1983 - Am zehnten Todestag von Neruda hält seine Frau Matilde Urrutia eine mutige Rede im Teatro Cauplican von Santiago. Unter anderem sagt sie: »Pablo lebt ... Darum bitte ich hier nicht, dass wir mit einer Schweigeminute an ihn denken. Nein! Ich bitte euch für Pablo um eine Minute der Freude, des Lärms, des lauten Beifalls.«"
" Matilde, ich nenn dich Pflanze, Stein oder Rebe,
du bist, was aus der Erde wächst und währt,
Wort in dessen Dehnung erwacht,
in dessen Hitze aufspringt das Licht der Limonen.
In deinem Namen fahren Schiffe aus Holz,
umschwärmt von manneblauem Feuer,
m seinen Buchstaben die Wasser eines Flusses,
der in meinem verdorrten Herzen mündet,
Oh Name unter einer Ackerwinde gefunden.
Du gleichst der Tür zu einem unbekannten Tunnel,
der mit den Düften der Erde kommuniziert!
Oh dringe in mich mit deinem brennenden Mund,
erkunde mich, wenn du magst, mit deinen nächtlichen Augen,
nur laß mich in deinem Namen zur See fahren und schlafen.
Pablo Neruda
(Aus Pablo Nerudas »Liebessonette« an Matilde)
(übersetzt von Fritz Rudolf Fries)"
(Quelle: Poesie-Agenda 2010, orte verlag)