Jacques
Stotzem, ein belgischer Fingerstyle-Gitarrist von Weltklasse,
gastierte am 2. Februar 2012 im Lauterer Wirtshaus in
Kaiserslautern-Bahnheim. Sehr gut mit dem Auto oder der S-Bahn,
wenige Minuten entfernt (Haltestelle Kennelgarten), erreichbar, mit
einem großen Festsaal und Küche in etwa mittlerer Preisklasse. Im
Rahmen der Kunstgriffe von regio-stage.de/Engelmann Promotion eine
qualitätsbewusste Auswahl von Ort und Künstler. Trotz Eiseskälte
und Werktag haben sich einige Dutzend Zuschauer auf den Weg gemacht,
die ihn kennen und verehren oder kennen lernen wollten, um einen
wunderbaren Abend mit ihm zu erleben. Unser Gitarrist ist zwar nicht
vergleichbar mit Paco de Lucia oder anderen Großmeistern der
klassischen Gitarre, denn Jacques kommt aus dem Blues, Jazz, Ragtime
und Folk, aber er hat seinen festen Platz auf der Ehrentribüne der
bluesigen Fingerstylisten. Fingerstyle ist eher Insiderwissen, die
wenigsten kennen den Namen Stotzem... In Deutschland können wir nur
Peter Finger (auch ein Schüler Stefan Grossmanns), Werner
Lämmerhirt, Peter Bursch und Klaus Weiland dagegensetzen. Auf
internationalem Niveau nähert sich Stotzem den Australiern Tommy und
Phil Emmanuel, die die Olympiade 2000 durch ein Gitarrenkonzert
eröffneten. Jammerschade, dass die Bude am Donnerstagabend nicht aus
den Nähten platzte, denn Jacques unterhält den Zuhörer
hervorragend.
Mit der Akustikgitarre, er verwendet eine Martin
oder eine Lowden LSE2, zauberte unser Musiker einen aussagestarken
und volumiösen Klang in den Raum, der andere Bandmitglieder voll
erübrigte. Als Schüler von Stefan Grossmann und Bewunderer von u.a.
Marcel Tati, aber auch Jimi Hendrix und vielen mehr, erlebten wir
seinen Fingerstyle hautnah. Fingerstyle ist ursprünglich das
Anschlagen der Gitarrensaiten mit den einzelnen Fingern der
Anschlaghand und nicht das Anschlagen mehrerer Saiten mit dem Daumen
- einmal von oben nach unten oder umgekehrt. Das Zupfen der Saiten
kann mit den Fingerkuppen, mit den Fingernägeln oder auch mit
Fingerpicks erfolgen. Und genau das macht Jacques, er setzt die Picks
ein und gewinnt dadurch Lautstärke und Sound. Er beackert die
Gitarre am Steg oben und unten, spielt überkreuz, klopft darauf,
setzt den Adapter ein und schwingt die letzten Töne aus dem Korpus,
um Effekte zu erzielen.
Das
Konzert begann mit einem rockigen Stück namens "21", ging
weiter mit "Irish Fields" und Folkklängen, in die Mark
Knopflers "Get Lucky" hineinspielte. Das Lied "Oasis"
wurde von nordafrikanischer Stimmung und Musik der Oud (Laute)
beeinflusst und zauberte eine orientalische Stimmung wie in
Marrakech. Beim vierten lyrischen und verspielten Song "La
Vestre" wurde die Heimatstadt Verviers, in deren Nähe J.
Stotzem lebt, und eben der Fluss Vestre, der dort durchfließt,
verewigt. Wir erfuhren, wie Jacques Ehrenbürger der Stadt wurde - er
vermied es früher, die Stadt zu empfehlen, weil er sie für
unbedeutend hielt, was ihm den Ehrentitel einbrachte -, worauf er die
Stadt wärmstens anpries und seit Jahren auch das „Festival de la
Guitare“ dort veranstaltet. Mit "Picking in Paris" (als
Hommage an Marcel Tati und andere Vorbilder), "Without or
Without You" von U2 und "The Fire" von Jimi Hendrix
hin zur Pause.
Danach
das absolut seltene lyrische Stück "Time to leave", eine
Filmmusik zu keinem Film (!). Ein ganz besonders schönes Arrangement
von Rory Gallaghers "Moonchild" führte zu einem ebenfalls
sehr schönen Stück namens "Through my window", dem
Lieblingsstück von Jacques Frau. Mit einem seiner Klassiker "Jungle"
begann eine wuchtige und massive Steigerung über das Beatles Stück
"Come together" (am Ende entlockte Jacques dem Adapter
noch das letzte Wort), Hendrix' "Purple Haze" und zwei
rockige Bluesstücke "All of me" und "Sweet Georgia
Brown" zum Ende und noch zwei Zugaben "The Forgotten One"
und noch ein Gallagher ....
Der Saal tobte, die Zuhörer
waren sehr zufrieden und gingen erst nach 45 Minuten CD-Kauf,
Autogramme holen und Schlussplaudern mit Jacques Stotzem, der eine
beachtliche Tournee durch Deutschland, Belgien und je 1 Konzert in der Schweiz und England vor sich hat. Weitere Angaben auf stotzem.com und
wikipedia. Die Tourneedaten siehe unter der Rubrik Noch mehr Musik.
In
einer Ecke des Saales stellte Marie Gouil ihre Radierungen aus, die
mit verschiedenen Techniken, Kaltnadel-, Ätz- und
Tinta-aqua-Verfahren erstellt wurden. Ganz besonders auffällig eine
Studie über den roten Faden, der bei Marie Gouil Mund, Hand und
Bauch einer Frau verbindet, bei Schönheitsoperationen unterhalb des
Bauchnabels eingesetzt wird und als magischer Bezirk auf dem Boden
ausgelegt, wie eine Meditation über „erogene Zonen“. Eine
weiteres Radierungsensemble dreht sich rund um einen Vers von Paul
Celan, den weltberühmten Dichter der „Todesfuge“ über die
Judenvernichtung: „Schwarze
Milch der Frühe,
wir
trinken sie abends, wir trinken sie mittags und morgens, wir trinken
sie nachts, wir trinken und trinken, wir schaufeln ein Grab
...“. Bei Marie
Gouil: „J'ai bu dans sa bouche“ (Ich habe in seinem Mund
getrunken), ein hohes Maß an Intimität zweier Liebender ...