(c) Stefan Vieregg |
Daniel Glatzel an der Klarinette (c) Stefan Vieregg |
Das meistens 18köpfige Ensemble unter der Leitung von Daniel Glatzel, der Komponist, Dirigent, Saxophonist und Arrangeur dieser Musik ist, scheint mehr eine großartige, überhaupt nicht freakige, aber dafür "galaktische" Chaosgroup aus dem Nebel zu sein. Sie kämmt allen Zuhörern die Hörgewohnheiten nach Belieben gegen den Strich und mit dem und quer usw. Es ist kein Charivari, weit entfernt von Zumutung, sondern ein so reichhaltiges Musikgeschehen, das man alle paar Sekunden oder Minuten gezwungen ist, die Assoziationen woanders anzudocken. Die Musik, die oft den Urknall mit allen davonfliegenden Teilen eines Universums versucht musikalisch einzuholen, hat kathartische Effekte, außerdem beruhigend-psychodelische, serielle, minimalistische, atonale, stärkende, motivierende, prosaische und lyrische, spacige und ultrapostmoderne Elemente. Diese überaus hörenswerte Mischung aus - immer nur partiell - zeitgenössischer Musik, Swing, Jazz, Bossa nova, Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez, Steve Reich, Filmmusik, elektronischer Musik, Bigbandsound, Weltmusik und vielem mehr muss erst einmal geschrieben sein. Und dann noch einstudiert ...
Alle Achtung vor Daniel Glatzel, der seine Genrekenntnisse in eine Trommel wirft, dreimal dreht, und dann etwas Neues draus zaubert. Er zitiert und kombiniert Klänge, die man so noch nicht zusammengesetzt hörte. Selbst das legendäre Arkestra von Sun Ra blitzt auf in dieser Zitatentrommel, Bass-Soli wie bei den Jazzgrößen, Jazz- und Rockepisoden, afrikanische Ritenmusik mit Broadwayswing und chaplinesker Musik. Seit 2006 treffen sich die (manchmal nur temporären) Mitglieder des Orchesters zu Proben und Konzerten nach Art einer Sternfahrt, sie kommen von überall her in Europa, aber auch aus Afrika, Asien und Amerika. Hervorragende Musiker, die ihre Instrumente absolut beherrschen und eine so schwierige Materie astrein präsentieren. Kryptische und schüchterne, witzige-freche und oft sehr kurze Ansagen vom Bandleader. Insgesamt ein sehr gutes Zusammenspiel von fitten und engagierten Musikern. Ein Besuch lohnt auf alle Fälle, und wenn das AMEO nicht ganz so zeitgeizig ist, kann man mit Zugaben lockere 90 Minuten Gegenwind wie ohne Helm auf dem Zweirad haben.
Alben
Take Off! (2009)
Bum Bum (2012)
Live on Planet Earth (2014)
Vula (2017)
https://andromedamegaexpressorchestra.bandcamp.com/album/vula