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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Freitag, 8. März 2024

ECM: März 2024


Der Frühlingskalender ist vollgepackt mit vielen Konzerten von ECM-Künstlern, darunter Dominic Miller, John Scofield, Mark Turner, Nik Bärtsch, András Schiff, Elina Duni und anderen.

Nachfolgend finden Sie einige der Tour-Highlights und eine vollständige Konzertliste auf unserer Website.

Das Dänische Streichquartett wird in den kommenden Monaten nicht nur über 20 Konzerte geben, sondern übernimmt auch die künstlerische Leitung des 12. jährlichen Frühlingsfestivals auf der Insel Rügen vom 8. bis 17. März.

Ihr hochgelobtes Prism-Projekt wurde 2023 abgeschlossen und ist auf fünf CDs erhältlich, die eine bestimmte Bach-Fuge mit einem späten Beethoven-Quartett verbinden, das wiederum mit einem Quartett eines späteren Meisters verbunden ist.

Ein weiteres Highlight wird vom 8. bis 11. Mai das ECM Festival Freiburg im Südwesten Deutschlands sein. Die viertägige Veranstaltung präsentiert Auftritte von Nitai Hershkovits, dem Dominic Miller Quartet, dem Maciej Obara Quartet und Zsófia Boros.

Freitagabend ist eine Hommage an Anja Lechner mit Auftritten von François Couturier, Pablo Márquez und Mona Matbou Riahi. Tickets gibt es hier: LINK

Im Sonderangebot dieser Woche haben wir eine Auswahl an Alben zusammengestellt, die das Repertoire des Varieté-Streichquartetts hervorheben.

Neue Alben:

Hervorragende Reaktionen auf die letzten angekündigten neuen Alben von Vijay Iyer und John Surman: 

“The pianist’s group improvises with entrancing dynamism. This second offering from Mr Iyer’s trio invests yet further in the qualities that make the ensemble singular, not least a shared fascination with nuances of rhythmic expression on a communal sense of flow. It revels in dynamics that are calibrated with great care and […] achieve startling force”, schrieb Larry Blumenfeld im WALLL STREET JOURNAL über Iyers Compassion. “Die drei Musiker spielen zusammen, als hielten sie telepathisch Kontakt zueinander. Als könnte das freie Gespräch die Probleme der Welt in Schönheit auflösen”, befand Tobias Rapp im SPIEGEL. Und der britische GUARDIAN kürte Compassion zu seinem ’Jazz album of the month’.

Über John Surmans Words Unspoken wiederum urteilte Jack Kenny im britischen Portal JAZZVIEWS: “The writing on the album is the kind that dissolves imperceptibly into improvisation. The subtlety and the artistry are adventurous. The album is a deeply satisfying, significant experience from one of Europe’s leading voices.”

Der März steht für uns in diesem Jahr ganz im Zeichen des Vinyls:

ECMs audiophile Vinyl-Reissue-Serie Luminessence wird in diesem Monat März 2024 mit drei Veröffentlichungen fortgesetzt. Gerade erschienen die titelgebende Jan Garbarek-Aufnahme von Keith Jarrett-Kompositionen für Streichorchester und Saxophon – Luminessence – aus demJahr 1975, sowie Garbareks erstes Album für das Label, Afric Pepperbird, aufgenommen im Jahr 1970.

Am 29.03. folgt das Debütalbum von Azimuth, das ursprünglich 1977 veröffentlicht wurde und die besondere Synergie von Norma Winstone, John Taylor und Kenny Wheeler dokumentiert. Die Serie ist konzipiert als ein Kaleidoskop, das die Juwelen des umfangreichen Label-Katalogs in eleganten, hochwertigen Editionen beleuchtet.

Im April kommt ein neues Solo-Album von Fred Hersch. Mehr Einzelheiten dazu in Kürze.


Dienstag, 9. März 2021

ECM im März 21

Zwei Neuheiten bei ECM New Series eröffnen die Veröffentlichungsaktivitäten bei ECM im März, beide erscheinen am 12.03.:

Da ist zunächst die dritte Folge in jener fortlaufenden Prism-Reihe des Danish String Quartet, die zeigt, wie die Spektren von Bachs Fugen durch Beethovens Quartette gebrochen werden, um so neues Licht auf das Werk späterer Komponisten zu werfen.  "Beethoven hatte eine grundsätzlich lineare Art der Entwicklung von Bach übernommen", merken die Dänen an, "und alles in Myriaden von verschiedenen Farben, Richtungen und Möglichkeiten aufgelöst – ähnlich wie ein Prisma einen Lichtstrahl aufspaltet."  Hier folgt das Quartett dem Strahl von Johann Sebastian Bachs Fuge in cis-Moll aus dem WTC I über Ludwig van Beethovens Streichquartett Nr. 14, Op.131, bis zu Béla Bartóks Streichquartett Nr. 1.

Momo Kodama, deren hochgelobtes New Series Soloalbum Point and Line Werke von Toshio Hosakawa und Claude Debussy einander gegenüberstellte, präsentiert auf einer neuen Aufnahme nun das Klavierkonzert, das Hosakawa für sie schrieb, das schimmernde ‘Lotus under the moonlight’. 2006 komponiert, ist ‘Lotus’ auch eine Hommage an Wolfgang Amadeus Mozart, mit entfernten Anklängen an Mozarts Konzert. Nr. 23; KV 488, in A-Dur, dem Werk, mit dem es hier in einer Konzertaufnahme aus Japan mit Maestro Seiji Ozawa und seinem Mito Chamber Orchestra gepaart ist.

Am 19. März folgt ein Album mit improvisierter Musik:

Entendre, das erste Soloalbum des Schweizer Pianisten und Komponisten Nik Bärtsch, der vor allem als Leader der Bands Ronin und Mobile bekannt ist, bietet einen tieferen Einblick in Bärtschs musikalisches Denken. Wie der Albumtitel andeutet, geht es auf Entendre um das Hören als kreativen Prozess, der sich auf die geduldige Entfaltung von Bärtchs modularen, polymetrischen Stücken bezieht, mit der Wachsamkeit für die Dynamik der Berührung, die Freiheit in der ästhetischen Beschränkung findet und dem Fluss der Entwicklung jedes Stücks dient.  Das Album wurde im Auditorio Stelio Molo RSI, Lugano im September 2020 aufgenommen und von Manfred Eicher produziert. Es erscheint in etwa zeitgleich mit der Veröffentlichung von Nik Bärtschs Buch “Listening: Music - Movement – Mind”  im Verlag Lars Müller Publishing, das die Entwicklung von Niks "ritueller Groove-Musik" und die Philosophie, die ihr zugrunde liegt, nachzeichnet.



 

Donnerstag, 17. März 2016

ECM im März mit Frühlingspower: Vijay Iyer, Wadada Leo Smith, Ferenc Snétberger, Nik Bärtsch

A cosmic rhythm with each stroke präsentiert den Pianisten Vijay Iyer zusammen mit jenem Musiker, den er als seinen „Helden, Freund und Lehrer“ bezeichnet, den Trompeter Wadada Leo Smith. Vijay hat bei früheren Gelegenheiten schon ausgiebig mit Wadada musiziert; das vorliegende Album stellt nun die erste Dokumentation ihrer Duo-Arbeit dar. Produziert wurde das Album von Manfred Eicher im Oktober 2015 im Avatar Studio in New York. Das Kernstück des Albums ist die fesselnde Titelsuite, gewidmet der indischen Künstlerin Nasreen Mohamedi (1937-1990). Vijay Iyer und Wadada Leo Smith werden A cosmic rhythm with each stroke im März 2016 im New Yorker Metropolitan Museum of Art vorstellen – im Rahmen einer großen Ausstellung, die Nasreen Mohamedis Kunst und Schriften gewidmet ist. Die „Suite für Nasreen‘ wird auf dem Album eingerahmt von Vijay Iyers Komposition „Passage“ und Smiths Schlussstück „Marian Anderson“, das der großen US-amerikanischen Opernsängerin Marian Anderson gedenkt.

Ferenc Snétbergers ECM-Debüt In Concert präsentiert den gefeierten ungarischen Gitarristen mit einem Soloauftritt in der Liszt-Akademie in Budapest. Snétbergers achtteilige, mit Improvisationsteilen reichlich durchsetzte Suite mit dem Titel „Budapest“ bezieht subtil Einflüsse aus der brasilianischen Musik aus dem Flamenco, dem Jazz und der Klassik, wie auch aus Snétbergers Roma-Hintergrund. Als Zugabe offeriert er den Harold Arlen-Evergreen „Somewhere Over The Rainbow“.

Am 18. März folgt ein neues Album von Nik Bärtsch:

Nach drei Studioalben (Stoa, 2006, Holon,2008, und Lyria, 2010) und einer Live-Doppel-CD (2012) mit seiner elektrisch verstärkten Gruppe RONIN veröffentlicht der Schweizer Keyboarder und Komponist nun erstmals seit gut anderthalb Jahrzehnten wieder ein Album mit seiner ursprünglichen Formation MOBILE. Dieses 1997 entstandene akustische Quartett wird auf dem neuen Album Continuum auf drei Modulen durch ein Streichquintett zum Kammerensemble erweitert.
Am 15. März gastiert Nik Bärtsch’s Mobile Extended im Rahmen der Yellow Lounge im Berliner Berghain– Gästelistenanfragen richten Sie bitte bis 14. März, 18 Uhr per E-Mail an mich.

Bei ECM New Series erscheinen ebenfalls am 18. März zwei Neuheiten:

Mirror ist das erste ECM-New-Series-Album mit Musik des 1969 geborenen estnischen Komponisten Tõnu Kõrvits, der hier auf verschiedenen Ebenen seine Verbindung zur Musik seines Heimatlandes herausstellt. Das Album beginnt mit einer Fantasie über ein Lied von Veljo Tormis. Genau wie dieser ältere Komponist ist auch Kõrvits von Volksliedern und archaischen Musiktraditionen beeinflusst, die ihr Echo in seinen kultivierten, vielschichtigen und labyrinthisch verzweigten Stücken finden. Seine Musik wird hier vom Talliner Kammerorchester und dem Kammerchor der Estnischen Philharmonie unter Tõnu Kaljustes kundigem Dirigat sowie der Solistin Anja Lechnerinterpretiert. In Tasase Maa (“Lied der Ebene”), dem frischen Arrangement einer Tormis-Melodie, ist Kadri Voorand die Gesangssolistin, begleitet von den Streichern und von Tõnu Kõrvitz an der Kantele, der estnischen Kastenzither.

Das 1978 gegründete Orchestre de chambre de Paris gilt als eines der führenden europäischen Kammerorchester.Thomas Zehetmair wurde 2012 zum Chefdirigenten und künstlerischen Berater des Ensembles berufen. Die nun erscheinende Aufnahme mit Werken Robert Schumanns, eingespielt im Februar 2014 im Théâtre des Champs-Elysées, zeigt ihn in einer Doppelrolle als Solist und Dirigent. Zehetmairs kenntnisreiche Annäherung an Robert Schumann ist von ECM New Series bereits mit dem Zehetmair Quartett dokumentiert worden – in Form einer Aufnahme zweier Schumann-Streichquartette, die 2003 neben anderen Preisen auch mit dem Album of the Year Award der Zeitschrift Gramophone ausgezeichnet wurde. Mit dem Kammerorchester hat Zehetmair für das jetzt vorliegende Album die Sinfonie Nr. 1 in B-Dur op. 38, („Frühlingssinfonie“, 1841), die Fantasie C-Dur für Violine und Orchester op. 131 (1853) und das Konzert für Violine und Orchester in d-Moll WoO 23 eingespielt.

Für April sind Veröffentlichungen von Wolfert BrederodeMasabumi Kikuchi, Markus Stockhausen im Duo mitFlorian Weber, dem Danish String Quartet sowie von Miranda Cuckson mit Blair McMillen vorgesehen. Detailiertere Informationen zu diesen Alben in Kürze.

Dienstag, 10. November 2015

Kontrastprogramm Rhein-Neckar: Wie war's bei NIK BÄRTSCH im EMBL (enjoy jazz 2015) und bei RASTER-NOTON im Pfalzbau?

Zwei Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, obwohl sie beide experimentell komponieren und arbeiten, mit Kunst und Literatur in Verbindung stehen, waren am Samstag im Heidelberger European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und im Glasfoyer des Ludwigshafener Pfalzbaus zu erleben.



(c) Stefan Vieregg
Fangen wir mit Heidelberg an. Im Rahmen von Enjoy Jazz 2015 spielte Nik Bärtsch und sein Team (Sha : bcl, as, Kaspar Rast: dr, Nicolas Stocker: perc, Simon Heggendorn, Ola Sendecki: vl, David Schnee : vla, Solme Hong, Ambrosius Huber: vc, Daniel Eaton: lights & visuals, Christian Reiner: voc) am 07.11.2015 MOBILE EXTENDED SPIRAL SPACE II - acoustic luminescence. 

Mit Instrumenten, Percussion und Stimme zauberte die Crew einen hoch sensiblen, anspruchsvollen und extrem beruhigenden Klangzauber in das EMBL, das aufgrund seiner modernen Architektonik es erlaubt, im Inneren an den Außenwänden des runden Atriums sich fast unendlich wirkende girlandenförmig nach oben drehende Gangways ohne Treppen bis zur Kuppel hochzulaufen, zwei Brücken zum Überqueren der Höhe zu verwenden und an allen Stellen durch die gläsernen Schutzballustraden oder über die Geländer nach unten zu schauen und die Musiker aus allen Perspektiven zu beobachten. Große Projektionssegel dienten der Darstellung von Nebelwolken im Schweinwerferlicht. Wer müde war konnte sich vor dem Bürobereich zwischen Atrium und Außenwand in Aufenthaltsnischen legen oder setzen, eine Runde schlafen, meditieren oder einfach nur zuhören. Weiter oben im Café-Bistro konnte man etwas zu sich nehmen, in luftigen Höhen mit fantastischen Blick über Heidelberg und die Rheinebene nach draußen gehen, die Terrasse benutzen oder theoretisch außen mit ähnlichen Girlandengangways nach unten laufen, um innen wieder hochzuwandern. 


(c) Stefan Vieregg
Eine sehr gute Wahl, die Enjoy Jazz hier getroffen hat, ein unglaublicher Abend mit hohem Anspruch in einer außergewöhnlichen Umgebung. Die Veranstaltung dauerte von Sonnenuntergang/16:54 Uhr bis in die Morgenstunden zum Sonnenaufgang/7:25 Uhr. Wer wollte konnte um 5:30 Uhr frühstücken ... Über allem die Klangwolken der Musiker, Bärtschs Soli mit präpariertem Klavier, minimalistische Percussionsequenzen, Streicherklänge, Lesungen aus der Literatur und Philosophie. Erste Wahl für Ästheten!


Schauen wir nach Ludwigshafen: Im Pfalzbau hatte sich raster-noton angekündigt, und wer sie nicht kannte, hatte vielleicht auch anspruchsvolle elektronische Kompositionen, Installationen, Kunst etc. erwartet. Auch war es nur ein "Konzert", keinerlei Ansichten oder Anwesenheit von Exponaten. 


 (c)  Stefan Vieregg
Geboten hat sich zum Entree mit Grischa Lichtenberger eher ein stumpfes Bass-Hämmern von Technosound in gesundheitsbeeinträchtigender Lautstärke zur statischen Projektion einer Soundclockoszillographie an der Wand hinter dem "DJ" bzw. "Performer" und der hochwertigen, sündteuren Technikbatterie, die doch keinen sauberen Sound wegen Übersteuerung hervorbrachte. Unwillkürlich dachte man an Bilder, in denen die Köpfe der Zuhörer zu Punching-Balls der Lautstärken und des Techno werden. Jedenfalls zertrümmerte der Lärm jede Art von Widerstand, was den Boden für ein sehnsüchtiges Aufsaugen der folgenden Dichterlesung im Technostyle von Anne-James Chaton bereitete. raster-noton lässt sich offensichtlich nicht definieren, es gibt viele verschiedene Richtungen von Kunst und Können. So waren es auch sieben verschiedene Musiker an diesem Abend. Kommen die einen ins Museum of Modern Art, vermutet man die anderen eher im Jugendzentrum.

Das Kätzchen (ein Mann) aus Frankreich jedenfalls angenehm monoton oder rhythmisch, mit stetiger experimenteller Vorwärts- oder Seitwärtsbewegung. Total verfremdete Gedichtsfetzen werden stoisch proklamatorisch vorgetragen, hier ist noch Substanz zu spüren. Chaton wurde 1971 in Bescancon geboren und ist seit 10 Jahren mit seinen Gedichten auf der Bühne. Er hat eine Menge Kunst oder dergleichen geschaffen und ist Festivalgründer von Sonorité in Montpellier.

Kyoka aus Japan bot wieder eher Stampftechno mit "Gesang" dazu, trotz aller Witzigkeit des kleinen Persönchens vor der großen Wand konnte sie für mich die Grenze des Primitiven nicht hinter sich lassen.

Robert Lippok wiederum hatte deutlich mehr Substanz, Abwechslung und Farbe in seinem Stück. Er hatte tatsächlich auch die absolut kontrastiven klassischen Klänge eines Streichensembles mit eingebaut. Ein Stück Paradies :-) 

Auch Alva Noto kam mit eher harmonischen, mit dem richtigen Händchen komponierten elektronischen Klängen. Die anderen Musiker - byetone und atom tm - fielen für mich aus.

Samstag, 14. April 2012

Colin Vallon (Jazz) gestern Abend in Neunkirchen/Saar



Der Konzertflügel als experimentelle Musikmaschine und multifunktionales Instrument


Durch Zufall - ich wollte diesem Freitag, dem 13., doch noch eine Herausforderung abgewinnen - machte ich mich auf den Weg zu Colin Vallon in die Stummsche Reithalle in Neunkirchen/Saar. Das Trio hatte sich glatt vor dem Konzert aufgelöst, der Bandleader allein auf der Bühne mit einem Konzertflügel. Wird das ein guter Abend?, dachte ich mir. Aber andererseits, Abende in der Stummschen Reithalle gehen nicht schief, da kann man sich verlassen, die Auswahl stimmt, der Anspruch, die Qualität der Darbietungen. Und es wurde eine mehr als positive Überraschung.

Colin Vallon setzte sich an sein Piano und hatte bereits mit seinem ersten Lied bzw. nach den ersten Klängen über den isländischen Vulkan Eyjafjallajökull, der im April 2010 ausbrach und dessen riesige Rauchfahne den Flugverkehr lahmlegte, die Zuhörer gefesselt, die andächtig seinen Klangexperimenten vom ersten Ton ab lauschten. Mit einer arbeitenden, brodelnden und dauernd in Bewegung befindlichen Eindringlichkeit breitet sich Rauch, Lava und Bedrohlichkeit des vulkanischen Geschehens aus. Colin Vallon ist nach den Schweizer Musikern Nik Bärtsch (N. Bärtsch's Ronin, LLYRIA bei ECM) und Stefan Rusconi der dritte Jazzer, der für außergewöhnliche Musik sorgt.
Wir haben es nicht mit bloßem immergleich klingendem Pianospiel zu tun, sondern mit einer fantastischen Ausbeute der Klangvielfalt eines Konzertflügels. Seine Technik verwendet sogenannte Klavierpräparationen. Colin greift in die Saiten, manipuliert mit auf die Saiten gelegten Gegenständen aus Holz, Metall, Kunststoff oder mit den Fingern den Klang der Töne, breitet einen experimentellen Teppich unter eine manchmal verlorene, manc
hmal dominante Melodie und verfremdet die Töne, sodass wir glauben, ein Keyboard, andere Originalinstrumente mit dabei zu haben. Typisch ist das insistierende brodelnde Intensiv-Eindringliche im Untergrund. Das Vallon-Klavierspiel ist interessanter und vielseitiger als so manch gefeiertes klimperndes Spiel von Pianogrößen wie Keith Jarrett und anderen. 
Der nächste Song hieß "Merhal", benannt nach seiner türkischen Großmutter, und erinnerte immer wieder, wie auch andere Stücke an diesem Abend an serielle Musik von John Cage. Insistierender Rhythmus im Bass als Percussionersatz, epische Melodien mit sanfter Steigerung und sequentiellen Auflösungen. Auch der dritte Titel aus dem alten Repertoire seiner Musikproduktionen, wobei dieser Titel "Rruga" (albanisch für "der Weg") noch kein hohes Alter hat, er entstammt einem ECM-Album mit gleichem Titel, das vor einigen Monaten erschien. Ein konzertantes, fast klassisches Stück mit tragischem Grundton. 
 
Es folgten zwei neue Kostproben seiner musikalischen Welt. "R2D2", hektische Steigerung mit abrupten Unterbrechungen, technischer Background im Klang mit einem Schlüsselbund oder ähnlichen zusammenhängenden Metallansammlung auf den Saiten, Wiederholungen, jazziges Ausufern. "Ballade" mit leichterem Spiel, Verfremdung durch Kugelketten auf den Saiten. "Le Tombeau" jazzig, lyrisch, auffällig ein fast maschineller Rhythmus im Klang, und ein mittelalterlich-folkloristisches Instrument nachempfunden, gemischt mit minimalistischen Elementen ...Die "Music for a while" von Henry Purcell aus dem 17. Jahrhundert als Trauermarsch stark modernisiert. Als ganz aktuelle Gabe kredenzte uns Colin Vallon sein "Rouge", vor einer Woche in Wien geschrieben, mit festem Anschlag und Percussion auf den Saiten. Das Stück "モンスター" (Kai Chu, jap. "Monster") mit einer kleinen Karimba (afrikanisches Daumenklavier) auf die Saiten gelegt und bespielt sowie Anklänge an Melodien aus Asien und den Anden. Monoton-seriell die Grund-, frei entfaltet die zweite Melodie. Ebenfalls ganz neu: "Immobile". Noch nie aufgeführt, weil einen Tag zuvor, am 12.04. erst geschrieben, mit steigernden Kaskaden, lyrischen Elementen und einem ebensolchen Ausklang, dennoch ein wenig schwächer als die anderen. Vielleicht noch etwas überarbeiten? Mit Titel Nr. 11 einem rhythmischen Galopp und einem verträumten letzten Lied Nr. 12 voller Harmonien, das an einen Marsch von Chopin erinnerte, verabschiedete sich der geniale Schweizer Experimentator von uns, dem wir noch viel Aufmerksamkeit schenken sollten.

Colin Vallon wurde am 17. November 1980 in Lausanne, Schweiz, geboren. Wohnhaft in Yverdon, besuchte er ab dem 11. Lebensjahr klassischen Musikunterricht. Mit 13 hörte er damit auf und entdeckte die Improvisation. Als Autodidakt fing er an, Blues zu spielen. Dann mit 14 Jahren Musikstunden beim Jazzpianisten Marc Ueter. Der Eintritt in die Swiss Jazz School erfolgte mit 18 Jahren. Mit 20 war er schon in der Schweiz und in anderen Ländern bekannt. Seine Lehrer sind Silvano Bazan, William Evans, Manuel Bärtsch und Bert Joris.
1999 gründete er das Colin Vallon Trio, das dieses Jahr (vorübergehend?) aufgelöst wurde mit Lorenz Beyeler und Raphaël Pedroli. 2004 erscheint die CD “Les Ombres“ auf dem CH-Label Unit Records. Seit dieser Zeit benützt er Klavierpräparationen und fängt an neue Techniken zu suchen, um seine Klangpalette zu erweitern. 2007 erscheint die CD “Ailleurs” auf dem Label HatHut Records. 2011 bei ECM "Rruga". Er gewann mehrere Auszeichnungen, so den 3. Preis der Montreux Jazz Piano Solo Competition 2002. Seit 2009 unterrichtet er an der Hochschule der Künste Bern. Auftritte weltweit. Er ist noch mit anderen Bandprojekten zu hören wie Elina Duni Quartett, Lisette Spinnler Siawaloma, Nicolas Masson Parallels, Contreband.

Künstlerwebsite:
http://www.colinvallon.com

Hörproben:

Samstag, 12. März 2011

Konzertplaner: Nik Bärtsch's Ronin auf Tour in 2011

Nik Bärtsch\'s Ronin bei viereggtext

2011 Mar 30        Mittelburg        Schuttershof Theater        Netherlands
2011 Mar 31        Eindhoven        Festival        Netherlands
2011 Apr 01        Rotterdam        Lantaren/Venster        Netherlands
2011 Apr 02        Amsterdam        Festival        Netherlands
2011 Apr 27        Dudelange        Op der schmelz        Luxembourg
2011 May 06        Fribourg        La Spirale        Switzerland
2011 May 20        Salzburg        Jazz´it        Austria
2011 May 27        Hamburg        Elbjazz        Germany
2011 Jul 02        Salzau        Jazz Baltica        Germany
2011 Nov 13        Bern        bee-flat. www.bee-flat.ch        Switzerland

Freitag, 14. Januar 2011

Experimentelle Musik: Nik Bärtsch's Ronin

Nik Bärtsch's Ronin: Llyria
CD und LP 180 g, ECM

"Llyria" ist das dritte ECM-Album von Nik Bärtsch's Ronin, anknüpfend an ebenfalls abhebende Klänge auf "Stoa" (2005) und etabliertem Sound auf  "Holon" (2008). Als "Holon" herauskam, verglich Komponist und Pianist Bärtsch den Geist im Zusammenspiel innerhalb seiner einzigartigen Schweizer Gruppe mit einem Schwarm Fische, der sich in blitzschnellen Richtungswechseln um ein Korallenriff bewegt. Der Titel seines neuen Albums ist eine weitere Meeres-Metapher. 

Die Llyria ist ein kürzlich entdeckter leuchtender Bewohner der Tiefe, eine Kreatur so seltsam, dass Biologen unsicher mit der Klassifikation sind. Aber tief unten am Meeresgrund, wo der Druck immens ist, leuchtet sie stetig, mit einer coolen poetischen Anmut. Einer unsrer Nachbarn auf diesem Planeten, von dem wir so wenig wissen. Kompositionen können sich ähnlich unbekannt und seltsam entwickeln. In diesem Sinne wirft Ronins Musik seine Netze in dasselbe Meer, findet Formen, die sich Erwartungen entziehen oder ihre Mutationen langsam manifestieren.

Die neue Musik von Ronin vermittelt ein Gefühl von Freiheit, nicht zuletzt durch die regelmäßige Lockerung ihrer rituellen Rhythmen. Das Wort''Llyria "scheint auch den Begriff "lyrisch" und Entwicklungen zu  offen frischen melodischen Möglichkeiten zu implizieren. In der Tat, es gibt in diesem Album mehr Raum sich zu bewegen und zu atmen. Dennoch streng und postmodern strukturiert, bleiben die festen Grenzen zeitgenössischer Musik hörbar. Ein feiner Hörgenuss aus dem Hause ECM.

"Llyria" wurde im Süden von Frankreich im März 2010 aufgenommen, mit Manfred Eicher als Produzent. Die Konzerttermine findet man auf www.nikbaertsch.com