Haben Sie schon mal diesen bittersüßen Beigeschmack eines freundlichen Entlassungsschreibens wahrgenommen? Der wohlwollende, aber ablehnende Grundton, vielleicht auch einfach aus dem Team höflich hinausgeleitet, die Gründe verschleiert, beschönigt?
Was wäre, wenn ein Betrieb tatsächlich anfinge, wahre Lobeshymnen zu schreiben, so dass die Gefeuerten gar nicht merkten, dass sie gekündigt sind? Genau darum geht es in dem ungewöhnlichen Roman von Andrea Bajani. In einem von der Firmenleitung angeregten Wettbewerb sticht ein junger Kollege alle anderen aus. Der Erzähler wird zum Nachfolger des gefeuerten Verkaufsleiters und übernimmt dessen Stil. Er multipliziert die Freundlichkeit, ist gefesselt von der Persönlichkeit des Entlassenen und versucht in dessen Leben einzutauchen ... Seine maßgeschneiderten honigsüßen Briefe überzeugen durch ihre brillante Rhetorik und vermitteln dem Empfänger, dass seine Entlassung nur zu seinem eigenen Besten geschehe. Fortan ist er der neue Stern am Firmenhimmel, mit seiner Karriere geht es steil bergauf – seinen Kollegen gilt er nur noch als der »Killer«. Zunächst ist ihm der Erfolg unangenehm, doch bald werden die Arbeitsbedingungen immer aberwitziger. Eines Tages wird er unerwartet zum Ersatzvater der Kinder des Ex-Verkaufsleiters, der im Krankenhaus liegt. Einmal im Monat pflegen sie ein Eingeborenen-Dinner, und dem muss sich nun auch der neue Papa fügen. Sie speisen splitternackt und jeder darf sich benehmen, wie er will. In seinem Privatleben bricht fröhliche Anarchie aus und er entdeckt, dass es auch ein Leben außerhalb der Firma gibt ...
Andrea Bajani
Mit herzlichen Grüßen
Aus dem Italienischen von Pieke Biermann
144 Seiten
8,90 € [D]