Nico Semsrott Foto: Marvin Ruppert |
Im Kaiserslauterner Kammgarn war am 04.02.2024 der Satiriker Nico Semsrott mit
seinem letzten Programm "Brüssel sehen und sterben (Lesung und Powerpoint) * TRYOUT" auf der Bühne zu sehen. Nico Semsrott, laut Wikipedia geboren am 11.03.1986 in Lübeck, ist ein deutscher Kabarettist, Satiriker, Autor und eventuell noch ein paar Wochen formal EU-Parlamentarier. Er studierte anscheinend nicht an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, wie teilweise in den Medien kursiert, sondern machte nach dem Abitur zwei Praktika, ein Freiwilliges Soziales Jahr und beendete ein gerichtlich erkämpftes Soziologie-Geschichte-Studium nach sechs Wochen. Er tritt allerdings im Schauspielhaus Hamburg auf.
Seit 2007 ist er Poetry Slammer und spielt sich quasi selbst auf der Bühne. Er wirkt gelegentlich traurig/depressiv, verlangsamt und naiv, ist es wahrscheinlich alles nicht, bis auf depressiv. Er outete sich 2020 und gibt nun an, tatsächlich an Depressionen zu leiden. Wir hoffen, dass es nicht stimmt. Wahrscheinlich ist das Europaparlament schuld. Als Kabarettist hat er bereits neun deutsche Kabarettpreise erhalten. Er trat in verschiedenen Shows auf und entwickelte seinen eigenen Stil, der von Satire, Ironie, Überraschungskommunikation, Ablenkung vom Thema, Desinteresse an seinem Auftritt (will pünktlich oder früher sogar weg) und zweifelnder Traurigkeit eines jungenhaften ewigen Studenten geprägt ist. Er entwickelte mehrere Solo-Programme, darunter "Freude ist nur ein Mangel an Information" (2015) und "Andere sind besser, aber auch egal" (2018). Diese Programme zeichnen sich durch eine kritische, schwarzhumorige Sicht auf die Gesellschaft, politische Themen und das menschliche Dasein aus. Er twittert und ist bei YouTube vertreten, war bis 2019 auch für 2 Jahre bei der heute-Show im ZDF dabei.
Sein schwarzes Hoodie und ewig die Kapuze auf sind sein Markenzeichen - auch in seinem aktuellen Job als Europaparlamentarier. Immer verhüllt wie einer, der unerkannt bleiben möchte, dabei fällt er schon auf 200 m auf, Schutzsuchender (?), Paranoiker (?). Wie er dahin gekommen ist? Er schloss sich der Satirepartei "Die PARTEI", von Martin Sonneborn, ehemaliger Chefredakteur des Satiremagazins "Titanic", gegründet, an. Semsrott trat mit einem natürlich satirischen Programm für Die PARTEI bei der Europawahl 2019 als zweiter Kandidat nach Sonnenborn an und zog ins Europäische Parlament ein.
Mittlerweile hat Nico S. sich auch als Autor versucht. Es liegt ein Buchmanuskript vor, das am 2. April 2024 veröffentlicht werden soll, wenn alles klappt. Es ist noch nicht ganz fertig, er überarbeitet es fortlaufend. Deswegen ist alles ein Tryout. Die ganze Veranstaltung. Kann ich noch etwas verbessern? Was muss weg, was hinzufügen? Reicht es dann? Ein wichtiges Kapitel, über das er reden wollte, fand er dummerweise nicht mehr in seinem Tablet. Der Titel "Brüssel sehen und sterben" ist Programm und ein Marketingplan. Das Buch, aus dem er vorlas, soll sich verkaufen, könnte es, denn es ist von ihm. Es könnte spannend und entlarvend sein, aber keinesfalls romantisch, wie der Titel suggeriert. Dazu gibt es eine Peinlich Politische PowerPoint-Präsentation (PPPPP), die ganz schön desavouiert, schließlich hat er das Ganze ja kennen gelernt, und last not least gibt es eine Bühnenshow. Ein wirklich erfolgsträchtiges Triumvirat. Und er hat die Bezüge eines Europaparlamentariers erhalten, die sich sehen lassen können. Und damit kommen wir auch schon zu den PPPP-Präsentationen: Hier wird aufgerechnet, was an Geldern alles fließt. Es ist erschreckend. Für wie wenig Arbeit man theoretisch viel Geld bekommen könnte, aber er räumt das auch ein: Die Politiker arbeiten sehr viel, teilweise das Doppelte von einem normalen Angestellten. Sie sind für fünf Jahre unkündbar, das Einkommen ist garantiert, selbst bei Straffälligkeit läuft das Einkommen weiter. Es beträgt rund 60.000 EUR/Jahr, ach, wie wenig ... Nein, es kommen noch einmal bei werktäglicher Anwesenheit 60.000 EUR/Jahr dazu und noch einmal 60.000/Jahr für die Büros, Ausstattung, Heizung etc. Plus 30.000 Übergangsgeld, Rente mit 63, Ruhestandsgeld einmalig 200.000 EUR. Wir addieren und kommen auf 900.000 + 30.000 + 200.000 = 1.130.000 EUR.
Exkurs: In seiner EU-Parlamentszeit wurde in die Büros eingebrochen, das ist bekannt und bewiesen, und zwar wochenlang, ständig Tablets, Kameras, Handys, Wertsachen etc. geklaut (Datenklau), wobei der Sicherheitschef dies nicht so schnell abstellen konnte (oder wollte). Auch Semsrott musste sein Notebook abschreiben. Bei Youtube gibt es ein Video dazu.
Wir rechnen noch ein bisschen weiter, Reisen ist ja auch erstattungsfähig. Beim Fliegen, das ist zeitlich am kürzesten und produziert am meisten CO2, gibt es das Flugticket plus 260 EUR extra nach Berlin, ein Weg. Zurück nach Brüssel oder Straßburg dasselbe. (Oder Brüssel-Straßburg, was ganz oft vorkommt, auch gut dotiert. Wahrscheinlich, damit sich die Abgeordneten überhaupt auf den Weg machen. Eine dreiviertel Milliarde EUR im Jahr kostet das Pendeln der Parlamentarier zwischen den Hauptspielstätten.) Bahnfahrer bekommen ein ICE-Ticket plus 530 EUR extra und Autofahrer Kilometerabrechnung und 1060 EUR extra. 4-mal im Monat Heimfahrt? Brüssel-Straßburg? Das bringt was zusammen. Interessant auch die Doppelverdiener. Lieblingsfeind Rainer Wieland, Jurist, CDU, hat eine Kanzlei zu Hause, die voll weiterläuft. Man kann sich auch Honorar nach der EU-Zeit auszahlen lassen, das belastet die EU-Verdienste nicht ... Es wird wohl nichts kontrolliert. Die Wenigsten wissen Bescheid, was wirklich geht und was nicht. Keine Steuererklärungen notwendig jedenfalls, Geschenke bis 149 EUR frei. Deswegen wahrscheinlich auch die Diebstahlserie.
Die Zeit im europäischen Parlament war für Nico Semsrott insgesamt enttäuschend, nichts erreicht, nichts verändert. Er wird es auch nicht weitermachen wollen. Zukunft noch ungewiss.
Was ihm wohl als Nächstes einfällt? Die neue Show steht angeblich schon. Jetzt aber erst einmal das *Tryout".
Die Zeit im europäischen Parlament war für Nico Semsrott insgesamt enttäuschend, nichts erreicht, nichts verändert. Er wird es auch nicht weitermachen wollen. Zukunft noch ungewiss.
Fotos: Stefan Vieregg |
Was ihm wohl als Nächstes einfällt? Die neue Show steht angeblich schon. Jetzt aber erst einmal das *Tryout".