Gurtu durch extrem experimentierfreudige, atemlose Percussion mit allem, was ihm in die Finger kommt, auch Wassereimer, Wassergeräusche selbst, im Wasser versenkte Gongs, Gewittersound, Geräusche aller Art, gepaart mit Bongos, Kongas  undundund  ...
R. Brüninghaus, Y. Daniel, T. Gurtu, J. Garbarek und
enjoy jazz-Festivalleiter und GF Rainer Kern (u.r.)

(c) Stefan Vieregg

Zuletzt gesehen habe ich Jan Garbarek am 18.11.2014 im Speyerer Dom. Ein Abschied von diesem Aufsehen erregenden Zusammen mit dem Hilliard Ensemble, weil dieses sich auflöste. Letztes Zeugnis der gemeinsamen 20 Jahre war im selben Jahr das Album "Officium". Eine wunderbare Veröffentlichung. Die ungewöhnliche Kombination zwischen dem norwegischen Jazzsaxophonisten und dem britischen Vokalensemble, das auf frühe Musik spezialisiert war, aber sich auch an geniale moderne Klassikkomponisten wie Arvo Pärt wagte, war ein wirkliches Ereignis. Und fand einen würdigen Abschluss auch in unserer Gegend: Jan Garbarek durch den Dom laufend, die Akustik ausnutzend für ein langes, langes Abschiedslied, ein unvergesslicher Abend. Selbst die Busse fuhren in dieser Nacht völlig außerhalb der Fahrpläne, die kein Mensch mehr verstand.

Und am 10.11.2018 dann die altgediente Jan Garbarek Group bei enjoy jazz in Heidelberg, die es in immer wieder unterschiedlicher Zusammensetzung auch schon fast 40 Jahre gibt. Seit Jahren aktuell in dieser Besetzung und früher schon einfach dominant für viele Musiker, die seinen Stil mit aufnahmen in ihre Kompositionen. Das war wieder Jazzbühne, mit dem ersten Lied mittendrin im Garbarek-Sound, zunächst fast unspektakulär im runden, professionellen Warmspielen, und dann Kontur gewinnend, wie ein immer wieder neu zusammengesetztes und anders geartetes Mosaik aus Bekanntem, Interpretation, Stimmungen, Emotionen und Umgebung. Am Ende war wieder alles präsent, das den Ruhm ausmacht, die ersten Begegnungen mit Jan Garbarek vor Jahrzehnten, die Faszination. Die Jazzszene hat durch seinen mystisch-norwegischen Sax-Sound eine unglaubliche lyrische Bereicherung erfahren. Für viele wurde Jazz durch ihn erst hörbar und ein Genuss.

Freitag, 3. Oktober 2014

Wie war's bei LISA SIMONE und der Eröffnung des 16. Enjoy-Jazz-Festivals in Heidelberg?

Lisa Simone in concert 

Eine der großen Full-Power-(Jazz-)Sängerinnen, lebendigsten, energiegeladensten und dynamischsten Frauenfiguren auf den (Jazz-)Bühnen der Welt mit starkem Sex-Appeal und herrlichem Entertainercharisma außerhalb der festgefahrenen Pfade ist Lisa Simone (*1962), die Tochter der legendären Nina Simone, die spätestens mit ihrem "I Put A Spell On You" oder "Don't Let Me Be Misunderstood" die große Masse der deutschen Hörer erreichte.

Ihr Vater ist Andrew Stroud, der als Soldat in Deutschland war. Die Eltern trennten sich zehn Jahre nach ihrer Geburt. Auch Lisa war bei der Army, sie arbeitete als Technischer Assistent bei der Air Force. Danach sang sie als Backgroundvocal, bevor sie 1992 in Andrew Lloyd Webbers JESU CHRIST SUPERSTAR ihr Debut als Soul Sister und Doppelbesetzung von Mary gab und ihr grandioses Talent unter Beweis stellte. 1996 ging es zunächst weiter als Swingsängerin und weibliche Doppelbesetzung, danach als Mimi Marquez in der Broadwaymusical-Produktion RENT. Diese Produktion wurde gleichzeitig auch ihre erste nationale Tour vom November 1996 bis April 1998. Im Jahr 2000 wurde sie mit ihrer Band für den Grammy nominiert und 2002/2003 war sie die Aida in der Disney-Broadwayproduktion AIDA. 2006 spielte sie die Rolle der Fantine in Claude-Michel Schönbergs Musical LES MISÉRABLES nach Victor Hugo (auf Französisch) im Muny-Theater St. Louis. 2009 brachte sie ihr erstes großes Album heraus. "SIMONE ON SIMONE" ist ganz klar eine Liebeserklärung an ihre Mutter, mit der sie das erste Lied des Albums "Music for Lovers" gemeinsam in Irland auf der Bühne gesungen hatte.

Das 16. Enjoy-Jazz-Festival Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen wurde gestern, 02. Oktober 2014, mit ihr in der wilhelminischen Stadthalle am Neckarufer von Heidelberg künstlerisch eröffnet. Dort, wo sich dem Besucher ein reizvolles Miteinander von Gründerzeit, Jugendstil und Renaissanceelementen bietet, verliert sich alles im Hintergrund, wenn die Sängerin mit ihren energetischen Urgewalten und zärtlichen Botschaften in der Stimme ins Licht tritt. Mit der geschickten Entscheidung, sie für den Auftaktabend zu engagieren, eröffneten Schirmherr Michael Sieber, Staatssekretät a.D., und Festivalleiter Rainer Kern das Festival im offiziellen Bereich. Statt Wiederholung und Immergleich steht Wagemut im Vordergrund, das Motto heißt für den Festivalleiter dieses Jahr klar: "Listen with your heart!". Das Festival verdankt seinen Status und erreichte Größe dem guten Zusammenspiel der Entscheidergremien in den beiden beteiligten Bundesländern, der Metropolregion Rhein-Neckar, und ganz wichtig den starken Sponsoren und Unternehmen SAS als Hauptförderer und BASF als Premiumförderer sowie weiteren Firmen.

Gleich mit ihrem ersten Lied "When I Was Young" führte uns Lisa zu den Wurzeln ihrer Musikalität zurück, ihre herausragende Mutter und vor ihr die westafrikanischen Vorfahren, die Griots waren, Lehrer, Dichter, Sänger und Geschichtenerzähler. Ein Lied voller Melancholie, Trauer und Sehnsucht: "... I was crying for you ...". Wie Lisa schon in Interviews erzählte, musste ihre Mutter hart arbeiten für ihren Erfolg, nahm sie ihre Tochter mit bei Tourneen, war autoritär, sie hatte das Sagen und verlangte von Lisa schon früh Erwachsenenfähigkeiten und -einsichten. Aber weil Lisa alles von ihr gelernt hatte, sie ihre Mutter sehr schätzte, muss sie auch heute immer wieder sagen, wie sehr sie sie liebte. Nina starb im April 2003. Lisa sang an diesem Abend Lieder von sich und ihrer Mutter.

Lisas Band bestehend aus dem virtuosen Gitarrist Hervé Samb aus Ghana, dem einfallsreich kontrastierenden Reggie Washington am Bass und einem extrem kunst- und kraftvoll African Beat mit Modern Drum und Klang- wie Beat-Zäsuren operierenden Sonny Troupé begleitet sie hervorragend durch alle Höhen und Tiefen ihrer gesungenen Emotionen, den Botschaften aus einer zärtlich-liebevollen, aber auch fauchend-vitalen Kehle und Seele mit funkigem Jazz und etlichen Anleihen, unter anderem Alphonse Mouson.

Ein zu Barrikadenstärke erblühendes "Revolution", gefolgt vom getragenen Klassiker "Autumn Leaves", hin zu einem herrlichen Song ihrer Mutter ("Ain't got no, I got life") zur Stärkung des individuellen und ethnischen Selbstbewusstseins, "I ain't got no water, I ain't got no food, I ain't got no job, I ain't got no country, I ain't got no face, I ain't got nothing ... but I've got my mouth, eyes, ears, fingers, nails ... I've got life!" führte uns mitten hinein in einen wunderbaren zweistündigen Abend voller Stimmung, mit hochaktivem und stark inspiriertem Publikum. Wir bekamen ein Lied von Lisas Tochter ReAnna zu hören, "No More Tears For You", das diese mit zwölf Jahren schrieb. Interpretiert mit leichten Gypsyzitaten in der Gitarre. Im sechsten Lied beschrieb sie die extreme Leistungsfähigkeiten ghanischer Frauen, die nicht nur hart arbeiten, sondern auch wie nebenbei im Stehen Kinder gebären können, danach überspitzt formuliert nur unter die Dusche gehen und dem Alltag wieder zur Verfügung stehen. Lisa erlebte das mit 8 Jahren. In "No World Coming" mit Begleitung von Hervé Samb führt sie uns zur Vision "new world coming in love". Mit einer extrem spritzigen Leonard-Cohen-Interpretation von "Suzanne", einem fulminanten "Big Spender" und wieder extrem beweglicher, körperbeherrschender und reizvoller Bühnenpräsenz, dem Eintauchen im Zuschauersaal und "Take It To The Father" and "Finally Free" verabschiedete sich eine sehr jung gebliebene begehrenswerte Interpretin mit einer ungeheuren Stimme von uns und ging ein lang nachhallender Abend zu Ende, der das 16. Enjoy Jazz-Festival mit 80 Auftritten gebührlich einleitete.