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Samstag, 20. September 2014

Kunst aus den 20er-Jahren/Neue Sachlichkeit im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern

Gehört zu den bedeutendsten Zeugnissen der Graphik der 1920er Jahre:
Georg Scholz‘ Aquarell „Zeitungsträger“ von 1921

Galt im Nationalsozialismus als „entartet“:
Xaver Fuhrs Aquarell „Häuser an der Brücke“, um 1935


Madonna im Keller
Graphik der Neuen Sachlichkeit im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern


Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk) stellt vom 17. September bis 9. November in einer konzentrierten Ausstellung ihre bedeutende, hauseigene Sammlung an Graphik der Neuen Sachlichkeit vor. Die Neue Sachlichkeit ist als Stilform zwischen Expressionismus und Informel im Kern ein Phänomen der 1920er Jahre und beschreibt das Hauptinteresse ihrer Vertreter an der distanzierten Wiedergabe kühl formulierter Wirklichkeit. Die Schau wird am Dienstag, 16. September, um 19 Uhr von Museumsdirektorin Dr. Britta E. Buhlmann und Ausstellungskurator Dr. Heinz Höfchen eröffnet.
Eine Beschreibung der Stilgegebenheiten neusachlicher Kunst kommt kaum ohne Adjektive wie klar, sachlich, nüchtern, glatt oder objektiv aus. Bezeichnungen wie Magischer Realismus oder Verismus benennen daneben andere Spielarten der realistischen Kunst dieser Zeit. Tatsächlich richten die Künstler den Fokus auf stringente Sachwirklichkeit und formulieren damit eine radikale Absage an die revolutionierenden Ideale des vorangegangenen Expressionismus. Damit einher geht eine Wiederaufnahme des tradierten, klassischen Formenkanons gültiger künstlerischer Gesetzmäßigkeiten, die in einen fast manieriert ruhigen Zug des Formalen mündet.
Ganz allgemein muss die Neue Sachlichkeit auch als Gegenbewegung zu den sich während der 1920er Jahre langsam emanzipierenden Tendenzen der Konkretion verstanden werden. Denn neusachliche Kunst transportiert Inhalte und ist über weite Strecken auch politisch engagierte Kunst als Spiegel ihrer Zeit. Zum Verständnis muss die historische Situation kurz umrissen werden: Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg ist geprägt von wirtschaftlicher Not und großer sozialer Zerrissenheit. Das Elend der Hungernden und Besitzlosen kontrastiert mit Reichtum und Lebenslust der aufkommenden „roaring twenties“. Besonders treffend künstlerisch kommentiert und in Szene gesetzt ist diese Atmosphäre mit dem Aquarell des Zeitungsträgers von Georg Scholz, das zu den bedeutendsten Zeugnissen der Graphik der 1920er Jahre zählt und als Ikone der Neuen Sachlichkeit gilt.

Die Ausstellung bietet anhand des hervorragenden Bestands der Graphischen Sammlung im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern einen breit angelegten Überblick über das Stilpänomen der Neuen Sachlichkeit: Im Fokus stehen neben Hauptvertretern wie Otto Dix, George Grosz und Georg Scholz auch weniger bekannte Künstlerpersönlichkeiten wie Xaver Fuhr, Wilhelm Heise, Karl Holtz, Alexander Kanoldt, Karl Michel, Karl Rössing, Rudolf Schlichter, Hans Otto Schönleber und Georg Schrimpf. Zur Ausstellung ist der 104-seitige Band X der Bestandskataloge der Graphischen Sammlung, Graphik der Neuen Sachlichkeit, mit vielen Abbildungen für 13 Euro erhältlich. Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern, Museumsplatz 1, ist mittwochs bis sonntags sowie feiertags von 10 bis 17 Uhr und dienstags von 11 bis 20 Uhr geöffnet.