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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Donnerstag, 12. September 2013

Dichterhain: SCHICHTWECHSEL - Skurriles von Walter Brusius

Schichtwechsel


Es regnete, es war klar, dass die Welt diesmal im Regen ertrinkt.

Klaus Kupfer zur Fabrik, die, die die künstlichen Menschen macht.



Klaus Kupfer klappte den Regenschirm zu, der war noch aus echter Menschenhaut, einmal schütteln, und die wegspringenden Tropfen nässten den Platz unterm Vordach.

In den Gang kam er, dann betrat er das Büro.

Das enthielt keinerlei Möbel.

Keinen Schalter, keine Tasten.

An der Wand hing ein einziges Bild.

Das war eine Fotografie des Regenschirms.

Kupfer setzte sich, er nahm eine Sitzhaltung ein, er entspannte sich.

Er aß einen Schokoriegel.

Er knüllte die Packung, die knisterte, er warf die leere Packung als kleine Kugel in den Schirmständer.

Es klopfte.

Kupfer antwortete nicht.

Vor der Tür stand ein Mann mit einem Gewehr.

Kupfer? Sind Sie da? Ich hab Sie doch kommen gesehen!“

Kupfer antwortete nicht; er schaute erwartungsvoll zur Tür, räusperte sich nach einer Minute laut, deutlich.

Tom? Ja, Sie haben mich gesehen. Was soll denn das, warum sagen Sie mir, dass ich da bin. Ich war in New York auf dem Ernte-Dank-Fest. Wir mussten der Freiheitsstatue mal die Nase putzen, die war voll mit Grünspan. Verstehen Sie mich?“

Kupfer, Sie sind ein Arschloch. Eines Tages werde ich Sie erschießen. Sie sind bekloppt.“

Tom, die Stiefel aus Schweinsleder, rund wie zwei Blumenvasen, setzte den Rundgang fort.

Sicherheitsdienst. Die Fabrik war ein Hochsicherheitstrakt, hier darf nichts passieren.

Zwischen Tom und Kupfer bestand Feindschaft, Kupfer dachte seit ein paar Wochen darüber nach, wie er sich in den Besitz des Gewehrs des Sicherheitsdienstmannes bringen könnte.
Tom ... ihm fehlte ein Regenschirm. Der Wachdienst hatte keinen, der gehörte nicht zur Grundausstattung.

Künstliche Menschen.

Das Hemd flatterte unruhig auf dem Leib. Irgendetwas stimmt heute nicht.

Tom dachte nach.

Und Kupfer dachte nach. An einer Hand, da fehlten ihm die Nägel.

Draußen war es dunkel.

Der Regen fiel.

Über den Hof kam Spencer, der Regen machte ihn unverwundbar.

Ein breites Lächeln und die Zähne. In zwei Reihen. In diesem Fall war eine Wiederholung nicht nur gut, sondern sogar nützlich.

Das Gesicht über der Uniform. Den Finger hob er zum Schirm der Mütze.

Wenig später trat er durch die Sicherheitsschleuse.

Er nahm die Waffe ab, legte sie in den Schrank. Er legte die Pistole neben den vergifteten Apfel.

Jetzt fing der Dienst an; er zog den Stecken aus dem Pferd.


Kupfer, verdammt, mit einem Glas Whiskey in der Hand, stand seelenruhig am Fenster. 


(c) WALTER BRUSIUS

Walter Brusius arbeitet und lebt seit 1982 in Bad Kreuznach als freischaffender Maler und unterhält dort ein Atelier. 
Er hat in Köln studiert. Vor etwa zehn Jahren begann er parallel 
zur Malerei Geschichten zu schreiben. Im Eigenverlag sind bisher
einige kleine Bücher erschienen und seit drei Jahren seine
Atelierhefte (siehe auch KÜNSTLERPORTRÄTS). 

Alle Hefte sind beim Autor oder bei TABERNA LIBRARIA, 
Mannhei­mer­str. 80, 55545 Bad Kreuz­nach,
www.antiquariat-bad-kreuznach.de, für ca. 9 EUR erhältlich.
  



Dienstag, 29. Januar 2013

Die beliebtesten Gedichte der Woche 4 / 2013

Die letzte Woche waren die "Heartbeats" ganz deutlich und intensiv und vor allem lange zu vernehmen: Birgit Burkey auf Platz 1 der Gedichte.
Platz 2 Carmen Olivars Gedicht "Helga M." und eine skurrile Geschichte von Walter Brusius, der im Dichterhain gelandet ist, obwohl er Prosa schreibt, aber hier fühlt er sich zu Hause.
Platz 3 Saskia Pasión, sonst bekannt durch knisternde Erotik, ganz brav mit Dreizeilern.

1    Fantasie zur Nacht: HEARTBEATS von Birgit Burkey 

2    Dichterhain: HELGA M. von Carmen Olivar
       Dichterhain: KENNEN SIE BEETHOVEN? Eine unglaubliche Geschichte von Walter Brusius 

3    Dichterhain: 3 Haiku/Senyru von Saskia Pasión

Samstag, 1. September 2012

Skurriles: WIE MEIN VATER MIILLIONÄR WURDE von Walter Brusius

Wie mein Vater Millionär wurde





Mein Vater baute eine Werkstatt. Sie hatte Wände, ein Fenster und eine Tür. Durch das Fenster konnte man auf den Bach schauen. Die Ziegel für das Dach ließ er auf einem Pferdewagen aus Kusel kommen. Neben der Tür pflanzte er einen Rosenstrauch, in den er einen Starenkasten nagelte. Hinter dem Haus montierte er ein großes Rad aus Lindenholz, das der Bach drehte. Auch drinnen gab es ein solches Rad, und von dort hatte er einen Riemen aus Ochsenleder gespannt, der die Kraft der Räder auf eine Maschine übertrug. Die Maschine selbst war in einem hölzernen Kasten verborgen. Wenn sie jedoch lief, klapperte sie schön. Sie war auch mit einer Drehorgel kombiniert, und wenn er auf einen Knopf drückte, ertönte eine kurze lustige Melodie und aus einer verzierten Verlängerung, einem Vogelhals nicht unähnlich, schoss pft-pft ein leiser Luftstoß. Den ganzen Tag hatte mein Vater frei, auch noch den Abend, er saß mit der Zeitung vor der Tür, aber dann etwas später musste er oft auf den Knopf drücken, denn etwas später kamen die Bauern, und mein Vater drückte den Knopf, denn die Maschine war eine Kerzenausblasmaschine. Im Dunkeln kamen die Bauern, vorm Einschlafen, und trugen die brennenden Kerzen vor sich her. Sie kamen in die Werkstatt und mein Vater sprach ein paar Worte mit ihnen. Dann setzte er die Maschine in Gang, die Melodie ertönte, er kassierte seinen Dollar, und die Bauern stolperten im Dunkeln, mit erloschenen Kerzen, aber zufrieden heim. Natürlich hätte er ihnen sagen können, daß sie ihre Kerzen selber ausblasen gekonnt hätten. Aber war er blöd? Viel hatte er in die Maschine investiert, und langsam fing sie an, sich bezahlt zu machen. So sagte er natürlich nichts, so dumm war mein Vater nicht. – Tja, so war das damals, in der guten alten Zeit, kurz vor oder nach dem Krieg, da war noch locker so das ein oder andere Milliönchen zu machen, aber heut, wo alle lesen und schreiben können, nein, da wär so was nicht mehr möglich. 



© Walter Brusius
Der Künstler arbeitet und lebt seit 1982 in Bad Kreuznach als freischaffender Maler und unterhält dort ein Atelier.
Er hat in Köln studiert. Vor etwa zehn Jahren begann er parallel zur Malerei Geschichten zu schreiben.
Im Eigenverlag sind bisher einige kleine Bücher erschienen und seit zwei Jahren seine Atelierhefte. Er verkauft sie im Atelier an einen kleinen interessierten Kreis und in einer dortigen Buchhandlung. Sie sind auch abonnierbar. Neben seinen Ausstellungen veranstaltet er regelmäßig Lesungen. Ziel ist, die Atelierhefte nicht selbst zu illustrieren, sondern andere Künstler in Form einer Koproduktion dazu einzuladen.