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Donnerstag, 30. Mai 2024

Severin Groebners Neuer Glossenhauer #39: Spätlese mit Cocktailsauce

 

Wahlplakat © Bild: Dominik Reichenbach/ Artwork: Claus Piffl



Spätlese mit Cocktailsauce

Ja… das war jetzt eine deutlich …..zu ………….lange………………………..Pause, zwischen den einzelnen Depechen der Neuheit (altmittelneuhochdeutsch für „Newsletter“).
Wenn man mich fragen würde, warum das so gedauert hat…sag ich gleich:  
Ich weiß es nicht mal so genau.
Vermutlich unvorhersehbare Ereignisse wie Feiertage und damit unvorhersehbare Pflichten wie Betreuung des Nachwuchses. Und dazu kommen dann absolut unvorhersehbare Charaktereigenschaften wie Prokrastination. Die einzige Nation übrigens, der ich mich mit Sicherheit zugehörig fühle. Ansonsten bin ich ja geborener Wiener, gelernter Österreicher, gewanderter Deutscher, geschraubter Schwede, gedehnter Däne, gegessener Italiener (aus Tschechien), getrunkener Spanier (mit bayerischer Hefekultur), gefühlter Portugiese, gesungener Engländer, gelesener Ire, gedachter Slowene und und und…. und das ist nur die eine Hälfte der gefühlten Verwandtschaft.
Kurz gesagt: Europäer.
Womit wir schon bei der bevorstehenden EU-Wahl wären.
Wenn wir wollen. Vielleicht wollen wir aber auch nicht. Deshalb dazu später.

Was ich aber eigentlich sagen wollte, ist, dass ich Euch an den Bildschirmen nicht vergessen habe.
Im Gegenteil, ich hab seit zweieinhalb Wochen diesen Newsletter mit mir herum geschleppt. Daran gearbeitet. Verbessert. Ergänzt. Umgeschrieben. Fast fertig gehabt. Dann doch nicht zufrieden gewesen. Nochmal aufgeschoben.

Dazwischen musste noch was anderes erledigt werden. Eine Glosse für die Bayern2-Reihe „Das Ende der Welt“ etwa. 
Oder meine Nachbarschaftskolumne in der Frankfurter Allgemeinen Sonntags Zeitung (Abt.: Rhein-Main). Oder Kurzsatiren für die WDR-Satire-Sendung „Zugabe“. Oder meine „Monatsabrechnung“ für die lesenswerte österreichische Zeitung „Feuilleton“. Und… und …und...

Aber dann hatte ich endlich alles erledigt. Und wollte wieder am Neuen Glossenhauer weiter schreiben. Aber was kam da plötzlich daher? Ein Feiertag.
Damit konnte ja wirklich niemand rechnen.

Und weil ich jetzt nicht schon wieder schieben will, nicht nochmal alles verbessern, und damit folglich vielleicht erst recht wieder nicht zu verschicken…. kommt jetzt der Glossenhauer. Ja. Viel zu spät. Dafür in doppelter Länge. Oder noch länger.
In hübsche, kleine Häppchen aufgeteilt.
Guten Appettit.

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Sie haben es sicher auch schon gehört: Die Sanktionen gegen das friedliche Russland, das aus mehreren guten Gründen (Imperialismus, Revanchegelüste, Chauvinismus, Hochmut, der Chef hat gesagt, wir sollen das tun) einen Vernichtungskrieg gegen ein Nachbarland vom Grenzzaun gebrochen hat, also diese Sanktionen, die USA, die EU-Staaten und noch ein paar Verbündete über den unschuldigsten Aggressor seit Erfindung der Oben-ohne-Fischerei verhängt haben, diese Sanktionen sind total wirkungslos.
Hört und liest man ja immer und immer wieder.
Genau.
Seltsamerweise hat trotzdem Gazprom, der beliebte Sportsponsor und die mindestens genauso beliebte Energieerpressungswaffe, also dieses Gazprom hat 2023 erstmals seit 1999 Verluste geschrieben. Könnte auch damit zusammenhängen, dass die EU statt 40 Prozent ihrer Gasimporte nur mehr acht Prozent ihrer Gasimporte aus Russland bezieht. Das heißt um 80 Prozent weniger.
Hoppala!
Gut, an Österreich liegt es nicht. Das importiert - dank der Verträge, die unter Sebastian dem Kurzen mit Wladimir dem noch Kürzeren geschlossen wurde - immer noch fast genauso viel Gas wie vor dem Krieg.
Die hochsympathische CO2-Schleuder Gazprom jedenfalls kann wegen schwindender Einnahmen auch wenig bis gar nichts in den Nationalen Wohlfahrtsfond Russlands einzahlen. Was ein bisschen blöd ist für den wieder „gewählten“ Präsidenten (das ist dieser Schulhofschläger, der gerne minutenlang rote Teppiche entlang läuft).
Denn der hat ein teures Hobby: Krieg. Den er - unter anderem - aus dem „nationalen Wohlfahrtsfond“ finanziert.
Wohlfahrt bedeutet auf russisch wohl: dem Nachbarn geht es schlechter, als einem selbst.

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Eine andere Wahlmonarchie neben dem Kreml, der Vatikan, hat auch Probleme: mit dem Überirdischen. Und damit ist nicht - wie in der Ukraine - die Luftverteidigung gemeint. Doch das wundert einen beim Vatikan. Ist doch gerade das Überirdische die Geschäftsgrundlage dieser absoluten Monarchie, die gleichzeitig ein globales Franchise-Unternehmen in der Metaphysik-Branche ist. Aber genau darum geht es: Der Vatikan möchte seinen Markenkern sich nicht von Laien kaputt machen lassen.
Deshalb hat nun dieser Staat, wo man an unsichtbare Freunde in dreierlei Gestalt glaubt, festgelegt, wer in Zukunft entscheidet, ob das wirklich die Gottesmutter ist, wenn die mal wieder jemand plötzlich in seiner Küche vorfindet.
Wobei sich die Entdecker solcher transzendenten Besucher, niemals fragen, warum die Gottesmutter gerade da ist. Wahrscheinlich erledigt sie schwebend den Abwasch. Hausarbeit ist ja immer noch größtenteils Frauensache.
Dafür interessiert sich aber der Vatikan nicht.
Aber wenn mal wieder wer glaubt, er hätte einen In-Ear-Call von Jesus Christus erhalten, dann horcht man im kleinen Stadtstaat der Kuttenträger auf.
Oder wenn jemand meint der Heilige Geist würde ihm in Form einer Fledermaus erscheinen.
Was aber nicht passieren wird.
Denn Fledermäuse nimmt der heilige Geist nie. Immer nur Tauben. Oder Feuerzungen. Keine Ahnung, was das ist, ich kenn nur Feuerzangen und die dazu gehörige Bowle. Da ist kein Heiliger Geist drin, nur geistige Getränke.
Merke: Der heilige Geist ist in der Auswahl seiner Fluggeräte recht eingeschränkt.
Dabei wäre es doch schön, wenn sich der heilige Geist mal in Bibern manifestieren würde. Oder Rauhaardackeln. Oder Krähen. Oder zumindest Halsbandsittichen, die sich gerade im Rhein-Main-Gebiet ausbreiten, wie man liest.
Vielleicht ist das ja eine spirituelle Welle? Wenn Dir in Wiesbaden einer der Südvögel auf den Kopf kackt, bist Du gesegnet.
Aber genau solch unseriöse Überlegungen von gläubigen wie ungläubigen Laien wie mir, möchte der Vatikan abschaffen.
Was heilig ist, wer was sieht, wie sehr das vom heiligen Geist gesteuert und beeinflusst ist und was wiederum nur den Substanzen vom Vorabend geschuldet ist, das sagt in Zukunft nur einer: der Papst.
Der kennt sich aus.
Frage mich, ob es jetzt eine Hotline gibt zum Papst oder einen Helpdesk oder wenigstens ein Postfach, wo man dem heiligen Vater schreiben kann, wenn man die Mutter Gottes in flagranti erwischt, wie sie gerade im Garten Erdbeeren stibitzt. (Vielleicht als Wiedergutmachung für den Abwasch vom letzten Mal? Stichwort: unbezahlte Hausarbeit)
Meldet man sich dann beim Papa catholico, wenn Jesus in dem Keller, wo das Licht gerade ausgefallen ist, einem mit der Taschenlampe erscheint?
Und wenn der heilige Geist mal wieder mit dem elektrischen Garagentor spielt, weshalb es auf und zu geht und dann wieder auf und dann wieder zu… dann schickt man nach dem Papst. Denn der Papst kümmert sich darum?
Früher hätte man ja einen Handwerker kommen lassen, aber in diesen irrationalen Zeiten heißt es: Ihr Papst macht’s persönlich.
Wenn der alle Termine jetzt in persona abarbeitet, bin ich schon auf die ersten Google-Bewertungen gespannt.
Ich tippe auf: Älterer Herr antwortet freundlich, auch wenn er seinen Aufgaben nicht mehr ganz gewachsen scheint.
Positiv: Kennt sich sehr gut mit Tauben aus. Negativ: Nächster freier Termin im Jahr 2027.

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Einschub:
Dieser Newsletter gefällt? Schön, aber er ist auch Arbeit.
Unterstützungsmöglichkeiten: siehe unten.

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Apropos: Menschen in lustigen Kleidungsstücken.
Kürzlich gelesen: Rechtspfleger sollen im schönen deutschen Bundesland Nordrhein-Westfahlen auch Roben tragen dürfen. Damit Ihnen mehr Respekt entgegen gebracht wird. Hab ich erst nachschauen müssen, was das ist: „Rechtspfleger“.
Klingt ja ein bisschen nach einem Mittelding zwischen Rechtsträger und Landschaftspfleger. Oder wie Menschen, die sich ausschließlich um Rechtsabbiegeschilder kümmern. Oder jemand, der im Altenheim nur demente, inkontinente ehemalige NSDAP-Angehörige betreut.
Ist damit aber nicht gemeint.
Nein, Rechtspfleger sind Menschen, die sich um juristische Fragen in Sachen Familienrecht oder Zwangsvollstreckungen kümmern. Also Sachlagen, wo es durchaus manchmal ein wenig emotional werden könnte.
Nicht jeder reagiert mit einem Ausruf der Erleichterung, wenn ihm sein sechs Quadratmeter großer Flachbildschirm gepfändet und aus dem Haus getragen wird.
Falls es um die Kinder geht, sind die Leute noch unentspannter.

Deshalb Roben, damit die Wartungsbeauftragten des Rechts ein wenig mehr Ehrfurcht entgegen gebracht bekommen.
Gute Idee, vielleicht. Wohl liegt der Teufel wie immer im Detail.
Welche Farbe sollte die Robe etwa haben? Roben in den Farben der Regenbogenfahne mögen vielleicht beim ESC gut ankommen, könnten aber - ob ihrer Buntheit - die ehrfurchtsgebietende Wirkung einbüßen.
Rote Roben klingt nach einer Vorabendserie in der ARD, in der die romantischen Verwicklungen einer Rechtspflegerin mit einem Richter und einem Staatsanwalt in 300 Folgen fünf mal die Woche in allen Konstellationen durchgespielt werden, mit Sascha Hehn als fiesem Chef der örtlichen Anwaltskammer.
Blaue Roben sieht nach Heilsarmee aus, oder nach Schuluniformen und klingt auch ein wenig nach Wein-Lese.
Roben aus Robbenfell… würden Tierschützer auf den Plan rufen, und es gäbe erst recht wieder Stress. Gelbe Roben zögen mit Sicherheit den Spitznamen „Zitronenfalter“ nach sich.
Und mit Rosa oder Lila Roben wäre man wieder beim ESC. Oder noch schlimmer: beim Karneval. Mit weißen Roben kann man gleich den Nebenjob im Krippenspiel als Weihnachtsengel antreten. Und schwarze Roben… ja. Eh.
Aber die haben doch alle, oder?
Wie wärs mit einfach besserer Betreuung der Rechtspfleger? Menschen, die die Rechtspfleger in ihrem beruflichen Alltag begleiten, sie stützen und ihnen psychisch wie physisch eine Hilfe sind. Das wär doch was!
Und wie heißen die dann? Rechtspflegerpfleger.
Und - nein! - ich hab keine Ahnung, was die anziehen sollen.

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Von Rechts nach links und wieder zurück  - also doch noch zum Wahlgang:

Es ist fix: In Österreich kandidiert die „Bierpartei“ bei der Nationalratswahl im Herbst.
Eigentlich hab ich immer geglaubt, die Bierpartei gibt es schon.
Allerdings in Bayern: Die CSU. Die lässt ja zufällig immer rund um das Oktoberfest in München wählen. Da sind die meisten ihrer Wähler entweder besoffen oder verkatert, auf jeden Fall nicht ganz klar im Kopf. Und aufgrund dieses Zustands wählen sie dann auch die CSU.
Man sieht: Suchtgift spielt schon seit Jahren eine große Rolle in der Politik.
Als Zeichen der Transparenz wird es also Zeit, das man das auch den Namen der politischen Gruppierungen anmerkt.

Vielleicht ist das aber auch längst schon so.
Die Grüne Studentenfraktion in ÖSterreich heißt ja schon „GRAS“, ok.
Aber was heißt dann eigentlich SPÖ? Schnaps Privat & Öffentlich?
Was ÖVP? Örtliche Veltliner Partie?
Die blauen Saubermänner sagen natürlich nicht, was sie zu sich nehmen, dafür aber wie:
FPÖ - Für private Öffnungen.
Die Neos zeigen in der Langversion wie offen sie sind, weil sie gleich Wahlmöglichkeiten anbieten: Nase, Einkiffen oder Saufen?

Wenn dieser politische Trend dann endlich auch nach Deutschland kommt, dann werden wir auch viel über die Gewohnheiten der Entscheidungsträger in der Bundesrepublik erfahren:
SPD - Schön pichelnde Dampfplauderer?
CDU - Chardonnay dekantierende Unsympathler?
FDP - Freibier, dann Porsche?
Grüne - „Gras rauchen üblich, neuerdings erlaubt!“
AfD - Acid für Demagogen?
Und BSW natürlich in allen (Getränke-)Lagern gleichzeitig zuhause - Bier Schnaps Wein

Wer jetzt findet, dass das aber auch nur billige Witzchen sind angesichts einer angespannten politischen Großwetterlage, hat natürlich recht.
Einerseits.
Andererseits: Was machen denn die „political Animals“ in den jeweiligen zoologischen Gärten jetzt im Wahlkampf vor der - angeblich - so entscheidenden Wahl zum europäischen Parlament?
In dem Affenhaus, auf dem „Republik Österreich“ steht, fragen sich alle, was eine junge Frau, die nach einer alten Währung benannt ist - nennen wir sie mal „Mona Gulden“ - wem was wie wann über wen warum gesagt hat und wer was wann von wem darüber erfahren hat und was sie wem über wen nicht mehr sagen darf und wer was wann wie darüber berichtet hat und wer wie warum und wo darauf reagiert hat.
Anders gesagt: Das ganze Land benimmt sich gerade wie die Insassen eines Schweigeklosters nach dem Sexualunterricht.
Keiner hat offiziell irgendwas gesagt oder getan, aber in Wahrheit reden alle darüber und machen mit. Herr Karl hätte vielleicht gesagt: ein riesiger Bassena-Tratsch.
In dem großen Freigehege „Bundesrepublik Deutschland“ aber redet man seit Wochen über einen Rechtsextremen, der überraschenderweise rechtsextreme Sachen gesagt hat, Mitarbeiter beschäftigt, die sich rechtsextrem äussern, und anscheinend Staaten hilft, die sich rechtsextrem aufführen. Und das obwohl er aus einer rechtsextremen Partei kommt, die sogar vom Verfassungsschutz (zumindest in Teilen) als rechtsextrem eingestuft wird. Der Typ ist also so rechtsextrem, dass ihn sogar seine rechtsextremen europäischen Kollegen aus der gemeinsamen - rechtsextremen - Fraktion raus schmeißen. Und nun fragen sich alle: Ist das schon wirklich Rechtsextrem?
Gegenfrage: Was sonst? Benjamin Blümchen braun angemalt?

Wenn das so weiter geht, kandidiert die Bier-Partei bald EU-weit.
Nicht wegen Ihres Programms (haben die eins?), sondern wegen des Getränke-Angebots.

In diesem Sinne: Bis nächste Woche (wahrscheinlich) und: 
Don’t Drink & Vote.

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Groebner Live: 6.6. Frankfurt, Stalburg Theater - 7.6. Calw, Kleine Bühne 
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Der „Neue Glossenhauer“ ist ein Projekt der freiwilligen Selbstausbeutung, wer es dennoch materiell unterstützen will, hier wäre die Bankverbindung für Österreich: 

Severin Groebner, Bawag, IBAN: AT39 6000 0000 7212 6709 

Hier die jene für Deutschland: 

Severin Groebner, Stadtsparkasse München, IBAN: DE51 7015 0000 0031 1293 64