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Montag, 8. Juli 2024

Stolpersteingeschichten: Familie Karl Neumann in Ingelheim am Rhein

Karl Neumann wurde am 4. Dezember 1872 in Stadecken als Sohn von Benedikt Neumann und Anna Maria, geb. Laufer geboren.
Am 29. Dezember 1904 heiratete er in Nieder-Ingelheim Luise (Lilly), geb. Mayer.

Lilly Neumann, geb. Mayer war die Tochter von Ludwig Neumann und Bertha, geb. Neumann, wohnhaft in Nieder-Ingelheim in der Mainzer Straße.

Das Ehepaar hatte drei Kinder:1. Walter Neumann (23.10.1905 – 20.05.1979), 2. Luise (Liesel, Lee), verh. Blumenthal, geb. 24.01.1918 und 3. Hans (Harry Neuman (22.01.1920 – 12.12.2012).

Karl Neumann wurde am 4. Dezember 1872 in Stadecken als Sohn von Benedikt Neumann und Anna Maria, geb. Laufer geboren. Am 29. Dezember 1904 heiratete er in Nieder-Ingelheim Luise (Lilly), geb. Mayer. Lilly Neumann, geb. Mayer war die Tochter von Ludwig Neumann und Bertha, geb. Neumann, wohnhaft in Nieder-Ingelheim in der Mainzer Straße. Das Ehepaar hatte drei Kinder:1. Walter Neumann (23.10.1905 – 20.05.1979), 2. Luise (Liesel, Lee), verh. Blumenthal, geb. 24.01.1918 und 3. Hans (Harry Neuman (22.01.1920 – 12.12.2012). 

Karl Neumann wurde 1942 aus Wiesbaden nach Theresienstadt deportiert, ermordet 1943.
Luise ’Lilly’ Neumann, geb. Mayer, wurde 1942 aus Wiesbaden nach Theresienstadt deportiert, ermordet 1944.


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Karl Neumann war Weinhändler und wohnte in der Bahnhofstr. 23 im zweiten Stock bei Thierbach zur Miete. Karl Neumann war mit seinem Bruder Moritz Mitinhaber der Weinhandlung Laufer & Co in der Bahnhofstr. 79, heute Möbelhaus Schwaab.

Laut Erzählungen von Hans Neumann begann gleich 1933 der Niedergang des Geschäfts, ausgelöst durch den Boykott: „Kauft nicht bei Juden“. Zunächst war die Weinhandlung nicht so stark betroffen. Die Bestellungen wurden schriftlich aufgegeben. Dann machte es die nationalsozialistische Regierung zur Auflage, dass aus dem Briefkopf des Unternehmens hervorgehen musste, dass es jüdisch war. Der Umsatz ging zurück. Die Brüder entschlossen sich zu verkaufen. Angesichts der Umstände war deutlich, dass das Geschäft unter Wert veräußert werden musste. Der Kaufpreis wurde vom Staat einbehalten und niemals ausgezahlt.

Die Wohnung von Karl und Lilly Neumann wurde während des Pogroms am 10. November 1938 verwüstet. Das Mobiliar wurde auf die Straße geworfen. Auch Karl Neumann wurde ins KZ Buchenwald verschleppt. Zu diesem Zeitpunkt wussten Vater und Sohn nicht voneinander, dass sie im gleichen KZ gefangen gehalten wurden.

Die Familie verließ Ingelheim und bezog eine Wohnung in Wiesbaden, Rheingaustraße 5. Die Eintragung im Einwohnermeldeamt Ingelheim lautet: am 12. Dezember 1938 nach Wiesbaden abgemeldet.

Die Tochter Luise (Lee) erklärte 1961, dass auch ihre Eltern mit einem Einreisevisum für die USA gerechnet hatten, aber die Ausstellung der Bürgschaftspapiere zog sich in die Länge. Im Juni 1940 lagen alle notwendigen Bescheinigungen für die Auswanderung vor. Möbel und Hausrat waren für den Weitertransport in die USA in ein Lagerhaus nach Lissabon gesandt worden. Als dann die Lagergebühren nicht mehr bezahlt werden konnten, wurden die Möbel dort versteigert.

Karl und Lilly Neumann wurden am 1. September 1942 mit dem Transport Nr. XII/2 von Frankfurt aus nach Theresienstadt deportiert. Dort wurden für Karl Neumann der 7. März 1943 und Lilly der 10. April 1944 als Todestag verzeichnet. Karl wurde 70 Jahre alt, seine Frau Lilly 61 Jahre.

Die Kinder schafften es, Deutschland rechtzeitig zu verlassen. Sie hatten das Glück, dass sich in Amerika eine Tante befand. Sie übernahm die Bürgschaft. So erhielten sie ein Visum.

Walter Neumann musste schon nach der Machtübernahme 1933 Deutschland verlassen, da er nicht nur Jude, sondern auch Kommunist war (siehe den Beitrag seines Sohnes Hans Neumann: „Mein Vater in den Kämpfen seiner Zeit – Das Leben des Walter Neumann“ im Buch von Hans-Georg Meyer, Karoline Klausing 2011: Freudige Gefolgschaft und bedingungslose Einordnung …? Der Nationalsozialismus in Ingelheim. Leinpfad-Verlag).

Auch Liesel Neumann emigrierte rechtzeitig. Sie heiratete 1937 in Chicago, USA.

Hans Neumann (später Harry Neuman) wohnte bis 1938 bei seinen Eltern. Er wurde nach der Pogromnacht am 10. November 1938 am Bahnhof in Wiesbaden von der Geheimen Staatspolizei aufgegriffen und ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt und war vom 13.11. – 26.11. 1938 inhaftiert. Nach seiner Entlassung am 26. November 1938 gelang ihm am 17. Januar 1939 die Emigration in die USA. Er heiratete 1954 seine Frau Miriam in Chicago. Sie bekamen zwei Söhne und drei Enkelkinder. Viele Familienmitglieder besuchten Ingelheim während der Begegnungswochen 1998 und 2008.

Harry Neuman berichtete darüber während seines Besuches im November 2008 vor Realschülern:

“Die Realschüler, von denen sich einige im Rahmen eines Projekts intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hatten, verfolgten gespannt die Schilderungen des 88-Jährigen. Vor allem als Newman berichtet, wie er im November 1938 die Übergriffe auf jüdisches Eigentum erlebt hat, herrscht gebannte Stille. Neuman erklärt den Schülern, dass die Zerstörungen in Ingelheim nicht in der eigentlichen Reichspogromnacht, sondern erst am 10. November stattfanden. Am helllichten Tag fielen jüdische Geschäfte, Wohnungen und auch die Synagoge dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer. ‘Der Tag fing an wie jeder andere’, erinnert sich Neuman, als wäre es gestern gewesen. Um viertel nach fünf habe der Wecker geklingelt, um 5.59 Uhr habe er am Bahnhof den Zug genommen und sei zur Arbeit nach Wiesbaden gefahren. Dort machte der 18-Jährige gerade eine Schlosserlehre. Als er am Abend nach Ingelheim zurückkehrte, bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. Die Wohnung in der Bahnhofstraße 23 war völlig leer, das komplette Inventar lag im Hof.

NS-Schergen hatten alles kurz und klein geschlagen. Nur einige Tage später, erzählt Harry Neuman, wurde er von der Gestapo verhaftet und ins KZ Buchenwald geschafft. Nach zwei Wochen entließ man ihn wieder aus dem Lager. Warum man ihn freigelassen habe, will eine Schülerin wissen. ‘Die Nazis wollten die Juden dazu bringen, Deutschland zu verlassen’, antwortet der 88-Jährige. Genau dies tat Neuman nur wenige Monate später. Nachdem er sein Visum bekommen hatte, bestieg er am 17. Januar 1939 ein Schiff, das ihn nach New York bringen sollte.

Seine Eltern musste er in Ingelheim zurücklassen. Zwar hofften auch sie auf ein Visum für Amerika, doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Karl und Lilly Neumann wurden 1942 nach Theresienstadt verschleppt und ermordet. ‘Bis heute weiß ich nicht, wo meine Eltern begraben sind’, berichtet Hans Neuman den Schülern. Ohne Groll und ohne Bitterkeit spricht der 88-Jährige selbst von den schlimmsten Kapiteln seiner Geschichte. Von den jungen Menschen, die er hier getroffen hat, erhofft er sich vor allem eines: ‘dass man so etwas nie wieder zulässt’."

(zitiert nach Beate Schwenk in der AZ-Ingelheim vom 12.November 2008)

Dienstag, 2. Juli 2024

Stolpersteingeschichten: Familie Bermann in Kusel

Bundesarchiv_B_285_Bild-04413,_KZ_Auschwitz,_Einfahrt




Karl Bermann (geboren 26.10. 1855 in Konken, gest. „etwa 1930 zu Mannheim“), verh. mit Berta geb. Herz (geboren 26.11.1857 in Ruchheim), lebte in Konken, wo er ein Handelsgeschäft betrieb. Die Eheleute bauten 1905/06 in damals bester Lage der Stadt Kusel das Anwesen Gartenstraße 8 mit Stall und Nebengebäude. Sie zogen 1906 nach Kusel. Karl und Berta Bermann hatten fünf Kinder:

Isidor geboren 21.4.1883 in Konken, meldete sich nach dem Militärdienst am 12.11. 1919 in Kusel polizeilich zur Adresse seiner Eltern. Er verzog dann nach Kaiserslautern (gest. 1935). Seine Witwe Betty lebte im November 1938 in Ludwighafen. Zu ihr flüchtete nach dem Pogrom die Schwägerin Mathilde Heymann.

Die beiden Töchter Lore und Susi von Isidor und Betty Bermann überlebten den Holocaust in einem Kloster in Frankreich. Ihr Onkel Rudi Bermann traf sich mit ihnen im August 1945 in einer Kirche in Paris.

Mathilde Heymann geborene Bermann, geboren am 6.5.1884 in Konken, meldete sich 1912, aus Trier zuziehend, ebenfalls in das Haus Gartenstraße 8, wo sie, alleinstehend, die Dachgeschosswohnung bewohnte. Nach dem Pogrom floh sie nach Ludwigshafen zu der Witwe ihres Bruders Isidor Borg. Sie wohnten zuletzt in der Prinzregentenstraße 26, als beide am 22.10.1940 in das Lager Gurs verschleppt wurden. 1942 wurde Mathilde Heymann in das Vernichtungslager Auschwitz transportiert, sie ist dort verschollen. Luitpold, geboren 26.4.1891 in Konken, wurde als Kriegsteilnehmer in Verdun schwer verwundet und verlor ein Auge. Er wohnte mit seiner Familie ebenfalls im Haus Gartenstraße 8, wo er mit seinem Bruder Ernst das Handelsgeschäft betrieb. Unter dem Druck des Antisemitismus resignierte Luitpold und emigrierte am 18.6.1937 in die USA zusammen mit seiner Ehefrau Erna geb. Lehmann (geboren 5.4.1897), mit Sohn Kurt (geboren 17.6.1923) und mit Tochter Ilse (geboren 1.5.1925).

Paula Bermann, verh. Van Es, geboren 9.3.1895 in Konken. Paula war mit den deutschen Truppen im ersten Weltkrieg (1914 –1918) als Krankenschwester in Frankreich, heiratete den Holländer Conrad Van Es und zog am 17.7.1918 nach Amsterdam. Die Eheleute hatten drei Kinder: Hans, Inge und Sonja. Während der Deportation durch die Nazis sieht Paula ihren Mann im KZ Bergen-Belsen sterben. Sie öffnete sich am 21.1.1945 die Pulsadern, da sie nicht durch deutsche Hände sterben wollte. Tochter Inge überlebte im KZ Bergen-Belsen, Tochter Sonja in einem Arbeitslager und Sohn Hans versteckt bei einer christlichen Familie.

Ernst Bermann, geboren 23.3.1888 in Konken, wohnte nach Kriegsteilnahme auch im Haus Gartenstraße 8, wo er mit dem Bruder Luitpold das gutgehende und angesehene Pferde- und Viehgeschäft betrieb. Ernst Bermann war verheiratet mit Clara geb. Maier (geboren 30.9.1895 in Malsch). Sie hatten miteinander drei Kinder: Gerda (geboren 18.5.21), Rudolf (geboren 10.7.1922) und Hildegard (geboren 6.1.1927). Die Kinder wurden „deutsch-patriotisch“ erzogen.

Ernst war zunächst der Meinung, das deutsche Volk lasse die Nazis nicht gewähren und ihm könne als Weltkriegsteilnehmer ohnehin nichts geschehen. Das war ein tragischer Irrtum. Nach dem Verbot des Besuchs der höheren Töchterschule für Tochter Gerda und des Progymnasiums für Sohn Rudolf 1936 schickten die Eltern die beiden Kinder in eine Handelsschule nach Frankfurt bzw. Sohn Rudolf in eine Bäckerlehre nach Heilbronn. Mit Hilfe eines Schwagers des Bruders Luitpold konnten die Bedingungen für eine Einreise in die USA erfüllt werden, so dass beide am 15.6.1938 in die USA emigrierten.

Für die Eltern und die kleine Tochter Hildegard bleiben die Bemühungen um eine Ausreise erfolglos.

In der Nacht zum 10. November 1938 wurde Ernst Bermann mit anderen jüdischen Männern für mehrere Wochen in das KZ Dachau verschleppt. Ehefrau Klara flüchtete mit der Tochter Hildegard nach dem Pogrom zu den Verwandten nach Holland. Nach der Besetzung durch deutsche Truppen wurden Ernst, Klara und Hildegard dort verhaftet und in das Lager Westerborg verschleppt. Ein letztes Lebenszeichen ist eine Postkarte im Besitz von Gerda Lautmann, geb. Bermann. Darauf steht:
“Meine Lieben, Päckchen erhalten und herzlichen Dank. Schickt keine mehr. Alles Gute und herzliche Grüße, Ernst und Klara“.
Die Familie wurde dann von Westerborg in das KZ Sobibor deportiert. Dort sind die Eltern verschollen. Tochter Hildegard wurde am 21. 5. 1943 in Sobibor ermordet.

Gerda Lautmann, geb. Bermann, besuchte mit ihrem Mann 1971 für wenige Stunden ihre Geburtsstadt Kusel. Beide leben in New York.


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