SV Verlag

SV Verlag mit Handy oder Tablet entdecken!
Die neue Generation der platzsparenden Bücher - klein, stark, leicht und fast unsichtbar! E-Books bei viereggtext! Wollen Sie Anspruchsvolles veröffentlichen oder suchen Sie Lesegenuss für zu Hause oder unterwegs? Verfolgen Sie mein Programm im SV Verlag, Sie werden immer etwas Passendes entdecken ... Weitere Informationen

.

.
Dichterhain, Bände 1 bis 4

.

.
Dichterhain, Bände 5 bis 8

Übersetze/Translate/Traduis/Tradurre/Traducir/переводить/çevirmek

Posts mit dem Label Volker Friebel werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Volker Friebel werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Samstag, 14. September 2013

Dichterhain: ZUFÄLLIG von Volker Friebel





Zufällig

Blühende Brennnesseln
um den Abfallkorb. Eine Bierdose
ist danebengefallen, liegt halb
auf dem Flusspfad.
Mein Herz ist verborgen
im langen Gras,
wo niemand genau hinsieht,
auch ich nicht.
Vielleicht dass einmal
der Flügelschlag einer Biene
es streift,
oder, zufällig,
ein Lichtstrahl.


(c) Volker Friebel, aus:
Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009

Donnerstag, 8. August 2013

Dichterhain: KANTE DER WELT von Volker Friebel

(c) Florian Gorgan (flickr)
Kante der Welt

Verwundet von der Kante der Welt,
von einer sich öffnenden Apfelblüte,
von fahlen Halmen im Wind,
vom Ahornlaubwirbel, von der Vollkommenheit
einer Schneeflocke.
Was hast du schon alles gedacht!
Wie lang hast du schon versucht,
dein Denken auszulöschen und einfach zu sein.
Wie lang wirst du es noch weiter versuchen,
zwischen alten Büchern im Gras.

(c) Volker Friebel

Sonntag, 14. Juli 2013

Dichterhain: HAIKU UND DREIZEILER von Volker Friebel



Haiku und Dreizeiler




Frühlingswogen. –
Am Krückstock hinaus,
im Rock von damals ...

In der Klangschale
Haare
und Staub.

Im schaukelnden Kahn
ein Liebespaar – Wellenkreise
ringsum.

(c) Volker Friebel
Aus: Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009.

Mittwoch, 12. Juni 2013

Dichterhain: Dreizeiler aus einer Winterwelt von Volker Friebel



Glitzernde Fäden.
Eine Mücke steigt aus dem Schnee
ins Licht.

Vor dem Büro
Schnee schippen,
unnötig lang.

Vom Müllmann hart
auf den Laster: Zeitungsbündel
und Schnee.

(c) Volker Friebel
Aus: Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009.

Dienstag, 14. Mai 2013

Dichterhain: DREIZEILER von Volker Friebel






Das eigne Gesicht,
im Busfenster
gegen die Winternacht.

Mit den Regenwolken:
Ein Stückchen Blau
treibt in das neue Jahr.

Neujahrsböller
verklungen – nun wieder
den Regen hören.

Klosterfrühstück.
Die Flamme der Tischkerze
tanzt.

Im Klostergarten
durchs Labyrinth – der Weg schon gefunden
vom Schnee.

Ringsum tropft Schnee.
Ein Hirsch äugt von den Buchen her,
lang.


(c) Volker Friebel
Aus: Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009.

Montag, 22. April 2013

Dichterhain: ORTE 6 von Volker Friebel

Orte


 
Bergpfadstille
Gleich nach der Biegung
hinter dem Uracher Wasserfall
verklingen die Kinderstimmen,
die Stille des Bergpfads beginnt.
Nur noch der eine Vogel,
die Flugzeuge noch,
und der Wind in Wipfeln,
den nur sieht, wer diesen Pfad hier
erschuf, vor Anfang der Zeit,
wer in den Ahorn
das Wegkreuz schlug,
oder der eilende Wanderer.


(c) Volker Friebel
Aus: Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009.

Samstag, 23. März 2013

Dichterhain: ORTE 5 von Volker Friebel

Orte


Salmendinger Kapelle

Das Glöcklein der Kapelle
schweigt still, geht auch der Wind mal rau
durch buntes Blattwerk, hohes Gras,
weht auch der Wolken Schatten
hart über kahle Felder hin.



Im Inneren
Nach der Stille der Alb
Verkehrsgetöse an der Bushaltestelle.
Pfeffingen. Warten auf Heimfahrt.
Im Inneren meines Schädels
zirpen noch immer die Grillen.



Weihnachtslieder

Aus dem Busfenster schau
in das Winterklirren. Tübingen.
Ein Mann mit Ziehharmonika
bewegt seinen Mund.
Meine eigene Stimme
summt Weihnachtslieder dazu.
Der Bus fährt über die Neckarbrücke,
doch dieses Klingen ist immer noch da,
und es wird stärker.


(c) Volker Friebel

Aus: Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009.

Dienstag, 26. Februar 2013

Dichterhain: ORTE 4 - Tübingen von Volker Friebel

Orte

Hagelloch
Die Augen lass übergehen
in die Reinheit des Schnees
am Hang überm Dorf,
von dem her ein Traktor tuckert,
in die Morgenwiesen hinein.

 
Hohenjungingen
In der Burgruine
die leere Bank,
der abgestorbene Baum.
Eine Grille zirpt.
Ein Gedenkstein erinnert
das lang vergangene Geschlecht,
von den Albpfaden Schwabens
bis zu den dröhnenden Wegsteinen
der Ordensritter Ostpreußens.
Felsblöcke sind immer noch da,
verstreut nun,
ein guter Sonnenplatz
für Schmetterlinge
und Fliegen.

© Volker Friebel
Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert), und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.

Aus: Nachrichten von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009



Samstag, 26. Januar 2013

Dichterhain: ORTE 3 - Kölner Dom von Volker Friebel




















Orte


Im Steinwald

Von den Einkaufsstraßen

hinein in die Kühle des Kölner Doms,

wo das Licht bunt wird,

zerlegt in die Herzen der Menschen,

die nämlich wie Farben sind,

oder eine Musik, aufgebrochen

aus vollkommenem Weiß.

Ahnungslos aufgerichtet,

ahnungslos Platz geschaffen,

zurückzukehren ins Eine,

dem Heiligen rührige Hände,

blutbefleckt

oder unschuldig,

ahnungslos so oder so.

Es ist die schiere Höhe des Raums

in dem dieser Himmel entsteht,

es ist im Steinwald, gewachsen

aus Knochen, der ihn umfängt,

der ihn wieder gebiert,

Pussy Riot-Nachahmer im Kölner Dom
immer, fortwährend.

© Volker Friebel. Aus: Nachrichten von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009.
Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert), und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.


Dom hinaufgeklettert

Betrunkener Düsseldorfer beschädigt Kölner Dom
Ein betrunkener Düsseldorfer hat versucht, auf den Kölner Dom zu klettern. Dabei beschädigte er wertvolle Ornamente. Als ihn Passanten auf die Schäden aufmerksam machten, schlug der Mann zu. »

Samstag, 12. Januar 2013

Die beliebtesten Gedichte in Woche 1 - 2013

In der ersten Woche des neuen Jahres fanden folgende Gedichte spürbaren Zuspruch:

1   Dichterhain: ORTE 2 von Volker Friebel


2   Fantasien zur Nacht: DAS TREFFEN von Stefan Vieregg

3   Fantasien zur Nacht: NUR EINE NACHT von Moonlight

Montag, 31. Dezember 2012

Dichterhain: ORTE 2 - Isny von Volker Friebel


Orte
 
Genau wohin

 
Morgenwiesen bei Isny,
die Müllabfuhr fährt blinkend vorbei
am schmelzenden Schnee,
am Löwenzahn,
am blitzenden Reif.
Sie weiß genau wohin,
wie auch der Wanderer vielleicht,
während alles andere
einfach nur ist.


Schifferklavier

 
Ein Schifferklavier
zerspielt Lieder vom Meer,
angespült in dies Marktstädtchen,
Isny, Frühling, Fußgängerzone,
morgens im Schatten der Alpen.
Der alte Mann zittert, und singt.
Kann sein, er träumt
einen anderen Traum als du,
kann sein, euer Traum
ist derselbe, aber du
bist noch nicht alt, du hast
kein Schifferklavier,
und du kennst keine Lieder



Aus: Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009

Volker Friebel wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert) und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.

Dienstag, 27. November 2012

Dichterhain: ORTE 1 - Stadtmarathon von Volker Friebel












Orte

Stadtmarathon
Im einen Ohr
der Sprecher vom Stadtmarathon,
im anderen, hergeweht von den Stufen
der Alten Oper Frankfurt,
die Dixielandkapelle
der Polizei.
Wenn dein Blick hochschweift,
siehst du über der Inschrift
Dem Guten Wahren Schönen“
nur blauen Himmel,
von keinem Ungenügen der Menschen,
von keinem deiner Zweifel berührt.

Aus: Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. 2. Ausgabe 2009

Volker Friebel wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert) und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.

Montag, 29. Oktober 2012

Die Gedichte-Top 3 der Woche 43

In KW 43 wurden folgende Gedichte stark besucht und aufgerufen:

1. Dichterhain: TÜR von Birgit Heid
2. Dichterhain: HAIKU 6 (DREIZEILER) von Volker Friebel
3. Fantasien zur Nacht: WANDERN von Erika Ott

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Dichterhain: HAIKU 6 (DREIZEILER) von Volker Friebel











Dao-Vortrag –
auf leerem Papier
kreisen Stifte.

Nur Laub übern Weg.
Als Kind
fand ich Münzen.

Bahnsteig.
Schneeflockenbilder am Fenster
des Kindergartens.

Das Strahlen der alten Frau
auf ihrem Weg
über die Brücke.

Kinderkreide.
Laub weht
durch Himmel und Hölle.

Im Schnee
mein Weg,
zwischen Pinkelmarken.

Neujahrsmorgen.
Auf nasser Kreuzung allein
mit der Sonne.

Morgenreif.
Wie das Funkeln stumpf wird,
in meinem Schatten.

Am Schneehang
nach dem Krähenschrei
zurückflutendes Licht.

Schneetreiben.
Hinter der weißen Kerze
ein blasses Gesicht.

Die Kiefer wirft –
Kristallschauer, durchstoben
vom Amselflug.

Schneefall,
mitflirren
im Sonnenstrahl.


© Volker Friebel

Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des 
Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. 
Er ist Psychologe (promoviert) und tätig als Ausbilder, 
Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.

Aus: Zonen der Kampfjets. Gedichte und Haiku. 2010

Montag, 24. September 2012

Die besten Gedichte der Woche 38

Die letzte Woche wurde folgende Gedichte von Selbstschreibern in meinem Blog häufig besucht:

1. Fantasien zur Nacht: DAS SPIEL von Angelika Peymann
2. Dichterhain: ELFENFÄDEN TREIBEND von Volker Friebel
      Dichterhain: MUTTER von Carmen Olivar

3. Dichterhain: LAUBE von Birgit Heid

Sonntag, 23. September 2012

Dichterhain: ELFENFÄDEN, TREIBEND, Teil II, von Volker Friebel

Freiburg, Altstadt
[... Fortsetzung von gestern]

7
Geben könnte man schon, wie etwa
der Brunnen gibt.
Was du hast, will allerdings niemand.
Der Brunnen gibt trotzdem, gibt alles –
ob es dem Becken nützt oder schadet,
ob das Kind sein Wasser verspritzt oder trinkt.
Doch du sitzt verstockt zwischen zwei Mörsern
und schweigst.
 

8
Der Himmel mag offen sein, das Wasser
immer ins Offene strömen – doch das Land ist besetzt.
Freiburg im Breisgau, Fahnen wehen am Münsterplatz.
Das Formular zum Eintritt in die Partei,
in einer Fremdsprache, willst du nicht lesen.
Was du hast, ist die Leere zwischen den Reihen
im Vortragssaal.
Überm Portal schmirgelt der Wind
die Statuen der Heiligen. Elfenfäden
fliegen vorbei.
 

9
Von der Kiefer lerne,
ein Mensch zu sein. Vom Wasser,
dass auch dein Leben strömt.
Vom Atem, dass die Welt tief ist,
und, im Vielen erst,
eins.
 

10
Wahrheit ist, wenn der Falke
die Taube schlägt, wenn die Knospe
zur Blüte sich öffnet, wenn Steine
im Waldbach aufschimmern, wenn die Sonne
zwischen Stämmen vorblinkt.
Nicht richtig, nicht falsch,
doch wenn sich etwas eröffnet,
jenseits von Ja und von Nein.
Weißt du, dass nichts wahr ist
in der befestigten Welt?
Weißt du, dass der Mann für die Öffentlichkeitsarbeit
immerfort lügt?
Weißt du, dass kein Wort im Buch
je wahr werden kann, nur du selbst, der es liest?
Weißt du, dass du dann
alle Bücher vergisst?
 

11
Was du hast, ist der Augenblick.
Am Meer. Du beugst dich, greifst Sand,
um ihn fallen zu lassen, woher er kam.
Wind durch das Rieseln,
er nimmt die Körner verschieden weit mit,
den Staub bis ins Meer.
Wolken bilden sich über dem Wasser,
treiben dem Festland zu.
 

12
Du hast einen Turm aus Klötzen gebaut,
nun siehst du atemlos zu, wie er schwankt.
Im Sand liegen Schaufel und Eimer.
Bald wird es regnen.



© Volker Friebel
Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert), und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.
Aus: Zonen der Kampfjets. Gedichte und Haiku. 2010

Samstag, 22. September 2012

Dichterhain: ELFENFÄDEN TREIBEND, Teil I, von Volker Friebel

Elfenfäden, treibend
 

Bad Cannstatt
1
Nachgesonnen über das Leben,
das aber einfach nur ist. Eine Kuckucksuhr.
Zwei Boxer im Ring. Das Lächeln einer jungen Frau,
über ihrem Buch versunken im Stadtpark.
Ein altes Paar, das sich im Zug gegenüber sitzt.
Herzen überall, Herzen, doch etwas verdunkelt sie,
etwas wirft Schatten.
Nur im Waldbach siehst du unvermindert
das Gleißen.
Niemand ist hier.
Steine, bunt im strömenden Wasser.
Sobald du einen herausnimmst und trocknest,
verblasst seine Farbe.
Wir sind erleuchtet, heißt es,
aber wir wissen es nicht.
Woher kommen die Schatten,
wenn nicht von uns?
 

2
Im Museumspark auf dem Hügel bei Cannstatt
der Säulengang, Springbrunnenplätschern ...
Dieser Statue fehlt der Kopf. Aber die Brüste sind da,
und Rosen blühen ringsum.
Vielleicht ist es einfach die Nähe,
die uns hell macht, im Schatten der Erde.
Vielleicht entsteht das Helle in uns,
wenn wir beisammen sind und einander erkennen.
 

3
Es sind unsere Augen,
die dem kreisenden Vogel am Himmel
die Schönheit geben. Seine Augen
schauen nach Mord. Vielleicht heißt erkennen
unser Verlangen im anderen finden,
und dort heimisch werden,
weil wir überall sind.
 

4
Findest du dich im Verlangen der Kiefer?
Enganliegende Borke, jede Woche
ein neues Kleid, einen Rahmen mit Fotos
aus anderen Wäldern, Spechtgetrommel
was wo passiert in der Welt, Wahlen
zur Königin ihres Forstes, Mineralien
aus der fruchtbaren Ebene, während
die hiesigen eben dort hin transportiert werden,
in Kästchen mit der Aufschrift „Die Kraft
des Bergwalds“, Schönheitsoperationen
für ihre Zapfen, die in die Schule sollen,
hinter die sieben Berge ins Hexenhaus.
„Der Verzicht nimmt nicht. Der Verzicht gibt“,
schrieb ein Mensch. „Er gibt
die unerschöpfliche Kraft des Einfachen.“
Die Kiefer verzichtet nicht. Immer
ist sie ganz, was sie ist.
 

5
Brunnenrauschen in Bebenhausen.
Zwischen zwei Mörsern im Garten des Jagdschlösschens
lehnt ein Stückchen Beliebigkeit, halbherzig
ist es mal dies und mal das, halbherzig
lebt es Aspekte, gelegentlich schwingt es
Reden vom Aufstand, verstummt dann mitten im Wort.
Zu Hause warten Posteingang, Postausgang,
kleine Geschäfte, ansonsten will die Welt
lieber nichts von ihm,
außer, irgendwann einmal,
etwas Erde,
zurück.
 

6
Es sind die vielen kleinen Bequemlichkeiten,
Zerstreuungen, der Sand ist es, nicht der Felsen im Meer,
die Waschmaschine, nicht der Liebesschwur,
die kleinen Kitzel beim Schauen und Spüren,
die Vielfalt der Düfte in der Parfümerie,
die langen Reihen der Filme
in deinem langen Regal.
Reiß aus dem Buch eine Seite heraus: Es wird Schicksal.
Und wertvoll die Seite, die fehlt.
Häng alle Bilder ab, stell deine Möbel auf die Straße,
streich alles weiß und setz dich auf das leere Parkett.


[...Fortsetzung morgen]

© Volker Friebel
Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert), und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.
Aus: Zonen der Kampfjets. Gedichte und Haiku. 2010

Dienstag, 24. Juli 2012

Dichterhain. AM QUELL DER DONAU, Teil 2, von Volker Friebel

Donauquelle, Donaueschingen

Am Quell der Donau, Teil 2

7
Die Steine haben nicht versagt, jetzt, wo sie rieseln,
von der Festung zurück als Sand in die Welt.
Nur die Menschen versagen.
Immerhin, du bist nicht unter jenen,
die die Ufer befestigen, immer noch rollst du Steine
ins Wasser zurück.
Immerhin, du hast für keinen neuen Rekord gesorgt,
auf der Hamster-Rennbahn,
dein Versagen bemäntelst du nicht.

8

Festungen brechen. Die Herrscher planen
ein festeres Reich. Und da sich mit Wasser
nicht bauen lässt, aus Ersatzmaterialien,
aus Schaumstoff etwa, aus Gummi.
Tob nur. Es tröstet. Doch
die Hand, die sich ums Schwert schließt, ist nicht die Hand,
die um einen Knüppel fasst, der auf dem Bildschirm
ein Schwert kontrolliert,
das Lied, das du singst, ist nicht das Lied,
das dir aus Lautsprechern
in deine Ohren dröhnt,
du bist nicht du.
Enger werden die Augen der Menschen
je weiter sich ausdehnt ihr Reich.
Was sie anfassten, wurde zu Geld,
doch du siehst an der Brüstung, dass es von Anfang an
Schuldscheine waren.
Die Quelle ist rein.

9

Wo kommt dein Leben her, in jedem Moment?
Antworten sagen es nicht.
Es ist das Staunen,
das dich wach hält, und offen.
Es ist die Demut,
die dem Himmel ermöglicht, dich zu durchwehen.
Es ist das Lied, das dich ins Strömen bringt,
das du bist, und sein sollst.
10
Imperien zerfallen.
Da bleiben Kiefer, Sand und Fluss.
Wenn du leben willst,
dann musst du singen, und immerzu sterben,
dann musst du am Wasser dich aufhalten,
dann musst du dich durchströmen lassen
vom Himmel.

11

Alles Mühen der Ahnen, ihr Scheitern,
erneutes Mühen, zurückgenommen sind ihre Falten,
und glattgestrichen, im Gesicht dieses Neugeborenen,
das seine Augen nun öffnet,
und schaut. Bald wird es lächeln,
ins Unbekannte.
Die alte Frau blickt es an,
wiegt das Kind in der Beuge des Arms.
Am Quell der Donau.

12

Alle Ströme entspringen im Himmel,
in dem sie enden.


© Volker Friebel
Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert), und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.
Aus: Zonen der Kampfjets. Gedichte und Haiku. 2010

Sonntag, 22. Juli 2012

Dichterhain: AM QUELL DER DONAU, TEIL 1, von Volker Friebel

© Copyright: www.kolmenhof.de / www.martinskapelle.de Alle Rechte vorbehalten.


Am Quell der Donau, Teil 1

1
Zum Rund gefügte Quader,
ein Geländer aus Eisen ...
Durch Kot und Verwesung,
zermalmtes Gebein,
durch all die Jahresringe der Erde,
sprudelt die Quelle ans Licht:
Ihr Wasser ist rein.

2
An der Mauer Tafeln, gestiftet von den Ländern,
die um den Strom liegen, Stadtlärm dröhnt drüber weg,
sickert durch die Wände der Kirche,
wo auf der knarrenden Holzbank du träumst,
um die Leben der Menschen,
Blasen, die zwischen Münzen im Quelltopf aufsteigen,
im Himmel sich lösen.
Warum die Erinnerung, schaut spät sie über das Leben,
nicht die „besten“ Jahre uns zeigt,
sondern die Kindheit.
Warum gerade Unschuld und Reinheit
den Blick so tief
und wehmütig machen.
Eine alte Frau, die verlorene Heimat
zurückgenommen ins Offene, ihr Blick geht hoch
in die Schreie der Schwalben.

3
Die Geschwister, im Ochsenwagen
nach Osten, den Stromlauf entlang.
Hütten bauten sie, Kirchen, steinerne Häuser,
nahmen das Land untern Pflug, Handel trieben sie,
errichteten Schulen.
Mein Vater: Barfuß kam er heim in die Fremde.
Meine Großmutter: Soldaten vertrieben sie vom Feld.
Unrecht will auf Unrecht sich häufen, die Tränen
trocknet es nicht. Die Tränen trocknet
das Unrecht
der Zeit.

4
Wieviel aus der Quelle von Tränen stammt?
Wieviel aus der Quelle ein Menschenleben durchlaufen hat,
da, dieser Tropfen, wie oft?
Wir zahlen an die Erde zurück, was wir empfingen.
Aber der Himmel möchte noch mehr.
Woher nimmst du die Liebe,
was tust du zum Begleichen der Schuld deines Leben?

5
Es ist die Liebe, die über dem Wasser schwebt.
Hörst du, wie sie singt, mit verbundenen Augen?
Aus der Bewegung deines Herzens
schaut sie in den Himmel hinein.
Unter ihr strömen die zu erlösenden Ufer.

6
Schlägt dein Herz, weil auch die Quelle sprudelt,
weil das Wasser im Fließen erst die Reinheit zeigt,
die es ist, die es sein wird?
Schlägt dein Herz, weil jede Strophe
mit einem Einsatz beginnt, weil du dein Leben
beginnen musst, ein Mal in jeder Sekunde?
Schlägt dein Herz, weil es den Takt zum Tanz geben will,
und du suchst nach der Geige noch,
und wartest den rechten Einsatz ein Leben lang ab?


© Volker Friebel
Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert), und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.
Aus: Zonen der Kampfjets. Gedichte und Haiku. 2010

Die Donau ist - gemessen vom Ursprung der Breg, die als Hauptquellfluss der Donau gilt und deren Quelle auf der 1078 Meter hoch gelegenen Martinskapelle liegt, mit ihren 2857 Kilometern Länge neben der Wolga der mächtigste Strom Europas, der größte Strom des Abendlandes. Setzt man ihren Anfang mit dem Donauquell in Donaueschingen, wo durch den Zusammenfluss von Brigach und Breg der Donaubach emporsprudelt, verkürzt sich die Länge auf 2810 km.

Dienstag, 26. Juni 2012

Dichterhain: STUFEN AM HIMMEL von Volker Friebel















Stufen am Himmel


Einhundertundeinundvierzig Stufen führen zu dir,
ins Haus am Himmel. Ich bin sie
alle gegangen, wieder und wieder.


Wolken treiben, während ich gehe,
hinterlassen den Himmel uns, unberührt.


Vögel singen, während ich gehe,
tönen die Farben des Himmels uns her.


Blumen blühen, während ich gehe,
schlagen das Geheimnis des Lebens uns auf.


Einhundertundeinundvierzig Stufen führen zu dir,
ins Haus am Himmel. Ich bin sie
alle gegangen, wieder und wieder.


(c) Volker Friebel
Er wurde an einem Schneesonntag gegen Ende des Jahres 1956 in Holzgerlingen geboren, mitten in Schwaben. Er ist Psychologe (promoviert), und tätig als Ausbilder, Autor, Musiker. Er lebt in Tübingen.
Aus: Die sieben Töne des Waldes. Gedichte, Haiku und ein Essay. 2011