(foodwatch) Die Macht der Lebensmittelkonzerne wächst und wächst. In Deutschland beherrschen Aldi, Edeka, Rewe und die Schwarzgruppe mit Lidl und Kaufland mittlerweile 85 Prozent des Lebensmittelmarktes. Zwar gibt der Präsident des Bundeskartellamts Andreas Mundt zu, diese hohe Konzentration von Marktmacht sei „weder für Lieferanten noch für Kunden gut “. Aber führt das zu Konsequenzen? Nein!
Die Dominanz der Lebensmittelkonzerne schadet uns, im Handel wie in der Industrie. Sie mindert die Qualität des Lebensmittelangebotes. (Kleine) Qualitätsanbieter haben oft keine Chancen mehr. Im Supermarkt dagegen finden wir nur noch Einheitskost! Vollgestopft mit Zusatzstoffen, Aromen, minderwertigen Zutaten und versehen mit Fantasiebezeichnungen, die Qualität nur vorgaukeln. Hochverarbeitete Nahrungsmittel, die auch noch auf Kosten unserer Gesundheit gehen: 90 Prozent aller angebotenen „Kinderlebensmittel“ sind nach den Maßgaben der Weltgesundheitsorganisation zu fett, zu salzig oder zu süß.
Wollen wir der Tatenlosigkeit der Politik weiter zusehen? Nein! Wir müssen dieser Macht etwas entgegensetzen; foodwatch will eine Gegenmacht aufbauen! Dafür brauchen wir Sie. Je mehr wir sind, desto wirksamer können wir uns wehren.
Warum kann das alles passieren? So viel wirtschaftliche Macht, wie sie die Lebensmittelkonzerne besitzen, wird unweigerlich zur politischen Macht – und offensichtlich setzt die Politik dieser Macht nichts entgegen. Schlimmer noch, sie kooperiert mit den Konzernen und agiert als deren Dienstleister. Ein Video, in dem Ernährungsministerin Julia Klöckner sich zusammen mit dem Nestlé Chef Marc-Aurel Boersch zeigt, spricht Bände. Politik-Chefin und Konzern-Chef versprechen einvernehmlich, Salz, Fett und Zucker in Fertiglebensmitteln zu reduzieren. Natürlich freiwillig! Wo kämen wir denn hin, wenn die Politik Nestlé und Co. vorschreiben würde, gesunde Lebensmittel zu produzieren! Die fatale Zusammenarbeit zwischen Konzernen und Politik muss ein Ende haben!
Aber es kommt noch schlimmer. Der Machtmissbrauch durch die Lebensmittel- und Agrarkonzerne macht an den EU-Grenzen nicht halt.
Nur drei Konzerne – Unilever, der indische Konzern Tata und Associated British Foods – kontrollieren rund 80 Prozent des globalen Tee-Handels.
Nach der Fusion Bayer/Monsanto beherrschen nur noch drei Konzerne zusammen weltweit mehr als 60 Prozent des Markts für kommerzielles Saatgut und Agrarchemikalien.
60 Prozent der Babynahrung weltweit werden von nur vier Herstellern produziert. In Westeuropa macht ihr Stück vom Kuchen 74 Prozent des Marktes aus, in Australien sind es 92 Prozent.
Die Nahrungsmittelriesen schrecken anscheinend vor nichts zurück. Sieben Jahre lang fuhr ein großes blaues, 30 Meter langes Nestlé-Schiff als schwimmender Supermarkt auf dem Amazonas. Ziel der Aktion: Auch die ärmsten im Amazonas lebenden Menschen sollten noch durch Nestlé-Riegel beglückt werden. Die Folgen derartiger Marktstrategien sind insbesondere in Schwellenändern dramatisch.
Zum Beispiel Malaysia. Dort ist der Verkauf verarbeiteter Lebensmittel in nur fünf Jahren um mehr als 100 Prozent gewachsen. Jetzt ist es das Land mit einer der höchsten Fettleibigkeitsraten. Weltweit! 10 bis 19 Prozent der Gesundheitsausgaben des Landes werden inzwischen für den Kampf gegen die Fettleibigkeit und ihre Folgen aufgewendet. Die Studien aber, die dabei helfen sollen, werden zum großen Teil von Kellogg’s, PepsiCo und Nestlé finanziert.
Alle Nahrungsmittelkonzerne beanspruchen, globale Verantwortung für die Ernährung der Menschheit zu übernehmen. Doch die Wahrheit sieht so aus: Diese Verantwortung erhöht zwar die Profite, schadet aber der Allgemeinheit. Wir wehren uns dagegen!
Diese beängstigenden Zustände schaden nicht nur dem Gemeinwohl, indem sie unsere Gesundheit gefährden und Gesundheitssysteme belasten. Sie sind auch eine Bedrohung für unsere Demokratie. foodwatch hat nichts gegen Lebensmittelkonzerne. Wir müssen ja alle essen. Aber wir wollen Qualität und nicht krank gemacht werden.